TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/11 95/13/0240

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Veröffentlicht am 11.12.1996
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
BAO §119;
BAO §281;
EStG 1972 §27 Abs1 Z1;
KStG 1966 §8 Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/13/0133 E 19. Februar 1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der C in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom 8. Juni 1995, Zl. 6/3-3138/89-05, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1986, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hielt im Streitjahr einen Geschäftsanteil von 47 % an der P.-Beteiligungsverwaltungen Gesellschaft m.b.H., welche ihrerseits Alleingesellschafterin der M.S.-Gesellschaft m.b.H. war. Im Zuge einer die letztgenannte Gesellschaft betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung wurden diesem Unternehmen unter dem Titel der Entgelte aus Lizenzverträgen zugeflossene Beträge in der Summe von S 7,200.000,-- als Schwarzumsätze des geprüften Unternehmens beurteilt und den im Wege der Beteiligung an der P.-Beteiligungsverwaltungen Gesellschaft m.b.H. an der M.S.-Gesellschaft m.b.H. mittelbar beteiligten Personen, darunter auch der Beschwerdeführerin, im Verhältnis der Beteiligung an der P.-Beteiligungsverwaltungen Gesellschaft m. b.H. als verdeckte Gewinnausschüttungen zugerechnet.

Gegen den nach Wiederaufnahme des Verfahrens ergangenen Bescheid über Einkommensteuer des Jahre 1986 erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie eine Begründung für die Behauptung zugeflossener verdeckter Gewinnausschüttungen vermißte.

Mit Schreiben vom 18. Mai 1989 übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin "als ergänzende Bescheidbegründung" eine Stellungnahme der Betriebsprüfungsabteilung des Finanzamtes für Körperschaften, in welcher nach Feststellung des Beteiligungsausmaßes der Beschwerdeführerin an der P.-Beteiligungsverwaltungen Gesellschaft m.b.H. und deren Alleingesellschaftereigenschaft zur M.S.-Gesellschaft m.b.H. ausgeführt wurde, daß bei der letztgenannten Gesellschaft ausschließlich die am 14. Jänner 1986 durch Scheckabhebung und am 14. April 1986 durch Barabhebung vom Bankkonto dieser Gesellschaft abgeflossenen Beträge von S 5,500.000,-- und S 1,700.000,-- als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt worden seien; der weitere Fluß dieser Gelder habe sich nicht mehr verfolgen lassen. Da nicht nachzuvollziehen gewesen sei, wer über welche Beträge verfügt habe, sei die verdeckte Gewinnausschüttung nach dem Beteiligungsverhältnis zuzuweisen gewesen.

In ihrer Stellungnahme hiezu behauptete die Beschwerdeführerin, daß sich die Verwendung der als verdeckte Gewinnausschüttung beurteilten Mittel "aus der Buchhaltung unschwer ablesen" lasse. Die Prüfer hätten vor Erlassung des Bescheides zu dieser Frage einen entsprechenden Vorhalt erlassen müssen; der Versuch der Konstruktion von "Schwarzgeschäften" sei schon im Prüfungsverfahren der M.S.-Gesellschaft m.b.H. ad absurdum geführt und widerlegt worden. Alle Vorgänge seien buchhalterisch nachvollziehbar. Die Vorgangsweise der Prüfer, anstelle korrekter Ausführungen unbewiesene Behauptungen in den Raum zu stellen, entspreche deren eigenartigen "Prüfungs-Usancen".

Mit Bescheid vom 27. Juni 1991 setzte die belangte Behörde die Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin "wegen eines vorgelagerten Verfahrens (Berufung der M.S.-Gesellschaft m.b.H.)" bis zu dessen Beendigung mit der Begründung aus, daß der Ausgang des genannten Verfahrens für die Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin von wesentlicher Bedeutung sei. Dieser Aussetzungsbescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 8. Februar 1995 teilte die für das Berufungsverfahren der M.S.-Gesellschaft m.b.H. zuständige Behörde dem Finanzamt für Körperschaften zum Verfahren der M.S.-Gesellschaft m.b.H. mit, daß "das Berufungsverfahren wegen Wegfalls der Partei (§ 78 BAO) eingestellt" werde, da die Firma der M.S.-Gesellschaft m.b.H. am 7. März 1991 im Firmenbuch gelöscht worden und der Behörde kein vorhandenes Vermögen bekannt sei; gegen eine Aktenlöschung bestünden keine Bedenken.

Im Verfahren über die Berufung der Beschwerdeführerin erging daraufhin der nunmehr angefochtene Bescheid, mit welchem die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehrt, sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf eine der Bestimmung des § 27 EStG 1972 entsprechende Veranlagung der Einkünfte aus Kapitalvermögen und in ihren Verfahrensrechten, im besonderen auch in ihrem Recht darauf als verletzt anzusehen, daß ein ausgesetztes Verfahren erst nach rechtskräftiger Beendigung des vorgelagerten Verfahrens fortgesetzt werde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde ist entgegen der von der belangten Behörde in der Gegenschrift geäußerten Vermutung nicht verspätet erhoben worden. Da die Beschwerdeführerin innerhalb der Beschwerdefrist erfolgreich die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt hatte, begann die Frist zur Erhebung der Beschwerde nach Maßgabe der Bestimmung des § 26 Abs. 3 VwGG zu laufen; es ist der Aktenlage nach auf der Basis des nach dieser Gesetzesstelle relevanten Zeitpunktes für den Beginn des Fristenlaufes die Beschwerde rechtzeitig erhoben worden.

Ob die belangte Behörde nach der von der Beschwerdeführerin durchaus zutreffenden dargestellten rechtlichen Wirkung ihres Aussetzungsbescheides vom 27. Juni 1991 zur Fortsetzung des Verfahrens über die Berufung der Beschwerdeführerin berechtigt war, braucht ebensowenig untersucht zu werden wie die rechtliche Vorgangsweise der zur Entscheidung über die Berufung der M.S.-Gesellschaft m.b.H. zuständigen Behörde, mit der diese das Berufungsverfahren "wegen Wegfalls der Partei" "eingestellt" hat. Die Beschwerdeführerin übersieht mit ihrem dazu erstatteten Vorbringen nämlich den Umstand, daß einer Berufung erhebenden Partei auf das Unterbleiben einer Entscheidung über ihre Berufung kein subjektiv-öffentliches Recht eingeräumt ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 8. März 1954, Slg. NF Nr. 3.339/A, und vom 21. März 1985, 85/08/0031, 0032, deren Erwägungen der Gerichtshof auch für den Fall der Aussetzung eines Abgabenverfahrens nach § 281 BAO teilt), sodaß auch eine objektiv rechtswidrige Fortsetzung des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens durch die belangte Behörde von der Beschwerdeführerin mangels dadurch bewirkter Verletzung eines ihr eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechtes nicht erfolgreich gerügt werden konnte.

Auch in der Sache selbst gelingt es der Beschwerdeführerin nicht, eine dem Spruch des angefochtenen Bescheides anhaftende Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Daß die Abgabenbehörde vor einer Zurechnung bei einer Gesellschaft festgestellter verdeckter Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter die Pflicht zur Untersuchung der Frage trifft, ob und inwieweit solche verdeckt ausgeschüttete Beträge einzelnen Gesellschaftern zugeflossen sind, hat schon seine Richtigkeit. Es kann diese Sachverhaltsfrage von der Abgabenbehörde aber nicht ohne entsprechende Mitwirkung der abgabepflichtigen Gesellschafter geklärt werden, die für die Umstände tatsächlicher Geldflüsse zwangsläufig näher an Sache und Beweis als die Abgabenbehörde und daher verfahrensrechtlich als Träger der nach § 119 BAO normierten Pflichten zu entsprechender Aufklärung untersuchungsbedürftiger Geldflüsse verhalten sind. Hieran hat die Beschwerdeführerin es im Verfahrensverfahren in entscheidender Weise fehlen lassen.

Daß der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht ausreichend Gelegenheit geboten worden wäre, die nunmehr bekämpfte Zurechnung verdeckter Gewinnausschüttungen an sie durch ein entsprechendes Sachvorbringen abzuwehren, wie sie in der Beschwerde geltend macht, ist nicht zu erkennen. Auch wenn ihr im Zuge des Berufungsverfahrens die Ergebnisse des Prüfungsberichtes über die M.S.-Gesellschaft m.b.H. nur in stark verkürzter Zusammenfassung zur Kenntnis gebracht worden waren, hatte diese "Stellungnahme der Betriebsprüfungsabteilung des Finanzamtes für Körperschaften zur Berufung" doch die für die Annahme des Vorliegens einer verdeckten Gewinnausschüttung allein wesentliche Information enthalten, daß vom betrieblichen Konto der M.S.-Gesellschaft m.b.H. in zwei Vorgängen Beträge von insgesamt S 7,200.000,-- behoben worden waren, deren Verwendung nicht aufzuklären gewesen sei. Da es für die Beurteilung des Vorliegens verdeckter Gewinnausschüttungen nicht bedeutsam war, woher, sondern nur wohin die betroffenen Mittel geflossen waren, kam es nicht darauf an, zur Beurteilung der Herkunft dieser Mittel aus "Schwarzgeschäften" Stellung nehmen zu können, sondern nur darauf, den Fluß dieser vom betrieblichen Konto der M.S.-Gesellschaft m.b.H. behobenen Mittel in einer Weise aufzuklären, die einer Beurteilung der abgeflossenen Beträge als verdeckte Gewinnausschüttungen entgegenstehen konnte. Hiezu hatte die Beschwerdeführerin im Verfahren vor der belangten Behörde ihre Gelegenheit. Daß sie diese Gelegenheit nicht zu nutzen verstand, sondern sich in ihrer Äußerung auf die unsubstantiierte Behauptung bereits erfolgter Aufklärung des Geldflusses und darauf beschränkte, die Prüfer mit Vorwürfen zu überhäufen, anstatt die angeblich leicht nachvollziehbaren Geldflüsse entsprechend leicht nachvollziehbar darzustellen, hat sie sich selbst zuzuschreiben. Der von der Beschwerdeführerin unternommene Versuch, das im Verwaltungsverfahren versäumte Sachvorbringen in ihren den Verfahrensgang darstellenden Ausführungen der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nachzuholen, scheitert an dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot.

Hatte die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren den Fluß der vom betrieblichen Konto der M.S.-Gesellschaft m.b.H. behobenen Gelder ungeachtet gebotener Gelegenheit offenzulegen verabsäumt, dann kann in der behördlichen Sachverhaltsannahme, vom betrieblichen Konto einer Gesellschaft verschwundene Gelder seien den an dieser Gesellschaft mittelbar beteiligten physischen Personen im Verhältnis ihrer Beteiligung zugeflossen, kein das Kalkül einer Rechtswidrigkeit erreichender Fehler der Sachgrundlagenermittlung gesehen werden.

Die Beschwerde erwies sich damit im Ergebnis als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995130240.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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