Entscheidungsdatum
14.10.2021Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W107 2194423-1/10E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Sibyll BÖCK über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Mag. Katrin HULLA, Caritas der Erzdiözese Wien – Hilfe in Not, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.03.2018, XXXX , zu Recht:
A)
Das Verfahren über die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste schlepperunterstützt und unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 14.02.2016 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer von einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Beisein eines Dolmetschers seiner Muttersprache erstbefragt.
3. Am 06.12.2017 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Farsi niederschriftlich einvernommen. Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer eine Tazkira und einen Militärdienstnachweis vor.
4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 19.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.); gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, damals vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, fristgerecht vollumfängliche Beschwerde.
6. Die belangte Behörde legte die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
7. Mit Schreiben vom 13.10.2018 gab der damalige Rechtvertreter des Beschwerdeführers die ihm erteilte Vollmacht bekannt.
8. Mit Schriftsatz vom 16.10.2019 wurde zusammengefasst vorgebracht, der Beschwerdeführer habe aufgrund des negativen Abschlusses des Asylverfahrens seines Sohnes einen Zusammenbruch erlitten und sei infolge dessen in die Kepler Universitätsklinik in Linz aufgenommen worden. Mittweile habe man den Beschwerdeführer – ohne die Bestellung eines dauerhaften Erwachsenenvertreters – in häusliche Pflege entlassen; angesichts der Diagnose, wonach der Beschwerdeführer neben einer schweren Depression auch an einer erheblichen demenziellen Entwicklung leide, würden jedoch starke Zweifel an der Einvernahmefähigkeit des Beschwerdeführers bestehen.
Dem Schreiben wurden ein Arztbrief, datiert 25.07.2019, ein Tagsatzungsprotokoll des Bezirksgerichts Linz bzgl. der Unterbringung des Beschwerdeführers und ein psychiatrisches Gutachten betreffend den Beschwerdeführer beigelegt. Zudem wurden die Vollmacht der nunmehrigen Rechtsvertreterin und weitere Unterlagen bzgl. der Kinder des Beschwerdeführers übermittelt.
9. Mit Schreiben vom 12.10.2020 wurde die Vollmachtsauflösung durch den ehemaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bekannt gegeben.
10. Mit Schriftsatz vom 23.09.2021 wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides sowie der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung ausdrücklich zurückgezogen. Dem Schreiben wurden eine weitere ärztliche Bestätigung, datiert 15.09.2021, und ein Ambulanzbefund, datiert 24.08.2021, beigelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchpunkt A) - Einstellung des Verfahrens über die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Wird eine Beschwerde zurückgezogen, kommt eine meritorische Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht nicht mehr in Betracht und der Bescheid wird rechtskräftig (vgl. dazu Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht (2014) RZ 742; Eder/Martschin/Schmied, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, K 6 zu § 7 VwGVG).
Eine Einstellung eines Verfahrens ist dann vorzunehmen, wenn ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren gegangen ist. Dies liegt unter anderem dann vor, wenn eine Beschwerde zurückgezogen wird (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Anmerkung 5 zu § 28 VwGVG; s. auch BVwG vom 25.11.2014, W107 2008534-1).
Die Annahme, dass eine Partei das von ihr erhobene Rechtsmittel zurückziehe, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offenlässt. Dabei kommt es auf das Vorliegen einer in diese Richtung abzielenden eindeutigen Erklärung an (siehe dazu VwGH vom 22.11.2005, Zl. 2005/05/0320). Der Beschwerdeverzicht ist unwiderruflich (VwGH vom 10.03.1994, Zl. 94/19/0601; VwGH vom 12.05.2005, Zl. 2005/02/0049).
Im Rahmen des Schriftsatzes vom 23.09.2021 brachte der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung ausdrücklich und unmissverständlich seinen Willen zum Ausdruck, die erhobene Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheides zurückzuziehen.
Damit ist der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes bezüglich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides die Grundlage entzogen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Anmerkung 5 zu § 28 VwGVG, mit Verweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG III § 66 Rz 56f), weshalb das Verfahren über die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides mit Beschluss einzustellen ist (vgl. dazu auch VwGH vom 10.03.1994, Zl. 94/19/0601; VwGH vom 12.05.2005, Zl. 2005/02/0049 sowie VwGH vom 22.11.2005, Zl. 2005/05/0320).
Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass es sich bei den Aussprüchen über die (Nicht-) Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, die (Nicht-) Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 und die (Nicht-) Erteilung eines Aufenthaltstitels bzw. die Erlassung einer Rückkehrentscheidung um voneinander rechtlich trennbare Aussprüche handelt, die unterschiedlichen rechtlichen Schicksalen unterliegen können (vgl. VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/004706.07.2016, Ra 2014/01/0217; 28.01.2015, Ra 2014/20/0121, mwN).
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung erfolgen (vgl. § 24 VwGVG).
3.3. Zu Spruchpunkt B) – Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des Verfassungsgerichtshofes, des EuGH und des EGMR); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
Verfahrenseinstellung ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W107.2194423.1.00Im RIS seit
10.11.2021Zuletzt aktualisiert am
10.11.2021