TE Bvwg Beschluss 2021/7/6 W235 2226235-2

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Veröffentlicht am 06.07.2021
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Entscheidungsdatum

06.07.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §13 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §32 Abs2

Spruch


W235 2226235-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 28.01.2021, Zl. W235 2226235-1/5E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens auf internationalen Schutz, beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit nicht datiertem Schriftsatz, eingelangt am 09.04.2021, beantragte die Antragstellerin im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters die Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 28.01.2021, Zl. W235 2226235-1/5E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens auf internationalen Schutz. Dazu führte sie im Wesentlichen aus, dass das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Antragstellerin nach Erhebung einer Säumnisbeschwerde abgewiesen habe, weil es davon ausgegangen sei, dass die Eheschließung der Antragstellerin mit ihrem Ehemann vor dessen Antragstellung auf internationalen Schutz nicht gesichert sei. Zum Beweis werde die Heiratsurkunde vor dem Imam sowie die Bestätigung der Registrierung der Ehe vorgelegt. Daher beantrage die Antragstellerin die Wiederaufnahme des Verfahrens.

2. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.05.2021 wurde der Antragstellerin mittels Verbesserungsauftrag aufgetragen, die Wiederaufnahmegründe, auf die sie sich stützt, und Angaben zu jenem Zeitpunkt zu tätigen, in welchem Kenntnis von einem Wiederaufnahmegrund erlangt wurde. Die Antragstellerin wurde darauf hingewiesen, dass nach fruchtlosem Ablauf der zweiwöchigen Frist der Antrag zurückgewiesen wird.

Der Verbesserungsauftrag wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter der Antragstellerin am 28.05.2021 zugestellt.

3. Die Antragstellerin ist dem Verbesserungsauftrag bis dato nicht nachgekommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Antragstellerin stellte mit undatiertem Schriftsatz einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 28.01.2021, Zl. W235 2226235-1/5E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens.

Der von der Antragstellerin eingebrachte Schriftsatz weist nicht die erforderlichen Angaben für einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 VwGVG auf, insbesondere keine Angaben zu den Wiederaufnahmegründen und zum fristauslösenden Ereignis bzw. zum Zeitpunkt, in welchem sie Kenntnis vom Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes erlangt hat.

Das Bundesverwaltungsgericht erteilte am 28.05.2021 einen entsprechenden Verbesserungsauftrag, der der Antragstellerin im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters wirksam zugestellt wurde.

Die Antragstellerin ist dem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus den unbedenklichen Verwaltungs- und Gerichtsakten, insbesondere aus dem Schriftsatz der Antragstellerin und dem Verbesserungsauftrag vom 28.05.2021.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Zum Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens:

Gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn

1.       das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2.       neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3.       das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4.       nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

Weiters ist gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind sämtliche Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme eines abgeschlossenen Verfahrens vom Wiederaufnahmewerber aus eigenem Antrieb in seinem Antrag konkretisiert und schlüssig darzulegen (vgl. VwGH vom 26.04.2013, Zl. 2011/11/0051).

3.2.2. Zum Verbesserungsauftrag:

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 13.11.2012, Zl. 2012/05/0184 und vom 21.09.2010, Zl. 2010/11/0108) dient § 13 Abs. 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind. Im Verbesserungsauftrag ist konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (vgl. VwGH vom 30.10.2008, Zl. 2007/07/0075 und vom 07.09.2009, Zl. 2009/04/0153).

3.2.3. In ihrem Schriftsatz führte die Antragstellerin an, dass das Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde der Antragstellerin abgewiesen habe und legte eingeholte Urkunden vor.

Die erforderlichen Angaben gemäß § 32 VwGVG, die in einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens enthalten sein müssen – insbesondere Wiederaufnahmegründe und Angaben zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung von einem Wiederaufnahmegrund - fehlen im gegenständlichen Schriftsatz zur Gänze.

Das Vorbringen der Antragstellerin im am 09.04.2021 eingelangten Schriftsatz erfüllt nicht die gesetzlichen Anforderungen für einen vollständigen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, weshalb der Antragstellerin mit Verbesserungsauftrag vom 28.05.2021 aufgetragen wurde, die fehlenden Angaben nachzuholen.

Da die Antragstellerin dem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen ist, war der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG als unzulässig zurückzuweisen.

Aus diesem Grund war auch gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Fallgegenständlich erfolgte die Zurückweisung der Beschwerde, da die Antragstellerin einem Verbesserungsauftrag – trotz Zuwartens des Bundesverwaltungsgerichtes über die gesetzte Frist hinaus - nicht nachgekommen ist. Daher war die Beschwerde zurückzuweisen, was im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht.

Schlagworte

individuelle Verhältnisse Säumnisbeschwerde Schriftsatz Verbesserungsauftrag Voraussetzungen Wiederaufnahmeantrag Wiederaufnahmegrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W235.2226235.2.00

Im RIS seit

09.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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