Entscheidungsdatum
05.07.2021Norm
AVG §13 Abs3Spruch
W137 2169715-1/12E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter Hammer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid vom 26.08.2017, Zahl 110624906 – 170991816, beschlossen:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 9 Abs 1, 17 und 28 Abs 1 VwGVG iVm § 13 Abs 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
II. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Am 04.09.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein als Beschwerde bezeichnetes Schriftstück ein. Darin wurde (unter anderem) „Beschwerde gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Zahl 110624906 - 170991816“ erhoben und der Ersatz des Aufwandes beantragt. Dem Schriftsatz beigeschlossen war eine Vollmacht der Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH.
2. Das Bundesverwaltungsgericht teilte dem Beschwerdeführer im Wege der bevollmächtigten Rechtsvertretung mit Schreiben vom 12.09.2017 ausdrücklich mit, dass die angeführte Verfahrenszahl in keinem Zusammenhang mit dem Beschwerdeführer steht und die Beschwerde im Sinne des § 9 VwGVG zu verbessern sei.
3. Dem ist weder der Beschwerdeführer noch sein bevollmächtigter Vertreter nachgekommen. In einem Schreiben vom 22.09.2017 wurde die angeführte zahl vielmehr nochmals wiederholt und darüber hinaus die Festnahme am 25.08.2017 (samt Anhaltung) bekämpft. Diesbezüglich wurde ein gesondertes Verfahren (2169715-2) angelegt.
4. Mit Erkenntnis vom 11.09.2017, W137 2169715-1/8E, hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
5. Das Bundesamt hat im gegenständlichen Verfahren eine Stellungnahme zur Beschwerde übermittelt und seinerseits Kostenersatz beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. angeführten Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt. Er ist aus der Aktenlage vollständig belegt.
Der vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 12.09.2017 aufgezeigte Mangel wurde weder seitens des Beschwerdeführers noch seitens der zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberatung beseitigt. Die Vollmacht ist am 31.12.2020 erloschen; der Beschwerdeführer ist seither nicht mehr vertreten.
Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits rechtskräftig festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft nach Beschwerdeeinbringung gegeben waren.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Akteninhalt, eine Einbringung einer verbesserten Beschwerde ist bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht dokumentiert. Vielmehr wurde erneut eine Verfahrenszahl angeführt, die keinen Zusammenhang mit der Schubhaft des Beschwerdeführers aufweist.
Die Feststellungen betreffend das Erlöschen der bei Beschwerdeeinbringung vorhandenen Vollmacht ergeben sich aus der Aktenlage. Gleiches gilt für die Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Schubhaft.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu enthalten:
(1) die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides,
(2) die Bezeichnung der belangten Behörde,
(3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
(4) das Begehren und
(5) die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Die Materialien (RV 2009 der Beilagen XXIV. GP, S. 4) zu dieser Bestimmung enthalten folgende Ausführungen:
"Zu § 9:
Der vorgeschlagene § 9 regelt den Inhalt der Beschwerde. Gemäß Abs. 1 soll die Beschwerde den angefochtenen Bescheid (die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, die angefochtene Weisung) und die belangte Behörde bezeichnen. Bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG tritt an die Stelle der Bezeichnung der belangten Behörde, soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat. Die Beschwerde hat die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, das Begehren und die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde, zu enthalten.
Diese Angaben sind deshalb erforderlich, weil das Verwaltungsgericht gemäß dem vorgeschlagenen § 27 im Prüfungsumfang beschränkt sein soll. Die Anforderungen an die Beschwerde sind demnach höher als die Anforderungen an eine Berufung gemäß § 63 Abs. 3 AVG. Es darf jedoch nicht verkannt werden, dass schon das vorangegangene Verwaltungsverfahren den Parteien besondere Achtsamkeit abverlangt; so etwa die rechtzeitige Erhebung zulässiger, auf subjektive Rechte bezogener Einwendungen, um die Parteistellung nicht zu verlieren (§ 42 Abs. 1 AVG). Mangelhafte Beschwerden sind unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 AVG einer Verbesserung zugänglich.
Der vorgeschlagene Abs. 2 bestimmt den Begriff der ‚belangten Behörde‘ näher."
Aus den Ausschussfeststellungen (AB 2112 BlgNR XXIV. GP S.7) ergibt sich Folgendes:
"Der Verfassungsausschuss geht davon aus, dass die inhaltlichen Anforderungen an eine Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG jenen des § 63 Abs. 3 AVG materiell entsprechen. Aus der Beschwerdebegründung muss der Wille des Beschwerdeführers erkennbar sein, im Beschwerdeverfahren ein für ihn vorteilhafteres Verfahrensergebnis zu erreichen. Die inhaltlichen Anforderungen sind so zu verstehen, dass ein durchschnittlicher Bürger sie auch ohne Unterstützung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter erfüllen kann."
3.2. Gemäß § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG). BGBl. Nr. 51/1991 idgF, ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
3.3. Im vorliegenden Fall entspricht der als Beschwerde bezeichnete Schriftsatz des Beschwerdeführers nicht den in § 9 VwGVG festgelegten Anforderungen.
Der Beschwerdeführer bzw dessen Vertretung – der damals staatliche beigegebene Rechtsberater - hat den angefochtenen Bescheid nicht (korrekt) bezeichnet. Die in der Beschwerde angeführte Geschäftszahl steht in keinem Zusammenhang mit der Schubhaft des Beschwerdeführers.
3.4. Wie bereits ausgeführt, hat der Beschwerdeführer auch den Mangel – trotz gerichtlicher Aufforderung - nicht behoben. Vielmehr wurde weiterhin von seiner bevollmächtigten Vertreterin jene Verfahrenszahl wiederholt, die ihr das Bundesverwaltungsgericht als ohne Zusammenhang mit der laufenden Schubhaft stehend zur Kenntnis gebracht hat.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
4. Kostenersatz
4.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
4.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei – unter Einbeziehung des „Fortsetzungsausspruchs“) Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Anforderungsprofil Bescheidbezeichnung Beschwerdeführer Kostenersatz Mangelhaftigkeit Schubhaft VerschuldenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W137.2169715.1.00Im RIS seit
09.11.2021Zuletzt aktualisiert am
09.11.2021