TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/27 W196 2129040-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.08.2021
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Entscheidungsdatum

27.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W196 2129040-4/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RAe EMBACHER & NEUGSCHWENDTNER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.10.2020, Zl. 1032423410/180596048, gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBI. I. Nr 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 sowie § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 46, 52 und § 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin ist eine Staatsangehörige der Russischen Föderation jüdischer Volksgruppenzugehörigkeit aus der Teilrepublik Dagestan. Ihre Identität steht nicht fest.

1. Erstes Verfahren auf internationalen Schutz:

Die unverheiratete Beschwerdefüherin aus XXXX stellte nach illegalem Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet anlässlich ihres Aufgriffs durch die öffentlichen Sicherheitsorgane am 04.10.2014 in XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge ihrer Erstbefragung am 05.10.2014 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes begründete sie dies damit, dass sie vermutlich von Sicherheitsorganen bedroht worden sei. Der Vater ihres Sohnes namens XXXX sei am XXXX bei einem Attentat getötet worden. Bei einer Hausdurchsuchung am selben Tag seien ihre Dokumente weggenommen und ihr gesagt worden, dass sie als Jüdin verschwinden solle und auch ihr Sohn umgebracht werden würde, worauf sich dieser versteckt habe und sie geflüchtet sei. Sie habe Angst, dass man sie nicht in Ruhe lassen werde, weil sie Jüdin sei. Hinweise auf eine unmenschliche Behandlung im Fall ihrer Rückkehr gebe es nicht.

Mit Schriftsatz vom 14.10.2015 legte sie einen Artikel über die Ermordung eines namentlich genannten Journalisten sowie eine Kopie der Geburtsurkunde ihres Sohnes vor, aus welchem sich die Vaterschaft des Ermordeten ergebe, vor. Diesem Artikel ist ua. zu entnehmen, dass der (regierungskritische) Journalist XXXX am XXXX beim Verlassen seiner Wohnung in XXXX , XXXX , in Dagestan niedergeschossen wurde.

Anlässlich ihrer Einvernahme am 21.01.2016 gab die Beschwerdeführerin zusammengefasst an, in XXXX in XXXX eine Eigentumswohung zu besitzen, wo sie mit XXXX ab und zu zusammengelebt habe. Es sei nicht ihr Lebensgefährte gewesen, da er verheiratet gewesen sei und Kinder gehabt habe. Sie habe (auch) ein Kind von ihm ( XXXX , geb. XXXX ). Sie spreche nur Russisch. Sie sei Jüdin und in XXXX geboren, wo sie 10 Jahre die Grundschule besucht und abgeschlossen habe. Sie habe bis 31.07.2013 als Maniküre gearbeitet und danach von ihren Ersparnissen gelebt. Ab September 2013 habe sie bei ihrer namentlich genannten Freundin und deren Mann in der selben Straße gelebt – bis August 2014, danach sei sie ausgereist. Ihre Eltern seien bereits verstorben, Geschwister habe sie nicht, auch keine Onkel und Tanten. Ihr lediger Sohn lebe seit etwa Mai 2012 in einer Kleinstadt bei Moskau als Fitnesstrainer. Im Herkunftssttaat habe sie keine Probleme mit den Behörden gehabt, sei auch nicht politisch tätig gewesen oder habe wegen ihrer Religion oder Volksgruppenzugehörigkeit Schwierigkeiten gehabt. Der Vater ihres Sohnes sei eigentlich Arzt gewesen, habe aber bei einer Zeitung als Journalist gearbeitet und sei XXXX bei einem Attentat getötet worden. Am selben Tag habe in ihrer Wohnung eine Hausdurchsuchung stattgefunden, sie habe für ihn verschiedene Unterlagen zu einem Verlag bzw. einer Druckerei gebracht. Sie sei von den Beamten vernommen und als Jüdin zum Verlassen der Russischen Föderation aufgefordert worden. Dabei sei sie an der Nase verletzt, deshalb in Österreich operiert worden und nun wieder vollkommen gesund. Zum Vorhalt, dass sie den Namen des Vaters ihres Sohnes unterschiedlich angegeben habe, brachte sie vor, dass es unter Zeitdruck zu Missverständnissen gekommen sei. Sie habe nach dem Attentat bis September 2014 im Herkunftsstaat gelebt, weil sie auf die Ausstellung von Dokumenten habe warten müssen, ehe sie schließlich illegal ausgereist sei. Sie fühle sich von den Moslems in ihrer Heimat bedroht. Ihren Sohn habe sie zuletzt im September 2015 gesprochen und erfahren, dass er ebenfalls ausreisen wolle. In Moskau habe er bis dahin keine Probleme gehabt. Im Fall der Rückkehr könne sie getötet werden. Sie habe für den Ermordeten als Botin gearbeitet. Die moslemische Familie des Ermordeten habe nach seiner Ermordung nichts zu befürchten, sie aber sei Jüdin. Zum Vorhalt, dass es in der Russischen Föderation keinerlei Verfolgung von Juden gebe, gab sie an, dass diese sich großteils in Moskau aufhalten würden, jedoch in ihrem Fall eine spezielle Situation vorliege. In Österreich lebe sie alleine, betreue ein älteres Ehepaar und mache Maniküre. Sie besuche hier aktuell einen Deutschkurs und lebe von der Grundversorgung. Sie gehe spazieren bzw. unterrichte die Kinder im Flüchtlingslager in Zeichnen, lese viel und unterhalte sich gerne. Sie habe keine Probleme mit den Gesetzen in Österreich. Sie wolle hier künftig leben und habe auch schon eine Freundin gefunden. An den Länderberichten habe sie kein Interesse.

Nach dem Ergebnis der im Herkunftsland durchgeführten Recherchen vom 16.03.2016 war die Identifikation der Beschwerdeführerin und ihrer Freundin samt Ehemann an der angegebenen Wohnadresse in XXXX nicht möglich. Ferner erwies sich die für ihren Sohn vorgelegte Geburtsurkunde als nicht echt.

Anlässlich ihrer erneuten Einvernahme beim BFA am 22.03.2016 gab die Beschwerdeführerin an, am 20.05.2016 eine Brustoperation wegen eines Tumors zu haben. Seit August 2015 sei sie in Österreich in Behandlung. Zum Vorhalt der Rechercheergebnisse zur Geburtsurkunde ihres Sohnes und ihrer eigenen Identität beharrte sie auf ihren bisherigen Angaben. Im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat könne sie getötet werden. Sie habe hier zwischenzeitig auch Freundinnen gewonnen.

Nach dem Gutachen vom 14.05.2016 erwiesen sich auch die für die Beschwerdefüherein vorgelegte Geburtsurkunde samt Ausstellungsbestätigung nicht als echt.

Im Zuge ihrer erneuten Einvenahme beim BFA am 10.06.2016 brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass der Tumor in ihrer Brust nicht bösartig gewesen und die Operation gut abgelaufen sei. Zum Vorhalt, dass die von ihr vorgelegte Geburtsurkunde samt Ausstellungsbestätigung nicht echt sei, sondern es sich bei sämtlichen von ihr vorgelegten Dokumenten um (Total)Fälschungen handle, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung beabsichtigt sei, blieb sie bei ihren bisherigen Angaben. In Österreich lebe sie nach wie vor allein und habe keine Verwandten hier, sei in keinen Vereinen aktiv und besuche aktuell einen Deutschkurs. Sie lebe von der Grundversorgung. Sie arbeite nicht, sondern unterstütze die Caritas freiwillig. Sie pflege Kontakt mit ihren Freundinnen und backe Kuchen, der für einen guten Zweck von Kindern verkauft werde. In Österreich habe sie keine Probleme mit den Gesetzen. Sie wolle in Zukunft hier leben. Vorgelegt wurden Befund(teile) vom 23.05.2016 über eine Brustoperation und eine Nasenoperation am 06.08.2015 (Septum Nasi).

Mit Bescheid vom 10.06.2016 wies das Bundesasylamt diesen Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 05.10.2014 sowohl in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (unter Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkt II.) ab, erteilte einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht, erließ gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung zulässig sei (Spruchpunkt III.); einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Im Wesentlichen wurde darin ausgeführt, dass eine asylrelevante Verfolgung(sgefahr) für die Beschwerdeführerin nicht habe festgestellt werden können, sämtliche vorgelegten Dokumente gefälscht seien und auch keine reale Gefahr im Sinne von Art. 3 EMKR im Fall ihrer Rückkehr habe festgestellt werden können. Ihre Eigentumswohnung bzw. ihre Freundin hätten an der angegebenen Adresse nicht eruiert werden können und der Aufenthalt ihres bisher in Moskau aufhältigen Sohnes sei ebenfalls nicht bekannt. Ihr Vorbringen zu ihren Fluchtgründen wurde als unglaubwürdig erachtet. Im Hinblick auf § 8 AsylG 2005 sei ihre eine Rückkehr in die Russische Föderation zumutbar (zu Spruchpunkt I. und II.). Sie habe keine Verwandten hier. Seit ihrer Einreise nach Österreich habe sie sich nicht um Arbeit bemüht, sondern lebe von der staatlichen Grundversorgung und besuche aktuell einen Deutschkurs. Bisher habe sie zwar Freundschaften geknüpft, jedoch sei sie auch nicht in Vereinen tätig und stütze ihre Fluchtgründe sowie Identität auf gefälschte Beweismittel. Die öffentlichen Interessen an der Beendigung ihres Aufenthaltes würden ihre am Verbleib im Bundesgebiet überwiegen (Spruchpunkt III.). Die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seien gegeben (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei fristgerecht das Rechtsmittel einer Beschwerde. Darin wurde der Verstoß gegen die in § 18 AslG 2005 determinierten Ermittlungspflichten gerügt. Sie sei im Herkunftsstaat auf Grund der (ihr unterstellten) politischen Gesinnung iVm der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie sowie der Religion einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der GFK ausgesetzt. Die von ihr vorgelegten Urkunden seien keine Fälschungen, sondern echt und richtig. Das zur Beurteilung herangezogene Sachverständigengutachten entspreche nicht der höchstgerichtlichen Judikatur. Sie sei tatsächlich Eigentümerin der angegebenen Wohnung in XXXX und ihre namentlich genannte Freundin würde ebenfalls dort wohnen. Am 09.07.2013 sei sie von maskierten „Beamten“ misshandelt worden (Zigaretten –Narben an der rechten Schulter, Hand gebrochen, Verletzung an der Brust und notwendige Operation). Beantragt werde ein medizinisches Gutachten als Beweis für ihre erlittenen Verletzungen. Ihre Verfolgung sei keine staatliche, sondern eine inoffizielle, sodass sie nicht um Ausstellung von Duplikaten für ihre weggenommenen Dokumente habe ersuchen können (?). Juden würden in Dagestan durch von der Regierung bezahlte Banditen zum Verlassen ihrer Häuser gezwungen. Die vorgebrachte Verfolgung sei aktuell und bestehe weder effektiver und tatsächlicher Schutz noch ein eine innerstaatliche Fluchtalternative, weshalb Asyl gewährt werden sollte. Spruchpunkt II. bekämpfe sie wegen mangelndem Ermittlungsverfahren bzw. mangelhafter Beweiswürdigung. Ihr drohe im Herkunftsstaat ein reales Risiko einer umenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK. Zur Rückkehrentscheidung brachte sie im Wesentlichen vor, dass ein Eigriff in ihr Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht auszuschließen sei. Die Behörde habe den Ausspruch verabsäumt, dass ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Die Voraussetzungen für einen solchen nach § 57 AsylG 2005 lägen jedoch vor. Wegen der mangelhaften Sachverhaltsermittlung sei eine mündliche Verhandlung unvermeidlich. Die von der Behörde angenommenen Umstände für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seien tatsächlich nicht zutreffend. Das dazu herangezogene Gutachten entspreche nicht der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur. Auch seien der Behörde Begründungsmängel unterlaufen. Die aufschiebende Wirkung sei daher zu Unrecht aberkannt worden. Vorgelegt wurden medizinische Befunde.

Dieser Beschwerde wurde mit Beschluss des BVwG vom 04.07.2016 aufschiebende Wirkung zuerkannt, da die Aktenlage einer näheren Überprüfung bedurfte, dem Bescheid veraltete Länderfeststellungen zu Grunde gelegt waren und nach der Judikatur eine mündliche Verhandlung abzuhalten gewesen wäre.

Am 27.07.2016 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache und der Beschwerdeführerin und ihrer Rechtsberatung eine mündliche Verhandlung durch, in der die Beschwerdeführerin im Detail nach ihren Fluchtgründen, zu ihrem Leben in Dagestan und in Österreich befragt wurde.

Am 19.10.2016 langte das Gutachten des XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie u. Sporttraumatologie, gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie ein. Zusammengefasst führte der Sachverständige zur Misshandlung der Beschwerdeführerin am XXXX aus, dass, folge man den Angaben der Verletzten, sie am 09.07.2013 von mehreren Männern im Zuge einer Amtshandlung misshandelt worden sei. Sie stelle den Misshandlungsverlauf aus ihrer Sicht dar. Die von ihr dargestellte Vorgangsweise bei der Einrichtung der von ihr behaupteten Schulterverrenkung entspräche der auch in Österreich geübten. Was die durch die, angeblich durch an ihrem Hals ausgedämpften Zigaretten entstandenen Hautveränderungen anlange, könne eine solche Entstehung nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Auch könne die vernarbte Wunde an der Unterlippe durch einen Schlag entstanden sein. Es finde sich an der Innenseite der rechten Brustdrüse an der Brustwand eine Narbe, die ursprünglich durch eine Tumoroperation in der Jugend entstanden sein soll, und die durch eine Narbenkorrekturoperation behandelt worden sein soll. Diese Korrekturoperation sei durch Unterlagen belegt. Ob in diesem Bereich in der Zwischenzeit Schädigungen des Hautweichteilmantels, hervorgerufen durch Schläge, bestanden haben, sei nicht mehr feststellbar.

Das Gutachten wurde der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme zugeschickt. Eine solche Stellungnahme langte innerhalb der erteilten Frist nicht ein.

Mit Erkenntnis des BVWG vom 21.11.2016, Zl. W211 2129040-1/25/E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des VwGH vom 18.05.2017 zurückgewiesen, jedoch jener an den VfGH mit Erkenntnis vom 22.09.2017, Zl. E 3289/3026-20, stattgegeben und das Erkenntnis des BVwG zur Gänze behoben, da die vom BVwG angenommene Unglaubwürdigkeit der Fluchtgründe auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung fußte.

Die Beschwerdeführerin wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 28.02.2017 wegen § 223 (2) StGB (Urkundenfälschung) mangels Schuldbeweises freigesprochen.

Nach Durchführung einer neuerlichen Verhandlung am 16.01.2017 wurde die Beschwerde mit Erkenntnis des BVwG vom 14.02.2018, Zl. W211 2129040-1/59E, neuerlich als unbegründet abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass sie trotz glaubhaftem Fluchtvorbringen über die Ermordung des Vaters ihres Sohnes keiner Gefährdung durch dortige Sicherheitsbehörden oder Regierungskräfte wegen eines Zusammenhanges mit dem Ermordeten unterliegen würde bzw. sich im Fall von Furcht davor außerhalb des Nordkaukasus in einem anderen Landesteil der Russischen Föderation niederlassen könne. Es könne ferner nicht festgestellt werden, dass sie als Jüdin in Dagestan oder der Russischen Föderation gefährdet wäre. Auch könne nicht festgestellt werden, dass sie (unter Bedachtnahme auf ihre zahlreichen gesundheitlichen Probleme) im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde. Zwar verfüge sie in Österreich über private Interessen, jedoch liege eine maßgeblich ausgeprägte und verfestigte private und familiäre Integration in Österreich nicht vor. Diese Entscheidung erwuchs am 21.02.2018 in Rechtskraft.

2. Verfahren zum Antrag auf Wiederaufnahme vom 09.07.2018:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Wiederaufnahme des ersten Asylverfahrens, da sie am 25.06.2018 eine SMS von „Aleksander“ darüber erhalten habe, dass ich Sohn bereits im Jahr 2015 ermordet worden sei. Nach ihren Angaben habe sie dessen Telefonnummer im Jahr 2014 von ihrem Sohn „für alle Fälle“ per Brief samt Geburtsurkunde erhalten.

Am 19.07.2018 erging der Beschluss des BG XXXX über die vorläufig zulässige Unterbringung der Beschwerdefüherin in der psychiatrischen Klinik XXXX .

Mit Erkenntnis des BVwG vom 23.07.2018, Zl. W211 2129040-2/4E, wurde dieser Antrag abgewiesen. Im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Beschwerdeführerin bereits während ihres laufenden Asylverfahrens Kontakt zum Freund ihres Sohnes aufnehmen und sich nach ihrem Sohn erkundigen hätte können. Daher stehe das Verschulden der Beschwerdeführerin an der rechtzeitigen Geltendmachung ihres Vorbringens, dass die Tötung ihres Sohnes bereits im Jahr 2015 erfolgt sei, im vorausgegangen Verfahren vor dem BVwG einer Wiederaufnahme des Verfahrens entgegen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am 11.10.2018 außerordentliche Revision beim VwGH. Diese wurde mit Beschluss vom 19.02.2019, Zl. Ra 2018/14/0081-9, zurückgewiesen.

3. verfahrensgegenständlicher zweiter Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag)

Am 26.06.2018 stellte die Beschwerdeführerin einen Folgeantrag auf internationalen Schutz und gab bei der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Wesentlichen an, dass sie Österreich verlassen habe wollen und bereits bei der Rückkehrberatung gewesen sei, dann aber eine SMS erhalten habe, dass ihr Sohn, der in Russland gelebt habe, ermordet worden sei. Die gleichen Männer, die ihren Mann ermordet hätten, hätten auch ihren Sohn ermordet. Sie stehe ebenfalls auf dieser Liste und befürchte im Falle ihrer Rückkehr den Tod.

Am 04.07.2018 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt, in welcher die Beschwerdeführerin ausführte, ihr Sohn sei in Moskau ermordet worden. Die Beschwerdeführerin habe von ihrem Sohn 2014 einen Brief bekommen, in dem seine Geburtsurkunde und eine Telefonnummer gewesen sei, bei der sie sich melden solle, wenn etwas nicht stimme. Ihr Sohn habe in Moskau studiert. Von dieser Nummer habe XXXX ihr eine SMS geschrieben, ihr Sohn sei 2015 ermordet worden und sie solle keinesfalls nach „Russland“ zurückkehren, da es für sie nicht sicher sei. Weiters gab die Beschwerdeführerin an, sie leide an einer schweren Depression, werde psychologisch betreut und nehme starke Medikamente.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 19.07.2018 wurde die Unterbringung der Beschwerdeführerin vorläufig für zulässig erklärt und eine Sachverständige zur Erstellung eines Gutachtens zu den Voraussetzungen des § 3 UbG beauftragt.

Am 03.08.2018 langte eine Aufenthaltsbestätigung vom Klinikum XXXX vom 26.07.2018 bei der belangten Behörde ein, aus welcher hervorging, dass die Beschwerdeführerin sich seit 16.07.2018 in laufender stationärer Behandlung in der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin befinde.

Am 06.08.2018 langte ein Schreiben des Klinikums XXXX vom 26.07.2018 bei der belangten Behörde ein, in welchem sich die Klinik für eine erneute Übersiedlung in die vorherige Unterkunft der Beschwerdeführerin aufgrund der Verschlechterung ihres psychischen Zustands (rezidivierede depressive Störung) und der mit der Übersiedlung in eine neue Unterkunft einhergehende Herausreißung aus dem gewohnten Umfeld, aussprach.

Mit Schreiben der ARGE Rechtsberatung vom 06.08.2018 wurden der belangten Behörde Unterlagen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin übermittelt.

Am 09.08.2018 langte bei der belangten Behörde ein Arztbrief des Klinikums XXXX ein.

Unter Vorlage einer ärztlichen Bestätigung vom 03.09.2018 entschuldigte sich die Beschwerdeführerin für ihre Abwesenheit von der Einvernahme am 06.09.2018 mit einer „chronischen Erkrankung“.

Mit Schreiben vom 05.09.2018 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zu einer schriftlichen Stellungnahme zu der am 04.07.2018 ausgefolgten Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Z 6 AsylG 2005 binnen einer Woche auf.

Mit Schriftsatz vom 14.09.2018 gab die Beschwerdeführerin eine schriftliche Stellungnahme ab. Darin teilte sie mit, sich wegen der Nachricht vom Tod ihres Sohnes vom 16.07.2018 seit 08.08.2018 in stationärer Behandlung in der Psychiatrie befunden zu haben. Eine Abschiebung in die Russische Föderation werde mit Sicherheit eine Verschlechterung ihres psychischen Zustandes bedeuten, weshalb sie die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens dazu beantrage. Sie sei so wie ihr Sohn in der Russischen Föderation gefährdet und auch die Frau des ermordeten Journalisten sei seit 2015 verschwunden. Mangels Verwandten könne sie nirgendwo anders in der Russischen Föderation unterkommen. Eine Zwangsversteigerung ihrer Wohnung sei nicht auszuschließen und infolge ihres psychischen Zustandes sei derzeit auch keine Arbeitsfähigkeit gegeben. Sie beantrage ferner behördliche Recherchen in der Russischen Föderation, ob ihr Sohn noch am Leben sei. Außerdem würden Juden in Dagstan infolge des islamisitschen Aufstandes seit mehreren Jahren schikaniert und verfolgt, sodass ihr eine dem Art.3 EMRK widersprechende Behandlung im Fall der Rückkehr drohe. Beigefügt war eine Liste der ihr verordneten Medikamente sowie eine pschychotherapeutische Stellungnahme vom 03.09.2018, woraus sich ergibt, dass der Sohn der Beschwerdeführerin 2015 ins Gefängnis gekommen und dort möglicherweise verstorben sei. Die Beschwerdfeührerin habe mehrere suizidale Krisen durchlebt und befinde sich gerade in einer intensiven Trauerphase um den verlorenen Mann und Sohn.

Dem ua. vorgelegten Kurzarztbrief des Klinikums XXXX vom 01.01.2018 sind als Diagnosen „rezidivierend depressive Störung, ggw. mittelgradig bis schwere Episode, Vitamin D-Mangel, V.a. Gastritis, Tinnitus rechts, Z.n. nach gutartigem Mamma-TU rechts – Mammaredutkionsplastik mit Narbenkorrektur 5/2016“ zu entnehmen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.09.2018, Zl. 1032423410-180596048 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 26.06.2018 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen sie eine Rückkehrentschiedung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Absatz 9 PFG wurde festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Absatz 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF wurde gegen die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von 1 Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Im Wesentlichen begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung damit, dass es sich beim Vorbringen der Beschwerdeführerin um ein gesteigertes Vorbringen handle und verwies auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zum Antrag der Wiederaufnahme des Verfahrens. Einen neuen, entscheidungsrelevanten Sachverhalt habe die belangte Behörde nicht feststellen können. Zur Begründung der Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von 1 Jahr führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin schon ihrer Ausreise- bzw. Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen sei und daher nicht mehr von einer „nur geringfügigen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung gesprochen werden könne.

Mit Schriftsatz vom 15.10.2018 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die vollumfängliche Beschwerde gegen den genannten Bescheid.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 02.06.2020, Zl. W147 2129040-3/16E, wurde die Beschwerde nach mündlicher Verhandlung hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen, ihr im Übrigen hinsichtlich der Spruchpunkte II. bis VII. Folge gegeben und diese behoben. Begründet wurde dies damit, dass die Beschwerdeführerin ihren neuen Antrag mit Umständen begründet habe, welche bereits von der Rechskraft des ersten Asylverfahrens mitumasst seien. Sie habe keinen neuen Sachverhalt geltend gemacht, welcher erst danach entstanden sei. Zur Beurteilung, ob der Folgeantrag auch hinsichtlich subsidiärem Schutz zurückzuweisen sei, wäre nach Auffassung des BVwG daher zur berücksichtigen gewesen, dass seit der letzten inhaltlichen Entscheidung neue Vorbringen hinzugekommen seien (Tod des Sohnes, massive Verschlechterung ihres psychischen Zustandes seither, fehlende familiäre und soziale Anknüpfungspunkte), welche allenfalls gemäß Art. 3 EMRK relevant sein könnten. Bisher sei nicht ermittelt worden, ob und wie der Sohn der Beschwerdeführerin verstorben sei. Mangels Kompetenz des BVwG zur Sachentscheidung in dieser Konstellation daher seien die Spruchpunkte II. bis VII. zu beheben gewesen. Diese Entscheidung ist am 05.06.2020 in Rechtskraft erwachsen.

Im fortgesetzten Verfahren wurde die Beschwerdeführerin am 17.07.2020 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich auf Russisch einvernommen. Dabei gab sie im Wesentlichen an, dass es ihr seit 2012 psychisch nicht gut gehe und sie seit 2017 medikamentös behandelt werde. Am 09.07.2012 sei ihr Mann umgebracht worden, seither habe sie (psychische) Probleme. Deutsch verstehe sie auf dem Niveau A2. Sie habe weder ihre Freundin in XXXX noch den Freund ihres Sohnes um eine Sterbeurkunde (für ihren Sohn) gebeten, weil sie daran kein Interesse gehabt habe. Ihre Fluchtgründe habe sie bereits alle angegeben. Bereits im Juli 2016 habe sie bei der Verhandlung vor dem BVwG angegeben, dass sie am 09.07.2013 vergewaltigt worden sei, habe aber nicht gewollt, dass ihr Sohn davon erfahre, nun könne sie es ja sagen. In Österreich wolle sie künftig arbeiten, etwa in der Altenbetreuung. An den Länderberichten hab sie kein Interesse. Ein Konvolut an Unterlagen legte sie vor. Nach dem Arztbrief vom 08.08.2018 bestand damals bei der Beschwerdefüherin „Depressive Anpassungsstörung, Rezidivierend depressive Störung, Vtamin D-Mangel“. Nach dem ärztlichen Attest vom 15.03.2019 bestand bei der Beschwerdeführerin eine „rezidiv depressive Störung, gegenwärtig schwer ohne psychotische Symptome, ZB PTBS“.

Dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 26.08.2020 ist zusammengefasst zu entnehmen, dass bei der Beschwerdeführerin eine „rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig (F33.1) und eine Anpassungsstörung mit einer leicht- bis mittelgradigen depressiven Reaktion“ besteht. Die Beschwerdeführerin ist danach aber in der Lage, schlüssige und widerspruchsfreie Angaben zu machen. Sie befindet sich in fachärztlicher Betreuung, eine weiterführende medikamentöse antidepressive Therapie (gängige Antidepressiva und Neuroleptika) ist danach erforderlich und von einer noch länger dauernden Behandlungsbedürftigkeit bis zur Stabilisierung grundsätzlich auszugehen. Die Psychotherapie sollte weitergeführt werden. Im Fall der Überstellung in die Russische Föderation sei zwar mit einer kurz- bis mittelfristigen Verschlechterung des Krankheitsbildes, jedoch nicht mit einem lebensbedrohlichen Zustand der Beschwerdeführerin zu rechnen. Jedenfalls sollte in der Heimat die medikamentöse antidepressive und neuroleptische Therapie weitergeführt werden und die Beschwerdfeührerin sich einer fachärztlichen Behandlung unterziehen, weiterführende Psychotherapie in der Muttersprache werde ebenso empfohlen.

Anlässlich ihrer neuerlichen niederschriftlichen Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2020 gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf Russisch an, keine Angaben über den Ort und die Umstände des Todes ihres Sohnes machen zu können, nicht in der Lage zu sein, eine Sterbeurkunde zu besorgen und keine Telefonnummern ihrer Freundin und des Freundes ihres Sohnes mehr zu besitzen. Das Ergebnis des eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom 26.08.2020 wurde ihr zur Kenntnis gebracht, wonach im Fall einer Überstellung in den Herkunftsstaat kein Hinweis auf eine lebensbedrohliche Verschlechterung ihres Zustandes besteht und die in Österreich begonneneTherapie fortgeführt werden soll.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Bundesamtes vom 15.10.2020 wurde der Folgeantrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich subsidiärem Schutz gemäß § 8 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt II.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt III.) und ihre Abschiebung in die Russische Föderation für zulässig erachtet (Spruchpunkt IV.) sowie eine Frist für eine freiwillige Ausreise von 2 Wochen erteilt (Spruchpunkt V.). Ein Einreiseverbot wurde nicht erlassen. Begründet wurde dieses hinsichtlich Spruchpunkt I. damit, dass eine asylrelevante Verfolgung der Beschwerdeführerin im Fall der Rückkehr nicht habe festgestellt werden können. Diesbezüglich lägen bereits rechtskräftige Entscheidungen des BVwG vor. Auch eine Gefährdung im Sinne von § 8 AsylG2005 habe nicht festgestellt werden können. Sie würde im Fall der Rückkehr in keine existenzbedrohende Notlage geraten. Sie sei abgesehen von psychischen Problemen gesund, habe ihre Schul- und Berufsausbildung in ihrem Heimatort in Dagestan erhalten und dort ihren Lebensunterhalt als unverheiratete Frau mit Kind selbst als Maniküre erwirtschaftet. Der Vater ihres Kindes, mit welchem sie nicht im gemeinsamen Haushalt gelebt habe, sei am 09.07.2013 ermordet worden. Danach habe sie nicht mehr gearbeitet, sondern von ihren Ersparnissen bei einer verheirateten Freundin gelebt, ehe sie am 28.09.2014 schlepperunterstützt ausgreist sei. Ihre Eigentumswohnung in Dagestan sei nach Begleichung der offenen Rechnungen vermutlich wieder bewohnbar. Ihr in der Russischen Föderation zuletzt in Moskau aufhältiger Sohn sei vermutlich 2015 verstorben. Die Beschwerdefüherin sei eine anpassungsfähige, mobile und flexible Staatsangehörige der Russischen Föderation und abgesehen von einer gegenwärtig mittelgradigen rezidivierenden depressiven Störung und einer Anpassungsstörung mit einer leicht- bis mitelgradigen depressiven Reaktion gesund. Psychische Leiden seien in der Russischen Föderation behandelbar, sie leide an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung. Die unbeescholtene Beschwerdeführerin sei arbeitsfähig und arbeitswillig und in der Lage, ihren Lebensunterhalt im Herkunftsstaat (wieder) zu bestreiten. In Österreich verfüge sie über keine privaten oder familiären Bindungen, ihre Deutschkenntnisse bewegten sich auf dem Niveau A2, sie lebe allein hier, sei in keinem Verein aktiv, arbeite nicht, sondern beziehe laufend die staatliche Grundversorgung. Künftig würde sie gerne in der Altenbetreuung tätig sein. Beweiswürdigend wurde ua. dargelegt, dass ihre Identität mangels entsprechender Dokumente nicht festgestellt habe werden können, die vorgelegten Urkunden seien Fälschungen, die Beschwerdeführerin habe zum Datum der Ermordung des Vaters ihres Kindes neuerlich abweichende Angaben gemacht habe, was aber nach dem Ergebnis des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom 17.09.2020 nicht auf ihre psychische Beeinträchtigung zurückzuführen sei. Dass sie das genaue Sterbedatum ihres Sohnes nicht kenne, sei nicht glaubwürdig.

Ferner wurden folgende Länderfeststellungen getroffen:

Länderspezifische Anmerkungen

Letzte Änderung: 18.05.2021

Hinweis:

Die Länderinformationen gehen nur eingeschränkt auf die Auswirkungen der COVID-19- Pandemie sowie auf eventuelle Maßnahmen gegen diese ein - wie etwa Einstellungen des Reiseverkehrs in oder aus einem Land oder Bewegungseinschränkungen im Land. Dies betrifft insbesondere auch Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung, die Möglichkeiten zur Selbst-Quarantäne, die Versorgungslage, wirtschaftliche, politische und andere Folgen, die derzeit immer noch schwer einschätzbar sind. Diesbezüglich darf jedoch auf das COVID-Kapitel der Staatendokumentation zur aktuellen COVID-19-Lage hingewiesen werden.

Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://ww w.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports

oder der Johns-Hopkins-Universität:

https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40

299423467b48e9ecf6

mit täglich aktualisierten Zahlen zu kontaktieren.

Da es sich bei den Nordkaukasus-Republiken (z.B. Tschetschenien, Dagestan) um Subjekte der Russischen Föderation handelt, werden diese nicht mehr in eigenständigen Länderinformationen abgehandelt, sondern in diese Länderinformation zur Russischen Föderation (RUSS COI-CMS) integriert. Wo es Unterschiede gibt, wurden Unterkapitel zu den einzelnen Subjekten bzw. in zusammenfassender Form zum Nordkaukasus geschaffen.

Zu Inguschetien werden - auch nach Absprache mit dem BVwG - keine Informationen mehr ins RUSS COI-CMS übernommen, da die Anzahl an Asylwerbern zu gering ist. Sollten Sie Informationen zu Inguschetien benötigen, ist eine konkrete Anfrage an die Staatendokumentation zu stellen.

In Bezug auf das Kaukasus-Emirat ist zu sagen, dass es momentan nicht ganz klar ist, ob es in der Praxis überhaupt noch existiert und falls ja, ob es einen neuen Anführer hat oder nicht. Dies scheint aber auch nicht das Wichtigste zu sein, da Kadyrows Kräfte und die russischen Sicherheitsbehörden jegliche dschihadistische Anhänger ins Visier nehmen und sie keinen Unterschied machen, unter welcher Flagge ein Islamist kämpft.

Vergleichende Länderkundliche Analyse (VLA) i.S. §3 Abs. 4a AsylG

Letzte Änderung: 18.05.2021

Erläuterung

Bei der Erstellung der vorliegenden Länderinformation wurde die im § 3 Abs 4aAsylG festgeschriebene Aufgabe der Staatendokumentation zur Analyse „wesentlicher, dauerhafter Veränderungen der spezifischen, insbesondere politischen Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind", berücksichtigt. Hierbei wurden die in der vorliegenden Länderinformation verwendeten Informationen mit jenen in der vorhergehenden Länderinformation abgeglichen und auf relevante, im o.g. Gesetz definierte Verbesserungen hin untersucht.

Als den oben definierten Spezifikationen genügend eingeschätzte Verbesserungen wurden einer durch die Qualitätssicherung abgesicherten Methode zur Feststellung eines tatsächlichen Vorliegens einer maßgeblichen Verbesserung zugeführt (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt II). Wurde hernach ein tatsächliches Vorliegen einer Verbesserung i.S. des Gesetzes festgestellt, erfolgte zusätzlich die Erstellung einer entsprechenden Analyse der Staatendokumentation (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt IV) zur betroffenen Thematik.

Verbesserung i.S. § 3 Abs. 4a AsylG

 

Titel

Kapitel

Ein Vergleich der Informationen zu asylrelevanten Themengebieten in der vorliegenden Länderinformation mit jenen der vormals aktuellen Länderinformation hat ergeben, dass es zu keinen wie im § 3 Abs. 4a AsylG beschriebenen Verbesserungen in der Russischen Föderation gekommen ist.

Covid-19-Situation

Letzte Änderung: 18.05.2021

Russland ist von Covid-19 landesweit stark betroffen. Regionale Schwerpunkte sind Moskau und St. Petersburg (AA 15.2.2021). Aktuelle und detaillierte Zahlen bietet unter anderem die Weltgesundheitsorganisation WHO ( https://covid19.who.int/region/euro/country/ru ). Die Regionalbehörden in der Russischen Föderation sind für Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 zuständig, beispielsweise betreffend Mobilitätseinschränkungen, medizinische Versorgung und soziale Maßnahmen (RAD 15.2.2021; vgl. CHRR 12.3.2021). Die Maßnahmen der Regionen sind unterschiedlich, richten sich nach der epidemiologischen Situation in der jeweiligen Region und ändern sich laufend (WKO 9.3.2021; vgl. AA 15.2.2021). Es herrscht eine soziale Distanzierungspflicht für öffentliche Plätze und öffentliche Verkehrsmittel. Der verpflichtende Mindestabstand zwischen Personen beträgt 1,5 Meter (WKO 9.3.2021).

Die regierungseigene Covid-19-Homepage gibt Auskunft über die vom russischen Gesundheitsministerium empfohlenen Covid-19-Medikamente, nämlich Favipiravir, Hydroxychloroquin, Mefloquin, Azithromycin, Lopinavir/Ritonavir, rekombinantes Interferon-beta-1b und Interferonalpha, Umifenovir, Tocilizumab, Sarilumab, Olokizumab, Canakinumab, Baricitinib und Tofaciti- nib. Der in Moskau entwickelte Covid-19-Krankenhausbehandlungsstandard umfasst folgende

vier Komponenten: Antivirale Therapie, Antithrombose-Medikation, Sauerstoffmangelbehebung und Prävention/Behandlung von Komplikationen. Auf Anordnung des Arztes wird Patienten ein Pulsoxymeter ausgehändigt (Gerät zur Messung des Blutsauerstoffsättigungsgrades). Die medizinische Covid-Versorgung erfolgt für die Bevölkerung kostenlos (CHRR o.D.a).

Folgende Impfstoffe wurden in der Russischen Föderation entwickelt: Gam-COVID-Vac (’Sputnik V’), EpiVacCorona, CoviVac und Ad5-nCoV (CHRR o.D.b). Mittlerweile sind in der Russischen Föderation drei heimische Impfstoffe zugelassen (Sputnik V, EpiVacCorona und CoviVac). Groß angelegte klinische Studien gibt es bisher nicht (DS 20.2.2021; vgl. RFE/RL 21.2.2021). Impfungen erfolgen kostenlos (Mos.ru o.D.). In Moskau wurden bisher mehr als 700.000 Personen geimpft (Mos.ru 8.3.2021). Obwohl Russland als weltweit erstes Land seinen Covid-Impfstoff Sputnik V registrierte, haben die Impfungen effizient gerade erst begonnen (DS 12.2.2021). Bisher wurden in der Russischen Föderation in etwa 2,2 Millionen Personen (ca. 1,5% der Bevölkerung) geimpft bzw. erhielten zumindest eine der zwei Teilimpfungen (RFE/RL 21.2.2021).

Für die Einreise nach Russland wird grundsätzlich ein COVID-19-Testergebnis (PCR) benötigt. Russische Staatsbürger müssen bei der Grenzkontrolle keinen COVID-Test vorlegen, dieser muss jedoch spätestens drei Tage nach der Einreise nachgeholt werden. Russische Staatsbürger, die nach der Einreise ein positives Testergebnis erhalten, müssen sich in Quarantäne begeben. Die Ausreise aus Russland ist bis auf unbestimmte Zeit eingeschränkt und nur in bestimmten Ausnahmefällen möglich. Die internationalen Flugverbindungen wurden teilweise wieder aufgenommen. Direktflüge zwischen Österreich und Russland werden derzeit ein- bis zweimal wöchentlich von Austrian Airlines und Aeroflot angeboten. Russische Inlandsflüge wurden während der ganzen Pandemiezeit aufrecht erhalten (WKO 9.3.2021). Der internationale Zugverkehr - mit Ausnahme der Strecke zwischen Russland und Belarus - und der Fährverkehr sind eingestellt (AA 15.2.2021).

Staatliche Unterstützungsmaßnahmen für die russische Wirtschaft sind unterschiedlich und an viele Bedingungen gebunden. Zu den ersten staatlichen Hilfsmaßnahmen zählten Kredit-, Miet- und Steuerstundungen (ausgenommen Mehrwertsteuer), Sozialabgabenreduktion sowie Kreditgarantien und zinslose Kredite. Später kamen Steuererleichterungen sowie direkte Zuschüsse dazu. Viele der Maßnahmen sind nur für kleine und mittlere Unternehmen oder bestimmte Branchen zugänglich und haben einen zweckgebundenen Charakter (beispielsweise gebunden an Gehaltszahlungen oder Arbeitsplatzerhalt) (WKO 9.3.2021). Die Regierung bietet Exporteuren Hilfe an, die Möglichkeit eines Konkursmoratoriums, zinslose Kredite für Gehaltsauszahlungen usw. (CHRR o.D.c). Jänner bis Oktober 2020 ist die Industrieproduktion pandemiebedingt um 3,1% zurückgegangen. Besonders die Rohstoffproduktion ist um 6,6% gefallen, während die verarbeitende Industrie mit 0,3% praktisch stagnierte. Die im Jahr 2020 sehr stark fallenden Ölpreise waren unter anderem eine Auswirkung der Covid-19-Pandemie und mit einem globalen Nachfragerückgang verbunden und führten zu einer Rubelabwertung von 25%. Nach leichter Erholung verlor der Rubel unter anderem wegen der anhaltenden geringen Rohstoffnachfrage Mitte 2020 erneut an Wert und lag Anfang Dezember bei ca. 90 Rubel je Euro (WKO 12.2020). Das Realwachstum des Bruttoinlandsprodukts betrug im Jahr 2020 -3,1%. Im Vergleich dazu betrug der entsprechende Wert im Jahr 2019 2%. Die öffentliche Verschuldung betrug im Jahr 2020 17,8% des Bruttoinlandsprodukts (2019: 12,4%) (WIIW o.D.).

Moskau:

In Moskau herrscht an öffentlichen Orten eine Masken- und Handschuhpflicht. Das Tragen von Masken auf Straßen wird empfohlen. Kultur- und Bildungsveranstaltungen dürfen stattfinden, wenn maximal 50% der Zuschauerplätze belegt sind. Bürgern über 65 Jahren und chronisch Kranken wird Selbstisolierung empfohlen (CHRR 12.3.2021; vgl. WKO 9.3.2021, AA 15.2.2021). Empfohlen wird Fernarbeit für mindestens 30% der Mitarbeiter. Am Arbeitsplatz sind vorgeschriebene Hygienevorschriften (unter anderem Temperaturmessungen, Mund- und Handschutz, Desinfektionsmittel, Mindestabstand etc.) einzuhalten (WKO 9.3.2021). Gemäß dem Moskauer Bürgermeister verbessert sich die Pandemielage in Moskau. Ein Großteil der Einschränkungen wurde aufgehoben. Gastronomiebetriebe sind wieder geöffnet. Für Schüler höherer Klassen und Studierende findet nun wieder Präsenzunterricht statt (Mos.ru 7.3.2021; vgl. Mos.ru 8.3.2021, LM 8.2.2021, Russland Analysen 19.2.2021). In der Oblast [Gebiet] Moskau wurde die Mehrzahl der wegen Covid geltenden Einschränkungen zurückgenommen. Einzig Massenveranstaltungen bleiben fast ausnahmslos verboten (Russland Analysen 19.2.2021).

St. Petersburg:

Auch in St. Petersburg herrscht an öffentlichen Orten eine Masken- und Handschuhpflicht. Die für gastronomische Betriebe geltenden Beschränkungen der Öffnungszeiten wurden aufgehoben. Kulturveranstaltungen dürfen stattfinden, wenn maximal 75% der Zuschauerplätze belegt sind. Empfohlen wird Fernarbeit für mindestens 30% der Mitarbeiter. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke sind Selbstisolierung und Fernarbeit verpflichtend (CHRR 12.3.2021; vgl. Gov.spb

5.3.2021, WKO 9.3.2021, Russland Analysen 8.2.2021).

Tschetschenien:

An öffentlichen Orten wird das Tragen von Masken empfohlen. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke ist Selbstisolierung vorgesehen (CHRR 12.3.2021; vgl. Chechnya.gov 10.2.2021, Ria.ru 10.2.2021, KMS 10.2.2021). Bisher wurden mehr als 19.000 Personen geimpft (Chech- nya.gov 26.2.2021). Mitarbeitern staatlich finanzierter Organisationen in Tschetschenien wurde mit Entlassung gedroht, sollten sie die Covid-Impfung verweigern. Bewohner in Tschetschenien berichten, ihnen seien Sanktionen angedroht worden, sollten sie sich nicht impfen lassen (CK

23.1.2021) . Reisebeschränkungen wurden aufgehoben (Ria.ru 10.2.2021; vgl. Chechnya.gov

10.2.2021, KMS 10.2.2021).

Dagestan:

An öffentlichen Orten herrscht Maskenpflicht. Einstweilen dürfen keine Massenveranstaltungen stattfinden. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke wird Selbstisolierung empfohlen (CHRR 12.3.2021). Es finden Massenimpfungen statt, und verwendet wird der Impfstoff Sputnik V (E-dag.ru 23.2.2021). Bisher wurden mehr als 18.000 Personen (2,4%) geimpft (E-dag.ru

12.3.2021) .

Quellen:

•        AA-Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.2.2021): Russische Föderation: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik /laender/russischefoederation-node/russischefoederationsicherheit/201536 , Zugriff 16.3.2021

•        Chechnya.gov - rnaBa MeneHCKon Pecny6nMKM [Oberhaupt der Tschetschenischen Republik] [Russische Föderation] (10.2.2021): P KagbipoB: «Mbi cHMMaeM b MeHeHcKon Pecny6nMKe o6a3aTenbHoe HoweHne MacoK b o6^ecTBeHHbix MecTax» [R Kadyrow: „Wir heben die Maskenpflicht an öffentlichen Orten in der Tschetschenischen Republik auf"], http://chechnya.gov.ru/novo sti/r-kadyrov-my-snimaem-v-chechenskoj-respublike-obyazatelnoe-noshenie-masok-v-obshhest vennyh-mestah/, Zugriff 12.3.2021

•        Chechnya.gov - rnaBa MeneHCKon Pecny6nMKM [Oberhaupt der Tschetschenischen Republik] [Russische Föderation] (26.2.2021): OTMeHa o6a3aTenbHoro MacoHHoro pewnMa b MeneHCKon Pecny6niMKe He cnpoBoginpoBana pocTa Hincna 3a6oneBwinx [Aufhebung der Maskenpflicht in der Tschetschenischen Republik provozierte nicht steigende Krankheitszahlen], http://chechnya.gov.r u/novosti/otmena-obyazatelnogo-masochnogo-rezhima-v-chechenskoj-respublike-ne-sprovotsirov ala-rosta-chisla-zabolevshih/, Zugriff 12.3.2021

•        CHRR - Covid-19-Webseite der russischen Regierung [Russische Föderation] (12.3.2021): KapTa gencTByw^nx orpaHMHeHMn b cba3m c COVID-19 [Landkarte bzgl. geltender Einschränkungen in Verbindung mit Covid-19], https://cTonKopoHaBMpyc.p$/information/, Zugriff 12.3.2021

•        CHRR - Covid-19-Webseite der russischen Regierung [Russische Föderation] (o.D.a): MacTo 3agaBaeMbe Bonpocbi [FAQ], https://cTonKopoHaBMpyc.p$/faq/, Zugriff 12.3.2021

•        CHRR - Covid-19-Webseite der russischen Regierung [Russische Föderation] (o.D.b): Bce o BaKpnHapnn npoTMB COVID-19 [Alles über die Covid-19-Impfung], https://BaKpnHa. cTonKopoHaBMpyc.p^/, Zugriff 12.3.2021

•        CHRR - Covid-19-Webseite der russischen Regierung [Russische Föderation] (o.D.c): Mepbi noggepwKin 6n3Heca [Unternehmensunterstützungsmaßnahmen], https://cTonKopoHaBinpyc.p$/wh at-to-do/business/, Zugriff 24.3.2021

•        CK - Caucasian Knot (23.1.2021): Budget-funded Chechen employees complain about enforce- mentto vaccination, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/53468 , Zugriff 12.3.2021

•        DS - Der Standard (12.2.2021): Russland könnte sich der Herdenimmunität nähern, https://ww w.derstandard.at/story/2000124129778/russland-waehnt-sich-nahe-an-der-herdenimmunitaet, Zugriff 12.3.2021

•        DS - Der Standard (20.2.2021): Russland bringt dritten Covid-Impfstoff auf den Markt, https: //www.derstandard.at/jetzt/livebericht/2000124341360/redcontent/1000220229?responsive=false , Zugriff 12.3.2021

•        E-dag.ru - Moj Dagestan [Mein Dagestan] / Offizielle Website Dagestans [Russische Föderation] (23.2.2021): B flarecTaHe BnepBbie 3a gonroe BpeMa MeHbme 50 HenoBeK, 3a6oneBwnx KopoHaBnpycoM 3a cyTKM [In Dagestan zum ersten Mal seit langer Zeit weniger als 50 am Coronavirus erkrankte Personen innerhalb 24 Stunden], https://mydagestan.e-dag.ru/coronavirus/v-dage stane-vpervye-za-dolgoe-vremya-menshe-50-chelovek-zabolevshikh-koronavirusom-za-sutki/, Zugriff 12.3.2021

•        E-dag.ru - Moj Dagestan [Mein Dagestan] / Offizielle Website Dagestans [Russische Föderation] (12.3.2021): MH^opiviagMfl o npoBegeHinin BaKgiMHagiMM HaceneHina Pecny6nwKM flarecTaH npoTMB COVID-19 [Information über COVID-19-Impfung der Bevölkerung der Republik Dagestan], https: //mydagestan.e-dag.ru/vaccination-against-covid-19/, Zugriff 12.3.2021

•        Gov.spb- AflMMHincTpai4Mfl CaHKT-neTep6ypra [St. Petersburger Verwaltung] [Russische Föderation] (5.3.2021): OTgenbHbie orpaHMHeHua npogneBaroTca go 28 MapTa [Einzelne Einschränkungen bis 28.3. verlängert], https://www.gov.spb.ru/press/governor/208547/, Zugriff 12.3.2021

•        KMS - Kommersant (10.2.2021): KagbipoB oTMeHMn o6fl3aTenbHbin MacoHHbin pewMM B MeHHe [Kadyrow hob die Maskenpflicht in Tschetschenien auf], https://www.kommersant.ru/doc/4683493 , Zugriff 15.3.2021

•        LM - Le Monde (8.2.2021): En Russie, le Covid-19 a alimente une hausse brutale de la mortalite en 2020 [In Russland hat Covid-19 für einen brutalen Anstieg der Sterberaten im Jahr 2020 gesorgt], https://www.lemonde.fr/international/article/2021/02/08/en-russie-le-covid-19-a-alimente-une-hau sse-brutale-de-la-mortalite-en-2020_6069228_3210.html , Zugriff 12.3.2021

•        Mos.ru - Offizielle Webseite des Moskauer Bürgermeisters [Russische Föderation] (7.3.2021): Cepren Co6ahmh paccKa3an o cmyapnn c KopoHaBupycoM b MocKBe [Sergei Sobjanin sprach über die Coronavirussituation in Moskau], https://www.mos.ru/mayor/themes/18299/7190050/7o nsite_molding=2 , Zugriff 15.3.2021

•        Mos.ru - Offizielle Webseite des Moskauer Bürgermeisters [Russische Föderation] (8.3.2021): Bonee 700 ™chh nenoBeKywe cgenanu npuBUBKy ot KopoHaBupyca b MocKBe [Schon mehr als 700.000 Personen wurden in Moskau gegen Coronavirus geimpft], https://www.mos.ru/news/item /87519073/, Zugriff 12.3.2021

•        Mos.ru - Offizielle Webseite des Moskauer Bürgermeisters [Russische Föderation] (o.D.): BecnnaTHaa BaK^uHa^ufl [Gratis-Impfung], https://www.mos.ru/city/projects/covid-19/privivka/, Zugriff 12.3.2021

•        Russland Analysen (8.2.2021): Covid-19-Chronik (11.-31.1.2021), (Nr. 397), https://www.laender- analysen.de/russland-analysen/397/RusslandAnalysen397.pdf, Zugriff 12.3.2021

•        Russland Analysen (19.2.2021): Covid-19-Chronik (1.-14.2.2021), (Nr. 398), https://www.laender- analysen.de/russland-analysen/398/RusslandAnalysen398.pdf, Zugriff 16.3.2021

•        RAD - Russian Analytical Digest / Anna Tarasenko (Nr. 263) (15.2.2021): Mitigating the Social Consequences of the COVID-19 Pandemic: Russia's Social Policy Response, https://css.ethz.ch/co ntent/dam/ethz/special-interest/gess/cis/center-for-securities-studies/pdfs/RAD263.pdf#page=12 , Zugriff 16.3.2021

•        RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (21.2.2021): Russia Approves CoviVac, Its Third Coronavirus Vaccine, https://www.rferl.org/a/russia-coronavirus-vaccine-covivac/31113697.html , Zugriff 12.3.2021

•        Ria.ru - PMA Hoboctu [RIA Nowosti] (10.2.2021): KagbipoB oTMeHun o6fl3aTenbHoe HoweHue MacoK b MenHe [Kadyrow hob die Maskenpflicht in Tschetschenien auf], https://ria.ru/20210210/ maski-1596846521.html, Zugriff 12.3.2021

•        WIIW - Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (o.D.): Russia - Overview, https: //wiiw.ac.at/russia-overview-ce-10.html, Zugriff 24.3.2021

•        WKO - Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (12.2020): Wirtschaftsbericht Russische Föderation, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/russische-foederation-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 24.3.2021

•        WKO-Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (9.3.2021): Coronavirus: Situation in Russland, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-info-russland.html, Zugriff 16.3.2021

Politische Lage

Letzte Änderung: 26.05.2021

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (GIZ 1.2021c; vgl. CIA 5.2.2021). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau (GIZ 1.2021a; vgl. EASO 3.2017). Der Präsident verfügt über weitreichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 1.2021a; vgl. EASO 3.2017, AA 21.10.2020c). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister, und entlässt sie (GIZ 1.2021a). Wladimir Putin ist im März 2018 bei der Präsidentschaftswahl mit 76,7% im Amt bestätigt worden (Standard.at 19.3.2018; vgl. FH 4.3.2020). Die Wahlbeteiligung lag der russischen Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl stärkster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motiviert eingestuften Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018; vgl. FH 3.3.2021). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018). Wahlbetrug ist weit verbreitet, was insbesondere im Nordkaukasus deutlich wird (BTI 2020). Präsident Putin kann dem Ergebnis zufolge nach vielen Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen (Tagesschau.de 19.3.2018; vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzesentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Zweikammerparlament, bestehend aus Staatsduma und Föderationsrat, ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Am 15. Januar 2020 hat Putin in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation eine Neuordnung des politischen Systems vorgeschlagen und eine Reihe von Verfassungsänderungen angekündigt. Dmitri Medwedjew hat den Rücktritt seiner Regierung erklärt. Sein Nachfolger ist der Leiter der russischen Steuerbehörde Michail Mischus- tin. In dem neuen Kabinett sind 15 von 31 Regierungsmitgliedern ausgewechselt worden (GIZ 1.2021a). Die Verfassungsänderungen ermöglichen Wladimir Putin, für zwei weitere Amtszeiten als Präsident zu kandidieren (GIZ 1.2021a; vgl. FH 3.3.2021), dies gilt aber nicht für weitere Präsidenten (FH 3.3.2021). Die Volksabstimmung über eine umfassend geänderte Verfassung fand am 1. Juli 2020 statt, nachdem sie aufgrund der Corona-Pandemie verschoben worden war. Bei einer Wahlbeteiligung von ca. 65% der Stimmberechtigten stimmten laut russischer Wahlkommission knapp 78% für und mehr als 21% gegen die Verfassungsänderungen. Neben der sogenannten Nullsetzung der bisherigen Amtszeiten des Präsidenten, durch die der amtierende Präsident 2024 und theoretisch auch 2030 zwei weitere Male kandidieren darf, wird das staatliche Selbstverständnis der Russischen Föderation in vielen Bereichen neu definiert. Der neue Verfassungstext beinhaltet deutlich sozialere und konservativere Inhalte als die Ursprungsverfassung aus dem Jahre 1993 (GIZ 1.2021a). Nach dem Referendum kam es zu Protesten von einigen hundert Personen in Moskau. Bei dieser nicht genehmigten Demonstration wurden 140 Personen festgenommen. Auch in St. Petersburg gab es Proteste (MDR 16.7.2020).

Der Föderationsrat ist als 'obere Parlamentskammer’ das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten (GIZ 1.2021a): Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für fünf Jahre gewählt (GIZ 1.2021a; vgl. AA 21.10.2021c). Es gibt eine Fünfprozentklausel (GIZ 1.2021a).

Zu den wichtigen Parteien der Russischen Föderation gehören: die Regierungspartei Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern; Gerechtes Russland (Sprawedliwaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern; die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, welche die Nachfolgepartei der früheren KP ist; die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist; die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern; die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), links-zentristisch mit 85.000 Mitgliedern und die Partei der Volksfreiheit (PARNAS), eine demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 1.2021a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (343 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (39 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (RIA Nowosti 23.9.2016; vgl. Global Security 21.9.2016, FH 3.3.2021). Die sogenannte Systemopposition stellt die etablierten Machtverhältnisse nicht in Frage und übt nur moderate Kritik am Kreml (SWP 11.2018). Die nächste Duma-Wahl steht im Herbst 2021 an (Standard.at 1.1.2021).

Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international nicht anerkannten Annexion der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 1.2021a; vgl. AA 21.10.2020c). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 1.2021a).

Es gibt acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten), denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsi

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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