Index
10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §19 Abs3Leitsatz
Zurückweisung eines Wiederaufnahmeantrags mangels Geltendmachung eines gesetzlichen WiederaufnahmegrundesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit Erkenntnis vom 12. Oktober 1994, B446/93, wies der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde des nunmehrigen Antragstellers gegen einen Bescheid der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) ab.
Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Einschreiter die Wiederaufnahme der mit dem zitierten Erkenntnis erledigten Beschwerdesache. Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 6123/1970 wird ohne Bezugnahme auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe der §§529 bis 531 ZPO ausgeführt, daß der im Beschwerdeverfahren bekämpfte Bescheid der OBDK unter Mitwirkung von zwei ausgeschlossenen Mitgliedern erlassen worden sei. Mangels Durchführung einer - beantragten - mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof sei es dem damaligen Beschwerdeführer und nunmehrigen Antragsteller ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen, den "Wiederaufnahmsgrund des Ausschlusses des Mitgliedes Dr. ... und Dr. ... vor Schluß der mündlichen Verhandlung geltend zu machen". Mangels Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof sei daher auch die Voraussetzung des §530 Abs2 ZPO gegeben.
2. Der Antrag ist unzulässig.
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat bei der Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens in einer Beschwerdesache (§34 erster Satz VerfGG) aufgrund der Vorschrift des §35 Abs1 VerfGG auch §538 Abs1 ZPO über das Vorprüfungsverfahren sinngemäß anzuwenden. Dieser Bestimmung entsprechend hat der Verfassungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung zu prüfen, ob die Klage auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe (§§529 bis 531) gestützt und in der gesetzlichen Frist erhoben sei. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist sie als ungeeignet durch Beschluß zurückzuweisen.
Gemäß §530 Abs2 ZPO ist die Wiederaufnahme wegen der in §530 Abs1 Z6 (Auffindung einer über denselben Anspruch oder über dasselbe Rechtsverhältnis früher ergangenen, bereits rechtskräftig gewordenen Entscheidung) und 7 (Kenntniserlangung von neuen Tatsachen oder Auffindung von Beweismitteln) leg.cit. angegebenen Umstände nur dann zulässig, "wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, die Rechtskraft der Entscheidung oder die neuen Tatsachen oder Beweismittel vor Schluß der mündlichen Verhandlung, auf welche die Entscheidung erster Instanz erging, geltend zu machen."
2.2. Wie sich aus dem Vorbringen im Antrag und insbesondere aus der Bezugnahme auf §530 Abs2 ZPO ergibt, stützt der Einschreiter seinen Antrag auf den Wiederaufnahmsgrund des §530 Abs1 Z7 leg.cit.
Der Antragsteller läßt außer acht, daß das VerfGG insbesondere in den Fällen des §19 Abs3 und 4 die Möglichkeit einer Entscheidung des Gerichtshofes in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorangegangene mündliche Verhandlung vorsieht. Da die Partei mit einer solchen Möglichkeit rechnen muß, kann sie keineswegs darauf vertrauen, daß ihr infolge des Stattfindens einer mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit weiteren Vorbringens geboten wird. Vertraut sie dennoch auf diese Möglichkeit und unterläßt sie weiteres (schriftliches) Vorbringen, so kann dieses Verhalten nicht als unverschuldet beurteilt werden (VfSlg. 8983/1980).
Im vorliegenden Fall ergibt sich diese verschuldete Verspätung schon aus dem Vorbringen im Wiederaufnahmsantrag.
Der nicht zulässige Wiederaufnahmsantrag (§530 Abs2 ZPO) war sohin ohne weiteres Verfahren mit in nichtöffentlicher Sitzung gefaßtem Beschluß zurückzuweisen (§34 VerfGG).
Schlagworte
VfGH / Wiederaufnahme, VfGH / VerhandlungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:B2641.1994Dokumentnummer
JFT_10049773_94B02641_00