TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/11 96/03/0247

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Veröffentlicht am 11.12.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
KFG 1967 §64 Abs1;
VStG §22 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des E in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 29. Mai 1996, Zl. UVS 30.5-32/95-11, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 mit Geldstrafen von je S 10.000,-- bestraft, weil er am 27. Juli 1994 "1.) um 11.15 Uhr in Ilz auf der B 65, auf Höhe des Gendarmeriepostens von Dörfl kommend in Richtung Ortsmitte und 2.) um 11.45 Uhr auf der L 436 im Ortsgebiet Großhartmannsdorf, vor dem Haus Nr. 28 bis zum Gasthaus Spörk, Großhartmannsdorf Nr. 63" einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw auf einer öffentlichen Verkehrsfläche gelenkt habe, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung (Führerschein) zu sein.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß sein Verhalten eine "einheitliche Tat" darstelle, sodaß er nach § 22 Abs. 1 VStG nicht wegen zweier Verwaltungsübertretungen hätte bestraft werden dürfen. Dazu ist folgendes zu sagen:

Gemäß § 22 Abs. 1 VStG sind, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder wenn eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen. Tritt eine Reihe von gesetzwidrigen Handlungen zufolge der Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände, des engen zeitlichen Zusammenhanges und des diesbezüglichen Gesamtkonzeptes zu einer Einheit zusammen, dann manifestiert sich diese Einheit in der strafrechtlichen Form des sogenannten fortgesetzten Deliktes. Zur Abgrenzung, wann verschiedene selbständige Taten vorliegen und wann nur eine einzige Tat, zieht der Verwaltungsgerichtshof das Merkmal des Fehlens oder des Vorliegens eines einheitlichen Willensentschlusses heran (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1988, Zl. 88/02/0109, und vom 18. September 1996, Zl. 96/03/0076). Im gegenständlichen Fall besteht ein derart enger zeitlicher und örtlicher Zusammenhang zwischen den dem Beschwerdeführer angelasteten gleichartigen Verwaltungsübertretungen, daß es nicht von vornherein von der Hand zu weisen ist, daß dem Verhalten des Beschwerdeführers tatsächlich ein einheitlicher Willensentschluß zugrundeliegt. Die belangte Behörde ist offenbar vom Fehlen eines derartigen Willensentschlusses ausgegangen, hat es jedoch unterlassen, die für eine solche Annahme maßgebenden Feststellungen zu treffen. Damit hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG belastet. Daran vermögen die Ausführungen in der Gegenschrift nichts zu ändern, in denen die belangte Behörde die Möglichkeit einer Fahrtunterbrechung in der Dauer von etwa 20 Minuten darzutun versucht, zumal es hiefür jedenfalls der nachvollziehbar begründeten Feststellung bedurft hätte, wann der Beschwerdeführer beim Gasthaus Spörk eingetroffen ist.

Da der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996030247.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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