TE Bvwg Beschluss 2021/6/14 W212 2242858-1

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Veröffentlicht am 14.06.2021
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Entscheidungsdatum

14.06.2021

Norm

AsylG 2005 §5 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §7 Abs2

Spruch


W212 2242859-1/4E
W212 2242858-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , StA Guatemala und 2.) XXXX , geb. XXXX , StA Guatemala, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, XXXX , beide vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.05.2021, Zlen. 1.) XXXX und 2.) XXXX beschlossen:

A)

Die Beschwerden wird gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (in der Folge: BF1) ist die Mutter der in Österreich geborenen minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin (in der Folge: BF2). Beide sind Staatsangehörige von Guatemala.

2. Die BF1 stellte am 20.03.2021 für sich und die BF2 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Es liegt keine EURODAC-Treffermeldung vor.

3. Am 21.03.2021 fand eine Erstbefragung der BF1 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt, in welcher die BF1 zunächst angab, der Einvernahme problemlos folgen zu können und an keinen Beschwerden oder Krankheiten zu leiden. Sie sei am 17.07.2019 von ihrem Herkunftsstaat legal nach Spanien geflogen, wo sie bis 01.01.2020 gelebt habe. Über Frankreich und Italien sei sie mit ihrem Mann nach Österreich gereist, wo sie sich seit 01.01.2020 durchgehend aufhalte. Sie habe mit ihrem Mann Österreich lediglich als Touristen besichtigen wollen, dann habe aber die Corona-Pandemie begonnen und so seien sie in Österreich geblieben. Ihr Mann habe sie dann hochschwanger in Österreich zurückgelassen und sei alleine nach Spanien zurückgekehrt. Es habe Eheprobleme gegeben und deshalb sei sie nicht mit ihm mitgegangen. Sie habe am 19.03.2021 über Deutschland versucht nach Spanien zurückzufliegen, man habe sie aber nach Österreich zurückgeschickt. Die BF1 gab weiters an, ihre Familie schicke ihr regelmäßig Geld.

Befragt zu ihrem Aufenthalt in Spanien, erklärte die BF1, es sei in Spanien alles in Ordnung und sehr schön gewesen. Sie habe sogar um Dokumente ansuchen wollen, dazu müsse man aber drei Jahre illegal aufhältig sein. Spanien sei auch ihr Zielland gewesen, weil sie dort einige Freunde habe. Die BF1 gab einerseits an, sie wolle in Österreich bleiben, andererseits erklärte sie, sie sei unschlüssig ob sie hierbleiben oder doch besser nach Spanien zurückgehen solle.

Zu ihrem Fluchtgrund gab die BF1 an, sie sei in Guatemala gezwungen worden einer Verbrechergruppe beizutreten. Sie habe die Gruppe schließlich verlassen und sei deshalb mit dem Tod bedroht worden.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete, unter Bekanntgabe der von der BF1 getätigten Angaben, am 31.03.2021 ein Aufnahmegesucht gemäß Art. 13 Abs. 2 Dublin III-VO an Spanien. Mit Schreiben vom 26.04.2021 erklärte sich Spanien zur Übernahme der BF1 und ihrer minderjährigen Tochter, der BF2, gemäß Art. 13 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich bereit.

5. Am 05.04.2021 erließ die Landespolizeidirektion Niederösterreich eine Strafverfügung in der Höhe von EUR 600,00 gegen die BF1, weil sie sich als Fremde seit 01.01.2020 zumindest bis 20.03.2021 und daher länger als drei Monate im österreichischen Bundesgebiet aufhalte, obwohl sie keinen gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates besessen habe.

6. Am 20.04.2021 langten Überstellungserklärungen der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein, mit welchen die BF1 für sich und die BF2 erklärte mit der Überstellung nach Spanien einverstanden zu sein.

7. Mit Schreiben vom 03.05.2021 verzichtete die BF1 ausdrücklich auf ein Parteiengehör und ersuchte um Ausstellung eines Bescheides.

8. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.05.2021, zugestellt am 07.05.2021, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung ihrer Anträge gemäß Art. 13 Abs. 2 Dublin III-VO Spanien zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass die Abschiebung nach Spanien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

8. Mit Schriftsatz vom 10.05.2021 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Rechtsmittelverzicht der Beschwerdeführer ein.

9. Der gegenständliche Bescheid erwuchs aufgrund des abgegebenen Rechtsmittelverzichts mit 11.05.2021 in Rechtskraft.

10. Mit E-Mail vom 19.05.2021 erklärte die BF1 für sich und die BF2 den Widerruf ihres Rechtsmittelverzichts vom 10.05.2021, mit der Begründung, sie habe sich gegen eine Dublin-Überstellung entschieden.

11. Mit Schriftsatz vom 21.05.2021 wurde gegen die Bescheide das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und unter anderem ausgeführt, dass diese zulässig sei, weil der abgegebene Rechtsmittelverzicht einem Willensmangel unterliege und vor der Erlassung der Bescheide abgegeben worden sei. Die BF1 habe nämlich zum Zeitpunkt, in dem sie den Rechtsmittelverzicht abgegeben habe, nicht gewusst, dass das Asylverfahren ihres Schwagers in Österreich zugelassen worden sei. Die BF1 wolle mit ihm weiter zusammenleben. Es habe darüber hinaus erst am 12.05.2021 eine Rechtsberatung stattgefunden, wo mit der BF1 ihre rechtliche Situation erörtert worden sei. Außerdem gehe aus dem Bescheid nicht klar hervor, ob ein Rechtsmittelverzicht abgegeben worden sei.

12. Die Beschwerdevorlage langte am 28.05.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF1 stellte am 20.03.2021 für sich und die BF2, ihre in Österreich geborene minderjährige Tochter, einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es liegen keine EURODAC-Treffer vor.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 31.03.2021 ein auf Art. 13 Abs. 2 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmegesuch bezüglich der BF1 und der BF2 an Spanien, dem die spanische Dublinbehörde mit Schreiben vom 26.04.2021 ausdrücklich zustimmte.

Die Landespolizeidirekton Niederösterreich erließ am 05.04.2021 eine Strafverfügung in Höhe von EUR 600,00 gegen die BF1.

Die BF1 erklärte am 20.04.2021 für sich und die BF2 ihre ausdrückliche Zustimmung zur Überstellung nach Spanien.

Die BF1 verzichtete am 03.05.2021 ausdrücklich auf die Durchführung einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Mit den gegenständlichen Bescheiden wurden die Anträge der BF1 und BF2 ohne in die Sache einzutreten als unzulässig zurückgewiesen und die Außerlandesbringung nach Spanien angeordnet. Die Bescheide wurden der BF1 am 07.05.2021 durch persönliche Ausfolgung zugestellt.

Am 10.05.2021 erklärte die BF1 für sich und die BF2 gegenüber der belangten Behörde schriftlich auf ein Rechtsmittel gegen den Bescheid zu verzichten. Die BF1 leidet an keiner psychischen Erkrankung und lagen auch sonst keine Willensmängel bei der Abgabe des Rechtsmittelverzichts vor. Der Rechtsmittelverzicht ist rechtswirksam und die Bescheide wurden daraufhin am 11.05.2021 rechtskräftig.

Mit E-Mail vom 19.05.2021 langte ein Widerruf des Rechtsmittelverzichts für die BF1 und die BF2 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.

Am 21.05.2021 langte eine Beschwerde gegen die Bescheide beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen betreffend die Person der BF1, die Antragstellung auf internationalen Schutz, den früheren Aufenthalt in Spanien und den nunmehrigen Aufenthalt in Österreich, den Parteienverzicht und die Zustimmung zur Überstellung nach Spanien ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem glaubhaften Vorbringen der BF1.

Die Feststellung, dass die BF2 die minderjährige Tochter der BF1 ist und in Österreich geboren wurde, ergibt sich zweifelsfrei aus der im Verwaltungsakt befindlichen Geburtsurkunde.

Die Feststellung zur ergangenen Strafverfügung ergibt aus dem Verwaltungsakt.

Die Feststellungen bezüglich der Zustimmung zur Wiederaufnahme der BF1 und der BF2 seitens Spaniens, ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der spanischen Dublinbehörde. Der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes.

Die Feststellung, dass die BF1 nicht an einer psychischen Erkrankung leidet, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben im Rahmen ihrer niederschriftlichen Erstbefragung, wo keine gesundheitlichen Probleme geltend gemacht wurden. Auch in der Beschwerde wurde eine allfällige geistige Erkrankung der BF1 nicht vorgebracht. Es liegen sohin keinerlei Anhaltspunkte bezüglich einer psychischen Erkrankung der BF1 vor.

Die Feststellungen zum abgegebenen Rechtsmittelverzicht und dem Widerruf ergeben sich aus dem Verwaltungakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. Cit). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

§ 7 Abs. 2 VwGVG lautet:

„Eine Beschwerde ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.“

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Beschwerdeverzicht eine von der Partei vorgenommene Prozesshandlung, der die Wirkung anhaftet, dass eine von der Partei eingebrachte Beschwerde einer meritorischen Erledigung nicht zugeführt werden darf. Ein einmal ausgesprochener Beschwerdeverzicht kann auch nicht mehr zurückgenommen werden. Das Vorliegen eines Beschwerdeverzichtes ist besonders streng zu prüfen, und es ist ein anlässlich der Abgabe eines Beschwerdeverzichtes vorliegender Willensmangel zu Gunsten der Partei zu beachten. Voraussetzung für einen gültigen Beschwerdeverzicht ist weiters, dass er ohne Druck und in Kenntnis seiner Rechtsfolgen abgegeben wird (VwGH 08.11.2016, Ra 2016/09/0098).

Der Beschwerdeverzicht muss ausdrücklich und zweifelsfrei erklärt werden und frei von Willensmängeln sein; liegt ein Willensmangel vor, ist der Verzicht unwirksam. Die Rechtsprechung wendet dabei sinngemäß die Regeln des Zivilrechts über den Irrtum, insbesondere § 871 ABGB, an. Demnach kommt eine rechtsverbindliche Willenserklärung der verzichtenden Partei unter anderem dann nicht zustande, wenn sie in einem wesentlichen Irrtum befangen und dieser "durch den anderen Teil", d. h. durch den Organwalter der Behörde, "veranlasst war". "Veranlassen" umfasst in diesem Zusammenhang jedes für die Entstehung des Irrtums ursächliche Verhalten des Organwalters, wobei nicht gefordert ist, dass die Irreführung schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig, herbeigeführt wurde. Ein Willensmangel liegt aber beispielsweise auch dann vor, wenn die Partei durch eine irreführende oder unvollständige Rechtsbelehrung falsche Vorstellungen über die Folgen und Möglichkeiten einer Beschwerde bekommen hat. Neben der Kenntnis seiner Rechtsfolgen ist Voraussetzung für einen gültigen Beschwerdeverzicht auch, dass die Partei nicht von der Behörde in rechtswidriger Weise durch Druck, Zwang oder Drohung zur Abgabe bestimmt wurde. Abgesehen davon kommt es aber auf die Absichten, Motive und Beweggründe, welche die Partei zum Verzicht veranlasst haben, nicht an (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 63, Rz. 75-76).

Ein Beschwerdeverzicht eines Fremden ist ohne Beiziehung eines Dolmetschers nur dann wirksam, wenn feststeht, dass der Fremde im Zeitpunkt der Abgabe des Beschwerdeverzichtes der deutschen Sprache hinlänglich mächtig war, um sich der Tragweite des Verzichtes bewusst zu sein, und ein Willensmangel ausgeschlossen werden kann (VwGH 27.04.2016, Ra 2015/10/0111).

Ein Beschwerdeverzicht kann - und zwar durch ausdrückliche Erklärung - erst nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides und während der Rechtsmittelfrist erfolgen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/02/0227).

Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind an einen wirksamen Beschwerdeverzicht strenge Maßstäbe anzulegen, um einen Willensmangel bei seiner Abgabe ausschließen zu können. Dieser strenge Beurteilungsmaßstab erfordert eine hinreichende Ermittlung der Umstände, unter welchen der Verzicht abgegeben wurde, um dessen Wirksamkeit beurteilen zu können. Die Rückkehrvorbereitung durch einen Rechtsberater kann die gesetzlich zwingend vorgesehene Rechtsberatung durch den dazu bestellten Rechtsberater nicht ersetzen. Zweck der Rechtsberatung ist es, den Asylwerber im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu beraten, was die Beratung darüber einschließt, ob eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben (oder zurückgezogen) werden soll. Damit hat sich die Rechtsberatung aber jedenfalls auf all jene Rechtshandlungen zu beziehen, die diese Fragen in irgendeiner Weise endgültig entscheiden. Die Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes zählt jedenfalls dazu (VfGH 12.03.2014, U 1286/2013; 26.02.2014, U 489/2013).

Im gegenständlichen Fall erklärte die BF1 für sich und die BF2 nach der Zustellung des angefochtenen Bescheides auf ein Rechtsmittel gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl zu verzichten und mit einer Überstellung nach Spanien, der im Rahmen des Konsultationsverfahrens als zuständiger Mitgliedstaat festgestellt wurde, einverstanden zu sein. Bereits im Vorfeld war die BF1 mit der Überstellung nach Spanien einverstanden und brachte dies auch durch ein entsprechendes Schreiben vom 20.04.2021 zum Ausdruck.

Der Beschwerdeverzicht erfolgte ausdrücklich und schriftlich im Rahmen der Rückkehrberatung der BBU GmbH. Der Inhalt des Rechtsmittelverzichts wurde der BF1 von einer sprachkundigen Vertrauensperson, nämlich ihrem namentlich genannten Berater erläutert.

Zunächst ist zum Vorbringen, wonach aus den Bescheiden nicht klar hervorgehe, ob ein Rechtsmittelverzicht abgegeben worden sei und dass dieser vor der Erlassung der Bescheide abgegeben worden sei, auszuführen, dass diese ins Leere gehen. Die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl sind am 06.05.2021 ergangen und wurden der BF1 am 07.05.2021 persönlich zugestellt. Der Rechtsmittelverzicht wurde von der BF1 am 10.05.2021 unterschrieben und aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass dieser von ihrem bei der Abgabe des Rechtsmittelverzichts anwesenden namentlich genannten Berater, am 11.05.2021 per E-Mail an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übermittelt wurde. Der Rechtsmittelverzicht wurde also keinesfalls vor Erlassung der Bescheide abgeben und findet ein solcher dementsprechend auch keine Erwähnung in den Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Ein Rechtsmittelverzicht, der vor Erlassung des Bescheides abgegeben wird, wäre darüber hinaus rechtlich unerheblich (vgl. Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 7 VwGVG, Rz 41).

Wenn in der Beschwerde weiters vorgebracht wird, dass eine Rechtsberatung der BF1 erst am 12.05.2021 stattgefunden habe, wo zum ersten Mal mit der BF1 ihre rechtliche Situation erörtert worden sei, ist zu bemerken, dass dies für das Gericht nicht nachvollziehbar ist. Vor dem Rechtsmittelverzicht gab die BF1 am 03.05.2021 einen Parteienverzicht und am 20.04.2021 eine Einverständniserklärung zur Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat Spanien ab. Diese Erklärungen erfolgten ebenfalls durch ihren Berater der Rückkehrberatung der BBU GmbH. Aus dem im Verwaltungsakt befindlichen E-Mail-Verkehr ist ersichtlich, dass alle Rechtshandlungen der BF1 von ihrem Berater in der Rückkehrberatung der BBU GmbH, auch intern an andere Mitarbeiter der BBU GmbH übermittelt wurden. Es ist demnach für das Gericht nicht glaubhaft, dass die für die BF1 zuständige Rechtsberatung innerhalb der BBU GmbH von diesen Rechtshandlungen und dem damit klar zum Ausdruck kommenden Interesse der BF1 an einer Rückkehr nach Spanien, nicht Bescheid wusste. Zudem wurde das Zustandekommen und die Setzung dieser Rechtshandlung gegenüber dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl von der der BBU GmbH zu keinem Zeitpunkt beanstandet, auch nicht in der Beschwerde.

Zum Vorbringen in der Beschwerde, der Rechtsmittelverzicht unterliege einem Willensmangel, da die BF1 zum Zeitpunkt der Abgabe nicht gewusst habe, dass das Asylverfahren ihres Schwagers, mit dem sie weiterhin zusammenleben wolle, zugelassen worden sei, ist zu festzuhalten, dass hieraus kein Willensmangel hervorgeht, der dem Rechtsmittelverzicht im Zeitpunkt seiner Erklärung angehaftet hat. Vielmehr kann daraus abgeleitet werden, dass es sehr wohl der Wille der BF1 war, den Rechtsmittelverzicht abzugeben und der Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat Spanien zuzustimmen. Der erst nachträglich eingetretene Umstand, dass ihr Schwager nunmehr zum Asylverfahren zugelassen wurde, ändert nichts daran, dass zum Zeitpunkt der Abgabe des Rechtsmittelverzichts dies ihr ausdrücklicher Wille war. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die BF1 bereits am 19.03.2021 vor Stellung ihres Asylantrages in Österreich über Deutschland mit dem Flugzeug nach Spanien zurückkehren wollte und sie auch im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme angab, sie sei unschlüssig ob sie in Österreich bleiben oder doch besser nach Spanien zurückgehen solle. Sie hatte also seit Beginn ihres Verfahrens ein Interesse an einer Rückkehr nach Spanien.

Der Vollständigkeit halber ist auch zu erwähnen, dass die Zulassung des Asylverfahrens des Schwagers der BF1 einer negativen Entscheidung nicht entgegensteht und auch keine Bindungswirkung hinsichtlich der Frage, ob der Antrag zurückzuweisen ist, entfaltet.

Es sind keine Hinweise hervorgekommen, die an dem gültigen Zustandekommen des Rechtsmittelverzichts zweifeln lassen. Die Rechtsfolge des Beschwerdeverzichtes, nämlich die Durchsetzung des angefochtenen Bescheides durch Rückkehr der BF1 und der BF2 in den für ihren Antrag auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaat Spanien, ist in der unterschriebenen Erklärung ausdrücklich angeführt, sodass eine irreführende und unvollständige Rechtsbelehrung ausgeschlossen werden kann. Ebenso angeführt ist, dass der BF1 diese Rechtsfolgen durch eine sprachkundige Vertrauensperson, nämlich ihren namentlich genannten Berater erläutert wurden. Desweiteren gibt es keine Anhaltspunkte, dass ein Irrtum durch die Behörde oder ihren Berater der BBU GmbH veranlasst worden ist oder dass die BF1 den Rechtsmittelverzicht aufgrund von Druck, Zwang oder Drohung abgegeben hat. Dementsprechende Vorbringen wurden zudem in der Beschwerde nicht erstattet.

Da somit ein wirksamer Beschwerdeverzicht abgegeben wurde, welcher auch nicht widerrufen werden kann (vgl. VwGH, 8.11.2016, Ra 2016/09/0098) war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Aufgrund der Zurückweisung der Beschwerde aus den dargestellten Gründen konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen. Zudem war auf Grund des unbestrittenen Akteninhalts durch eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten.

Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts der erfolgten Sachentscheidung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Beschwerdeverzicht mangelnder Anknüpfungspunkt Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W212.2242858.1.00

Im RIS seit

09.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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