TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/11 96/03/0089

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Veröffentlicht am 11.12.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
56/04 Sonstige öffentliche Wirtschaft;
92 Luftverkehr;

Norm

Austro ControlGebV 1994 §1;
Austro ControlGebV 1994 §3 Abs1;
Austro ControlGebV 1994 Abschn4 Z43;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;
ZLZV 1993 §7 Abs1 litb;
ZLZV 1993 §7 Abs1;
ZLZV 1993 §7 Abs4 impl;
ZLZV 1993 §7 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des I in G, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (nunmehr Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst) vom 11. Oktober 1994, Pr. Zl. 53.145/2-7/94, betreffend Ausnahmebewilligung nach der Zivilluftfahrzeug-Lärmzulässigkeitsverordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 1 lit. b und Abs. 5 Zivilluftfahrzeug-Lärmzulässigkeitsverordnung - ZLZV 1993, BGBl. Nr. 738, eine bis 31. Dezember 1994 befristete Ausnahmebewilligung zur Durchführung einer unbestimmten Anzahl von Kunstflügen mit einem näher bezeichneten Luftfahrzeug erteilt und für diese Amtshandlung gemäß §§ 1 und 3 Abs. 1 Austro Control-Gebührenverordnung - ACGV, BGBl. Nr. 2/1994, eine Gebühr von S 2.000,-- entsprechend dem Abschnitt IV Z. 43 lit. b leg. cit. vorgeschrieben.

Die gegen diesen Bescheid, und zwar in Ansehung der Befristung und der Gebührenvorschreibung, erhobene Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. März 1996, B 2511/94, abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer meint, daß ihm gemäß Abschnitt IV Z. 43 lit. a ACGV nur die Gebühr "für den Einzelfall" vorzuschreiben gewesen wäre, weil er nur für ein Flugzeug die Ausnahmebewilligung beantragt habe. Damit verkennt er die Rechtslage:

Gemäß § 7 Abs. 1 lit. b ZLZV 1993 hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (jetzt gemäß § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung, BGBl. Nr. 898/1993 in der Fassung BGBl. Nr. 656/1994, die Austro Control GmbH) auf Antrag eine Ausnahmebewilligung für einen oder mehrere Flüge mit einem Luftfahrzeug, für das keine Lärmzulässigkeitsbescheinigung ausgestellt worden ist, zu erteilen, um Kunstflüge durchzuführen, wobei vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (jetzt von der Austro Control GmbH) die zur Wahrung der öffentlichen Interessen, insbesondere der Lärmschutzinteressen, erforderlichen Nebenbestimmungen vorzuschreiben sind.

    In Abschnitt IV Z. 43 ACGV ist vorgesehen, daß die Gebühr

für die Erteilung einer Lärmausnahmebewilligung für Flugzeuge

ohne Lärmzulässigkeitsbescheinigung (§ 7 ZLZV)

a) für den Einzelfall......................... S   1 000

b) für mehrere Fälle.......................... S   2 000"

beträgt.

Aus der Zusammenschau dieser Bestimmungen geht klar hervor, daß sich die Wendung "für den Einzelfall" in der letztgenannten Bestimmung (lit. a) darauf bezieht, daß die Ausnahmebewilligung gemäß § 7 Abs. 1 ZLZV 1993 für EINEN Flug erteilt wird, während die Wendung "für mehrere Fälle" (lit. b) die Erteilung der Ausnahmebewilligung für mehrere Flüge betrifft. Dieser Fall liegt hier vor. Die Beschwerde erweist sich daher in diesem Punkt nicht als begründet.

Im Recht ist der Beschwerdeführer allerdings, soweit er sich gegen die Befristung der Ausnahmebewilligung wendet. § 7 Abs. 5 ZLZV 1993 sieht vor, daß Ausnahmebewilligungen gemäß den Abs. 1 und 4 insoweit bedingt, befristet, mit Auflagen oder gegen Widerruf zu erteilten sind, soweit dies zum Schutz der Allgemeinheit vor Lärmbelästigung erforderlich ist. Diese Bestimmung räumt der Behörde entgegen der in der Gegenschrift vertretenen Auffassung in Ansehung einer Befristung kein Ermessen ein, sondern normiert eine Bindung der Behörde dahin, daß eine Ausnahmebewilligung insoweit befristet zu erteilen ist, als dies zum Schutz der Allgemeinheit vor Lärmbelästigung erforderlich ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzung hat die Behörde im Falle einer befristeten Erteilung der Ausnahmebewilligung zu begründen. Eine solche Begründung muß, um dem Gebot des § 60 AVG zu entsprechen, in nachvollziehbare Weise erkennen lassen, warum für die Dauer der Befristung keine Notwendigkeit zur Vorkehrung von - weiteren - Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit vor Lärmbelästigung anzunehmen ist. Läge eine solche Notwendigkeit auch über den Befristungszeitraum hinaus nicht vor, dann könnte nicht gesagt werden, daß die Befristung zum Schutz der Allgemeinheit vor Lärmbelästigung erforderlich ist. Läßt sich hingegen nicht absehen, wie lange keine derartige Notwendigkeit gegeben sein wird, dann ist die Ausnahmebewilligung - den hier nicht vorliegenden Fall des Abs. 4 des § 7 ZLZV 1993 ausgenommen - nicht befristet, sondern gegen Widerruf zu erteilen.

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die Befristung dahin begründet, "daß gerade die Befristung ein wirksamer Schutz der Allgemeinheit vor Belästigung von Lärm ist. Dadurch, daß nach Ablauf der Frist neuerlich ein Antrag gestellt werden muß, erhält die Behörde die Möglichkeit, im Zuge eines neuen Ermittlungsverfahrens und einer sich daraus eventuell ergebenden Abweisung des Antrages aufgrund zu hoher Lärmbelastung auf die Beschwerden der Bevölkerung zu reagieren. Würde eine Bewilligung für unbestimmte Zeit und auf Widerruf erteilt werden, dann ist es für die Behörde aufgrund der möglichen Länge eines Widerrufverfahrens weitaus schwieriger, auf Lärmbelästigungen rasch und effizient zu reagieren".

Diese Begründung wird den oben dargelegten Anforderungen nicht gerecht. Um auf Lärmbelästigungen "rasch und effektiv" reagieren zu können, steht der Behörde bei Gefahr im Verzug das Mandatsverfahren gemäß § 57 AVG zur Verfügung, gegebenenfalls kann auch gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen einen Bescheid, mit dem eine Ausnahmebewilligung widerrufen wurde, ausgeschlossen werden. Für das von der belangten Behörde vorgebrachte Anliegen bedarf es daher nicht einer Befristung der Ausnahmebewilligung.

Da der Sachverhalt somit im aufgezeigten Sinn in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996030089.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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