TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/5 W178 2244048-1

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Veröffentlicht am 05.10.2021
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Entscheidungsdatum

05.10.2021

Norm

AVG §68
B-VG Art133 Abs4
PG 1965 §14
PG 1965 §19

Spruch


W178 2244048-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch FASSL und HAASE Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB), Pensionsservice, vom 31.05.2021, Zl. PS- XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 31.05.2021 wies die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (im Folgenden: BVAEB), Pensionsservice, den Antrag der Beschwerdeführerin vom 02.04.2021 auf Zuerkennung der Hinterbliebenenversorgung nach ihrem früheren Ehegatten, XXXX , wegen entschiedener Sache zurück.

Begründend führte die BVAEB aus, dass bereits mit Bescheid vom 07.10.2011 auf den Antrag der Beschwerdeführerin vom 21.06.2011 festgestellt worden sei, dass ihr als frühere Ehegattin des Verstorbenen kein Versorgungsgenuss gebühre. Der nunmehrige Antrag habe die mit Bescheid vom 07.10.2011 entschiedene Sache zum Gegenstand. Die Rechtskraft des besagten Bescheides stehe daher einer neuerlichen Sachentscheidung entgegen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass die rechtliche Beurteilung sowohl hinsichtlich der Zurückweisung wegen res iudicata, als auch in der dargestellten inhaltlichen Beurteilung verfehlt sei. Außerdem sei der Bescheid mit Aktenwidrigkeit belastet. Im Bescheid der nunmehr belangten Behörde vom 07.10.2011 sei festgestellt worden, dass der Antragstellerin dem Grunde nach ein Versorgungsgenuss zustehe. Außerdem habe die Behörde festgestellt, dass nach dem gerichtlichen Vergleich vor dem Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz vom 12.11.2011 (32 C 26/99m) – welcher den Verstorbenen verpflichte, gesetzlichen Unterhalt für seine geschiedene Gattin zu bezahlen – keine Unterhaltspflicht bestünde, wobei der Vergleich den umgekehrten Wortlaut aufweise. Es bestehe bereits Aktenwidrigkeit gegenüber dem nunmehr bekämpften Bescheid, welcher wiedergibt, es sei Gegenteiliges festgestellt worden. Der Anspruch der Beschwerdeführerin bestünde der Höhe nach nicht zu jedem Zeitpunkt, sondern erst durch ihre nunmehrige Pensionierung, durch die eine erhebliche Einkommenseinbuße vorliege. Die Bf hätte nunmehr gegenüber ihrem geschiedenen Gatten, so er noch leben würde, einen Unterhaltsanspruch von ca. € 400, --. Sie beziehe eine Pension von € 1.729,37, was – 14-mal – gerechnet, den Betrag von € 24.211,18 ergebe. Sohin ergebe sich konkret der Höhe nach ein Unterhaltsanspruch, wie er bereits seit 2011 existiere.

Die auffindbare Judikatur des VwGH gehe von einem nicht vergleichbaren Sachverhalt aus, nämlich der Durchsetzung eines vorher nicht betitelten Unterhaltsanspruchs gegen den Nachlass. Im Anlassfall bestehe aber bereits seit 20 Jahren ein rechtswirksamer Titel für den Unterhaltsanspruch der Beschwerdeführerin, der nicht erst nachträglich durchgesetzt worden sei. Aufgrund des gerichtlichen Vergleichs sei der Verstorbene im Todeszeitpunkt verpflichtet gewesen, Unterhalt zu leisten, was gerade dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965 (im Folgenden: PG 1965) entspreche, sodass der Bescheid der belangten Behörde auch mit Rechtswidrigkeit belastet sei. Die Passage, wonach derzeit kein Anspruch bestünde sei deklarativ und habe auf den anspruchsbegründenden Vergleich keine rechtliche Wirkung. Aufgrund der geänderten Sachlage hätte die belangte Behörde entgegen der zurückweisenden Entscheidung zu einem meritorischen Bescheid gelangen müssen, mit welchem der Beschwerdeführerin der Versorgungsgenuss zuerkannt werde. Die Beschwerdeführerin beantragte die Abänderung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Behebung des Bescheides und in jedem Fall aufgrund der notwendigen Erhebungen die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

3. Die BVAEB legte die gegenständliche Beschwerde sowie den Pensionsakt samt Bescheid dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin war seit 12.11.2001 einvernehmlich von ihrem Ehegatten geschieden. Es existiert ein entsprechender Beschluss des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz und ein Vergleich vom 12.11.2001, der vor eben genanntem Gericht geschlossen wurde (32 C 26/99m).

Zur Frage des Unterhaltes wurde Folgendes vereinbart:

Punkt „1. Ehegattenunterhalt“ (S3):

„Der Zweitantragsteller verpflichtet sich, der Erstantragstellerin den gesetzlichen Unterhalt zu bezahlen. Diesbezüglich halten die Antragsteller fest, dass zum jetzigen Zeitpunkt auf Grund der Einkommensverhältnisse der Antragsteller der Höhe nach kein Unterhaltsanspruch besteht.“

Am 21.06.2011 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Gewährung einer „Witwenpension“ nach ihrem am 24.01.2011 verstorbenen geschiedenen Ehegatten. Mit Bescheid der BVA (nunmehr BVAEB), Pensionsservice, vom 07.10.2011 wurde der Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass ein Versorgungsgenuss gemäß § 19 Abs. 1 PG 1965 nicht gebührt, dass jedoch die Anspruchsvoraussetzungen nach § 19 Abs. 1 PG 1965 vorliegen und auch unbestritten zwar dem Grunde nach erfüllt sind, da der Vergleich vom 12.11.2001 ihren früheren Ehegatten verpflichte, ihr gesetzlichen Unterhalt zu zahlen. Die Beschwerdeführerin habe lt. Jahreslohnkonto 2010 aber ein Nettoeinkommen von € 36.782,61, der geschiedene Ehegatten bezog ein Nettoeinkommen von € 48.762,99. Aufgrund der Höhe des eigenen Einkommens gebührte kein Anspruch auf Witwenversorgungsgenuss, weil aufgrund der Einkommensverhältnisse ein zahlbarer Unterhaltsanspruch an die Beschwerdeführerin nicht gegeben war.

Die Beschwerdeführerin ist nunmehr seit 01.01.2021 in Pension und bezieht eine Leistung der PVA von monatlich netto € 1.729,37 (Pension brutto 2092,09 und € 29, 07 an Kinderzuschuss). Das ergibt ein jährliches Einkommen von netto ca. 24.400 €

Die Feststellung des jährlichen Nettoeinkommens kann nicht mit einem genauen Betrag erfolgen, da nicht alle Kriterien für die Berechnung der Nettoleistung (Absetzbeträge) bekannt sind und der 13. und 14. Monatsbezug anders besteuert werden als die laufende Leistung.

Es kommt jedoch im gegenständlichen Verfahren nicht auf den exakten Betrag an, sondern darauf, ob sich die Höhe des Einkommens in der Pension gegenüber dem im aktiven Erwerbsleben wesentlich verändert hat.

Nach den obigen Feststellungen hat sich das Einkommen jedenfalls in einem relevanten Ausmaß geändert, weil es von jährlich netto € 36.782,61 auf ca. € 24.400 jährlich netto gefallen ist.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensakt der BVAEB in Zusammenschau mit der Beschwerde, sowie den vorgelegten Unterlagen, insbesondere Scheidungsvergleich vom 12.11.2001, Beschluss über die Scheidung gemäß § 55a EheG, ein Auszug aus dem Heiratseintrag des Standesamtes Graz vom 02.08.2002 und eine Sterbeurkunde vom 14.02.2011.

Die wesentlichen Fakten sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde

3.1 Rechtsgrundlagen

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Gemäß § 14 Abs. 1 PG 1965 gebührt dem überlebenden Ehegatten ab dem auf den Todestag des Beamten folgenden Monatsersten ein monatlicher Versorgungsgenuss, wenn der Beamte an seinem Todestag Anspruch auf Ruhegenuss gehabt hat oder im Fall der mit Ablauf dieses Tages erfolgten Versetzung in den Ruhestand gehabt hätte.

Gemäß § 19 Abs. 1 PG 1965 gelten die Bestimmungen über den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten und über das Ausmaß der Versorgung des überlebenden Ehegatten - ausgenommen die Bestimmungen der §§ 21 Abs. 3 bis 6 und 24 - soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, sinngemäß für den früheren Ehegatten des verstorbenen Beamten, wenn dieser zur Zeit seines Todes auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten aufzukommen oder dazu beizutragen hatte.

(1a) Abs. 1 ist auch dann anzuwenden, wenn die Ehe mindestens zehn Jahre gedauert und der verstorbene Beamte auf Grund einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung seinem früheren Ehegatten

1. zumindest für die Dauer des letzten Jahres vor seinem Tod oder,

2. falls der Tod des Beamten früher als vor Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft der Nichtigerklärung, Aufhebung oder Scheidung der Ehe eingetreten ist, durchgehend vom Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft bis zu seinem Tod

nachweislich regelmäßig Unterhaltszahlungen geleistet hat.

(2) Der Versorgungsgenuß gebührt dem früheren Ehegatten nur auf Antrag. Er fällt, wenn der Antrag binnen sechs Monaten nach dem Tod des Beamten gestellt wird, mit dem auf den Sterbetag folgenden Monatsersten an. In allen übrigen Fällen gebührt der Versorgungsgenuß von dem der Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten an; wird der Antrag an einem Monatsersten gestellt, so gebührt der Versorgungsgenuß von diesem Tag an.

(3) Hat der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Beamten nur einen befristeten Anspruch auf Unterhaltsleistungen gehabt, so besteht der Versorgungsanspruch längstens bis zum Ablauf der Frist.

(4) Der Versorgungsbezug - ausgenommen die Ergänzungszulage - darf

1. die Unterhaltsleistung, auf die der frühere Ehegatte im Fall des Abs. 1 gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt hat, oder

2. die durchschnittlichen monatlichen Unterhaltszahlungen, die der verstorbene Beamte im Fall des Abs. 1a regelmäßig längstens in den letzten drei Jahren vor seinem Tod geleistet hat,

nicht übersteigen.

(4a) Abs. 4 gilt jedoch nicht, wenn

1. das auf Scheidung lautende Urteil den Ausspruch nach § 61 Abs. 3 des Ehegesetzes, deutsches RGBl. 1938 I S 807, enthält,

2. die Ehe mindestens 15 Jahre gedauert und

3. der frühere Ehegatte im Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteiles das 40. Lebensjahr vollendet hat. Diese Voraussetzung entfällt, wenn

a) der frühere Ehegatte seit dem Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteiles erwerbsunfähig ist oder

b) aus der geschiedenen Ehe ein Kind hervorgegangen oder durch diese Ehe ein Kind legitimiert worden ist oder die Ehegatten gemeinsam ein Wahl- oder Stiefkind angenommen haben und das Kind am Sterbetag des Beamten dem Haushalt des früheren Ehegatten angehört und Anspruch auf Waisenversorgungsgenuß hat; das Erfordernis der Haushaltszugehörigkeit entfällt bei nachgeborenen Kindern.

(5) Versorgungsgenüsse mehrerer früherer Ehegatten dürfen zusammen 60% des Ruhegenusses, auf den der verstorbene Beamte Anspruch gehabt hätte, nicht übersteigen. Die Versorgungsgenüsse sind gegebenenfalls im gleichen Verhältnis zu kürzen.

(6) Eine Erhöhung der Unterhaltsleistungen im letzten Jahr vor dem Sterbetag des Beamten ist für die Bemessung eines Versorgungsgenusses nach Abs. 1 nur beachtlich, wenn sie entweder in einem rechtskräftigen Urteil ausgesprochen oder schriftlich vereinbart worden ist und wenn sie ihren Grund in einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Beamten oder in einer Steigerung der Bedürfnisse des früheren Ehegatten gehabt hat.

(7) Unterhaltsleistungen, die die Erben des verstorbenen Beamten auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen dem früheren Ehegatten erbringen, sind auf den Versorgungsbezug des früheren Ehegatten anzurechnen.

(8) Erlischt der Anspruch des überlebenden Ehegatten oder eines früheren Ehegatten auf Versorgungsgenuß, so ändert sich dadurch der Versorgungsbezug eines allenfalls noch verbleibenden früheren Ehegatten nicht.

(9) Ein Versorgungsgenuss nach Abs. 1a gebührt nur dann, wenn der Beamte nach dem 31. Dezember 1981 verstorben ist. Die der Bemessung des Versorgungsgenusses zugrunde gelegten Unterhaltszahlungen, die bis zum Ablauf des 31. Dezember 1990 geleistet worden sind, vermindern oder erhöhen sich in dem Maß, das sich aus der Veränderung des vom Österreichischen Statistischen Zentralamt verlautbarten Verbraucherpreisindex 1976 oder des an seine Stelle tretenden Index gegenüber dem Zeitpunkt der Erlangung des Versorgungsgenusses ergibt.

3.2 Im konkreten Fall

3.2.1 Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag der Beschwerdeführerin wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, ist „Sache“ der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist auch vom Verwaltungsgericht von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen (VwGH 03.07.2020, Ra 2020/14/0255). Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen (VwGH 05.03.2020, Ra 2019/15/0114).

3.2.2 Der Bescheid der BVAEB vom 07.10.2011, mit dem festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführerin kein Versorgungsgenuss zusteht, ist mangels Erhebung eines Rechtsmittels rechtskräftig geworden. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Rechtskraft des Bescheides vom 07.10.2011 nicht.

3.2.3 Gegenstand der materiellen Rechtskraft ist der konkrete Norminhalt des in Frage stehenden Bescheides, d.h. die im Bescheid getroffene Absprache über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit, die durch den Bescheid ihre Erledigung gefunden hat, und zwar aufgrund der Sachlage, wie sie in dem von der Behörde angenommenen Sachverhalt zum Ausdruck kommt (vgl. VwGH 23.04.2003, 2000/08/0040).

3.3 Frage der entschiedenen Sache

Eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache kommt daher nur in Frage, wenn Identität der Sache gegeben ist. Identität der Sache liegt laut ständiger Judikatur des VwGH dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (s. beispielsweise zuletzt VwGH 03.07.2020, Ra 2020/14/0255).

3.3.1 Wie aus dem festgestellten Sachverhalt hervorgeht, richtete sich das Begehren der Beschwerdeführerin sowohl im Antrag vom 21.06.2011 als auch im Antrag vom 02.04.2021 auf Gewährung des Witwenversorgungsgenusses. Die in diesen Anträgen gemachten Angaben decken sich jedoch nicht.

3.3.2 Es liegt keine entscheidungserhebliche Änderung der anzuwendenden Bestimmungen des PG 1965 vor, sodass Identität der Rechtslage unbestritten gegeben ist.

3.3.3 Strittig ist im Wesentlichen, ob eine wesentliche Änderung im Sachverhalt eingetreten ist. Das ist zu bejahen:

3.3.3.1 Zum Bestehen des Anspruches auf Witwenversorgungsgenuss zum gegenwärtigen Zeitpunkt:

Die belangte Behörde verkennt im Bescheid vom 31.05.2021, dass die Beschwerdeführerin auch im Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen einen Unterhaltsanspruch dem Grunde nach besessen hat (vgl. Vergleich vom 21.11.2001, Bescheid vom 07.10.2011). Aufgrund der damaligen Einkommensverhältnisse bestand dieser Anspruch nie der Höhe nach, was der Zuerkennung – unter Zugrundelegung des geänderten Einkommens der Beschwerdeführerin – jedoch keinen Abbruch tut (vgl. VwGH 2000/12/0280 vom 21.11.2001, unter Hinweis auf die Erkenntnisse vom 25.01.1982, Slg NF Nr 10640/A, und vom 28.05.1997, Zl. 97/12/0127, vom 25.01.1995, Zl. 94/12/0295, und vom 09.01.1968, Zl. 1587/67, sowie vom 16.01.1968, Zl. 1632/67.

Der Bescheid der belangten Behörde vom 07.10.2011 führt dazu – und bezogen auf die damalige Sachlage – weiter aus (S 2f):

„Laut dem vor dem Bezirksgericht Graz geschlossenen Vergleich vom 12. November 2001, ZI. 32 C 26/99m verpflichtet sich Ihr früherer Ehegatte Ihnen den gesetzlichen Unterhalt zu bezahlen“. Zum Zeitpunkt der Vergleichsvereinbarungen auf Grund der Einkommensverhältnisse der Antragsteller der Höhe nach kein Unterhaltsanspruch besteht. Ein Anspruch auf Versorgungsgenuss gemäß § 19 Abs. 1 PG 1965 ist somit dem Grunde nach gegeben. […..]. Nach dem von Ihnen vorgelegten Jahreslohnkonto 2010 hat Ihr Gesamtnettoeinkommen EUR 36.782,61 betragen. Ihr früherer Ehegatte bezog ein Jahresnettoeinkommen von EUR 48.762,99. Bei der Berechnung nach den oben angeführten Grundsätzen ergibt sich kein zahlbarer Unterhalt. Da somit die Anspruchsvoraussetzungen nach § 19 Abs. 1 PG 1965 zwar dem Grunde nach erfüllt sind, in der Höhe jedoch kein Anspruch besteht, war spruchgemäß zu entscheiden."

Es wird somit auch seitens der belangten Behörde der grundsätzliche Anspruch auf einen Unterhalt vom geschiedenen Gatten und damit auch auf Witwenversorgung bejaht. Im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde im hier angefochtenen Bescheid kommt es darauf, ob zum Zeitpunkt des Todes des Ehegatten tatsächlich Unterhalt geflossen ist, nicht an.

3.3.3.2 Zur Änderung der Sachlage

Aufgrund der Einkommensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten stand der Beschwerdeführerin bis zur ihrer Pensionierung kein auszahlbarer Unterhalt zu und damit auch keine Versorgungsleistung als Witwe.

Mit der Pensionierung und der damit einhergehenden Reduzierung ihres Einkommens hat sich eine wesentliche Änderung in der Sachlage ereignet. Da es sich um die Reduzierung um ca. ein Drittel handelt, ist sie als wesentlich zu bezeichnen.

Da somit eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes vorliegt, steht die Rechtskraft des Bescheides vom 07.10.2011 einer neuerlichen Entscheidung über den Witwenversorgungsgenuss der Beschwerdeführerin nicht entgegen.

Die belangte Behörde hat aufgrund einer Änderung der maßgeblichen Umstände eine inhaltliche Neubeurteilung der Angelegenheit vorzunehmen.

3.4. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin zwar beantragt, aber da sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage ergibt, ist nach Ansicht des Gerichts keine mündliche Erörterung der Angelegenheit erforderlich. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht daher von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt feststand. Der Sachverhalt ist in sämtlichen entscheidungswesentlichen Punkten unstrittig. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen vgl. dazu zuletzt auch den Beschluss des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027.

Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Alterspension Einkommen entschiedene Sache geänderte Verhältnisse Unterhaltsanspruch Witwenversorgungsanspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W178.2244048.1.00

Im RIS seit

09.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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