Entscheidungsdatum
20.08.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
W152 2165002-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter KOPP über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2017, Zl. 1020447001-161581362, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.06.2021 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I erster Satz des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 56 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
II. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt I zweiter Satz des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG idgF ersatzlos behoben.
III. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I dritter Satz des angefochtenen Bescheides stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß
§ 10 Abs. 3 AsylG 2005 idgF und § 52 Abs. 3 FPG idgF iVm § 9 BFA-VG idgF auf Dauer unzulässig ist. XXXX wird gemäß §§ 58 Abs. 2, 54 Abs. 1 Z 1 und 55 Abs. 1 AsylG 2005 idgF iVm § 81 Abs. 36 NAG idgF der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ erteilt.
IV. Die Spruchpunkte II und III des angefochtenen Bescheides werden gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG idgF ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beschwerdeführerin reiste nach Erteilung einer vom 01.07.2011 bis 30.06.2012 gültigen Aufenthaltsbewilligung „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ am 09.07.2011 – somit legal – ins Bundesgebiet ein.
In weiterer Folge wurde ihr dann am 01.07.2012 eine bis 01.07.2013 gültige Aufenthaltsbewilligung als „Studierende“ erteilt, wobei die letzte diesbezügliche Aufenthaltsbewilligung vom 04.07.2015 bis 04.07.2016 gültig war.
Mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, wurde ein (weiterer) diesbezüglicher Verlängerungsantrag vom 30.06.2016 mangels erforderlichen Studienerfolges gemäß § 64 Abs. 3 NAG (rechtskräftig) abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin stellte in weiterer Folge am 23.11.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen“ gemäß § 56 AsylG 2005.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, wies schließlich mit Bescheid vom 27.06.2017, Zahl: 1020447001-161581362, den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I erster Satz). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde hiebei gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I zweiter Satz). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gleichzeitig eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I dritter Satz). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt II). Schließlich wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III).
Gegen den zuletzt genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen (Sachverhalt):
Die strafgerichtlich unbescholtene Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Mongolei, lebt nunmehr seit 09.07.2011 mit einer vom 15.07.2013 bis Ende August 2013 währenden Unterbrechung, wobei sich die Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat aufhielt, im Bundesgebiet. Die legale Einreise der Beschwerdeführerin erfolgte nach Erteilung einer vom 01.07.2011 bis 30.06.2012 gültigen Aufenthaltsbewilligung „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ am 09.07.2011, wobei sie bis 04.07.2016 über eine Aufenthaltsbewilligung für „Studierende“ verfügte. Am 23.11.2016 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 AsylG 2005.
Die Beschwerdeführerin schloss mit dem österreichischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , am 29.09.2017 die Ehe, wobei keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Scheinehe erkennbar sind. Die Beschwerdeführerin lebt nunmehr mit ihrem Ehegatten im gemeinsamen Haushalt in XXXX , wo sie auch seit 11.10.2017 gemeldet ist. Ihr Ehegatte arbeitet am Bauhof der Marktgemeinde XXXX und bringt rund Euro 2.400,-- brutto ins Verdienen, wodurch die Existenz der Beschwerdeführerin gesichert ist.
Die Beschwerdeführerin erwarb bereits am 19.08.2014 das ÖSD Sprachdiplom B2 Deutsch.
Im Rahmen der vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Verhandlung stellte die Beschwerdeführerin auch ihre Sprachkenntnisse unter Beweis, wobei festgestellt werden konnte, dass ihre deutschen Sprachkenntnisse als überdurchschnittlich zu bewerten sind und zur Bewältigung des Alltags jedenfalls ausreichen. Es wurde hiebei auch festgehalten, dass die Beschwerdeführerin im gesamten Verlauf der Verhandlung bemüht war, die Fragen spontan auf Deutsch zu beantworten, wobei eine direkte Kommunikation mit der Beschwerdeführerin durchaus möglich war.
Schließlich übte die Beschwerdeführerin bereits vom 11.11.2013 bis 10.02.2014 und 09.10.2014 bis 22.09.2015 für XXXX , und für XXXX , vom 05.12.2015 bis 17.04.2016 und vom 10.05.2016 bis 16.05.2016 geringfügige Beschäftigungen aus. Weiters liegt ein Arbeitsvorvertrag vor, der zwischen dem Asian Restaurant „ XXXX , und der Beschwerdeführerin abgeschlossen wurde, wobei dieser eine monatliche Entlohnung (40 Wochenstunden) von € 1.420,-- brutto für die Tätigkeit als Kellnerin vorsieht. Schließlich gab der Neffe ihres Ehegatten – XXXX – als Geschäftsführer eine Stellenzusage als Bürokraft bei XXXX am 28.06.2021 ab.
Die Beschwerdeführerin hat nunmehr auch einen Freundes- bzw. Bekanntenkreis in Österreich gewonnen, der auch aus Österreichern besteht.
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 28.06.2021.
Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin ergeben sich insbesondere aus ihrem im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung erstatteten glaubwürdigen Vorbringen, dem (auch im Original vorgelegten) mongolischen Reisepass der Beschwerdeführerin vom 18.02.2021, den im Verwaltungsakt einliegenden Kopien eines am 02.10.2007 ausgestellten mongolischen Reisepasses und einer mongolischen Geburtsurkunde einschließlich Übersetzung, ihrem in Kopie vorgelegten und am 28.06.2019 ausgestellten mongolischen Personalausweis („Citizen Identity Card of Mongolia“), der (auch im Original vorgelegten) Heiratsurkunde, die am 29.09.2017 vom Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverband XXXX ausgestellt wurde, der im Rahmen der Verhandlung am 28.06.2021 vorgenommenen zeugenschaftlichen Einvernahme ihres österreichischen Ehegatten XXXX , dessen Aussage auch keinerlei Anhaltspunkte für eine Scheinehe ergab und dessen hiebei (im Original) vorgelegten Urkunden (Reisepass und Dienstausweis der Marktgemeinde XXXX ), der im Verwaltungsakt einliegenden Kopie eines am 19.08.2014 für die Beschwerdeführerin ausgestellten ÖSD Sprachdiplomes B2 Deutsch, einem in Kopie vorliegenden Arbeitsvorvertrag, Ausdrucken im Rahmen des Auskunftsverfahrens bzgl. Versicherungszeiten der Beschwerdeführerin und der Einsichtnahme in das Strafregister (SA) bezüglich der Beschwerdeführerin und den Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister (ZMR) bezüglich der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 33/2013 idgF (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchpunkt A):
I.)
§ 56 AsylG 2005 idgF lautet:
„Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen
§ 56. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls
1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,
2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und
3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.
(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.
(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von Ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand.“
§ 60 AsylG 2005 idgF lautet:
„Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen
§ 60. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.
(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn
1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,
2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,
3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und
4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn
1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder
2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.“
Da im Hinblick auf § 56 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zum Zeitpunkt der Antragstellung am 23.11.2016 aufgrund des im Juli/August 2013 erfolgten Aufenthaltes der Beschwerdeführerin in der Mongolei kein durchgängiger fünfjähriger Aufenthalt vorlag, war daher spruchgemäß zu entscheiden.
II.)
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
„1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382c EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.“
Anders als in dem Fall, dass ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, für den § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 anordnet, ist diese amtswegige Prüfung für den Fall der Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 MRK" gemäß § 55 AsylG 2005 nicht vorgesehen. Dafür bietet in dieser Konstellation auch § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005, wonach das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, keine Rechtsgrundlage, weil sich diese Bestimmung erkennbar nur auf den Fall des § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG bezieht (vgl. ErläutRV zum FNG 2014, 1803 BlgNR 24. GP 37 und 48, die einerseits ausdrücklich zwischen den beiden in Abs. 2 und Abs. 3 des § 10 AsylG 2005 geregelten Fällen unterscheiden und andererseits festhalten, dass die Z 5 des § 58 Abs. 1 AsylG 2005 eine Verbindung zum FPG herstellt und daher das BFA, wenn ihm von der LPD der unrechtmäßige Aufenthalt eines Fremden mitgeteilt wurde, auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 zu prüfen hat). Es besteht aber auch gar keine Notwendigkeit für eine amtswegige Prüfung der Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nach § 57 AsylG 2005, wenn sich der Fremde entschieden hat, ausdrücklich einen Antrag auf Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels zu stellen und damit erkennbar (nur) dessen Voraussetzungen für gegeben erachtet (vgl. Abs. 5 und 6 des § 58 AsylG 2005, wonach ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 persönlich beim BFA zu stellen und dabei der angestrebte Aufenthaltstitel genau zu bezeichnen ist, das BFA allerdings ohnehin über den Umstand zu belehren hat, wenn sich ergibt, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt) (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).
Im Hinblick auf die oben dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war auch im gegenständlichen Fall dem Abspruch über die Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 somit die Grundlage entzogen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
III.)
§ 10 Abs. 3 AsylG 2005 idgF lautet:
„Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.
Gemäß § 52 Abs. 3 FPG idgF hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG idgF lautet:
„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt.
Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel und Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 31110/67, Yb 11, 494(518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde auch von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Art. 8 EMRK macht zwischen ehelicher und nichtehelicher Familie keinen Unterschied (EGMR 13.06.1979, 6833/74, Marckx gg Belgien, Z 31; EGMR 27.10.1994, 18535/91, Kroon und andere gg die Niederlande). Familienleben ist jedoch nicht auf Beziehungen beschränkt, die auf einer Ehe beruhen (EGMR 26.05.1994, 16.969/90, Keegan vs Irland, EGMR 13.07.2000, 25.735/94, Elsholz gg Deutschland) und umfasst daher auch eheähnliche Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau.
Bei der Prüfung der Zulässigkeit von Ausweisungen und dem damit verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben hat eine Einzelfallprüfung zu erfolgen, die sich nicht in der formelhaften Abwägung iSd Art. 8 EMRK erschöpfen darf, sondern auf die individuelle Lebenssituation des von der Ausweisung Betroffenen eingehen muss. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29.09.2007, B328/07, dargelegt hat, lassen sich aus der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes eine Vielzahl von Kriterien ableiten, die bei der gebotenen Interessensabwägung zu beachten sind. Dazu zählen vor allem die Aufenthaltsdauer, die an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft ist (EGMR vom 31.01.2006, 50.435/99), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR vom 28.05.1985, 9214/80, 9473/81, 9474/81 ua.) und dessen Intensität (EGMR vom 02.08.2001, 54.273/00), der Grad der Integration, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schul- oder Berufsausbildung, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (EGMR vom 04.10.2001, 43.359/98 ua.), die Bindung zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und die Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (EGMR vom 24.11.1998, 40.447/98 ua.) und die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR vom 24.11.1998, 40.447/98 ua.).
Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (VwGH 26.02.2015, Ra 2015/22/0025; VwGH 19.11.2014, 2013/22/0270). Auch in Fällen, in den die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag, hat der VwGH eine entsprechende Berücksichtigung dieser langen Aufenthaltsdauer gefordert (VwGH 16.12.2014, 2012/22/0169; VwGH 09.09.2014,, 2013/22/0247; VwGH 30.07.2014, 2013/22/0226). Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandaufenthalt des Fremden zugrunde (VwGH 26.03.2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082).
Da die strafgerichtlich unbescholtene Beschwerdeführerin nunmehr bereits seit 09.07.2011 mit einer vom 15.07.2013 bis Ende August 2013 währenden Unterbrechung in Österreich lebt, bereits seit 29.09.2017 mit einem österreichischen Staatsangehörigen verheiratet ist, die Beschwerdeführerin bereits am 19.08.2014 das ÖSD Sprachdiplom B2 Deutsch erwarb und über überdurchschnittliche Deutschkenntnisse verfügt, wobei sie ihre deutschen Sprachkenntnisse auch im Rahmen der Verhandlung unter Beweis stellte, wobei die Interessen der Beschwerdeführerin insbesondere angesichts der bereits sehr langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet und der im gegenständlichen Fall besonders hohen Intensität des Familienlebens somit die öffentlichen Interessen überwiegen, würde eine Rückkehrentscheidung eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen. Daraus ergibt sich, dass die vorliegenden Umstände nicht bloß vorübergehende sind, weshalb die Rückkehrentscheidung auf Dauer als unzulässig festzustellen ist.
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum FrÄG 2015 ergibt sich hiezu, dass damit zusätzlich klargestellt werden soll, dass auch das Bundesverwaltungsgericht – in jeder Verfahrenskonstellation – über einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 absprechen darf. Es handelt sich hiebei jedoch nicht um eine Einräumung einer amtswegigen Entscheidungszuständigkeit für das Bundesverwaltungsgericht, welche entsprechend dem Prüfungsbeschluss des VfGH vom 26. Juni 2014 (E 4/2014) als unzulässig zu betrachten wäre, da die Frage der Erteilung des Aufenthaltstitels diesfalls vom Prüfungsgegenstand einer angefochtenen Rückkehrentscheidung mitumfasst ist und daher in einem zu entscheiden ist.
Dass es bei Abweisung eines Antrages nach § 56 AsylG 2005 gegebenenfalls – wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist – zur amtswegigen Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zu kommen hat, entspricht der klaren Rechtslage (§ 55 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG, §10 Abs. 3 AsylG 2005 und § 52 Abs. 3 FPG). Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs. 4 B-VG vor (VwGH 24.0.2016, Ra 2016/21/0136).
Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß Abs. 2 eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.
Die Beschwerdeführerin erfüllt somit jedenfalls die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005.
Gemäß § 81 Abs. 36 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) gilt das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren. Die §§ 7 bis 16 Integrationsgesetz, BGBl. Nr. 68/2017, mit Ausnahme von § 13 Abs. 2 traten mit 01.10.2017 in Kraft.
Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung war gemäß § 14a Abs. 4 NAG idF vor dem Bundesgesetz, BGBl. Nr. 68/2017, erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt (Z 1), einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 NAG vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3) oder einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4).
Gemäß § 54 Abs. 1 AsylG 2005 werden Drittstaatsangehörigen folgende Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt:
1. „Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt;
2. „Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt;
3. „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind diese Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.
Da die Beschwerdeführerin das ÖSD Sprachdiplom B2 Deutsch bereits am 19.08.2014 und somit vor dem maßgeblichen 01.10.2017 erwarb, erfüllt sie (auch) die Voraussetzung gemäß § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm § 81 Abs. 36 NAG zur Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“, weshalb ihr somit gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen ist.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat der Beschwerdeführerin den Aufenthaltstitel gemäß § 58 AsylG 2005 auszufolgen. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.
IV.)
Im Hinblick auf Spruchpunkt A) III. der gegenständlichen Entscheidung waren die Spruchpunkte II und III des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos zu beheben.
Zu Spruchpunkt B):
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 1985/10 idgF (VwGG), hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Schließlich liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Hiebei wird einerseits auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf die Eindeutigkeit der Rechtslage und andererseits darauf verwiesen, dass der gegenständliche Fall ohnedies maßgeblich auf der Tatsachenebene zu beurteilen war.
Aufgrund der Deutschkenntnisse der Beschwerdeführerin war die Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung iSd § 12 Abs. 1 BFA-VG idgF entbehrlich.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung plus Deutschkenntnisse Familienverfahren individuelle Verhältnisse Integration mangelnde Asylrelevanz non refoulement Pandemie Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässigEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W152.2165002.1.00Im RIS seit
10.11.2021Zuletzt aktualisiert am
10.11.2021