TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/25 G306 2245139-1

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Veröffentlicht am 25.08.2021
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Entscheidungsdatum

25.08.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs7
VwGVG §8a

Spruch


G306 2245139-1/11E

Schriftliche Ausfertigung des am 11.08.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses

Im NAMEN der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA: Afghanistan; vertreten durch die Bundesbetreuungsagentur in 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 04.08.2021, Zahl XXXX und die Anhaltung in Schubhaft seit XXXX.2021, 11:05 Uhr, zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.      Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III.    Die Beschwerde führende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV.      Der Antrag der Beschwerde führenden Partei auf Verfahrenshilfe im Umfang von der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr wird abgewiesen

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am XXXX.2021 gegen 20:45 Uhr wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) von einer Streife des Österreichischen Bundesheeres im Gemeindegebiet von XXXX auf einem Güterweg mit insgesamt 25 afghanischen Staatsangehörigen aufgegriffen. Beim Eintreffen der Streife XXXX stellte er einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes.

2. Am 03.08.2021 wurde der BF auf der PI Fremdenpolizei XXXX einer Erstbefragung unterzogen. Dort gab er unter anderem an, keine Dokumente zu besitzen, über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich eingereist zu sein und in keinem der durchreisten Länder einen Asylantrag gestellt zu haben. Als Reiseziel gab er Österreich an, weil er von dort nur Gutes gehört habe und dort auch Cousins aufhältig seien.

3. Nachdem gegenüber dem BF mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid die Schubhaft verhängt worden war, leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 04.08.2021 ein Konsultationsverfahren mit Rumänien ein.

4. Gegen diesen Bescheid und die weitere Anhaltung in Schubhaft erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung mit Schreiben vom 06.08.2021 Beschwerde, welche am 06.08.2021 beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) einlangte.

5. Am 11.08.2021 fand vor dem erkennenden Gericht, in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF, seine Rechtsvertretung (RV) sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahmen. Am Ende der Verhandlung wurde die im Spruch wiedergegebene Entscheidung verkündet.

6. Mit Schreiben vom 16.08.2021, beim BVwG eingelangt am 17.08.2021, begehrte der BF über seine RV eine schriftliche Ausfertigung dieser Entscheidung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen

1.1. Der BF führt den Namen XXXX, ist am XXXX geboren, afghanischer Staatsangehöriger und reiste am XXXX.2021 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er von Soldaten des Bundesheeres aufgegriffen und in weiterer Folge festgenommen wurde. Der BF ist nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes. Im Zuge der polizeilichen Erstbefragung verschwieg der BF – zu seiner Reiseroute befragt – vorerst seinen Aufenthalt in Rumänien und gestand diesen erst nach Vorhalt der beiden EURODAC-Treffer vom 28.02.2021 (Kategorie II) sowie 04.03.2021 (Kategorie I) ein.

Das BFA verhängte gegenüber dem BF mit Bescheid vom XXXX.2021 die Schubhaft. Dieser wurde dem BF am selben Tag um 11:05 Uhr ausgehändigt.

Das BFA leitete am 04.08.2021 ein Konsultationsverfahren mit Rumänien zwecks Rückübernahme des BF ein. Darüber wurde der BF unmittelbar danach in Kenntnis gesetzt. Da sich der BF in Schubhaft befand, stand den rumänischen Behörden – gerechnet ab dem Anfragedatum 04.08.2021 – bis zum 18.08.2021 die Antwortfrist offen. In Ermangelung einer Rückmeldung bis zu diesem Zeitpunkt wurde der BF am XXXX.2021 aus der Schubhaft entlassen und ist derzeit unbekannten Aufenthaltes.

1.2. Vor seiner Einreise ins Bundesgebiet hielt sich der BF für etwa 2 ½ Monate in Rumänien auf, wobei er dort am 04.03.2021 einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes stellte. Der BF blieb zumindest 2 Einvernahmen fern und reiste, ohne das Ergebnis des dortigen Verfahrens abzuwarten, über Serbien und Ungarn nach Österreich weiter.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass gegen den BF von Seiten der rumänischen Fremdenbehörde ein schengenweites Einreiseverbot verhängt wurde. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass der BF in Rumänien gezwungen wurde, einen Asylantrag zu stellen.

1.3. Der BF verfügt in Österreich über keine gesicherte, nicht nur vorübergehende private Unterkunft und kann auf Barmittel in der Höhe von € 65,00 zurückgreifen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass sich ein oder mehrere Verwandte des BF in Österreich aufhalten.

1.4. Der BF geht und ging in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht kein regelmäßiges Einkommen.

1.5. Der BF stellte am 03.08.2021 in Österreich einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes. Dieses zu Zahl XXXX vom Bundesamt geführte Verfahren ist noch im Laufen.

1.6. Der BF leidet an keinen Krankheiten und ist strafgerichtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung

Namen, Staatsangehörigkeit und Geburtsdatum folgen den eigenen Angaben des BF und sind mit den beiden von der PI XXXX zu Tage geförderten EURODAC-Treffern in Einklang zu bringen. Der BF gab in der polizeilichen Erstbefragung wie mündlichen Verhandlung an, kein Reisedokument zu besitzen.

Reiseweg, durchreiste Länder, der in Rumänien wie in Österreich gestellte Asylantrag und die Dauer des Aufenthaltes in Rumänien ergeben sich aus den – in der mündlichen Verhandlung gegenüber der polizeilichen Erstbefragung – komplettierten Ausführungen des BF und decken sich mit dem Inhalt des auf den BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Fremdenregister (IZR). Da laut dem besagten Register das Asylverfahren noch als „offen“ geführt wird, ist davon auszugehen, dass dieses noch nicht abgeschlossen ist.

Die Verhängung, der Beginn und die Entlassung (aus) der Schubhaft ist der Vollzugsauskunft des Referentenportals wie dem ZMR-Auszug des BF ersichtlich. Aus dem ZMR ergibt sich auch, dass der BF seit XXXX.2021 unsteten Aufenthaltes ist, weil keine weitere Meldung aktenkundig ist. Auf dem besagten Portal sind auch die dem BF zum Zeitpunkt der Verhandlung zur Verfügung stehenden Barmittel (€ 65,00) der Höhe nach ausgewiesen.

Die Einleitung des Konsultationsverfahrens mit Rumänien ist der dahingehenden Anfrage im Akt zu entnehmen und folgt aus dem IZR, dass bis dato eine Antwort der rumänischen Behörden ausblieb, weshalb der BF am XXXX.2021 aus der Schubhaft entlassen wurde. Die Verständigung des BF über die Führung dieses Verfahrens wurde von der Behördenvertreterin in der Verhandlung vorgebracht und weder vom BF noch dessen RV bestritten.

Der BF stellte zwar in den Raum, dass er in Rumänien zur Asylantragstellung gezwungen worden sei, konnte dies jedoch durch keinerlei Bescheinigungsmittel belegen. Auch die RV legte weder in der mündlichen Verhandlung, noch in der Beschwerde oder im Rahmen des Antrages auf Erstellung einer schriftlichen Ausfertigung Beweise in diese Richtung vor. Zudem widerstreitet dieses Vorbringen insofern der Lebenserfahrung, als der BF am 28.02.2021 in Rumänien „registriert“ (EURODAC-Treffer der Kategorie II) und erst am 04.03.2021 dort einen Asylantrag gestellt wurde (EURODAC-Treffer der Kategorie I). Wäre den rumänischen Behörden wirklich das vom BF ins Treffen geführte Handeln vorzuwerfen, widerspräche es der Logik, dass er dennoch am 04.03.2021 wieder nach Rumänien eingereist ist, um einen solchen Antrag zu stellen.

Ferner ist dem am 23.08.2021 erstellten IZR-Auszug kein von Rumänien verhängtes Einreiseverbot zu entnehmen, weshalb der Bestand eines solchen nicht festgestellt werden konnte.

Dass er zumindest 2 Einvernahmen in Rumänien fernblieb, hat der BF in der Verhandlung vor dem BVwG selbst angegeben (er selbst sprach von 2 bis 3 Befragungsterminen).

Der BF führte in der Beschwerde aus, in Österreich hielten sich Cousins auf, in der mündlichen Verhandlung nannte er nur einen Verwandten namens XXXX, konnte über diesen jedoch nichts Näheres sagen. Aus diesem Grund und, weil der Genannte im ZMR nicht aufscheint, konnte der BF keine derartige/n Beziehung/en zu Verwandten im Bundesgebiet glaubhaft machen.

Dass er auf keine gesicherte, nicht nur vorübergehende, private Unterkunft zurückgreifen kann, bestätigte der BF in der mündlichen Verhandlung.

Der Sozialversicherungsdatenauszug des BF weist keine Beschäftigung in der Gegenwart und Vergangenheit auf. Demgemäß und anhand der geringen, in der Vollzugsauskunft angeführten Summe, ist von keinem regelmäßigen Einkommen des BF auszugehen.

Im österreichischen Strafregister liegt keine Verurteilung des BF auf.

Dass der BF gesund ist, ist dem Krankenblatt des BF zu entnehmen und hat der BF in der mündlichen Verhandlung das Vorliegen einer Krankheit in Abrede gestellt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Beschwerdegegenstand und Prüfungsumfang:

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurden der Schubhaftbescheid selbst und die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft seit XXXX.2021 angefochten.

3.2. Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A.I.):

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1.       dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2.       dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3.       die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1.       ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2.       ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3.       ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4.       ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5.       ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6.       ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a.       der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b.       der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c.       es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7.       ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8.       ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9.       der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Der mit "Dauer der Schubhaft" betitelte § 80 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), lautet:

"§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.       drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.       sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.       die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.       eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.       der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.       die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen."

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647). Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (vgl. zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498).

Auf Grund des in der mündlichen Verhandlung festgestellten Sachverhaltes haben sich die Erlassung des Schubhaftbescheides und die seit XXXX.2021, 08:05 Uhr, andauernde (bis 18.08.2021 aufrechterhaltene) Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig erwiesen:

Die belangte Behörde hat die Anordnung der Schubhaft gegen den unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen BF und die anschließende Anhaltung in Schubhaft ab XXXX.2021, 11:05 Uhr, auf § 28 Abs. 1 und 2 Dublin-III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG gestützt.

Der BF wurde am XXXX.2021 um 20:45 Uhr von Soldaten des Bundesheeres im Burgenland beim Grenzübertritt (mit anderen afghanischen Staatsbürgern) betreten und von Beamten der PI XXXX festgenommen. Der BF verfügte über kein Reisedokument, stellte sogleich einen Asylantrag und verschwieg vorerst, auch in Rumänien einen diesbezüglichen Antrag gestellt zu haben. Erst nach Vorhalt zweier EURODAC-Treffer gestand er ein, auch in Rumänien gewesen zu sein. Wegen des in Rumänien nicht abgewarteten Verfahrens ging das Bundesamt im Zusammenhalt mit seiner erkennbaren Reisemobilität zu Recht von einer erhöhten Fluchtgefahr aus.

Ergänzend sei bemerkt, dass der BF in der mündlichen Verhandlung selbst angab, „2 bis 3“ Einvernahmen in Rumänien ferngeblieben zu sein.

Der BF führt im Bundesgebiet kein Familienleben und kann auf keine sozialen Bindungen zurückgreifen. Auch verfügt er, wie in den Feststelllungen hervorgehoben, über keine gesicherte, nicht nur vorübergehende Unterkunft.

Die ihm zur Verfügung stehenden Barmittel reichen ebenso wenig, um seine Existenz über einen längeren Zeitraum zu sichern. Daher sind die € 65,00 ihrer Höhe nach nicht ausreichend, um an die Stelle der Schubhaft zu treten.

Für das erkennende Gericht hat sich in der mündlichen Verhandlung unzweifelhaft ergeben, dass der BF den Antrag auf internationalen Schutz am 03.08.2021 ausschließlich zum Zweck der Vereitelung bzw. jedenfalls zur Verzögerung einer ihm drohenden Rückführung nach Rumänien stellte. Dem BF ist somit auch vorzuhalten, dass er das in Rumänien geführte Asylverfahren nicht abwartete und den dortigen Einvernahmen fernblieb.

All diese Umstände rechtfertigten im Zusammenhalt mit dem bisherigen Verhalten des BF die Anordnung der Schubhaft.

Das Bundesamt hat daher diese zu Recht (unter anderem) auf § 76 Abs. 2 Z 3 gestützt. Insgesamt war die Anordnung der Schubhaft daher rechtmäßig.

Die Verhängung der Schubhaft zeigte sich – entgegen der Beschwerdemeinung – als rechtens, weil – wie sich aus § 76 Abs. 2 Z 3 FPFG ergibt, diese zulässig ist, wenn die Voraussetzungen des Art 28 Abs. 1 und 2 der Dublin-III-VO vorliegen. Da der BF in Rumänien einen Asylantrag gestellt hatte, die belangte Behörde ohne Verzögerung ein Konsultationsverfahren einleitete und dies dem BF auch zur Kenntnis brachte, haften dem Mandatsbescheid diesbezüglich keine Mängel an.

Zudem bildeten die bisherige Dauer des Verfahrens und die bis zur (ursprünglich geplanten) Übernahme des BF seitens der rumänischen Behörden vergangene Zeit noch kein Kriterium für die Aufhebung der Schubhaft. Als für das Bundesamt evident war, dass die rumänischen Behörden bis zum XXXX.2021 eine Antwort schuldig blieben, wurde der BF unverzüglich aus der Schubhaft entlassen.

Da das österreichische Asylverfahren im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung noch im Laufen war, der belangten Behörde kein Vorwurf in der dublinbezogenen Vorgehensweise gemacht werden konnte und auch sonst keine Voraussetzungen vorlagen, die für eine Entlassung aus der Schubhaft gesprochen hätten (keine privaten Anbindungen, keine nachweislichen Verwandten, keine gesicherte Unterkunft und unzureichend Barmittel, Vorverhalten des BF durch das Sich-Entziehen der rumänischen Behörden) bestanden auch keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft.

Wenn – wie bereits oben erwähnt – im Rechtsmittel behauptet wird, der BF habe in Rumänien einen Asylantrag einbringen müssen, ist dem entgegenzuhalten, dass in Rumänien zur Person des BF ein Treffer der Kategorie 2 vom 28.02.2021 vorliegt und er erst am 04.03.2021 einen Asylantrag stellte, somit einige Tage später, was sich klar aus dem Ergebnis der EURODAC-Abfrage ergibt.

Dass der Zweck der Schubhaft nicht erreicht hätte werden können, ist nicht ersichtlich. So leitete das Bundesamt (Erstaufnahmestelle WEST) bereits am 04.08.2021 ein Konsultationsverfahren mit Rumänien ein.

Auf Grund der rumänischen EURODAC-Treffer wäre es – entgegen der Beschwerdeansicht – sehr wohl denkbar gewesen, dass der Asylantrag des BF aus einer ex-ante-Sicht zurückzuweisen sein und eine Anordnung zur Außerlandesbringung nach Rumänien ergehen werde. Das Asylverfahren ist – wie oben ausgeführt – noch offen.

Die erhebliche Fluchtgefahr ergibt sich daraus, dass der BF vorerst seinen Aufenthalt und seine Asylantragstellung in Rumänien verschwiegen und den Ausgang des dortigen Verfahrens nicht abgewartet, sondern sich dazu entschlossen hat, weiterzureisen und sich dem rumänischen Verfahren und den dortigen Behörden zu entziehen. Erst nach Vorhalt der EURODAC-Treffer gab er an, dass er 2 bis 3 Monate in der Stadt Galati war. Wie das Bundesamt in der Beschwerdevorlage zutreffend festgehalten hat, konnte der BF weder den vollen Namen noch die Anschrift noch das Geburtsdatum und Aufenthaltsstatus der angeblichen Cousins nennen. Dass er über dessen persönlichen Daten fast nichts weiß, spricht nicht für eine enge Bindung zu diesen. Zudem hat der BF zuvor in Punkt 5. der polizeilichen Erstbefragung angegeben, keine Familienangehörigen in Österreich zu haben. In der Verhandlung sprach er sogar nur von einem Verwandten, zu dem er lediglich den Namen, jedoch keine weiteren Daten angeben konnte. Im Übrigen ergab die im ZMR unter dem Namen „XXXX“ durchgeführte Treffersuche kein Ergebnis.

Aus dieser Zusammenschau konnte das BFA daher begründet annehmen, dass der BF dies auch in Österreich machen werde, sofern sich herausstellt, dass er entweder in seinen Herkunftsstaat oder neuerlich nach Rumänien überstellt werde. Die Mitteilung gemäß § 28 Abs 2 Asylgesetz wurde dem BF bereits am 03.08.2021 nachweislich zugestellt.

Des Weiteren ist die belangte Behörde – wirft man einen Blick auf den Bescheidinhalt – sehr wohl auf den individuellen Sachverhalt eingegangen.

Allfällige menschenrechtswidrige Zustände müsste der BF im §-5-AsylG-Verfahren oder einer dortigen Beschwerde geltend machen, zudem werden nach wie vor Überstellungen im Dublinwege nach Rumänien durchgeführt und gibt es keinen generellen Hinweis auf die geschilderten Missstände.

Die erhebliche Fluchtgefahr des BF manifestiert sich insbesondere darin, dass er in Rumänien bereits (zumindest) 2 Einvernahmen ferngeblieben ist, somit auch dort nicht kooperativ war. Selbst wenn gegen den BF von rumänischer Seite ein Einreiseverbot verhängt worden sein sollte, widerspräche es sowohl der Dublin-III-VO, den Überstellungsgepflogenheiten wie auch der Lebenserfahrung, dass die rumänischen Behörden das Asylverfahren des BF dort nicht weitergeführt hätten, haben sie sich bis zum Zeitpunkt der Verhandlung nicht gegenteilig geäußert.

Entgegen dem Vorbringen der RV dient die Schubhaft im gegenständlichen Fall sehr wohl dazu, das Überstellungsverfahren – wenn auch nicht im Kern zu sichern. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Art 28 der Dublin–III-VO, wonach die Mitgliedstaaten einen Fremden sehr wohl „zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren“ in Haft nehmen dürfen, wenn die dort angeführten Voraussetzungen vorliegen.

Was die Nichtgewährung des gelinderen Mittels betrifft, ist festzuhalten, dass der BF keinerlei Anbindungen oder Personen nennen konnte, bei welchen er eine gesicherte, private nicht nur vorübergehende Unterkunft vorfände. Auf genügende finanzielle Mittel zur Sicherung seines Unterhalts kann der BF nicht zurückgreifen.

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen umso größer sein, je mehr die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Der BF nannte zwar die Option eines gelinderen Mittels, führte aber keine konkreten Umstände in seiner Person an, die eine solche Anordnung gerechtfertigt hätten.

Da das BFA noch am Tage der Schubhaftverhängung ein Konsultationsverfahren mit Rumänien eingeleitet hat, die Antwort der rumänischen Behörden im Zeitpunkt der Verhandlung vor dem BVwG noch ausstand, aus damaliger Sicht der Asylantrag zurückzuweisen, eine Anordnung zur Außerlandesbringung nach Rumänien zu erlassen war und Überstellungen nach Rumänien ohne Probleme wie auch sehr zeitgerecht stattfinden, ging das BFA nachvollziehbar davon aus, dass es zu einer Überstellung innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftfristen gekommen wäre.

Deswegen erachtete auch das BVwG die Aufrechterhaltung der Schubhaft jedenfalls als verhältnismäßig und auch notwendig, wobei auch von einer Rückführung des BF nach Rumänien binnen der höchstzulässigen Schubhaftdauer zu rechnen war.

3.3. Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft (Spruchpunkt A.II.):

Den oben unter Punkt 3.2. dargelegten Erwägungen zum Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfs und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft kam auch zum Zeitpunkt dieser (ursprünglich mündlich verkündeten) Entscheidung unverändert Geltung zu. Darüber hinaus war im gegenständlichen Fall bei der Beurteilung des konkreten Sicherungsbedarfs (infolge Fluchtgefahr) der seinerzeit weiter fortgeschrittene Stand des Verfahrens maßgeblich zu berücksichtigen:

Der vom BF gestellte Antrag auf Einräumung internationalen Schutzes war ebenso wie die Antwortfrist der rumänischen Behörden noch offen. Hätten die rumänischen Behörden zeitgerecht geantwortet, wäre einer zeitnahen Überstellung des BF nichts Wege gestanden.

Die Annahme, wonach es sehr wahrscheinlich gewesen wäre, dass im Fall der Beendigung der Schubhaft und Freilassung letztlich eine Überstellung des BF durch Untertauchen vereitelt oder erschwert hätte werden können, erwies sich unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des BF, der mangelnden Vertrauenswürdigkeit und einer fehlenden sozialen Verankerung in Österreich als begründet. Dies ergibt sich zudem auch aus dem aktuell unsteten Aufenthalt des BF.

Ein gelinderes Mittel war unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere des Vorliegens von Fluchtgefahr, zur Erreichung des Sicherungszwecks nicht geeignet.

Die Fortsetzung der Schubhaft wegen Fluchtgefahr erwies sich vor diesem Hintergrund nach Abwägung aller betroffenen Interessen als verhältnismäßig.

Die in der Dublin-III-VO vorgesehene Schubhafthöchstdauer war nicht überschritten und gab es auch keine Hinweise darauf, dass eine Überstellung nicht innerhalb der nach allfälliger Antwort Rumäniens neu zu laufenden Frist hätte erfolgen können.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.

3.4. Zu den Anträgen auf Ersatz der Aufwendungen (Spruchpunkte A.III. und A.IV.):

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Den Ersatz von Aufwendungen im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) regelt § 35 VwGVG, wonach die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Als Aufwendungen gelten die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

Die Höhe der in solchen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 idgF, geregelt (zur Zulässigkeit des Kostenzuspruchs siehe auch VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0144).

Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag einer Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Da die Beschwerde abgewiesen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft ausgesprochen wurden, ist die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG obsiegende und der BF unterlegene Partei. Ein Verhandlungsaufwand wurde nicht beantragt, weshalb der im Spruch angeführte Betrag zugesprochen wurde.

Es war daher spruchgemäß dem BF als unterlegener Partei der zu leistende Aufwandersatz (Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) in der Gesamthöhe von 426,20 Euro aufzuerlegen.

3.5. Zur Abweisung des Antrages auf Gewährung von Verfahrenshilfe:

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine sogenannte „subsidiäre Bestimmung" handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte „Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht. Gemäß § 52 BFA-VG ist einem Fremden oder Asylwerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten von Amts wegen kostenlos ein Rechtsberater zur Seite zu stellen. § 52 BFA-VG entspricht damit den Vorgaben des Art. 47 GRC. Im Anwendungsbereich des BFA-VG gelangt daher die Bestimmung des § 8a VwGVG (überhaupt) nicht zur Anwendung (siehe ErläutRV 1255 BlgNR 25. GP zu § 8a VwGVG).

Das BFA-VG sieht für seinen, das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffenden Anwendungsbereich allerdings keine ausdrückliche Regelung vor, ob oder inwieweit im Rahmen der kostenlosen Rechtsberatung nach § 52 BFA-VG auch eine Befreiung von allfälligen zu entrichtenden Gerichtsgebühren oder anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren (§ 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO) möglich ist (siehe etwa auch VwGH 31.8.2017, Ro 2017/21/0004). Für Beschwerdeverfahren gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 7 Abs. 1 BFA-VG sind die Bestimmungen des VwGVG anzuwenden. Da in diesen Fällen eine gesetzliche Gebührenbefreiung nicht besteht, unterliegen derartige Beschwerden der Verpflichtung zur Entrichtung der Eingabegebühr nach § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 1 lit. b GebG iVm BuLVwG- EGebV.

Der gegenständliche Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr findet somit in § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO grundsätzlich eine geeignete Rechtsgrundlage.

Der BF verfügt laut Vollzugsdateninformation aktuell über € 65,00. Damit ist es ihm möglich, die Eingabegebühr zu entrichten und bleiben ihm demnach auch € 35,00 übrig. Der dahingehende Antrag war daher abzuweisen.

3.6. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH jeweils vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021 und Ra 2016/21/0144, insbesondere zur geltenden Rechtslage des § 76 FPG (im Zusammenhalt mit unionsrechtlichen Bestimmungen) und der Zulässigkeit eines Kostenzuspruchs und eines „Kostenrisikos“ nach § 35 VwGVG. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen ist, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufwandersatz Eingabengebühr Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G306.2245139.1.00

Im RIS seit

09.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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