TE Pvak 2021/9/7 B9-PVAB/21

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Veröffentlicht am 07.09.2021
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Norm

PVG §41
PVG §41 Abs4
B-VG Art19 Abs1
B-VG Art67 Abs1

Schlagworte

Oberste Organe der Vollziehung; Weisungsfreiheit; ohne verfassungsgesetzliche Ermächtigung keine Kontrolle durch andere Verwaltungsbehörde; keine solche Ermächtigung im PVG; Organe des DG; Zuständigkeit der PVAB

Text

 

 

B 9-PVAB/21

Prüfungsergebnis

Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr. Wilhelm SANDRISSER als Vertreter des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer/innen die Beschwerde des zuständigen Zentralausschusses beim Bundesministerium für *** (ZA) gemäß § 41 Abs. 4 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG) gegen die Bundesministerin für *** wegen behaupteter Verletzung des PVG in fünf Fällen mit folgendem Ergebnis geprüft:

Die Prüfung der Beschwerde ist mangels Zuständigkeit der PVAB für die nachprüfende Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Verhaltens eines obersten Organs der Vollziehung nicht zulässig.

Begründung

Mit Beschwerde vom 26. August 2021 machte der ZA gemäß § 41 Abs. 4 PVG die Verletzung des PVG durch die Bundesministerin geltend, die nach Beratung von fünf Personalvertretungsangelegenheiten mit dem ZA am 11. Juli 2021 entgegen § 10 Abs. 7 erster Satz PVG bis zur Erhebung der Beschwerde des ZA diese Angelegenheiten nicht entschieden habe.

Gemäß Art. 19 Abs. 1 B-VG sind die Bundesminister:innen (Leiter:innen der Zentralstellen) oberste Organe der Vollziehung. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) sind oberste Organe (vgl. dazu Mayer/Muzak, B-VG, Kurzkommentar, 2015) keinem anderen Organ gegenüber weisungsgebunden (VfSlg 9536; vgl. auch VfSlg 6885).

Oberste Organe dürfen – von verfassungsgesetzlich vorgesehenen Ausnahmen abgesehen (vgl. Art. 67 Abs. 1 B-VG) – nicht an Willenserklärungen (Einvernehmen, Zustimmung etc.) anderer Organe gebunden werden (VfSlg 2072, 2332, 6495, 6885, 6913, 12.183, 12.506, 12.843; VfGH 11.12.2013, B 1014/2013; vgl. Bruckmann, RdW 1998, 321; PVAB 16.09.2015, B 4-PVAB/15). Ohne verfassungsgesetzliche Ermächtigung darf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Handelns eines obersten Organs nicht einer anderen Verwaltungsbehörde übertragen werden (VfSlg. 13.626, 16.002; vgl. die Verfassungsbestimmung des § 35 Abs. 2 DSG 2000).

Dem Prüfungsergebnis der PVAB kommt nach den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu BGBl. I Nr. 82/2013 (2347 der Beilagen XXIV GP) die Qualität einer Missstandsfeststellung zu. Es handelt sich dabei somit eindeutig um eine Entscheidung der PVAB in der Sache selbst, wobei außer Zweifel steht, dass § 41 PVG keine bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung für die Kontrolle der Einhaltung des PVG durch die Leiter:innen der Zentralstellen (Bundesminister:innen) enthält.

Nach § 41 Abs. 4 PVG können sich PVO bei der Aufsichtsbehörde wegen behaupteter Verletzung dieses Bundesgesetzes innerhalb des letzten Jahres durch ein Organ des DG beschweren.

Das B-VG unterscheidet klar zwischen „obersten Organen“ und „Organen der Verwaltung“ (darunter auch die Organe des Dienstgebers), woraus folgt, dass „oberste Organe“ nicht unter den Begriff „Organ des Dienstgebers“ nach PVG subsumiert werden können.

In Entsprechung dieser Verfassungsrechtslage unterscheidet der einfache Bundesgesetzgeber im PVG folgerichtig durchgehend (vgl. dazu nur § 10 Abs. 7 und 8 PVG) unmissverständlich zwischen „Organen des Dienstgebers“ (wie sachlich berufene Organe der Zentralstelle und Dienststellenleiter:innen) und „Leiterin oder Leiter der Zentralstelle“ (oberste Organe). Vgl. dazu ergänzend § 41 Abs. 6 PVG, wonach die PVAB das Ergebnis der Prüfung von Beschwerden sowohl dem „Organ des Dienstgebers, dessen Verhalten den Gegenstand der Beschwerde bildete“ als auch „der zuständigen Leiterin oder dem zuständigen Leiter der Zentralstelle“ mitzuteilen hat. Auch nach den Bestimmungen des § 41 Abs. 7 und Abs. 8 PVG kann es sich bei Organen des Dienstgebers iSd PVG nicht um die Leiter:innen der Zentralstellen (Bundesminister:innen) handeln, weil diese weder einer Dienstaufsicht noch – wiewohl Beamte/Beamtinnen im Rechtssinn - dem Disziplinarrecht des BDG 1979 unterstehen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass das PVG der PVAB nicht die nachprüfende Kontrolle der Einhaltung des PVG durch die Leiter:innen der Zentralstellen überträgt, sondern vom Gesetzgeber durch Unterscheidung zwischen „Organen des Dienstgebers“ und „Leiter:innen der Zentralstellen“ eindeutig klargestellt wurde, dass sich die Prüfung von Beschwerden iSd § 41 Abs. 4 PVG nicht (auch) auf Beschwerden gegen Leiter:innen der Zentralstellen (Bundesminister:innen) erstrecken kann (vgl. dazu näher die ausführliche Begründung in PVAB 16.09.2015, B 4-PVAB/15).

Da die Prüfung von Beschwerden gemäß § 41 Abs. 4 PVG gegen die Leiter:innen der Zentralstellen wegen behaupteter Verletzung des PVG mangels Zuständigkeit der PVAB rechtlich unzulässig ist, kann die Beschwerde des ZA vom 26. August 2021 von der PVAB nicht in Prüfung gezogen werden.

Wien, am 7. September 2021

Die Vorsitzende:

Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:PVAB:2021:B9.PVAB.21

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Personalvertretungsaufsichtsbehörde Pvab, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/personalvertretungsaufsichtsbehorde
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