Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie den Hofrat Dr. Grünstäudl und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der S GmbH in I, vertreten durch UGP Ullmann Geiler & Partner Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 17-19, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 14. Juli 2020, Zl. LVwG-2015/46/3225-97, betreffend Feststellung des Bedarfs nach dem Tiroler Krankenanstaltengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (soweit im Revisionsverfahren relevant), nach durchgeführter mündlicher Verhandlung und durch Bestätigung des Bescheides der belangten Behörde vom 9. November 2015, gemäß § 3a Tiroler Krankenanstaltengesetz (Tir KAG) festgestellt, dass durch die geplante Erweiterung des Leistungsangebotes der privaten bettenführenden Krankenanstalt „Sanatorium K.“ im Standort I. um den Bereich der Kardiologie mit Herzkatheterlabor keine wesentliche Verbesserung des Versorgungsbereiches im Einzugsgebiet nachgewiesen werden könne.
Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
2 In der Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin betreibe am genannten Standort eine private bettenführende Krankenanstalt in Form eines Sanatoriums. Mit Antrag vom 18. August 2014 habe sie bei der belangten Behörde um die Erteilung der Errichtungsbewilligung mit vorheriger Bedarfsprüfung für die beabsichtigte Errichtung einer Abteilung für Kardiologie mit Herzkatheterlabor samt Angiographiegerät und entsprechenden Räumlichkeiten angesucht.
3 Die belangte Behörde habe mit dem genannten Bescheid auf der Grundlage des eingeholten Gutachtens der Gesundheit Österreich GmbH, nach welchem ein aktueller Bedarf für die Errichtung der beantragten „COR-Anlage“ nicht vorhanden sei, gemäß § 3a Abs. 5 [Abs. 6 seit der Novelle LGBl. Nr. 7/2018] iVm. § 3a Abs. 2 und 2a Tir KAG festgestellt, dass mit der geplanten Erweiterung des in Rede stehenden Sanatoriums keine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes im Einzugsbereich der Krankenanstalt verbunden sei (dies im Hinblick einerseits auf die Planungsrichtwerte des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit [ÖSG] und andererseits auf die Auslastung der drei bestehenden COR-Anlagen im Einzugsgebiet).
4 In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde habe die Revisionswerberin zusammengefasst vorgebracht, sie stimme mit der belangten Behörde insoweit überein, dass gegenständlich als relevantes räumliches Versorgungsgebiet (Einzugsgebiet) des beantragten Leistungsangebotes das Bundesland Tirol mit Ausnahme Osttirols anzusehen sei. Entgegen der Annahme der belangten Behörde umfasse das dort bereits bestehende Leistungsangebot in der Universitätsklinik Innsbruck, Abteilung Medizin III Kardiologie/Angiologie, nicht drei vollzeitäquivalente Geräte für die Patientenversorgung, weil diese Geräte auch der Wissenschaft und Forschung dienten. Die belangte Behörde habe keine Feststellungen zu den dortigen Wartezeiten bzw. zur Auslastung bestehender stationärer Einrichtungen und zu den Entwicklungstendenzen in der Medizin getroffen.
5 Das Verwaltungsgericht führte aus, es habe zur Frage des Bedarfs hinsichtlich der gegenständlichen Erweiterung der Krankenanstalt das Gutachten eines nichtamtlichen Sachverständigen vom Dezember 2017 eingeholt, eine (fortgesetzte) mündliche Verhandlung durchgeführt und im Zuge dieser u.a. den Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie und Angiologie sowie die dort für die Terminvergabe zuständige Sekretärin als Zeugen vernommen und Ermittlungen hinsichtlich der dort auftretenden Wartezeiten überdies durch die Befragung von zuweisenden Krankenhäusern und Internisten durchgeführt.
6 Als entscheidungswesentlicher Sachverhalt wurde festgestellt, die Revisionswerberin betreibe das genannte Sanatorium, eine private bettenführende Krankenanstalt, am Standort I. Der Leistungskatalog der nun beantragten Kardiologie mit Herzkatheterlabor (Coronarangiographie) beinhalte die Therapie von koronaren Herzkrankheiten, die Abklärung bzw. Behandlung von Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienzen und Herzklappenerkrankungen. Dabei handle es sich um selten in Anspruch genommene Facharztleistungen, unstrittig sei daher (ganz) Nordtirol als Einzugsgebiet anzusehen. In diesem Einzugsgebiet gebe es, was die in Rede stehenden kardiologischen Leistungen betrifft, nur einen - einzigen - bestehenden Leistungsanbieter („Konkurrenten“), nämlich die Universitätskliniken Innsbruck, hier gleichbedeutend mit aö. LKH Innsbruck, wo sich drei Geräte für die Coronarangiographie (COR) befänden (das vierte im Bundesland Tirol stationierte COR-Gerät befinde sich außerhalb des Einzugsgebietes im Bezirkskrankenhaus Lienz).
7 Alle drei COR-Geräte der Universitätskliniken Innsbruck befänden sich 5 Tage pro Woche im Regelbetrieb und stünden im vollen Ausmaß für Behandlungen an Patienten zur Verfügung. Für Notfälle stehe eines der Geräte täglich 24 Stunden lang an allen Tagen der Woche zur Verfügung. Durch eine Verlängerung der Betriebszeiten (der beiden anderen Geräte) könne die Kapazität bei Bedarf weiter erhöht werden.
8 Aufgrund der Angaben sowohl der zu den Wartezeiten befragten zuweisenden Krankenhäuser und Internisten als auch der (zeugenschaftlichen) Angaben der Befragten des LKH Innsbruck sei zusammengefasst festzustellen, dass es bei akuten Interventionen keine Wartezeiten gebe und die Wartezeiten für semiakute und subakute Patienten (bei denen eine Intervention binnen einer Woche bzw. binnen 2-3 Monaten erfolgen solle) das soeben genannte Ausmaß im Wesentlichen nicht überstiegen und daher medizinisch zumutbar seien.
9 Festgestellt wurde weiters, dass die Revisionswerberin nach ihrem Vorbringen nicht beabsichtige, Akutpatienten zu behandeln: Ihr Sanatorium befinde sich in weniger als 4 km Entfernung vom LKH Innsbruck.
10 Im Übrigen wurden Feststellungen zu den Verkehrsverbindungen und zur aktuellen und prognostizierten Altersstruktur der Bevölkerung im Einzugsgebiet (Frage des Zusammenhanges einer ansteigenden Alterung mit der Zunahme kardiologischer Interventionen) sowie zur durchschnittlichen Auslastung der drei COR-Geräte im LKH Innsbruck (zwischen 53% und 70%) getroffen.
11 In der rechtlichen Beurteilung ging das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe der maßgebenden Rechtsvorschriften davon aus, dass der Antrag der Revisionswerberin eine wesentliche, der Bewilligungspflicht unterliegende Änderung einer bestehenden Krankenanstalt iSd. § 5 Abs. 1 Tir KAG zum Gegenstand habe und Sache des vorliegenden Verfahrens ausschließlich die Feststellung des Bedarfes betreffend diese wesentliche Änderung gemäß § 5 Abs. 3 iVm. § 3a Abs. 6 leg. cit. sei.
12 Zwar sei der Bedarf am beantragten Leistungsspektrum einer Krankenanstalt gemäß § 3a Abs. 2a (dritter Satz) Tir KAG („jedenfalls“) zu bejahen, wenn dieses in verbindlich erklärten Teilen des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit (ÖSG) oder des Regionalen Strukturplanes Gesundheit Tirol (RSG) vorgesehen sei. Dies sei gegenständlich aber nicht der Fall. Die hier relevanten, mit Verordnung (ÖSG VO 2018) verbindlich gemachten Teile des ÖSG 2017 (Stand 27.09.2019), namentlich dessen Großgeräteplan (GGP), sähen nämlich für das (gesamte) Bundesland Tirol nur die vier bereits vorhandenen COR-Geräte vor (dem entspreche auch der Tiroler Krankenanstaltenplan 2019).
13 Dies führe aber - entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde - noch nicht zur Verneinung des Bedarfs am gegenständlich beantragten Leistungsangebot. Vielmehr sei überdies zu prüfen, ob der Bedarf nach den Kriterien des § 3a Abs. 2a (erster Satz) lit. a bis d Tir KAG zu bejahen sei, wofür nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere die gegebenen Wartezeiten beim bereits bestehenden Leistungsangebot - fallbezogen in der Kardiologie/Angiologie des LKH Innsbruck als einzigem Anbieter der in Rede stehenden medizinischen Leistungen im Einzugsgebiet - ausschlaggebend seien. Diese Wartezeiten seien gegenständlich in objektiver Weise nicht nur durch die (zeugenschaftliche) Befragung von Auskunftspersonen des LKH Innsbruck unter Wahrheitspflicht, sondern auch durch Ermittlungen bei den „Hauptzuweisern“ (also den im Einzugsgebiet liegenden Krankenhäusern und tätigen Fachärzten, die Patienten in die Kardiologie/Angiologie des LKH Innsbruck zuweisen) eruiert worden. Da diese Ermittlungen, wie bereits erwähnt, ergeben hätten, dass im LKH Innsbruck keine unzumutbaren Wartezeiten für die in Rede stehenden kardiologischen Leistungen bestünden (bzw. für Akutfälle überhaupt keine Wartezeiten anfielen), sei gegenständlich kein Bedarf am geplanten kardiologischen Leistungsangebot des Sanatoriums der Revisionswerberin gegeben.
14 Die Zulässigkeit einer gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision ergebe sich aus der fehlenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Fragen (einerseits) der rechtlichen Qualität und Verbindlichkeit der Planungsdokumente ÖSG und RSG und (andererseits), ob die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Bedarfsprüfung nach den Kriterien des § 3a (zu ergänzen: Abs. 2a erster Satz) Tir KAG auch bei bereits verbindlich erklärten Teilen des ÖSG rechtens sei.
15 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
18 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Ein Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 27.10.2020, Ro 2020/03/0022; 11.8.2017, Ro 2015/10/0047, jeweils mwN).
19 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa den Beschluss VwGH 23.4.2018, Ra 2018/11/0066, mwN).
20 Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 14.10.2019, Ra 2019/11/0157, mwN).
21 Die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses maßgebenden Bestimmungen des Tiroler Krankenanstaltengesetzes (Tir KAG), LGBl. Nr. 5/1958 idF LGBl. Nr. 51/2020, lauten auszugsweise:
„§ 3a ...
(2) Die Errichtungsbewilligung ist zu erteilen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
a) Für die vorgesehene Krankenanstalt muss nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot durch öffentliche, private gemeinnützige und sonstige bettenführende Krankenanstalten mit Kassenverträgen
1. zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und
2. zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit
ein Bedarf nach Abs. 2a gegeben sein.
b) ...
...
(2a) Ein Bedarf ist gegeben, wenn unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Planungen des Regionalen Strukturplanes Gesundheit Tirol hinsichtlich
a) der örtlichen Verhältnisse (regionale rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur und Besiedlungsdichte),
b) der für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen,
c) der Auslastung bestehender stationärer Einrichtungen und
d) der Entwicklungstendenzen in der Medizin
eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots nachgewiesen werden kann. Im Bewilligungsverfahren bzw. im Verfahren zur Vorabfeststellung des Bedarfs kann ein Gutachten der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Gesundheitsplanungsinstituts zum Vorliegen des Bedarfs eingeholt werden. Ein Bedarf ist jedenfalls dann gegeben, wenn das verfahrensgegenständliche Leistungsspektrum in den durch eine Verordnung nach § 62a Abs. 2 für verbindlich erklärten Teilen des ÖSG oder des Regionalen Strukturplanes Gesundheit Tirol vorgesehen ist. In diesem Fall ist hinsichtlich des Vorliegens des Bedarfs die Übereinstimmung des Vorhabens mit der Verordnung zu prüfen.
...
(6) Im Errichtungsbewilligungsverfahren kann die Landesregierung durch Bescheid über das Vorliegen des Bedarfes gesondert entscheiden, wenn der Bewilligungswerber glaubhaft macht, dass die Vorlage der Unterlagen nach § 3 Abs. 2 lit. a bis d mit einem erheblichen wirtschaftlichen Aufwand verbunden wäre und die Entscheidung über das Vorliegen des Bedarfes als Voraussetzung für die Erteilung der Errichtungsbewilligung auch ohne diese Unterlagen erfolgen kann. ...
...
§ 5
Änderungen von Krankenanstalten
(1) Jede wesentliche Änderung einer Krankenanstalt bedarf der Bewilligung der Landesregierung.
...
(3) Für die Bewilligung von Änderungen gelten die §§ 3, 3a, 4, 4a, 4b und 4c sinngemäß. ...
...
§ 62a
Regionaler Strukturplan Gesundheit und Krankenanstaltenplan
(1) Der Regionale Strukturplan Gesundheit Tirol (RSG) ist im Hinblick auf Krankenanstalten im Sinn dieses Gesetzes von der Landes-Zielsteuerungskommission (§§ 2b und 16b Abs. 1 des Tiroler Gesundheitsfondsgesetzes) entsprechend den Vorgaben des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit in Bezug auf Inhalte, Planungshorizonte und Planungsrichtwerte kontinuierlich weiterzuentwickeln und regelmäßig zu revidieren. ...
...
(2) Die Gesundheitsplanungs GmbH nach § 23 Abs. 3 des Gesundheitszielsteuerungsgesetzes wird ermächtigt, für jene Teile des ÖSG und des Regionalen Strukturplanes Gesundheit Tirol, die rechtliche Verbindlichkeit erlangen sollen und sich auf Krankenanstalten im Sinn dieses Gesetzes beziehen, ein Begutachtungsverfahren durchzuführen und in der Folge diese Teile durch Verordnung für verbindlich zu erklären und im RIS (www.ris.bka.gv.at) kundzumachen. In diesen Angelegenheiten unterliegt die Gesundheitsplanungs GmbH der Aufsicht und den Weisungen der Landesregierung und hat dieser auf Verlangen alle Auskünfte zu erteilen.
(3) Der Landeshauptmann hat den auf Landesebene zwischen dem Land und der Sozialversicherung in der Landes-Zielsteuerungskommission abgestimmten Regionalen Strukturplan Gesundheit Tirol in der jeweils aktuellen Fassung im RIS (www.ris.bka.gv.at) zu veröffentlichen. ...“
22 Gegenständlich ist unstrittig davon auszugehen, dass nach den (im RIS unter Kundmachungen/Strukturpläne Gesundheit veröffentlichten) „Festlegungen zum Großgeräteplan“ (GGP) des ÖSG 2017 im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses für das Bundesland Tirol (ausgenommen Osttirol) nur drei Coronarangiographiegeräte (COR) vorgesehen waren, die alle im LKH Innsbruck stationiert sind, und dass diese Festlegung durch Verordnung gemäß § 62a Abs. 2 Tir KAG für verbindlich erklärt wurde (§ 4 iVm. der Anlage 2 der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit 2017 [ÖSG-VO 2018]; kundgemacht im RIS unter Kundmachungen/Strukturpläne Gesundheit).
23 Nach dieser Festlegung im ÖSG 2017 wäre somit für das von der Revisionswerberin beantragte weitere COR-Gerät (und damit an dem von ihr beantragten kardiologischen Leistungsangebot, das antragsgemäß mit dem COR-Gerät verbunden ist) kein Bedarf vorhanden.
24 Im angefochtenen Erkenntnis wird (im Wesentlichen übereinstimmend mit den Zulässigkeitsausführungen der Revision) die Zulässigkeit der Revision damit begründet, dass durch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ungeklärt sei, „welche rechtliche Qualität und Verbindlichkeit“ dem Planungsdokument ÖSG (bzw. dem darauf aufbauenden RSG) zukomme und ob, wie dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liege, die Verbindlichmachung des ÖSG einer Prüfung des Bedarfs iSd. § 3a KAKuG (offenbar gemeint: nach den Kriterien des § 3a Abs. 2a erster Satz Tir KAG) nicht entgegenstehe. In der Revision wird zum zweitgenannten Teil der Frage ergänzt, dass das Verwaltungsgericht „diese Rechtsfrage freilich im Sinne der Revisionswerberin gelöst“ habe.
25 Die Revision nimmt mit der letztgenannte Anmerkung darauf Bezug, dass die Frage des Bedarfs am beantragten Leistungsangebot der Revisionswerberin vom Verwaltungsgericht ohnehin nicht nur anhand der Planungsvorgaben des ÖSG 2017 beurteilt wurde (§ 3a Abs. 2a dritter und vierter Satz Tir KAG), sondern überdies - weil nach den Planungsvorgaben ein solcher Bedarf nicht besteht - auch nach den Bedarfskriterien des ersten Satzes der letztgenannten Bestimmung, insbesondere nach den Wartezeiten beim (einzig) vorhandenen Leistungsanbieter.
26 Vor diesem Hintergrund hängt aber der Erfolg der vorliegenden Revision nicht von der aufgeworfenen Rechtsfrage der Verbindlichkeit des ÖSG im Bedarfsprüfungsverfahren ab:
27 Die Zulässigkeit der Revision setzt nämlich gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG voraus, dass ihr Schicksal, also der Erfolg der Revision, von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung „abhängt“. Es muss daher zumindest die Möglichkeit bestehen, dass die aufgeworfene, im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Rechtsfrage für die Lösung des Falles von ausschlaggebender Bedeutung ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist nämlich gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Lösung theoretischer Rechtsfragen befugt, sondern nur von solchen, von deren Lösung der Erfolg der Revision tatsächlich abhängt (vgl. VwGH 20.5.2015, Ra 2014/09/0033, 11.3.2016, Ra 2016/11/0027, 7.9.2020, Ra 2016/08/0062, und 23.4.2021, Ra 2019/11/0164). Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht zuständig (vgl. VwGH 11.8.2017, Ro 2015/10/0047, und 15.3.2016, Ro 2015/01/0014, jeweils mwN).
28 Im vorliegenden Fall könnte weder die rechtliche Verbindlichkeit der im ÖSG 2017 vorgegebenen Anzahl an COR-Geräten zum Erfolg der Revision führen (weil der Bedarf an diesen Geräten im gegenständlichen Einzugsgebiet nach den Vorgaben des ÖSG 2017 unstrittig bereits gedeckt ist) noch die Unverbindlichkeit dieser Planungsvorgabe (weil ein Bedarf am Leistungsangebot der Revisionswerberin auch nach den Bedarfskriterien des § 3a Abs. 2a erster Satz Tir KAG nicht gegeben ist).
29 Damit handelt es sich - in einem Fall wie dem vorliegenden - bei der Frage der Verbindlichkeit der Planungsvorgaben des ÖSG um eine bloß theoretische Rechtsfrage ohne maßgeblichen Einfluss auf den Ausgang des Revisionsverfahrens und somit nicht um eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG.
30 Gleiches gilt für die vom Verwaltungsgericht unter einem aufgeworfene Frage, ob die Verbindlichmachung von Teilen des ÖSG eine (weitere, vom Verwaltungsgericht ohnedies durchgeführte) Prüfung des Bedarfs anhand der Bedarfskriterien des § 3a Abs. 2a erster Satz Tir KAG hindert (weil angesichts des genannten Ergebnisses dieser Bedarfsprüfung der Bedarf am Leistungsangebot der Revisionswerberin auch unter diesem Gesichtspunkt zu verneinen ist).
31 Hinsichtlich der durchgeführten Bedarfsprüfung anhand der Kriterien des § 3a Abs. 2a erster Satz Tir KAG und des diesbezüglichen Ergebnisses (zumutbare Wartezeiten beim vorhandenen Leistungsanbieter) wird von der Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesetzmäßig aufgezeigt:
32 Zwar behauptet die Revision in diesem Zusammenhang im Zulässigkeitsvorbringen ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der „Wartezeitenjudikatur“ des Verwaltungsgerichtshofes und nennt dazu einzelne hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl. Sie legt aber im Rahmen der Begründung der Zulässigkeit nicht konkret dar, wodurch bzw. in welcher Weise das Verwaltungsgericht von der zitierten hg. Judikatur abgewichen sei (vgl. etwa VwGH 22.3.2019, Ra 2017/04/0104 bis 0106; 29.5.2019, Ro 2018/11/0009).
33 Schließlich wird mit dem allgemein gehaltenen Zulässigkeitsvorbringen der Revisionswerberin, Beweisanträge seien übergangen worden, Ermittlungsergebnisse seien ihr nicht zur Kenntnis gebracht worden und Teile des Akteninhaltes seien ihr nicht zur Stellungnahme übermittelt worden, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung deshalb nicht aufgezeigt, weil die behaupteten Verfahrensfehler im Rahmen der Zulässigkeitsdarlegung weder präzisiert werden noch deren Relevanz aufgezeigt wird (vgl. etwa VwGH 8.3.2021, Ra 2020/11/0140).
34 Da somit weder vom Verwaltungsgericht noch von der Revisionswerberin Rechtsfragen aufgezeigt werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision zurückzuweisen.
Wien, am 19. Oktober 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020110021.J00Im RIS seit
09.11.2021Zuletzt aktualisiert am
09.11.2021