TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/21 W209 2236004-1

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Veröffentlicht am 21.09.2021
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Entscheidungsdatum

21.09.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z4
GSVG §25

Spruch


W209 2236004-1/2E

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch Mag. iur. Werner KANYAK, Steuerberater in 2340 Mödling, Hauptstraße 39/2, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, Landesstelle Burgenland, vom 31.08.2020, betreffend Feststellung der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG) sowie Festlegung der monatlichen Beitragsgrundlagen zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 31.08.2020 stellte die belangte Behörde (im Folgenden: SVS) über Antrag des Beschwerdeführers fest, dass dieser im Zeitraum von 01.01.2017 bis 31.07.2017 als Kommanditist der XXXX GmbH & Co KG und geschäftsführender Gesellschafter deren Komplementärgesellschaft, der XXXX GmbH, (Spruchpunkt I.a.) und im Zeitraum vom 01.08.2017 bis 31.12.2017 als geschäftsführender Gesellschafter der XXXX GmbH (Spruchpunkt I.b.) der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliege und die monatlichen Beitragsgrundlagen in der Pensions- und Krankenversicherung von 01.01.2017 bis 31.12.2017 jeweils € 4.829,90 betragen würden (Spruchpunkt II.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von 01.01.2017 bis 31.07.2017 Kommanditist der XXXX GmbH & Co KG (zunächst XXXX GmbH & Co KEG bzw. XXXX GmbH & Co KG), FN XXXX , LG Eisenstadt, sowie im Zeitraum von 01.08.2017 bis 31.12.2017 handelsrechtlicher Geschäftsführer und Alleingesellschafter deren Komplementärgesellschaft, der XXXX GmbH (vormals XXXX GmbH), FN XXXX , LG Eisenstadt, gewesen sei.

Die XXXX GmbH sowie der Beschwerdeführer selbst hätten über keine Gewerbeberechtigung verfügt. Die XXXX GmbH & Co KG habe bis 27.04.2017 die (faktisch nicht ausgeübte) Gewerbeberechtigung: Baumaschinenverleih, GISA Reg. Nr. XXXX , besessen. In den genannten Gesellschaften seien dem Beschwerdeführer typisch unternehmerische Aufgaben zugekommen.

Im Zuge des Antrags auf Löschung der Kommanditgesellschaft sei man informiert worden, dass der Geschäftsbetrieb des von der XXXX GmbH als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und dem Beschwerdeführer als Kommanditist in XXXX betriebenen Unternehmens eingestellt und die Kommanditgesellschaft aufgelöst worden sei, wobei man auf die förmliche Durchführung einer Liquidation verzichtet habe.

Im Einkommensteuerbescheid 2017 des Finanzamtes XXXX vom 17.05.2019, St-Nr. XXXX , seien Einkünfte aus selbständiger Arbeit in der Höhe von € 11.885,92 und Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von € 44.737,09 ausgewiesen. Im Beitragsjahr 2017 seien zur Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG Beiträge in der Höhe von € 1.335,84 vorgeschrieben worden. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb hätten aus der – anlässlich der Liquidation der XXXX GmbH & Co KG steuerlich, nicht aber auch gesellschaftsvertraglich – gebotenen Auffüllung des Kommanditistenkontos (steuerlicher "Veräußerungsgewinn" ohne zivilrechtliche Grundlage) resultiert.

In rechtlicher Hinsicht führte die SVS aus, dass selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBI. Nr. 400, erzielen, gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG in der Kranken- und Pensionsversicherung pflichtversichert seien, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits die Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz im entsprechenden Versicherungszweig eingetreten sei und die Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr das Zwölffache des Betrages nach § 25 Abs. 4 GSVG übersteigen. Im Kalenderjahr 2017 liege diese Versicherungsgrenze bei € 5.108,40.

Bei den im § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Personen ende die Pflichtversicherung gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 GSVG mit dem Letzten des Kalendermonates, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeit erfolgt; sofern die Abmeldung nicht innerhalb der Frist gemäß § 18 GSVG erstattet wird, mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeit erfolgt, es sei denn, der Versicherte macht glaubhaft, dass er die betrieblichen Tätigkeiten zu einem früheren Zeitpunkt beendet hat.

Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 GSVG seien gemäß § 25 Abs. 1 GSVG, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt werde, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 GSVG, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte würden die Einkünfte im Sinne des EStG 1988 gelten.

Eine Erwerbstätigkeit, die eine Sozialversicherungspflicht nach sich zieht, sei bei Kommanditisten nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH u.a. dann gegeben, wenn der Kommanditist typische unternehmerische Aufgaben (z.B. Geschäftsführungsbefugnisse) übernimmt oder (und) er ein Unternehmerrisiko trägt, welches über seine Haftungseinlage hinausgeht (z.B. Pflicht zur Verlustabdeckung im Innenverhältnis). Bereits die Stellung des Kommanditisten als alleiniger Gesellschafter der in einer GmbH & Co KG als Komplementärin fungierenden GmbH räume ihm die Möglichkeit ein, die unternehmerische Tätigkeit der GmbH & Co KG entscheidend zu beeinflussen (siehe VwGH 2006/08/0041). Für Kommanditisten, die an der Komplementär-GmbH über die für die Beschlüsse der Generalversammlung nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Mehrheit allein verfügen und somit bestimmenden Einfluss auf die Geschäftsführung der GmbH und mittelbar der GmbH & Co KG nehmen können, bestehe Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (siehe VwGH 2006/08/0341).

Aus der gesellschaftsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers als alleiniger Gesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ("Ein-Mann-GmbH") ergebe sich auch eine mögliche Einflussnahme auf die Geschäftsführung der XXXX GmbH & Co KG und damit eine Kommanditistenstellung, die über das Regelmodell der KG hinausgehe und durch das Wahrnehmen typischer unternehmerischer Funktionen die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bewirke.

Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG richte sich nach ständiger Rechtsprechung des VwGH nach der Einkommensteuerpflicht, sodass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die Versicherungsgrenze übersteigende Einkünfte der in § 2 Abs. 1 Z 4 genannten Art hervorgehen, Versicherungspflicht nach der zuletzt genannten Bestimmung bestehe, sofern auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist (siehe z.B. VwGH 2004/08/0257). Ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend ist, sei im Verfahren betreffend die Pflichtversicherung nach dem GSVG nicht (mehr) zu prüfen (siehe VwGH 20.03.2014, 2013/08/0012; 14.11.2012, 2010/08/0215, mwN). Dem Umstand, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der anlässlich der Liquidation der XXXX GmbH & Co KG steuerlich, nicht aber auch gesellschaftsvertraglich gebotenen Auffüllung des Kommanditistenkontos (steuerlicher „Veräußerungsgewinn" ohne zivilrechtliche Grundlage) resultieren, könne somit sozialversicherungsrechtlich keine besondere Bedeutung zukommen (Vorfragenentscheidung der Abgabenbehörde über die Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 23 EStG 1988).

Infolge des vorliegenden Einkommensteuerbescheides und der gebotenen "Hinzurechnung" der vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge ergebe sich gemäß § 25 Abs. 1 und 2 GSVG eine endgültige Beitragsgrundlage für das Jahr 2017 in der Kranken- und Pensionsversicherung in der Höhe von € 4.829,90.

2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seine steuerliche Vertretung binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die sich ausdrücklich nicht gegen die Einbeziehung in die Pflichtversicherung in der Kranken-und Pensionsversicherung nach dem GSVG, sondern ausschließlich gegen die Höhe der festgelegten Beitragsgrundlagen richtet.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei den im Einkommensteuerbescheid 2017 des Beschwerdeführers ausgewiesenen Einkünften in Höhe von € 48.104,38 (richtig: € 44.737,09) um einen steuerlichen Veräußerungsgewinn handle, der nicht sozialversicherungspflichtig sei. Der Beschwerdeführer habe die XXXX GmbH & Co KG im Firmenbuch löschen lassen und sei in der Folge vom Finanzamt geprüft worden. Handelsrechtlich bestehe keine Pflicht zur Auffüllung des negativen Verrechnungskontos. Die Besteuerung des Verrechnungskontos sei aus rein steuerlichen Gründen vorgenommen worden. Der Steuerberater, der den Fall vor der jetzigen steuerlichen Vertretung betreut habe, habe in den Vorjahren übersehen Bewertungsabgänge zu verbuchen, die den Gewinn um € 24.525,74 gekürzt hätten. Dies sei aufgrund des steuerlichen Nachholverbotes seitens des Finanzamtes nicht anerkannt worden. Das negative Verrechnungskonto sei das Ergebnis von über die Jahre kumulierten Gewinn- und Verlustanteilen. Die Gewinn- und Verlustanteile der Vorjahre seien bereits der Sozialversicherungspflicht unterworfen worden. Da offenbar ein Verlustüberhang bestanden habe, seien lediglich Mindestbeiträge vorgeschrieben worden. Eine neuerliche Unterwerfung unter die Sozialversicherungspflicht würde einer doppelten Bemessung der Beitragsgrundlage gleichkommen, die nicht im Sinne des Gesetzes sein könne. Sozialversicherungspflichtig seien nur jene Tätigkeiten, die ein wesentliches Unternehmerrisiko beinhalten und aktive Betätigungen darstellen, die auf den Erwerb gerichtet sind (G308 2005108-1/3E, Spruchteil ad 4). In Bezug auf die unternehmerische Tätigkeit als Kommanditist – der Beschwerdeführer sei auch Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gewesen – trete unbestritten Sozialversicherungspflicht ein. Hinsichtlich des Veräußerungsgewinns, der alleine aufgrund steuerlicher Bestimmungen errechnet worden sei, bestehe für diesen Teil der steuerpflichtigen Einkünfte jedoch keine Sozialversicherungspflicht, weil dadurch keine aktive Betätigung gegeben sei und kein wesentliches Risiko getragen worden sei. Gemäß VwGH führe nicht jedes Unternehmerrisiko, sondern nur ein wesentliches zur Sozialversicherungspflicht. Darunter könne nur eine generelle Nachschusspflicht für jedes Geschäftsjahr verstanden werden (L504 2005688-1/4E, Rechtliche Würdigung 3.3.2 vorletzter Absatz). Im gegenständlichen Fall habe keine handelsrechtliche Nachschusspflicht bestanden, der VwGH gehe aber selbst bei einmaliger Nachschusspflicht zum Zeitpunkt des Ausscheidens von keinem wesentlichen Unternehmerrisiko aus. Die von der SVS bereits übermittelte Rechtsansicht, die Sozialversicherungspflicht sei alleine durch die vorherige unternehmerische Tätigkeit bedingt und eine Prüfung der Bemessungsgrundlage nicht vorzunehmen, weiche von dieser Rechtsprechung insoweit ab und stelle sowohl eine Ungleichbehandlung von Gesellschaftern einer KG als auch eine Doppelbelastung dar, die dem Gesetz nicht abgerungen werden können.

3. Am 13.10.2020 einlangend legte die SVS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer unterlag im gesamten Kalenderjahr 2017 als Kommanditist der XXXX GmbH & Co KG und geschäftsführender Gesellschafter deren Komplementärgesellschaft, der XXXX GmbH, der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG.

Der (in Rechtskraft erwachsene) Einkommensteuerbescheid des Beschwerdeführers für das Jahr 2017 sieht Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von € 11.885,92 sowie Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 44.737,09 vor. Letztere stellen einen steuerlichen Veräußerungsgewinn gemäß § 24 EStG 1988 dar.

Der Beschwerdeführer leistete im Jahr 2017 Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG in der Höhe von € 1.335,84.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Sachverhalt steht auf Grund der Aktenlage als unstrittig fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist.

Gemäß § 194 Z 5 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung des GSVG die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 und 3 ASVG nicht anzuwenden ist. Die im ASVG vorgesehene Möglichkeit der Antragstellung auf Entscheidung durch einen Senat kommt daher im Bereich des GSVG nicht zum Tragen. Gegenständlich hat die Entscheidung daher (jedenfalls) durch einen Einzelrichter zu erfolgen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Im gegenständlichen Fall gelangen folgende maßgebliche gesetzliche Bestimmungen zur Anwendung:

§ 25 GSVG idgF:

„Beitragsgrundlage

§ 25. (1) Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 sind, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z 5, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988. Als Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit gelten auch die Einkünfte als Geschäftsführer und die Einkünfte des zu einem Geschäftsführer bestellten Gesellschafters der Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

(2) Beitragsgrundlage ist der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag,

(Anm.: Z 1 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 162/2015)

2. zuzüglich der vom Versicherungsträger im Beitragsjahr im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz; letztere nur soweit sie als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 gelten;

3. vermindert um die auf einen Sanierungsgewinn oder auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des EStG 1988 entfallenden Beträge im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit; diese Minderung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Versicherte es beantragt und bezüglich der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen überdies nur soweit, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der der Versicherte mit mehr als 25% beteiligt ist, zugeführt worden ist; diese Minderung ist bei der Feststellung der Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 nicht zu berücksichtigen; ein Antrag auf Minderung ist binnen einem Jahr ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit des ersten Teilbetrags (§ 35 Abs. 3) der endgültigen Beiträge für jenen Zeitraum, für den eine Verminderung um den Veräußerungsgewinn oder Sanierungsgewinn begehrt wird, zu stellen.

(3) Hat der Pflichtversicherte Einkünfte aus mehreren die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeiten, so ist die Summe der Einkünfte aus diesen Erwerbstätigkeiten für die Ermittlung der Beitragsgrundlage heranzuziehen.

(4) Die Beitragsgrundlage nach Abs. 2 beträgt für jeden Beitragsmonat mindestens den für das jeweilige Beitragsjahr geltenden Betrag nach § 5 Abs. 2 ASVG (Mindestbeitragsgrundlage).

(Anm.: Abs. 4a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 162/2015)

(5) Die Beitragsgrundlage darf die Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreiten. Höchstbeitragsgrundlage für den Beitragsmonat ist der gemäß § 48 jeweils festgesetzte Betrag.

(6) Die endgültige Beitragsgrundlage tritt an die Stelle der vorläufigen Beitragsgrundlage, sobald die hiefür notwendigen Nachweise vorliegen.

(6a) Auf Antrag sind die Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung im Kalenderjahr des erstmaligen Eintrittes einer Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 4 und den darauf folgenden zwei Kalenderjahren auf die für diese Kalenderjahre geltenden Höchstbeitragsgrundlagen zu erhöhen (Höchstbeitragsgrundlagen aus Anlass von Betriebsgründungsinvestitionen). Ein solcher Antrag ist vom/von der Versicherten bzw. Hinterbliebenen spätestens gleichzeitig mit dem Pensionsantrag bzw. innerhalb einer vom Versicherungsträger eingeräumten längeren Frist zu stellen, wobei eine der zeitlichen Lagerung der Beitragszahlung entsprechende Aufwertung (§ 108c ASVG) zu erfolgen hat.

(7) Vorläufige Beitragsgrundlagen gemäß § 25a, die gemäß Abs. 6 zum Stichtag (§ 113 Abs. 2) noch nicht nachbemessen sind, gelten als Beitragsgrundlagen gemäß Abs. 2.

(Anm.: Abs. 8 aufgehoben.)

(9) Beitragsgrundlage für die gemäß § 3 Abs. 2 und 5 Pflichtversicherten ist das Dreißigfache des Betrages gemäß § 44 Abs. 6 lit. a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes.

(10) Als Beitragsmonat gilt jeweils der Kalendermonat, für den Beiträge zu entrichten sind.“

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Vorliegend steht unstrittig fest, dass der Beschwerdeführer im gesamten Kalenderjahr 2017 als Kommanditist der XXXX GmbH & Co KG und geschäftsführender Gesellschafter der XXXX GmbH, die als Komplementärgesellschaft der XXXX GmbH & Co KG fungierte, der Pflichtversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung nach § 2 Abs. Z 4 GSVG unterliegt.

Strittig ist, ob die im (in Rechtskraft erwachsenen) Einkommensteuerbescheid des Beschwerdeführers für das Jahr 2017 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 44.737,09, die einen steuerlichen Veräußerungsgewinn iSd § 24 EStG 1988 darstellen, gemäß § 25 Abs. 1 und 2 GSVG zur Bildung der Beitragsgrundgalgen heranzuziehen sind.

Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG richtet sich nach der Einkommensteuerpflicht, sodass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die Versicherungsgrenze übersteigende Einkünfte der in § 2 Abs. 1 Z 4 genannten Art hervorgehen, Versicherungspflicht nach der zuletzt genannten Bestimmung besteht, sofern die zugrunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum weiterhin ausgeübt wurde und aufgrund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist (VwGH 2004/08/0257, 2003/08/0231 u.a.).

Durch das unmittelbare Anknüpfen an steuerlicher Tatbestände lässt der Gesetzgeber keinen Raum dafür, aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens einer selbständigen betrieblichen Tätigkeit vorzunehmen und damit materiell die im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides von der Finanzbehörde im Hinblick auf die Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten entschiedene Rechtsfrage erneut zu prüfen (VwGH 2003/08/0231 und 2005/08/0006). Ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend ist, ist im Verfahren betreffend die Versicherungspflicht nach dem GSVG nicht (mehr) zu prüfen (VwGH 2010/08/0215, 2011/08/0122, 2013/08/0012). Es kommt auch nicht darauf an, ob es sich um "real erwirtschaftetes Einkommen" handelt (zum Veräußerungsgewinn vgl. VwGH 25.09.1990, 88/08/0296; 24.11.1992, 88/08/0284; 21.03.1995, 93/08/0277; 08.04.1997, 96/08/0318 und 23.02.2000, 97/08/0046). Die steuerliche Zurechnung ist für die Bildung der Beitragsgrundlage im betreffenden Kalenderjahr auch unabhängig davon maßgeblich, dass die faktischen Umstände mit den steuerrechtlichen Gegebenheiten zeitlich nicht kongruent verlaufen sind (vgl. VwGH 19.10.2011, 2011/08/0108). Wesentlich ist nur, dass die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen und für die Bildung der Beitragsgrundlage herangezogenen Einkünfte steuerlich auf Grund von Erwerbstätigkeiten zugerechnet wurden, die nach dem GSVG versicherungspflichtig sind (vgl. noch einmal VwGH 2011/08/0108, und VwGH 02.05.2012, 2009/08/0202).

Der Veräußerungsgewinn iSd § 24 EStG 1988 zählt gemäß § 23 Z 3 EStG 1988 zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Bei Veräußerungsgewinnen iSd § 24 EStG 1988 handelt es sich um Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit (vgl. VwGH 21.03.1995, 93/08/0277, mwN). Dementsprechend waren die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 44.737,09, trotz des Umstandes, dass diese einen steuerlichen Veräußerungsgewinn iSd § 24 EStG 1988 darstellen, zur Bildung der Beitragsgrundlage heranzuziehen.

An dieser sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass diese Einkünfte aus der anlässlich der Liquidation gebotenen Auffüllung des Kommanditistenkontos resultieren.

Damit ergeben sich unter Hinzurechnung der im Jahr 2017 bereits geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG die von der SVS ermittelten monatlichen Beitragsgrundlagen, weswegen die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen war.

Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Der Beschwerdeführer hat einen solchen nicht Antrag gestellt. Der erkennende Richter erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

Da auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. u.a. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beitragsgrundlagen Einkommenssteuerbescheid Gewerbebetrieb Sozialversicherung Veräußerungsgewinn

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W209.2236004.1.00

Im RIS seit

09.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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