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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
LuftfahrtG 1958 §146 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des W in K, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 4. November 1993, Zl. VwSen-120011/15/Br, betreffend Übertretung des Luftfahrtgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,--binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bundesamtes für Zivilluftfahrt vom 27. Juli 1993 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei am 10. März 1993 um 17 Uhr mit einem nach dem Kennzeichen genannten Hubschrauber in dichtbesiedeltem Gebiet auf einem näher bezeichneten Grundstück gelandet, ohne eine Bewilligung im Sinne des § 9 Abs. 2 Luftfahrtgesetz (Außenabflugbewilligung des Landeshauptmannes) zu haben. Dadurch habe der Beschwerdeführer gegen die Auflagen des Bescheides vom 25. Jänner 1993, VerkR-830.001/36-1992/M, des Landeshauptmannes von Oberösterreich, verstoßen und dadurch die Rechtsvorschriften des § 146 Abs. 1 Luftfahrtgesetz, BGBl. Nr. 253/1957 in der geltenden Fassung (BGBl. Nr. 452/1992) iVm § 9 Abs. 2 Luftfahrtgesetz, verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde gemäß § 146 Abs. 1 Luftfahrtgesetz eine Geldstrafe von S 2.000,-- über ihn verhängt.
Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. November 1993 keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wurde vollinhaltlich bestätigt.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene, dem Verwaltungsgerichtshof vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 1. März 1994, B 118/94-3, abgetretene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Zunächst ist dem Beschwerdeführer, was die Zuständigkeit der belangten Behörde anlangt, zu entgegnen, daß gemäß § 51 Abs. 1 VStG in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 620/1995 dem Beschuldigten das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zusteht, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde. Nach dem Spruch des Straferkenntnisses I. Instanz war Tatort Gosau, Oberösterreich, sodaß die belangte Behörde zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers berufen war.
Im Spruch des angefochtenen Bescheides nennt die belangte Behörde im Sinne des § 44a Z. 2 VStG als Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden sei, die Bestimmungen des § 146 Abs. 1 Luftfahrtgesetz in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Luftfahrtgesetz.
§ 9 Abs. 2 Luftfahrtgesetz (im folgenden: LFG) lautet:
"Für Abflüge und Landungen außerhalb eines Flugplatzes (Außenabflüge und Außenlandungen) ist, soweit es sich um Zivilluftfahrzeuge handelt, eine Bewilligung des Landeshauptmannes erforderlich. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen oder ein am Außenabflug oder an der Außenlandung bestehendes öffentliches Interesse ein allenfalls entgegenstehendes öffentliches Interesse überwiegt."
Die von der belangten Behörde sowohl als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG als auch als Strafnorm im Sinne des § 44a Z. 3 VStG herangezogene Bestimmung des § 146 Abs. 1 LFG (in der Fassung BGBl. Nr. 452/1992) lautet:
"Wer den Vorschriften dieses Bundesgesetze, der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den Anordnungen der Flugsicherungsorgane zuwiderhandelt oder zuwiderzuhandeln versucht, begeht, wenn nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist vom Bundesamt für Zivilluftfahrt mit einer Geldstrafe bis
zu 300 000 S zu bestrafen......."
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 26. Jänner 1983, Zl. 82/03/0276, bei vergleichbarem Sachverhalt und vergleichbarer Rechtslage ausgesprochen, daß die Bestimmung des § 9 Abs. 2 LFG kein Gebot oder Verbot enthält, sodaß ein Zuwiderhandeln im Sinne des § 146 Abs. 1 LFG gegen diese Bestimmung gar nicht möglich ist (vgl. auch das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 9. Oktober 1979, VwSlg. Nr. 9.940/A, zur Bestimmung des § 82 Abs. 1 StVO 1960).
§ 9 Abs. 2 LFG stellt eine gesetzliche Grundlage lediglich für die Durchführung eines Administrativverfahrens dar, dessen Gegenstand ein Antrag auf Erteilung einer Außenabflug- oder Außenlandebewilligung bildet. Diese Bestimmung stellt jedoch keine solche Verhaltensnorm dar, die als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG in Betracht kommen könnte. Dies trifft im vorliegenden Fall auch auf die Strafbestimmung des § 146 Abs. 1 LFG zu. § 146 Abs. 1 Satz 1 LFG enthält keine selbständigen Straftatbestände und normiert insbesondere nicht die Strafbarkeit im Falle eines Verstoßes gegen Bestimmungen eines Bewilligungsbescheides nach § 9 Abs. 2 LFG. Eine Übertretung des § 9 Abs. 1 LFG wurde dem Beschwerdeführer nicht zur Last gelegt.
Aus diesen Gründen erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde, § 9 Abs. 2 iVm § 146 Abs. 1 LFG sei die verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG als rechtsirrig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war, ohne daß auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde eingegangen werden muß. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der TatEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994030086.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
23.10.2015