Entscheidungsdatum
15.07.2021Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Mag. Dr. Goldstein als Einzelrichter über eine auf Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG gestützte Beschwerde des Herrn A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, im Zusammenhang mit der Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung durch Organe der Landespolizeidirektion Niederösterreich am 30.03.2021 (Anfertigung von Lichtbildern, versuchte Abnahme von Papillarlinienabdrücken, Durchführung eines Nackenabstriches zur Gewinnung einer DNA-Probe), zu Recht erkannt:
1. Der Beschwerde, der Beschwerdeführer sei durch die Durchführung eines Nackenabstriches zur Gewinnung einer DNA Probe in seinen Rechten verletzt worden, wird gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG Folge gegeben. Dieser Akt wird für rechtswidrig erklärt.
2. Die Beschwerde, der Beschwerdeführer sei durch die Anfertigung von Lichtbildern und die versuchte Abnahme von Papillarlinienabdrücken in seinen Rechten verletzt worden, wird gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
3. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat dem Beschwerdeführer hinsichtlich des Spruchpunktes 1 gemäß § 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II 2013/517, € 1.659,60 (Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) binnen zwei Monaten ab Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
4. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Inneres) hinsichtlich des Spruchpunktes 2 gemäß § 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandsersatzverordnung, BGBl. II 2013/517, € 858,50 (Vorlage-, Verhandlungs- und Schriftsatzaufwand) binnen zwei Monaten ab Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
5. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4
B-VG nicht zulässig (§ 25a VwGG).
Entscheidungsgründe:
1. Zum Beschwerdevorbringen:
Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2021 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung eine auf Art 130 Abs. 1 Z 2 B-VG gestützte Beschwerde gegen seine erkennungsdienstliche Behandlung durch Organe der Landespolizeidirektion Niederösterreich am 30. März 2021.
Er brachte vor, dass er an einer Protestaktion gegen die Abschiebung mehrerer Personen nach Afghanistan teilgenommen habe, bei der sich zwei Personen von der *** in *** abgeseilt haben. Seine Aufgabe habe darin bestanden, das Seil gegenüber dritten Personen abzusichern. Nachdem er durch Organe der LPD Niederösterreich aus eigenem Antrieb wegen des Verdachtes der vorsätzlichen Gemeingefährdung festgenommen worden sei, sei er zunächst in die Polizeiinspektion am Flughafen *** verbracht worden, wo er jegliche Angaben zu seiner Identität verweigert habe.
Es seien Lichtbilder des Beschwerdeführers angefertigt und eine Beschuldigtenvernehmung durchgeführt worden, wo er angegeben habe, an einer erkennungsdienstlichen Behandlung nicht freiwillig mitzuwirken.
In den Abendstunden habe die Mutter des Beschwerdeführers angerufen und sich nach seinem Verbleib erkundigt. Dadurch sei den Beamten die Identität des Beschwerdeführers bekannt geworden. Die handelnden Beamten hätten den Beschwerdeführer darüber in Kenntnis gesetzt und danach in die Räumlichkeiten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl am Flughafengelände verbracht. Um 20:31 Uhr sei dem Beschwerdeführer mittels Nackenabstrich eine DNA-Probe und Fingerabrücke abgenommen worden und seien erneut Lichtbilder aufgenommen worden.
Die erkennungsdienstliche Behandlung sei auf Grundlage der §§ 65 Abs. 1 und 67 Abs. 1 SPG erfolgt. Dem Beschwerdeführer sei ein Informationsblatt ausgehändigt worden, auf dem der Wortlaut dieser Bestimmungen wiedergegeben wird. Diese erkennungsdienstliche Behandlung des Beschwerdeführers sei rechtswidrig erfolgt, weil die in § 65 Abs. 1 SPG, bzw. § 67 Abs. 1 SPG normierten Voraussetzungen nicht vorgelegen seien.
Selbst wenn ein begründeter Tatverdacht vorgelegen hätte, ergäben sich aus dem Ermittlungsakt keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Beschwerdeführer habe im Rahmen einer kriminellen Verbindung gehandelt. Aus dem Ermittlungsakt ergäbe sich auch keine Annahme dafür, dass die erkennungsdienstliche Behandlung zur Vorbeugung weiterer strafbarer Handlungen erforderlich gewesen wäre, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer unbescholten und polizeilich nicht vorgemerkt sei und anlässlich seiner Festnahme keinerlei Widerstand geleistet habe.
Um 21:20 Uhr habe der diensthabende Staatsanwalt die Freilassung aller festgenommenen Personen verfügt. Das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Strafverfahren wegen §§ 176, 15, 269 StGB sei ohne weitere Ermittlungsschritte am 24.04.2021 eingestellt worden.
2. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 10. Mai 2021 wurde die belangte Behörde eingeladen, binnen drei Wochen ab Zustellung hierzu eine Gegenschrift zu erstatten und dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die bezughabenden Akten vorzulegen.
In ihrer Gegenschrift führte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Akten aus, dass der Beschwerdeführer jede Auskunft über seine Identität oder zum Sachverhalt verweigert habe. Die erkennungsdienstliche Behandlung habe sich aufgrund verklebter Fingerkuppen auf das Anfertigen von Lichtbildern und die Abnahme eines Nackenabriebes zur DNA-Sicherung anstatt des eigentlich vorgesehenen Mundhöhlenabstrichs beschränkt. Der abgenommene Nackenabrieb habe sich als ungeeignet zur DNA-Speicherung erwiesen. Hinsichtlich der Zulässigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung führte die belangte Behörde aus:
„Zum Vorlieqen einer strafbaren Handlung:
Die Annahme des Anfangsverdachtes des Verbrechens der vorsätzlichen Gemeingefährdung gemäß § 176 StGB (Wer anders als durch eine der in den §§ 169, 171 und 173 mit Strafe bedrohten Handlungen eine Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) einer größeren Zahl von Menschen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.) ergibt sich aus dem Sachverhalt und der damit verbundenen Gefährdungen.
Zum einen bestand nach den dokumentierten Eindrücken der erhebenden Beamten aufgrund der unprofessionellen Fixierung der per Seil über der Fahrbahn der Autobahn *** hängenden Personen die Gefahr des Absturzes und damit verbunden eine erhebliche Gefahr schwerster Verkehrsunfälle auf der Autobahn. Zum anderen begründet aber auch schon das bewusste Baumeln von Personen an einem dünnen Seil über der Fahrbahn der Autobahn diesen Verdacht, da diese Situation bei Verkehrsteilnehmern zu unkontrollierten Vollbremsungen oder zu abruptem Auslenken führen könnte, mit ebensolchen schwerwiegenden Folgen. Die Annahme, dass diese mit seinem Handeln verbundenen Gefahren dem Beschwerdeführer bewusst sein mussten, und er sich dennoch damit abfand, erscheint zum Zeitpunkt der Amtshandlung als nachvollziehbar und vertretbar, weshalb durch die einschreitenden Beamten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. So wurden etwa auch das Werfen von Steinen auf eine stark frequentierte Autobahn (vgl OGH 27.04.1988, 14OS2O/88) oder eine Geisterfahrt (vgl OGH 14.09.1999, 14OS87/99) als vorsätzliche Gemeingefährdungen bewertet.
Das Tatbestandsmerkmal des Vorliegens einer strafbaren Handlung die mit mindestens einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, für eine erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 67 SPG, ist damit vorliegend.
Zur Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen:
Wie aus dem Sachverhalt ersichtlich, mussten die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes davon ausgehen das der Beschwerdeführer ganz offenbar für die von ihm ausgeführte Tat zur Erreichung seines Zieles ein hohes Risiko für schwere Verkehrsunfälle in Kauf nahm und dennoch an der Ausführung des Vorhabens festhielt.
Die erhebenden Beamten stellten fest, dass der Beschwerdeführer keinerlei Dokumente mit sich führte, die auf seine Identität schließen ließen und sich die Fingerkuppen verklebt hatte. Daraus leiteten die Beamten vertretbar ab, dass der Beschwerdeführer sich neben der Tat auch auf die Vereitelung der Feststellung seiner Identität sehr professionell vorbereitet hatte. Zudem verweigerte er von Beginn der Amtshandlung bis zu deren Ende, somit von 09:00 Uhr bis zur Aufhebung der Festnahme um 21.20 Uhr, jede Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes oder seiner Identität.
Das seine Identität dennoch festgestellt werden konnte, war lediglich dem Umstand geschuldet, dass sich Angehörige des Beschwerdeführers nach seinem Verbleib bei der Polizei erkundigten.
Die Art und Weise wie sich der Beschwerdeführer auf die Begehung der Tat vorbereitete und wie er sich bei der Amtshandlung über Stunden verhielt, musste bei den einschreitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Eindruck erwecken, dass der Beschwerdeführer auch künftig solche Taten unter Inkaufnahme einer Gefährdung anderer Menschen begehen werde und er auch künftig dabei versuchen werde, die Ausforschung seiner Identität zu vereiteln.
Ohne die Vornahme einer erkennungsdienstlichen Behandlung des Betroffenen in Form der Erstellung von Lichtbildern, der (verunmöglichten) Abnahme von Fingerabdrücken und eines Abstriches wäre die Wiedererkennbarkeit des Beschwerdeführers bei neuerlicher Tatbegehung fraglich, andererseits ist gerade die leichte Wiedererkennbarkeit auf Grund einer DNA-Ermittlung geeignet, den Beschwerdeführer von weiteren Tatbegehungen abzuschrecken und somit vorbeugend zu wirken; vgl VwGH 19.09.2006, 2005/06/0018.
Damit ist auch die zweite Voraussetzung einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 67 SPG erfüllt.“
Abschließend wurde beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und dem Beschwerdeführer die gesetzlichen Kosten vorzuschreiben.
Die Gegenschrift der belangten Behörde sowie sämtliche übermittelten Aktenbestandteile wurden dem Beschwerdeführer zu Handen seiner ausgewiesenen Rechtsvertretung übermittelt. Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2021 replizierte der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung auf die Gegenschrift der belangten Behörde, bestritt das Vorliegen der Voraussetzungen für die Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung und übermittelte Anrufprotokolle seiner Eltern.
Am 6. Juli 2021 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu der die handelnden Organe der belangten Behörde als Zeugen geladen wurden.
3. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Am 30. März 2021 hat um ca. 08:30 Uhr eine Protestaktion gegen eine Flug-Abschiebung von illegal im Bundesgebiet aufhältigen Personen stattgefunden. Hierbei haben sich zwei Personen von einer Brücke über die Autobahn *** im Bereich des Streckenkilometers *** abgeseilt. Diese Personen schwebten daraufhin ca. 8 Meter über der Fahrbahn auf provisorischen Holzkonsolen (abgeschnittenes Stück einer Holzschaltafel an zwei relativ dünnen Seilen). Der Beschwerdeführer hatte hierbei die Aufgabe, das auf dem Brückengeländer befestigte Seil, an dem eine dieser beiden Personen gehangen ist, gegenüber Eingriffe durch Dritte zu sichern.
Daraufhin wurde von Organen des Stadtpolizeikommandos *** die Sperre der *** in beiden Fahrtrichtungen veranlasst, um eine Gefährdung von Fahrzeuglenkern hintanzuhalten.
Dies ergibt sich aus dem Anlassbericht des Stadtpolizeikommandos *** vom 30.03.2021, ***, und der darin enthaltenen Lichtbilddokumentation und den im wesentlichen übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers.
Die Autobahn war in beiden Richtungen stark befahrenen und die höchstzulässige Geschwindigkeit betrug 130 km/h.
Diese Feststellung basiert auf der unbestrittenen Aussage von C im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
Der Beschwerdeführer wurde um 09:00 Uhr von Organen des Stadtpolizeikommandos *** gemäß § 170 Abs. 1 Z 1 iVm § 171 Abs. 2 Z 1 StPO aus eigenem Antrieb wegen des Verdachtes der vorsätzlichen Gemeingefährdung festgenommen.
Dies ergibt sich aus der Festnahmebestätigung der belangten Behörde vom 30.03.2021, GZ: ***.
Der Beschwerdeführer hat Angaben zu seiner Identität und zum Sachverhalt verweigert und wurden mit einem Dienstkraftfahrzeug des SPK *** zur Dienststelle in ***, *** (Räumlichkeiten ***) verbracht.
Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Vorbringen der belangten Behörde sowie des Beschwerdeführers.
Dort wurde der Beschwerdeführer beginnend mit 13:59 Uhr durch D bis 14:10 Uhr als Beschuldigter vernommen. Es wurden Lichtbilder des Beschwerdeführers aufgenommen und in die Niederschrift eingefügt. Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen der Vernehmung darüber informiert, dass er im Verdacht steht, den Tatbestand der vorsätzlichen Gemeingefährdung gemäß § 176 StGB dadurch verwirklicht zu haben, indem er einer unbekannten weiblichen Person dabei geholfen hat, sich mit einem Seil von der Autobahnbrücke der *** über die Fahrbahn in Richtung *** zu hängen bzw. abzuseilen, während unterhalb auf der Autobahn Fahrzeuge gefahren sind. Der Beschwerdeführer war nicht bereit, seinen Namen oder weitere Nationale bekannt zu geben. Er verweigerte die Aussage zum Sachverhalt und auch die Unterschrift auf der Niederschrift. Er gab bekannt, dass er an einer erkennungsdienstlichen Behandlung nicht freiwillig mitwirken werde, aber auch keinen Widerstand leiste.
Dies ergibt sich aus der Niederschrift der belangten Behörde vom 30.03.2021, GZ: ***, über die Beschuldigtenvernehmung des Beschwerdeführers und wurde auch vom Beschwerdeführer im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestätigt.
Die Entscheidung, dass eine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt werden soll, wurde zuvor von C getroffen. Dieser Entscheidung wurde zugrunde gelegt, dass der Beschwerdeführer sehr professional auf die Amtshandlungen bzw. die Geheimhaltung seiner Identität in einer Weise vorbereitet erschien, welche die handelnden Organe des Stadtpolizeikommandos *** trotz langjähriger Berufserfahrung noch nicht erlebt hatten. Seine Fingerkuppen sowie Handflächen waren mit Superkleber verklebt um die Abnahme von Papillarlinien zu verhindern. Weiters hatte C den Eindruck, dass sich der Beschwerdeführer am Tatort nicht richtig fotografieren lassen hat und wurde die Gefährlichkeit der Tat sowie die konkrete Strafandrohung von einem bis zehn Jahren (vorsätzliche Gemeingefährdung) berücksichtigt. Hinzukam der Umstand, dass die Identität des Beschwerdeführers zu diesem Zeitpunkt gänzlich unbekannt war, zumal dieser jegliche Angaben zu seiner Identität verweigert hat.
Die Feststellungen über die Entscheidung zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung ergeben sich aus der nachvollziehbaren und glaubwürdigen Aussage von C im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. E gab übereinstimmend an, dass er die erkennungsdienstliche Behandlung lediglich durchgeführt hat und ihm diese Aufgabe von C zugewiesen worden ist. Weiters gab er übereinstimmend an, dass er trotz langjähriger Erfahrung bei der Durchführung erkennugnsdienstlicher Behandlungen eine derart professionelle Vorbereitung auf das Verhindern der Feststellung der Identität, insbesondere das verkleben der Fingerkuppen noch nicht erlebt hat. Die Feststellung, das der Beschwerdeführer seine Fingerkuppen sowie Handflächen mit Superkleber verklebt hat um die Abnahme von Papillarlinien zu verhindern, ergibt sich aus dessen eigenen Angaben im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Der Umstand, dass die Identität des Beschwerdeführers zu diesem Zeitpunkt gänzlich unbekannt war, ergibt sich daraus, dass der erste Hinweis über die Identität des Beschwerdeführers in Form des Anrufes des F erst um 19:43:59 Uhr bei der Stadtleitstelle *** einging.
E wurde von C mit der Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung betraut, wobei er jedoch nicht die konkreten erkennungsdienstlichen Maßnahmen spezifizierte.
Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen von von C und E im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
Um 19:43:59 Uhr langte bei der Stadtleitstelle *** ein Anruf von F unter der Rufnummer *** ein (Anrufdauer 2:04 Minuten). Der Anrufer gab an, dass sich angeblich sein Sohn (A) unter den Festgenommenen befinden solle. Hierüber wurde der zuständige Bearbeiter D zunächst telefonisch informiert und anschließend wurde ihm diese Information per E-Mail um 20:19 Uhr übermittelt.
Dies ergibt sich aus dem vorgelegten Anrufprotokoll der Rufnummer *** sowie dem E-Mail der Stadtleitstelle *** an D vom 30.03.2021, 20:19 Uhr mit dem Betreff „Name es vermutlich Festgenommenen“.
C war die Identität des Beschwerdeführers vor Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht bekannt.
Dies ergibt sich aus dessen glaubwürdigen Aussage im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung und ist auch insofern nachvollziehbar, zumal zwischen diesem Anruf und der Verlegung in ein anderes Objekt zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung nur wenige Minuten gelegen sind und C mit der Aktenführung der umfangreichen Amtshandlungen betraut war, die über mehrere Objekte und Stockwerke verteilt war und gleichzeitig für den Kontakt bzw. die Koordination mit der Staatsanwaltschaft *** verantwortlich war.
Ob (bzw. welchen) sonstigen Organen des Stadtpolizeikommandos *** bereits vor Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung die (vermutliche) Identität des Beschwerdeführers bekannt war, konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Die Schilderungen des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung, wonach ihm mitgeteilt worden sei, dass es einen Anruf eines Elternteils eines Inhaftierten gegeben habe und gefragt worden sei, wer „A“ ist, war jedoch grundsätzlich nachvollziehbar und glaubwürdig. Ebenso die Aussage des Beschwerdeführers, wonach ihm später ein Polizist ein Foto von ihm von seinem letzten Arbeitgeber gezeigt habe, dass er vermutlich im Internet gefunden habe. Für die rechtliche Beurteilung ist dies jedoch letztlich ohne Belang (siehe unten)
In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer beginnend mit ca. 19:51 Uhr durch E nach Verlegung in das Objekt *** erkennungsdienstlich behandelt.
Dies ergibt sich aus den Ausführungen von E im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung, wonach die Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung etwa 40 Minuten angedauert hat und laut Kontrolldatenblatt um 20:31 Uhr abgeschlossen war.
Zu Beginn der erkennungsdienstlichen Behandlung hat E das Kontrolldatenblatt mit den bekannten Daten wie Größe und Haarfarbe eingegeben. Der Beschwerdeführer hat weiterhin angegeben, keine Angaben zu machen, sodass die Personaldaten, inklusive Vor- und Nachname, fast ausschließlich mit „unbekannt“ eingegeben worden sind. Als Anlass der Amtshandlung wurde „SPG“ eingegeben.
Dies ergibt sich aus dem Kontrolldatenblatt vom 30.03.2021, GZ *** sowie der Aussage von E im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung und ist auch insofern nachvollziehbar, als der Beschwerdeführer selbst angegeben hat, auch nach Mitteilung über den Anruf eines Elternteils zunächst noch bestritten zu haben, Herr A zu sein und auch im Laufe des gesamten Tages Angaben zu seiner Identität verweigerte.
Im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung wurden Lichtbilder des Beschwerdeführers aufgenommen und ein Nackenabrieb zur Gewinnung einer DNA-Probe durchgeführt. Der Nackenabrieb wurde durchgeführt, weil dies im verwendeten Computerprogramm zur Befüllung des Kontrolldatenblattes der erkennungsdienstlichen Behandlung in Hinblick auf den Strafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB vorgesehen war. Eine begründete Entscheidung wurde diesbezüglich nicht getroffen. Ebenso wurde versucht, Papillarlinienabdrücke abzunehmen, was jedoch auf Grund der Verklebung mit Superkleber nicht möglich war. Die erkennungsdienstliche Behandlung dauerte bis ca. 20:31 Uhr an. Im Anschluss wurde dem Beschwerdeführer von E ein „Informationsblatt für erkennungsdienstlich behandelte Personen“ überreicht. Hierein sind Informationen über die Zulässigkeit einer erkennundsdienstlichen Behandlung (§ 65 SPG) sowie Löschpflichten (§ 73 SPG) enthalten.
Dies ergibt sich aus dem Kontrolldatenblatt vom 30.03.2021, GZ *** und den insofern übereinstimmenden Angaben der belangten Behörde und des Beschwerdeführers. Das Informationsblatt wurde dem Gericht vom Beschwerdeführer vorgelegt und dessen Echtheit von E bestätigt.
In der Zwischenzeit, um 20:23:04 Uhr, langte ein weiterer Anruf von Frau H (***) bei der Stadtleitstelle ein, welche sich Sorgen um ihren Sohn machte, welcher angeblich festgenommen worden sei. Dies wurde D per E-Mail um 20:27 Uhr mitgeteilt.
Dies ergibt sich aus dem vorgelegten Anrufprotokoll der Rufnummer *** sowie dem E-Mail der Stadtleitstelle *** an D vom 30.03.2021, 20:27 Uhr mit dem Betreff „Festnahmen“.
Durch D wurden nachfolgend behördliche Abfragen durchgeführt, um die Identität des Beschwerdeführers festzustellen (Auskunft aus dem Identitätsdokumentenregister um 20:30 Uhr, Auszug aus dem Zentralen Führerscheinregister samt Lichtbild um 20:38 Uhr, BM.IAP-Anfrage um 20:39 Uhr, Auszug aus dem Zentralen Melderegister um 20:45 Uhr).
Diese Feststellungen ergeben sich aus den jeweiligen von der belangten Behörde vorgelegten und oben angeführten Registerauszügen, welche allesamt mit einem automatischen Zeitstempel versehen sind.
Feststellungen dazu, inwiefern der Beschwerdeführer bei der Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung, insbesondere bei der Durchführung des Nackenabriebes kooperiert hat, waren nicht erforderlich, zumal ein solches Verhalten keinen Einfluss darauf haben kann, ob die zwangsläufig bereits zuvor getroffene Prognose über die Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung rechtskonform war.
Das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen §§ 176 (1), 269 (1) StGB § 15 StGB wurde von der Staatsanwaltschaft *** mit Beschluss vom 23.04.2021, ***, gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt.
Die vom Beschwerdeführer im Rahmen des Nackenabstriches genommene DNA-Probe war unbrauchbar, sodass keine molekulargenetische Untersuchung durchgeführt werden konnte. Einer neuerliche DNA-Abnahme wurde wegen der Verfahrenseinstellung der Staatsanwaltschaft *** nicht mehr durchgeführt.
Diese Feststellung basiert auf den Angaben der belangten Behörde, insbesondere der Meldung vom 13.05.2021, GZ: ***.
4. Rechtslage:
Die einschlägigen Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. I Nr. 124/2021, lauten auszugsweise:
„Vorbeugender Schutz von Rechtsgütern(1) Den Sicherheitsbehörden obliegt der besondere Schutz
1.
von Menschen, die tatsächlich hilflos sind und sich deshalb nicht selbst ausreichend vor gefährlichen Angriffen zu schützen vermögen;
2.
der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit;
3.
der Vertreter ausländischer Staaten, internationaler Organisationen und anderer Völkerrechtssubjekte, der diesen zur Verfügung stehenden amtlichen und privaten Räumlichkeiten sowie des ihnen beigegebenen Personals in dem Umfang, in dem dies jeweils durch völkerrechtliche Verpflichtung vorgesehen ist;
4.
von Sachen, die ohne Willen eines Verfügungsberechtigten gewahrsamsfrei wurden und deshalb nicht ausreichend vor gefährlichen Angriffen geschützt sind;
5.
von Menschen, die über einen gefährlichen Angriff oder eine kriminelle Verbindung Auskunft erteilen können und deshalb besonders gefährdet sind, sowie von allenfalls gefährdeten Angehörigen dieser Menschen;
6.
von Einrichtungen, Anlagen, Systemen oder Teilen davon, die eine wesentliche Bedeutung für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, die Funktionsfähigkeit öffentlicher Informations- und Kommunikationstechnologie, die Verhütung oder Bekämpfung von Katastrophen, den öffentlichen Gesundheitsdienst, die öffentliche Versorgung mit Wasser, Energie sowie lebenswichtigen Gütern oder den öffentlichen Verkehr haben (kritische Infrastrukturen).
(1a) Die Entgegennahme, Aufbewahrung und Ausfolgung verlorener oder vergessener Sachen obliegt dem Bürgermeister als Fundbehörde. Der österreichischen Vertretungsbehörde obliegt die Entgegennahme der im Ausland verlorenen oder vergessenen Sachen und deren Übergabe an die Fundbehörde, in deren Wirkungsbereich der Eigentümer oder rechtmäßige Besitzer seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat, zum Zweck der Ausfolgung.
(2) Die Sicherheitsbehörden haben gefährlichen Angriffen auf Leben, Gesundheit, Freiheit, Sittlichkeit, Vermögen oder Umwelt vorzubeugen, sofern solche Angriffe wahrscheinlich sind. Zu diesem Zweck können die Sicherheitsbehörden im Einzelfall erforderliche Maßnahmen mit Behörden und jenen Einrichtungen, die mit dem Vollzug öffentlicher Aufgaben, insbesondere zum Zweck des Schutzes vor und der Vorbeugung von Gewalt sowie der Betreuung von Menschen, betraut sind, erarbeiten und koordinieren, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen ist, dass ein bestimmter Mensch eine mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlung (§ 17) gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Sittlichkeit eines Menschen begehen wird. (Sicherheitspolizeiliche Fallkonferenz).
(3) Nach einem gefährlichen Angriff haben die Sicherheitsbehörden, unbeschadet ihrer Aufgaben nach der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975, die maßgebenden Umstände, einschließlich der Identität des dafür Verantwortlichen, zu klären, soweit dies zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich ist. Sobald ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist, gelten ausschließlich die Bestimmungen der StPO; die §§ 53 Abs. 1, 53a Abs. 2 bis 4 und 6, 57, 58 und 58a bis d, sowie die Bestimmungen über den Erkennungsdienst bleiben jedoch unberührt.
(4) Hat die Sicherheitsbehörde Grund zur Annahme, es stehe ein gefährlicher Angriff gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Vermögen bevor, so hat sie die betroffenen Menschen hievon nach Möglichkeit in Kenntnis zu setzen. Soweit diese das bedrohte Rechtsgut deshalb nicht durch zumutbare Maßnahmen selbst schützen, weil sie hiezu nicht in der Lage sind, haben die Sicherheitsbehörden die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen. Verzichtet jedoch derjenige, dessen Rechtsgut gefährdet ist, auf den Schutz ausdrücklich, so kann er unterbleiben, sofern die Hinnahme der Gefährdung nicht gegen die guten Sitten verstößt.
(…)
Erkennungsdienstliche Behandlung(1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte vorsätzliche Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe erforderlich scheint.
(2) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, im Zusammenhang mit der Klärung der Umstände einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten vorsätzlichen Handlung Menschen erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn diese nicht im Verdacht stehen, diese Handlung begangen zu haben, aber Gelegenheit hatten, Spuren zu hinterlassen, soweit dies zur Auswertung vorhandener Spuren notwendig ist.
(3) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, Menschen erkennungsdienstlich zu behandeln, deren Identität gemäß § 35 Abs. 1 festgestellt werden muß, sofern eine Anknüpfung an andere Umstände nicht möglich ist oder unverhältnismäßig wäre.
(4) Wer erkennungsdienstlich zu behandeln ist, hat an den dafür erforderlichen Handlungen mitzuwirken.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch Art. 1 Z 59, BGBl. I Nr. 29/2018)
(6) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, Namen, Geschlecht, frühere Namen, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Namen der Eltern, Ausstellungsbehörde, Ausstellungsdatum und Nummer mitgeführter Dokumente, allfällige Hinweise über die Gefährlichkeit beim Einschreiten einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten, soweit deren Verarbeitung zur Wahrung lebenswichtiger Interessen erforderlich ist, und Aliasdaten eines Menschen (erkennungsdienstliche Identitätsdaten), den sie erkennungsdienstlich behandelt haben, zu ermitteln und zusammen mit den erkennungsdienstlichen Daten und mit dem für die Ermittlung maßgeblichen Grund zu verarbeiten. In den Fällen des Abs. 1 sind die Sicherheitsbehörden ermächtigt, eine Personsfeststellung vorzunehmen.
(…)
DNA-Untersuchungen(1) Eine erkennungsdienstliche Behandlung, bei der die DNA eines Menschen ermittelt werden soll, ist zulässig, wenn der Betroffene im Verdacht steht, eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder eine mit mindestens einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte vorsätzliche gerichtlich strafbare Handlung begangen zu haben und wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zu befürchten ist, er werde gefährliche Angriffe begehen und dabei Spuren hinterlassen, die seine Wiedererkennung auf Grund der ermittelten genetischen Daten im Sinne des § 36 Abs. 2 Z 12 DSG ermöglichen würden. Soweit dies zur Auswertung vorhandener DNA-Spuren erforderlich ist, darf eine solche erkennungsdienstliche Behandlung auch bei Menschen im Sinne des § 65 Abs. 2 erfolgen. Im Übrigen gilt § 65 Abs. 4 bis 6.
(1a) Eine erkennungsdienstliche Maßnahme in Bezug auf Abgängige (§ 65a) und an Leichen (§ 66) darf auch die Ermittlung der DNA umfassen.
(2) Genetische Daten, die durch erkennungsdienstliche Maßnahmen ermittelt wurden, dürfen ausschließlich für Zwecke des Erkennungsdienstes ausgewertet werden. Die molekulargenetische Untersuchung hat durch einen Auftragsverarbeiter zu erfolgen, dem zwar das gesamte Untersuchungsmaterial auszufolgen, nicht aber erkennungsdienstliche Identitätsdaten des Betroffenen zu übermitteln sind.
(3) Die Sicherheitsbehörden haben vertraglich dafür vorzusorgen, daß der Auftragsverarbeiter nur jene Bereiche in der DNA untersucht, die der Wiedererkennung dienen, sowie dafür, daß er das Untersuchungsmaterial vernichtet, wenn die Sicherheitsbehörde zur Löschung der erkennungsdienstlichen Daten verpflichtet ist.“
5. Erwägungen:
5.1. Zur Abgrenzung der erkennungsdienstlichen Behandlung
Mit der gegenständlichen Beschwerde wurden insgesamt drei Amtshandlungen angefochten. Hierbei handelt es sich um die Anfertigung von Lichtbildern des Beschwerdeführers, die versuchte Abnahme von Papillarlinienabdrücken sowie die Durchführung eines Nackenabstriches zur Gewinnung einer DNA Probe.
Für sämtliche Amtshandlungen bestehen prinzipiell Rechtsgrundlagen sowohl in der Strafprozeßordnung 1975 (§§118, 123) als auch im Sicherheitspolizeigesetz (§§ 65, 67).
Gemäß § 22 Abs. 3 SPG haben die Sicherheitsbehörden nach einem gefährlichen Angriff, unbeschadet ihrer Aufgaben nach der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975, die maßgebenden Umstände, einschließlich der Identität des dafür Verantwortlichen, zu klären, soweit dies zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich ist. Sobald ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist, gelten ausschließlich die Bestimmungen der StPO; die §§ 53 Abs. 1, 53a Abs. 2 bis 4 und 6, 57, 58 und 58a bis d, sowie die Bestimmungen über den Erkennungsdienst bleiben jedoch unberührt.
Ab dem Zeitpunkt, ab dem ein bestimmter Mensch der Tat, verdächtig ist, endet somit die grundsätzliche Doppelfunktionalität der Sicherheitsbehörden. Gemäß § 22 Abs. 3 letzter Satz bleiben die Bestimmungen über den Erkennungsdienst hiervon jedoch unberührt. Das bedeutet, dass Tatverdächtige iSd der StPO auch von den Sicherheitsbehörden nach den Maßstäben des SPG erkennungsdienstlich behandelt werden dürfen.
Eine körperliche Untersuchung (z.B. ein Mundhöhlenabstrich gemäß § 123 Abs. 3 StPO) allein mit dem Zweck, an der Aufklärung von (gerichtlich) strafbaren Handlungen mitzuwirken, ist als Handeln im Dienste der Strafjustiz zu beurteilen und unterliegt allein den Bestimmungen der StPO und nicht den Bestimmungen der §§ 65, 77 SPG, da sie nicht sicherheitspolizeilichen Zielsetzungen, nämlich der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe vorzubeugen, dient und ihr daher keine sicherheitspolizeiliche Komponente innewohnt (VwGH 07.09.2020, Ro 2020/01/0010).
Erfolgt eine erkennungsdienstliche Behandlung (inklusive Mundhöhlenabstrich) jedoch mit dem Zweck des vorbeugenden Schutzes von Rechtsgütern vor gefährlichen Angriffen, erfolgt sie im Rahmen der Sicherheitsverwaltung, auch wenn sie im Zuge einer gerichtlich angeordneten vorläufigen Verwahrung im Zusammenhang mit dem Verdacht erfolgt, dass der Beschwerdeführer eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat (VwGH 19.09.2006, 2005/06/0018).
Ob eine konkrete Handlung im Dienste der Strafjustiz oder im Rahmen der Sicherheitsverwaltung erfolgt ist (und nach welchen Bestimmungen diese zu beurteilen ist), ergibt sich daher in erster Linie aus dem zugrundeliegenden Zweck (VwGH 07.09.2020, Ro 2020/01/0010). Im Rahmen einer Maßnahmenbeschwerde ist hierfür in erster Linie die Willensbildung des handelnden Organs ausschlaggebend (zur ex ante-Betrachtung aus dem Blickwinkel des einschreitenden Organs vgl. etwa VwGH 05.12.2017, Ra 2017/01/0373; 25.01.1990, 89/16/0163; 06.08.1998, 96/07/0053).
Befragt zu den Beweggründen hat das handelnde Organ der Landespolizeidirektion Niederösterreich im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung die professionelle Vorbereitung des Beschwerdeführers, die Verklebung von seinen Fingern, die Gefährlichkeit der Tatausführung, die konkrete Strafandrohung sowie den Umstand angeführt, dass sich der Beschwerdeführer am Tatort nicht richtig fotografieren habe lassen. Er hat somit eine Prognose im Sinne des § 65 Abs. 1 SPG durchgeführt. Die Identitätsfeststellung des Beschwerdeführers wurde nicht als (vorrangiger) Zweck angeführt. Die Unbekanntheit des Täters sei vielmehr bei der dargelegten Prognose hinzugekommen.
Zudem wurde im Kontrolldatenblatt der erkennungsdienstlichen Behandlung der Anlass „SPG“ angeführt. Dem Beschwerdeführer wurde anschließend ein Informationsblatt ausgehändigt, dass sich auf § 65 SPG bezieht und es wurde von allen Beteiligten durchgehend der Begriff „Erkennungsdienstliche Behandlung“ verwendet, was der Diktion des SPG entspricht.
Insbesondere hinsichtlich des Nackenabriebes wurde weder in der Gegenschrift der belangten Behörde, noch seitens der handelnden Organe ausgeführt, dass dieser gemäß § 123 Abs. 1 Z 3 StPO erfolgt sei.
Ausgehend von diesen Beweisergebnissen ist daher davon auszugehen, dass die Verwaltungsorgane bei der erkennungsdienstlichen Behandlung des Beschwerdeführers nicht im Dienste der Strafjustiz gehandelt haben, sondern im Rahmen der Sicherheitsverwaltung für die Landespolizeidirektion Niederösterreich als Sicherheitsbehörde. Diese erkennungsdienstliche Behandlung hatte den Zweck des vorbeugenden Schutzes von Rechtsgütern vor gefährlichen Angriffen (vgl. VwGH 19.09.2006, 2005/06/0018).
Die Rechtmäßigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung ist daher nach den Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes zu prüfen.
§ 88 Abs. 1 SPG kommt in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung als Rechtsgrundlage für eine an das Landesverwaltungsgericht zu richtende Maßnahmenbeschwerde gegen eine Landespolizeidirektion in Betracht (VwGH 07.09.2020, Ro 2020/01/0010).
Der Beschwerdeführer hat ausdrücklich angegeben, an der Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht freiwillig mitzuwirken. Die handelnden Organe haben auf die Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung bestanden und waren gemäß § 78 SPG zur Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt befugt. Selbst wenn dem Beschwerdeführer bei Nichtbefolgung keine unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht worden wäre, musste bei ihm bei objektiver Betrachtungsweise der Eindruck entstehen, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (VwGH 07.09.2020, Ro 2020/01/0010 mwN; 29.11.2018, Ra 2016/06/0124). Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der öffentlichen mündlichen Behandlung auch angegeben, keine andere Wahl gehabt zu haben, als den Nackenabstrich durchführen zu lassen.
5.2. Prüfungsmaßstab
Im Rahmen eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ist Gegenstand der Prüfung durch das Verwaltungsgericht alleine, ob der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären ist (VwGH 04.12.2020, Ra 2019/01/0163). Ausgehend von diesem Prozessgegenstand ist jene Sach- und Rechtslage maßgebend, die im Zeitpunkt der Setzung des Verwaltungsaktes bestand (VwGH 24.11.2015, Ra 2015/05/0063). Zu berücksichtigen sind nur solche Sachverhaltselemente, die dem einschreitenden Organ bei Anwendung der im Hinblick auf den Zeitfaktor zumutbaren Sorgfalt bekannt sein mussten (ex ante-Betrachtung aus dem Blickwinkel des einschreitenden Organs; VwGH 05.12.2017, Ra 2017/01/0373; 25.01.1990, 89/16/0163; 06.08.1998, 96/07/0053). Im Ergebnis ist daher zu prüfen, ob die einschreitenden Organe in zumindest vertretbarer Weise das Vorliegen der Voraussetzungen für ihr Einschreiten annehmen durften (VwGH 04.12.2020, Ra 2019/01/0163; 24.11.2015, Ra 2015/05/0063; 20.10.1994, 94/06/0119).
5.3. Zum Verdacht der Begehung einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten vorsätzlichen Handlung
Sowohl § 65 Abs. 1 SPG als auch § 67 Abs. 1 SPG fordern zunächst, dass die erkennungsdienstlich zu behandelnde Person im Verdacht steht, eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte vorsätzliche Handlung begangen zu haben.
Die Ermächtigung zur erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 65 Abs 1 SPG ist weit gefasst; sie umfasst auch den noch nicht ausreichend erhärteten Tatverdacht (VwGH 22.03.2000, 99/01/0034). Es ist jedoch erforderlich, dass tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Straftat rechtfertigen (vgl. VwGH 20.05.2010, 2008/15/0105).
Im vorliegenden Fall wurde von den handelnden Beamten der Verdacht der vorsätzlichen Gemeingefährdung formuliert. Gemäß § 176 Abs. 1 StGB ist, wer anders als durch eine der in den §§ 169, 171 und 173 mit Strafe bedrohten Handlungen eine Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) einer größeren Zahl von Menschen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß herbeiführt, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.
Die subjektive Tatseite des § 176 verlangt den Vorsatz auf die Herbeiführung der konkreten Gemeingefährdung, wobei bedingter Vorsatz genügt. Insofern sind Feststellungen zu treffen, ob nach den Vorstellungen des Täters „die erforderliche Anzahl von Menschen . . . in den von ihm konkret geschaffenen, im Einzelnen zu konstatierenden räumlichen und zeitlichen Gefahrenbereich geraten hätte können und ob sich sein Vorsatz auf die Herbeiführung der Gefahrenlage für diese bezog“ (Murschetz in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 176 (Stand 27.4.2020, rdb.at) unter Hinweis auf OGH 14 Os 116/11g, 14 Os 127/11z).
Gegenständlich haben sich zwei Personen von einer Brücke über die Autobahn *** im Bereich des Streckenkilometers *** abgeseilt. Diese Personen schwebten daraufhin ca. 8 Meter über der Fahrbahn auf provisorischen Holzkonsolen. Es handelte sich um eine stark befahrene Autobahn in beiden Richtungen und die höchstzulässige Geschwindigkeit betrug 130 km/h. Die handelnden Organe hatten (zurecht) den Eindruck, dass der Beschwerdeführer an dieser Aktion zumindest beteiligt war, zumal er ihnen gegenüber selbst angab, dass er das Seil gegenüber Eingriffen durch Dritte sichert und nicht von seiner Stelle auf der Brücke über der Autobahn weichen wird.
Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung hat C konkret und nachvollziehbar dargelegt, welche Gefahrenmomente er bei der Formulierung des Verdachts der vorsätzlichen Gemeingefährdung berücksichtigt hat (augenscheinlich sehr unprofessionelle Sicherung der abgeseilten Personen, welche über der Fahrbahn schwebten, Luftverwirbelungen durch LKW-Verkehr, Anzeichen von Muskelverspannungen, stark befahrene Autobahn in beide Richtungen, höchstzulässige Geschwindigkeit von 130 km/h).
Der belangten Behörde kann insofern nicht entgegengetreten werden, wenn sie argumentiert, dass die Gefahr schwerster Verkehrsunfälle sowohl durch die Gefahr des Absturzes als auch durch die Abseilaktion hervorgerufene, unkontrollierten Vollbremsungen oder abruptes Auslenken bestanden hat bzw. vertretbar davon ausgegangen werden konnte.
Der Umstand, dass seitens der Aktivisten ein Banner angebracht worden ist, auf welchem gewarnt worden ist, dass sich Personen über der Fahrbahn abseilen, spricht zwar einerseits dafür, dass die Absicht bestand, Gefahrenmomente zu reduzieren, aber auch dafür, dass Ihnen die Gefährlichkeit der Aktion durchaus bewusst war. Auch der Beschwerdeführer selbst ist davon ausgegangen, dass es zu einer Sperre der Autobahn kommen wird und die abgeseilten Personen auch freigeschnitten werden müssen.
In Hinblick darauf, dass das Delikt der vorsätzlichen Gemeingefährdung regelmäßig in Verbindung mit gefährlichen Handlungen auf bzw. im Zusammenhang mit stark befahrenen Autobahnen bzw. Straßen als erfüllt angesehen wird (vgl. OGH 17.06.2014, 14Os42/14d; 14.09.1999, 14Os87/99; 27.04.1988, 14Os20/88; OLG Wien 22 Bs 602/87), erscheint die Beurteilung der Verdachtslage im Rahmen des dargelegten Prüfungsmaßstabes als vertretbar, auch wenn das Strafverfahren letztlich von der Staatsanwaltschaft *** eingestellt worden ist.
5.4. Zur Anfertigung der Lichtbilder und der versuchten Abnahme von Papillarlinienabdrücken
Bei der Anfertigung von Lichtbildern und der Abnahme von Papillarlinienabdrücken handelt es sich um erkennungsdienstliche Standardmaßnahmen im Sinne des § 65 Abs. 1 SPG.
Die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung ist gemäß § 65 Abs. 1 SPG - zusätzlich zu dem Verdacht einer mit Strafe bedrohten Handlung - an eine weiter hinzukommende Voraussetzung geknüpft: Der Betroffene muss entweder im Rahmen einer „kriminellen Verbindung“ tätig geworden sein oder die erkennungsdienstliche Behandlung muss sonst auf Grund der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich erscheinen. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass im zweiten Fall des § 65 Abs. 1 SPG eine abstrakte Form von Wahrscheinlichkeit, die an der verwirklichten Tat anknüpft, für die die Annahme ausreicht, die erkennungsdienstliche Behandlung sei zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich (VwGH 03.07.2009, 2009/17/0070 mwN).
Die belangte Behörde argumentiert, dass die erkennungsdienstliche Behandlung auf Grund der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich erschien. Diesbezüglich macht sie geltend, dass der Beschwerdeführer ganz im Rahmen der vorgeworfenen Tat zur Erreichung seines Zieles ein hohes Risiko für schwere Verkehrsunfälle in Kauf genommen habe und dennoch an der Ausführung des Vorhabens festhielt.
Weiters wurde darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer keinerlei Dokumente mit sich führte, die auf seine Identität schließen ließen, sich die Fingerkuppen verklebt hatte und er von Beginn der Amtshandlung bis zu deren Ende, somit von 09:00 Uhr bis zur Aufhebung der Festnahme um 21.20 Uhr, jede Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes oder seiner Identität verweigerte.
Auch das einschreitende Organ, das die Entscheidung zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung getroffen hat, verwies im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung auf die professionelle Vorbereitung des Beschwerdeführers, die Verklebung von seinen Fingern, die gefährliche Tatausführung, die konkrete Strafandrohung, den Umstand, dass sich der Beschwerdeführer am Tatort nicht richtig fotografieren habe lassen, sowie den Umstand, dass die Identität des Beschwerdeführers gänzlich unbekannt war.
Hierbei ist anzumerken, dass die Aussage von C im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung, wonach es gelebte Praxis sei, bei einer Strafdrohung von einem bis zehn Jahren eine erkennungsdienstliche Behandlung durchzuführen, die Aussagekräftigkeit der konkret dargelegten Umstände nicht schmälert.
Die belangte Behörde argumentiert, dass auf Grund dieser Umstände bei den einschreitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Eindruck erweckt werden musste, dass der Beschwerdeführer auch künftig solche Taten unter Inkaufnahme einer Gefährdung anderer Menschen begehen werde und er auch künftig dabei versuchen werde, die Ausforschung seiner Identität zu vereiteln.
Ohne die Vornahme einer erkennungsdienstlichen Behandlung des Betroffenen in Form der Erstellung von Lichtbildern und der (verunmöglichten) Abnahme von Fingerabdrücken wäre die Wiedererkennbarkeit des Beschwerdeführers bei neuerlicher Tatbegehung fraglich, zumal seine Identität ausschließlich dadurch festgestellt werden konnte, dass sich Angehörige des Beschwerdeführers nach seinem Verbleib bei der Polizei erkundigten.
Im Ergebnis wird hierdurch eine Prognoseentscheidung im Sinne des § 65 Abs. 1 SPG aufgezeigt, die in vertretbarer Weise innerhalb der in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgegebenen Leitlinien durchgeführt worden ist:
Soweit die belangte Behörde ausführt, dass der Beschwerdeführer zur Erreichung seines Zieles ein hohes Risiko für schwere Verkehrsunfälle in Kauf genommen habe, kann auf die Ausführungen zu Punkt 5.3. verwiesen werden, wonach auf Grund der konkret dargelegten Gefahrenmomente vertretbar von der Gefahr schwerster Verkehrsunfälle ausgegangen werden konnte. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann aus einer (besonders) rücksichtlosen Tatausführung (hier: Sachbeschädigung) abgeleitet werden, dass die erkennungsdienstliche Behandlung zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich ist, weil sich daraus auf eine Persönlichkeitsstruktur schließen lässt, die jedenfalls eine abstrakte Form von Wahrscheinlichkeit für eine solche Annahme indiziert (VwGH 01.04.2010, 2010/17/0065; zur Gefährdung anderer vgl. auch DSK 11.03.2011, K121.653/0004-DSK/2011).
Zusätzlich wurde die nach Ansicht der handelnden Organe professionelle Vorbereitung des Beschwerdeführers in nachvollziehbarer Weise in der Prognoseentscheidung berücksichtigt, auch wenn die sorgfältige Vorbereitung einer Tat für sich alleine keinen Schluss auf eine Wiederholungsabsicht zulässt (VwGH 18.06.2014, 2013/01/0134). Der gegenständliche Fall unterscheidet sich hiervon auch insofern, als sich die professionelle Vorbereitung nicht auf den gefährlichen Angriff an sich, sondern die vorsätzliche Verhinderung der Identifizierung bzw. Wiedererkennung im Rahmen der (erwarteten) Festnahme durch die Polizei bezogen hat.
Insbesondere zeigt das Verkleben der Papillarlinien und die stundenlange Weigerung an der Klärung seiner Identität mitzuwirken, dass der Beschwerdeführer einen großen Wert darauf gelegt hat, dass seine Identität nicht bekannt wird. Dementsprechend kann dem Argument der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wonach die erkennungsdienstliche Behandlung geeignet war, den Beschwerdeführer von weiteren Tatbegehungen abzuschrecken und somit vorbeugend zu wirken.
Insofern der Beschwerdeführer vorbringt, dass er unbescholten und polizeilich nicht vorgemerkt gewesen sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieser Umstand den handelnden Organen auf Grund seines eigenen Verhaltens (jegliche Verweigerung an der Mitwirkung der Identitätsfeststellung und aktives Verhindern der Identitätsfeststellung durch verkleben der Fingerkuppen) zunächst (jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung, dass eine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt wird) nicht bekannt sein konnte und dementsprechend im Rahmen der Prognose gemäß § 65 Abs. 1 SPG nicht berücksichtigt werden konnte. Der erste Hinweis auf die Identität des Beschwerdeführers langte in Form eines Anrufes wenige Minuten vor Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung bei der Stadtleitzentrale *** ein. Die Herstellung verschiedener Auszüge aus elektronischen Registern zur Abklärung der Identität des Beschwerdeführers dauerte bis nach dem Ende der erkennungsdienstlichen Behandlung an. Auch wenn dem Beschwerdeführer zuzugestehen ist, dass seine Identität auf Grund des ersten Anrufes bereits vor Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung hätte überprüft werden können (bzw. diese Zwecks Überprüfung der Identität verzögert hätte werden können), war die Unbekanntheit seiner Identität kein Hauptgrund für den Entschluss, die erkennungsdienstliche Behandlung durchzuführen. Auch wenn sich herausgestellt hätte, dass der Beschwerdeführer bislang unbescholten war, wäre dies nicht geeignet gewesen, die oben dargelegte Prognose gemäß § 65 Abs.1 SPG in einer Weise zu beeinflussen, dass diese unvertretbar wäre.
5.5. Zum Nackenabrieb zur Gewinnung einer DNA-Probe
Die erkennungsdienstliche Behandlung nach § 67 Abs. 1 SPG erweist sich gegenüber jener des § 65 Abs. 1 SPG als lex specialis und unterscheidet sich von Letzterer im Hinblick auf die besondere Sensibilität der derart gewonnenen Informationen durch zusätzliche Tatbestandselemente. Sie knüpft an zwei Voraussetzungen an: einerseits muss der Betroffene in Verdacht stehen, einen gefährlichen Angriff begangen zu haben, andererseits muss im Hinblick auf diese Tat oder die Persönlichkeit des Betroffenen erwartet werden können, dieser werde bei Begehung weiterer gefährlicher Angriffe Spuren hinterlassen, die seine Wiedererkennung auf Grund der ermittelten genetischen Information ermöglichen würden (VwGH 18.02.2003, 2001/01/0098; 09.09.2003, 2002/01/0232; siehe auch RV 99 BlgNR 25. GP, 15, wonach losgelöst von § 65 Abs. 1 hinkünftig in § 67 Abs. 1 im Sinne einer eigenständigen Regelung alle Voraussetzungen für die DNA-Untersuchung im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung ausdrücklich genannt werden sollen).