TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/11 95/03/0128

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Veröffentlicht am 11.12.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
99/02 Personentransport Gütertransport auf der Straße;

Norm

TransitAbk EWG 1992 §15;
TransitAbk EWG 1992 §24 Abs4;
TransitVwVereinbarung Ökopunktesystem 1992 Art3 Z1;
VStG §21 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des W in H, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 24. Oktober 1994, Zl. 1-0131/94/E1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 22. November 1993 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe im Rahmen der gewerbsmäßigen Güterbeförderung mit einem nach den Kennzeichen bestimmten Sattelkraftfahrzeug aus Luxemburg-Deutschland kommend am 12. Juli 1993 um 11.05 Uhr auf der Liechtensteinerstraße (B 191) beim Zollamt Feldkirch-Tisis eine Transitfahrt nach Liechtenstein durchgeführt und dabei kein vollständig ausgefülltes Formblatt oder eine österreichische Bestätigung über die Entrichtung der Öko-Punkte für die betreffende Fahrt (genannt: Öko-Karte) mitgeführt. Er habe dadurch eine Übertretung gemäß "§ 16/1 Z. 6+7a GBG + Art. 3 d. Verwaltungsvereinbarung, BGBl. 879/71/92" begangen, weshalb über ihn gemäß § 16 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes in Verbindung mit § 20 VStG eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- verhängt wurde.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Oktober 1994 wurde der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis "hinsichtlich des Strafausmaßes" bestätigt. Die belangte Behörde sprach weiters aus, daß die Übertretungsnorm zu lauten habe: "§ 16 Abs. 1 Z. 7 des Güterbeförderungsgesetzes in Verbindung mit Art. 3 Z. 1 und Art. 8 Z. 1 der Verwaltungsvereinbarung, BGBl. Nr. 879/1992". Die Strafsanktionsnorm habe zu lauten: "§ 16 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes in Verbindung mit § 20 VStG".

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher ihre Behandlung mit Beschluß vom 27. Februar 1995, B 2678/94-3, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte die Bestimmung des § 21 Abs. 1 VStG anwenden müssen, zu entgegnen, daß der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 17. April 1996, Zl. 94/03/0003, in einem vergleichbaren Fall ausgeführt hat, unter welchen Voraussetzungen diese Bestimmung Anwendung zu finden hat. Dem Beschwerdeführer wäre es unter dem Gesichtspunkt berufsgebotener Sorgfaltspflicht oblegen, sich vor dem Fahrtantritt zu versichern, ob alle nötigen Unterlagen vorhanden sind und diese auch mitzuführen. Besondere Umstände, die die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG in Ansehung des Verhaltens des Beschwerdeführers rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.

Dennoch ist die Beschwerde berechtigt.

Gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er erklärte, das erstinstanzliche Straferkenntnis in seinem gesamten Umfang anzufechten. Inhaltlich bestritt der Beschwerdeführer darin u. a. das Vorliegen eines Verschuldens, daneben wurde die Nichtanwendung der Bestimmung des § 21 Abs. 1 VStG gerügt. Abschließend stellt der Beschwerdeführer den Antrag, "die Berufungsbehörde wolle in der Sache selbst entscheiden, den angefochtenen Bescheid im Hinblick auf § 21 Abs. 1 VStG beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen."

Die belangte Behörde berichtigte im Spruch des angefochtenen Bescheides die Übertretungsnorm - wie eingangs ausgeführt - und auch die Strafsanktionsnorm. In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde dagegen aus, daß "in der Berufung nur das Strafausmaß" bekämpft werde. Die belangte Behörde habe daher von dem in erster Instanz zur Schuldfrage festgestellten Sachverhalt auszugehen. Der Schuldspruch sei in Rechtskraft erwachsen.

Diesen Ausführungen der belangten Behörde ist zu entgegnen, daß bei verständiger Würdigung des gesamten Berufungsvorbringens die Berufung nicht als "reine Strafberufung" anzusehen ist, sondern auch als Berufung gegen den Schuldspruch. Abgesehen von der Berufungserklärung, worin ausgedrückt wird, daß das erstinstanzliche Straferkenntnis in seinem gesamten Umfang angefochten werde, und abschließend (u.a.) der Antrag gestellt wird, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, ist auch aus dem Berufungsvorbringen selbst zu erkennen, daß der Beschwerdeführer primär das Vorliegen jeglichen Verschuldens bestreitet und sekundär nach Maßgabe des ihm zur Last gelegten Sachverhaltes vorbringt, daß sein Verschulden lediglich als "äußerst geringfügig" anzusehen sei.

Schon deshalb ist der angefochtene Bescheid somit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weil die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die Berufung des Beschwerdeführers als nur in der Straffrage erhoben beurteilte und sich mit der Frage des Verschuldens nicht auseinandersetzte. Obwohl die belangte Behörde rechtsirrig davon ausging, daß der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen sei, hat sie dennoch im Spruch des angefochtenen Bescheides die Übertretungsnorm ausgewechselt, sodaß derart auch ein Widerspruch zwischen Spruch und Gründung des angefochtenen Bescheides gegeben ist.

Der angefochtene Bescheid war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die bereits im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand enthaltene Umsatzsteuer sowie nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995030128.X00

Im RIS seit

13.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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