Entscheidungsdatum
30.08.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
G303 2238778-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit: Äthiopien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2021, Zl. XXXX, und die Anhaltung in Schubhaft vom XXXX.01.2021 bis XXXX.01.2021, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.01.2021, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung in Schubhaft von XXXX.01.2021, 07:30 Uhr bis XXXX.01.2021, 12:50 Uhr wird für rechtswidrig erklärt.
II. Der Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) hat der beschwerdeführenden Partei die Eingabengebühr in Höhe von 30,00 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
III. Der Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf Ersatz der Aufwendungen wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist im Mai 2015 illegal in das Bundesgebiet eingereist und stellte am 29.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Der BF wurde während seines Asylverfahrens im Bundesgebiet wiederholt straffällig.
3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 23.05.2018, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung samt zehnjährigem Einreiseverbot erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: BVwG) vom 25.06.2019 als unbegründet abgewiesen.
4. Der BF reiste nach Erhalt der abweisenden Entscheidung des BVwG vom 25.06.2019 illegal nach Deutschland, stellte dort unter einer abweichenden Identität einen Antrag auf internationalen Schutz und stellte - nachdem er aus Deutschland nach den Bestimmungen der Dublin III-VO ins österreichische Bundesgebiet rücküberstellt worden war - am 01.10.2019 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des BFA vom 17.10.2019 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Diese Entscheidung wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 25.11.2019 bestätigt.
5. Mit gegenständlich angefochtenem Mandatsbescheid des BFA vom XXXX.01.2021 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
6. Mit Schriftsatz vom 19.01.2021 brachte der bevollmächtigte rechtsfreundliche Vertreter des BF eine Schubhaftbeschwerde ein. Darin wurde die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung des BF in Schubhaft seit 09.01.2021 angefochten. Es wurde beantragt, das BVwG möge den angefochtenen Bescheid beheben, und feststellen, dass die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung des BF in rechtswidriger Weise erfolgt sei; feststellen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorliegen; der belangten Behörde den Ersatz der Kommissionsgebühren und Barauslagen auferlegen sowie eine mündliche Verhandlung durchführen.
Begründend wurde vorgebracht, dass die Behörde offenbar ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (HRZ) nicht rechtzeitig vor der Entlassung des BF betrieben habe. Bereits nach Verurteilung des BF bzw. nach Zurückweisung des gestellten Folgeantrages hätte sich die belangte Behörde um eine zeitnahe Vorführung vor die Botschaft bemühen müssen. Es sei nicht absehbar, ob in naher Zukunft oder innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer eine Abschiebung nach Äthiopien möglich sein wird. Auch liege keine Fluchtgefahr vor, da sich der BF stets kooperationsbereit gezeigt habe und gewillt sei mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels in Form einer periodischen Meldeverpflichtung oder der angeordneten Unterkunftnahme hätte der Sicherungszweck jedenfalls erreicht werden können.
7. Auf Grund der entsprechenden Verfügung des BVwG zur Aktenvorlage vom 20.01.2021 wurde vom BFA, RD Oberösterreich, am selben Tag der Bezug habende Verwaltungsakt übermittelt. Im Zuge der Aktenvorlage wurde vom BFA eine begründete Stellungnahme zur vorliegenden Beschwerde erstattet und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und den BF zum Ersatz der näher angeführten Kosten zu verpflichten.
8. Das erkennende Gericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 25.01.2021 in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der bevollmächtigte Rechtsvertreter sowie die Behördenvertreterin teilnahmen. Der BF, der am XXXX.01.2021 aus der Schubhaft entlassen wurde, ist nicht erschienen. Der belangten Behörde wurde aufgetragen, ein konkretes Vorbringen zu den Entlassungsgründen des BF innerhalb von einer Woche zu erstatten. Die Beschwerdeanträge wurde seitens des bevollmächtigten Rechtsvertreters dahingehend modifiziert, dass die Anhaltung in Schubhaft vom XXXX.01.2021 bis XXXX.01.2021 als rechtswidrig erklärt werde und lediglich die Eingabekosten betragt werden würden.
9. Mit Stellungnahme des BFA vom 27.01.2021 wurde zu den Entlassungsgründen des BF vorgebracht, dass ein HRZ-Verfahren bezüglich Somalia seit 16.04.2019 und ein HRZ-Verfahren bezüglich Äthiopien seit 09.08.2019 laufe. Im Hinblick auf Somalia seien am 28.11.2019, 26.08.2020 und 26.11.2020 sowie im Hinblick auf Äthiopien seien am 06.02.2020, 26.08.2020 und am 30.11.2020 Urgenzen ergangen. Die gegenständlichen HRZ-Verfahren seien somit nicht erst kurzfristig oder mit Haftentlassung geführt worden, sondern seien diese konsequent urgiert und die Verfahren mit Nachdruck geführt worden. Aufgrund der Beschwerdeerhebung am 20.01.2021 sei das HRZ-Team des BFA ersucht worden, eine aktualisierte Einschätzung bezüglich des HRZ-Verfahrens abzugeben. Dieses habe sodann am selben Tag mitgeteilt, dass derzeit weder ein positiver noch negativer Abschlusszeitpunkt eingeschätzt werden könne. Aufgrund der nicht abschätzbaren Dauer der HRZ-Verfahren wurde – trotz Sicherungsbedarf - erwogen, dass eine weitere Anhaltung in Schubhaft nicht mehr verhältnismäßig sei. Es sei deshalb die umgehende Entlassung des BF aus der Schubhaft am XXXX.01.2021 angeordnet worden.
10. Am 29.01.2021 langte die Stellungnahme der bevollmächtigten Rechtsvertretung des BF zum Schreiben des BFA vom 27.01.2021 ein. Darin wurde vorgebracht, dass die Schubhaft gegen den BF mittels Mandatsbescheid angeordnet worden sei, somit liege ein formeller Fehler vor. Der BF habe sich nach dem Ende seiner Strafhaft in Verwaltungshaft befunden und sei somit nicht nur kurzzeitig inhaftiert gewesen. Die belangte Behörde habe in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass 2020 keine Abschiebungen nach Äthiopien durchgeführt worden seien und es auch 2019 nur zu einer gekommen sei. Dies sei der belangten Behörde am XXXX.01.2021 bekannt gewesen bzw. hätte dies bekannt sein müssen. Der belangten Behörde sei zum Zeitpunkt der Inschubhaftnahme des BF bewusst gewesen, dass eine Abschiebung des BF mit großer Wahrscheinlichkeit nicht durchgeführt werden könne, weil erstens aufgrund der derzeit herrschenden Pandemie kaum Abschiebungen durchgeführt werden könnten und zweitens, weil es in den letzten zwei Jahren nur eine Abschiebung nach Äthiopien gegeben habe. Der Sicherungszweck der Schubhaft habe bereits am 10.01.2021 nicht erreicht werden können und die Schubhaft erweise sich deswegen als rechtswidrig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum). Seinen eigenen Angaben zufolge ist er Staatsangehöriger von Äthiopien. Eine Identifizierung des BF durch die äthiopischen Behörden erfolgte bis dato nicht.
Der BF verfügt über kein gültiges Reisedokument und über keine Berechtigung zur Einreise in das österreichische Bundesgebiet und zum Aufenthalt in diesem.
Der BF reiste im Mai 2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 29.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher in zweiter Instanz am 27.06.2019 rechtskräftig abgewiesen wurde. Der BF brachte am 01.10.2019 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz ein; dieser wurde wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen. Gegen den BF besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung.
Im Zeitraum vom XXXX.01.2021, 07:30 Uhr, bis XXXX.01.2021, 12:50 Uhr, befand sich der BF in Schubhaft. Diese wurde mit Mandatsbescheid vom 09.01.2021 angeordnet.
Der BF wurde insgesamt viermal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt. Die ersten zwei Verurteilungen erfolgten wegen unerlaubtem Umgang mit Suchtgiften nach dem SMG. Des Weiteren wurde er wegen Körperverletzung, Betrug und versuchtem Widerstand gegen die Staatsgewalt rechtskräftig verurteilt.
Der BF befand sich von XXXX.11.2016 bis XXXX.12.2016; von XXXX.03.2017 bis XXXX.12.2017, von XXXX.03.2020 bis XXXX.12.2020 jeweils in der Justizanstalt Linz in Strafhaft und zwecks Verbüßung von Verwaltungsstrafsachen von 28.12.2020 bis 08.01.2021 im PAZ Wels in Haft.
Der BF verfügt in Österreich über keine familiären oder nennenswerten privaten Bindungen. Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einer sozialen Verankerung oder umfassenden Integration in Österreich liegen nicht vor. Der BF verfügt über keine zur Sicherung seines Lebensunterhaltes ausreichenden Mittel und über keine eigene gesicherte Unterkunft. Der BF ging im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nach.
Das BFA leitete am 16.04.2019 bezüglich Somalia und am 09.08.2019 bezüglich Äthiopien ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF ein.
Im Hinblick auf Somalia ergingen am 28.11.2019, 26.08.2020 und 26.11.2020, im Hinblick auf Äthiopien am 06.02.2020, 26.08.2020 und 30.11.2020 Urgenzen an die zuständigen Vertretungsbehörden. Diese Urgenzen blieben unbeantwortet. Die seitens des BFA geführten Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates blieben bis zum Ende des Entscheidungszeitraumes erfolglos.
Im Jahr 2020 gab es weder nach Somalia noch nach Äthiopien eine zwangsweise Rückführung.
Auch sind im Entscheidungszeitpunkt keine zwangsweisen Rückführungen nach Äthiopien und Somalia möglich.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA, der Beschwerde und aus dem vorliegenden gegenständlichen Gerichtsakt.
Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit ergeben sich aus der unbestrittenen Aktenlage. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person im gegenständlichen Verfahren.
Ebenso lassen sich die Feststellungen zur Einreise, zum fehlenden Reisepass und zum fehlenden Aufenthaltsrecht dem unbestrittenen Akteninhalt entnehmen.
Die Feststellungen zu den negativ entschiedenen Asylverfahren des BF ergeben sich aus dem gegenständlichen Akteninhalt und konnten durch Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister getroffen werden. Zudem wurde Einsicht in die hg. Verfahren zu GZ: W111 2199211-1 und W111 2199211-2, genommen.
Die Anhaltung in Schubhaft und deren konkrete Dauer ergibt sich aus einem Auszug der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
Die Feststellung, dass der BF bereits vier Mal in Österreich strafrechtlich rechtskräftig verurteilt wurde, basiert auf einem eingeholten Strafregisterauszug.
Die Feststellungen zum Strafvollzug beruhen auf der Vollzugsinformation, den Haupt- und Nebenwohnsitzmeldungen in Justizanstalten laut dem Zentralen Melderegister (ZMR) und den Vollzugsdaten, die aus dem Strafregister hervorgehen.
Anhaltspunkte für familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet bzw. eine maßgebliche berufliche Integration konnten im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.
Eine Abfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ergab keinen Eintrag einer Erwerbstätigkeit. Mangels anderer Anhaltspunkte ergibt sich, dass sein Lebensunterhalt nicht ausreichend gesichert ist, zumal sich der BF überwiegend in Strafhaft befand. Auch ist im ZMR kein gemeldeter Wohnsitz des BF eingetragen.
Die getroffenen Feststellungen zu den Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere der ergänzenden Stellungnahme des BFA vom 27.01.2021, und den Angaben der Behördenvertreterin des BFA im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 25.01.2021.
Die Tatsache, dass im gesamten Jahr 2020 keine einzige zwangsweise Rückführung nach Äthiopien und Somalia durchgeführt werden konnte, ergibt sich aus den Angaben der Behördenvertreterin des BFA in der mündlichen Verhandlung. Ebenso führte diese in der Verhandlung aus, dass im Entscheidungszeitpunkt keine zwangsweisen Rückführungen nach Äthiopien und Somalia möglich sind.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gesetzliche Grundlagen:
Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 lautet:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Der mit "Gelinderes Mittel" betitelte § 77 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 lautet:
§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Der mit "Dauer der Schubhaft" betitelte § 80 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 lautet:
§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.
(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.
(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.
(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.
3.2. Stattgebung der Beschwerde (Zu I. Spruchteil A.)
Die Schubhaft des BF wurde seitens der belangten Behörde zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung mit Mandatsbescheid vom 09.01.2021 angeordnet.
Die Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides in Form eines Mandatsbescheides gemäß § 57 AVG war rechtswidrig und widerspricht § 76 Abs. 4 FPG, weil sich der BF bis zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Schubhaftbescheides nicht bloß kurzfristig in Haft befand, sondern sich von XXXX.03.2020 bis XXXX.12.2020 in Strafhaft und direkt anschließend vom XXXX.12.2020 bis XXXX.01.2021 in Verwaltungsstrafhaft befunden hat.
Auch erweist sich die Schubhaftbeschwerde aus folgenden weiteren Gründen als berechtigt:
Schubhaft kann zur Sicherung der Abschiebung stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Es sind daher Feststellungen zur möglichen Realisierbarkeit der Abschiebung innerhalb der (jeweils) zulässigen Schubhafthöchstdauer zu treffen (vgl. VwGH 11.5.2017, Ra 2016/21/0144; VwGH 27.8.2020, Ra 2020/21/0255; VwGH 17.4.2020, Ro 2020/21/0004).
Bloße Bemühungen der Behörde genügen für die Annahme einer rechtzeitigen Erlangbarkeit des Heimreisezertifikats nicht, sie müssten vielmehr zumindest mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erfolgversprechend sein (vgl. VwGH 26.11.2020, Zl. Ra 2020/21/0070).
Wie aus der Stellungnahme der belangten Behörde vom 27.01.2021 ersichtlich ist, blieb das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates in Bezug auf Äthiopien, das bereits am 09.08.2019 eingeleitet wurde trotz mehrerer Urgenzen bislang erfolglos und die Ausstellung eines HRZ wurde auch nicht in Aussicht gestellt. Zudem wurde auch ein Verfahren in Bezug auf Somalia geführt, welches ebenfalls erfolglos, nämlich seit 16.04.2019, geführt wurde.
Da der belangten Behörde die Hindernisse bei der Effektuierung der Abschiebung nach Äthiopien bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides bekannt waren bzw. hätten bekannt sein müssen und sich das Verfahren hinsichtlich Somalia ebenfalls erfolglos gezeigt hat, erweist sich sohin die Inschubhaftnahme und die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft als rechtswidrig. Eine Realisierbarkeit der Abschiebung innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer (gegenständlich gemäß § 80 Abs. 4 Z1 FPG 18 Monate) erscheint nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht möglich.
Auch ist entscheidungswesentlich zu berücksichtigen, dass im Entscheidungszeitraum lediglich freiwillige Rückkehrer nach Äthiopien und Somalia akzeptiert werden.
Aus den dargelegten Gründen war der Beschwerde stattzugeben und die Anhaltung des BF in Schubhaft von XXXX.01.2021, 07:30 Uhr bis XXXX.01.2021, 12:50 Uhr, für rechtswidrig zu erklären.
3.3. Zum Antrag auf Ersatz der Aufwendungen:
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Nach Abs. 4 gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Da der Beschwerde zur Gänze stattgegeben wurde und die Anhaltung in Schubhaft hinsichtlich des verfahrensrelevanten Zeitraumes für rechtswidrig erklärt wurde, ist der BF obsiegende Partei und das BFA unterlegene Partei.
Daher war dem Kostenantrag der beschwerdeführenden Partei Folge zu geben. Dieser umfasst lediglich die zu entrichtete Eingabengebühr nach § 2 Abs. 1 der BuLVwG-Eingabengebührverordnung in Höhe von € 30,--.
3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich hier bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.
Schlagworte
Aufwandersatz Eingabengebühr Rechtswidrigkeit Schubhaft SchubhaftbeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:G303.2238778.1.00Im RIS seit
09.11.2021Zuletzt aktualisiert am
09.11.2021