TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/11 LVwG-AV-1102/001-2021

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Veröffentlicht am 11.08.2021
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Entscheidungsdatum

11.08.2021

Norm

WRG 1959 §27 Abs1
WRG 1959 §29 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde des A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 17. Mai 2021, ***, betreffend Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

I.  Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass sein Spruch zu lauten hat wie folgt:

Es wird festgestellt, dass das mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 17. Jänner 2003, ***, erteilte Wasserbenutzungsrecht zum Betrieb einer Fischteichanlage mit Biotop in der Katastralgemeinde ***, eingetragen im Wasserbuch des Verwaltungsbezirks *** unter der Postzahl ***, erloschen ist.
Der bisherige Wasserberechtigte A wird verpflichtet, bis spätestens 31. Dezember 2021 folgende letztmalige Vorkehrungen zu treffen:

A.) betreffend den Fischteich:

1.) Abbruch und Entfernung des Betonfertigbauteils im ***. Nach der Entfernung ist ein durchgehendes Sohlgefälle des *** zu initiieren. Hierbei darf ein maximaler Absturz des Wassers von 10 cm nicht überschritten werden. Das Fertigteilelement ist ordnungsgemäß zu entsorgen oder nachweislich zu verwerten.

2.) Abbruch und Entfernung des Stahlbetonmönches sowie dessen Fundamentgrundplatte. Auch hier ist die ordnungsgemäße Entsorgung oder Verwertung nachzuweisen. Weiters ist der Zugangssteg abzutragen und eine ordnungsgemäße Verwertung bzw. Entsorgung nachzuweisen.

3.) Ausgraben des Grundablass- sowie des Überlaufrohrs. Die Rohre sind ordnungsgemäß zu entsorgen bzw. nachweislich zu verwerten (eine Lagerung in Waldbereichen ist zu unterlassen).

4.) Abtragen des Dammes auf einer Sohlbereite von ca. 2,0 m im Bereich des Grundablasses. Errichtung einer rund 2 zu 3 geneigten Dammböschung. Im Bereich der Dammkrone ergibt sich somit eine Mindestbreite der Öffnung von ca. 5,0 m. Die Tiefe ist so zu wählen, dass es zu keinem Rückstau in der Teichanlage kommt. Anhand der aktuellen Höhe des Grundablassrohres sind somit rund 15 cm unterhalb der Grundablasssohle abzutragen.

5.) Entfernen des Überlaufrohres in den Dotationsgraben des Biotops. Das Rohr ist ebenfalls zu entsorgen bzw. nachweislich zu verwerten.

B.) betreffend das Biotop:

6.) Im Bereich des Biotopes ist ebenfalls das Grundablassrohr auszugraben, ordnungsgemäß zu entsorgen bzw. nachweislich zu verwerten.

7.) Der Dammbereich ist hier auf einer Sohlbreite von ca. 1,0 m zu öffnen. Bei einer Böschungsneigung von 2 zu 3 ergibt sich eine Gesamtbreite der Öffnung im Bereich der Böschungskrone von rund 2,5 m. Alternativ kann die Öffnung des Dammes (in gleicher Ausführung) auch im Bereich des südwestlichen Ecks des Biotops erfolgen. Als Erosionssicherung ist der Ablaufbereich mit Steinen zu sichern.

C.) betreffend A.) und B.):

8.) Nach Durchführung der Maßnahmen sind die Böschungs- und Grabungsbereiche zu humusieren und rekultivieren.

9.) Die durchgeführten Maßnahmen sind fotografisch zu dokumentieren. Nach Abschluss der Arbeiten ist die Dokumentation (Fotos) der Bezirkshauptmannschaft Gmünd unverzüglich vorzulegen.

II. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 27 Abs. 1 lit a und f, 29 Abs. 1, 4 und 5, 102 Abs. 1 lit c WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF)

§§ 24 Abs. 1, 27, 28 Abs. 1 und 2 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF)

§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF)

Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF)

Entscheidungsgründe

1.   Sachverhalt:

1.1. Mit Bescheid vom 17. Jänner 2003, *** (in der Folge: der Bewilligungsbescheid) erteilte die Bezirkshauptmannschaft Gmünd (in der Folge: die belangte Behörde) dem A (in der Folge: der Beschwerdeführer) die wasserrechtliche Bewilligung für eine Teichanlage auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, bestehend aus einem Fischteich und einem Biotop mit Wasserentnahme aus dem *** sowie aus Drainagen sowie die Einleitung der Ablauf- bzw. Überlaufwässer in den ***.

Die Bewilligung wurde nach Maßgabe einer Projektsbeschreibung sowie unter Vorschreibung von Auflagen erteilt, wobei eine Bauvollendungsfrist bis 30. November 2004 festgesetzt wurde (auf das Erlöschen der Bewilligung bei Nichteinhaltung der Baufristen wurde hingewiesen). Die Bauvollendungsfrist wurde sodann bis zum 31. Dezember 2005 verlängert.

1.2. Die Teichanlage wurde in der Folge betrieben, jedoch nicht vollständig bewilligungsgemäß hergestellt (so entsprach die Entnahmevorrichtung - Wehr nicht dem bewilligten Projekt).

Das wasserrechtliche Überprüfungsverfahren wurde niemals abgeschlossen. Nach wiederholter Unterlagenanforderung durch die belangte Behörde kam es schließlich zu Gesprächen zwischen der belangten Behörde und dem Beschwerdeführer betreffend einen Verzicht auf das Wasserrecht. Nachdem die Bezirkshaupt-mannschaft Gmünd mit Schrieben vom 22. Dezember 2020 eine Verzichtserklärung unter Hinweis auf ein Telefonat anforderte, erklärte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11. Jänner 2021, dass er „das Biotop und den Fischteich mit 11 - 01 - 2021 auflöse“.

1.3. In der Folge holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des wasserbau-technischen Amtssachverständigen zu den erforderlichen letztmaligen Vorkehrungen ein, gab dazu dem Beschwerdeführer sowie den betroffenen Anrainern Gelegenheit zur Äußerung und erließ schließlich, nachdem der Beschwerdeführer sowie der Miteigentümer B eine Äußerung abgegeben hatten, den nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 17. Mai 2021, dessen Spruch wie folgt lautet:

„Die Bezirkshauptmannschaft Gmünd stellt fest, dass Ihr mit Bescheid vom 17. Jänner 2003, Zahl ***, erteiltes Wasserbenutzungsrecht (eingetragen im Wasserbuch des Verwaltungsbezirkes *** unter der Postzahl ***) erloschen ist.

Damit erlöschen auch die entbehrlich gewordenen und im Grundbuch nicht eingetragenen Dienstbarkeiten.

Aus Anlass des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes hat der letzte Wasserberechtigte Herr A bis spätestens 31. August 2021 folgende Vorkehrungen durchzuführen:

?    Abbruch und Entfernung des Querbauwerkes im Zulaufbereich und Wiederherstellung der Durchgängigkeit des ***.

?    Abbruch und Entfernung des Stahlbetonmönches mit anschließender ordnungsgemäßer Entsorgung des Abbruchmaterials (Entsorgungsnachweis ist der Behörde vorzulegen) – Abtragen des Fundaments des Zugangssteges

?    Ausgraben des Grundablass- sowie des Überlaufrohres des großen Teiches

?    Abtragen des Leitdammes und Wiederherstellung des ursprünglichen rechten Vorlandniveaus des ***, Rückgewinnung des verlorengegangenen Retentionsraumes

?    Schaffung eines Ablaufbereiches an der tiefsten Teichstelle des Fischteiches zur Entleerung im freien Gefälle, Sohlbreite rd. 2m

?    Ausgraben des Grundablass- sowie des Überlaufrohres des Biotops, weiters die Entfernung der beiden Drainageablaufrohre

?    Abtragen des Dammes im Bereich des Grundablassrohres des Biotops mit einer Sohlbreite von 1m und einer Gesamtbreite von 3m

?    Humusierung und Rekultivierung

Betreffend die Erfüllung der letztmaligen Vorkehrungen ist während des Baugeschehens eine aussagekräftige Fotodokumentation zu erstellen. Diese ist neben der Bestätigung der Erfüllung der letztmaligen Vorkehrungen an die Behörde zu übermitteln. Weiters ist auch noch der Entsorgungsnachweis vorzulegen.

Rechtsgrundlagen

§§ 27 Abs. 1 lit. a, 29 Abs. 1 und 5 sowie 98 Abs. 1, des Wasserrechtsgesetzes 1959

– WRG 1959“

Begründend gab die belangte Behörde den Verfahrensverlauf und die abgegebenen Stellungnahmen wieder, zitierte die angewendeten Rechtsvorschriften und setzte sich auf dieser Basis mit den notwendigen letztmaligen Vorkehrungen begründend auseinander.

1.4. In seiner rechtzeitig eingebrachten Beschwerde macht A geltend, dass er keine Verzichtserklärung betreffend das Wasserrecht abgegeben hätte. Weiters wendet er sich teilweise gegen die ihm auferlegten Verpflichtungen.

Die belangte Behörde legte Beschwerde und Verwaltungsakten dem Landes-verwaltungsgericht Niederösterreich vor.

1.5. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 03. August 2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei der ein Lokalaugenschein vorgenommen wurde, der wasserbautechnische Amtssachverständige C sein Gutachten ergänzte bzw. präzisierte, und der Beschwerdeführer sowie sein Bruder, der Miteigentümer B, gehört wurden.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung bestritt der Beschwerdeführer das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes nicht mehr und schränkte sein Rechtsmittel auf die Bekämpfung der letztmaligen Vorkehrungen ein.

Die möglicherweise betroffenen Anrainer waren zur Verhandlung geladen und aufgefordert worden, allfällige Forderungen im Zusammenhang mit dem Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes bekannt zu geben. Derartige Forderungen wurde nicht erhoben. Lediglich der Vertreter der D GmbH & Co KG erschien am Verhandlungsort, jedoch lediglich um mitzuteilen, dass seinerseits keine Forderungen bestünden.

1.6. In Bezug auf die anlässlich der Auflassung der Wasseranlage notwendigen Vorkehrungen wird Folgendes festgestellt:

Die in den Spruch dieses Erkenntnisses aufgenommen Vorschreibungen sind erforderlich, um die Wasserbenutzung dauerhaft zu beenden, einem allfälligen konsenslosen Weiterbetrieb der Anlage entgegen zu wirken sowie um einen Zustand herzustellen, der ohne weitere Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen ohne negative Auswirkungen auf die öffentlichen Interessen oder fremde Rechte weiterbestehen kann.

Die Beseitigung des sogenannten Leitdamms zwischen Teichanlage und *** ist nicht erforderlich, da durch sein (Weiter)bestehen kein maßgeblicher Verlust von Retentionsraum eintritt, Forderungen der Anrainer nicht erhoben wurden und aus dem Weiterbestehen des Dammes, aber auch aus einem allfälligen Verfall in Folge natürlicher Erosion keine negativen Auswirkungen auf fremde Rechte oder die öffentlichen Interessen zu erwarten sind.

Die aufgetragenen Maßnahmen können innerhalb weniger Tage bewerkstelligt werden; die festgesetzte Frist biete darüber hinaus ausreichend Zeit, in Bedarfsfall (der Beschwerdeführer hat vorgebracht, die Arbeiten selbst durchführen zu wollen) geeignete Fachfirmen zu betrauen, und nimmt auch Rücksicht auf allfällige witterungsbedingte Unwägbarkeiten.

2.   Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Verfahrensverlauf und der Inhalt aktenmäßig erfasster Schriftstücke ergeben sich aus den unbedenklichen Akten der belangten Behörde und des Gerichts. Die Feststellungen zu den nunmehr aufgetragenen Maßnahmen, deren Erforderlichkeit bzw. die Nichterforderlichkeit anderer Vorkehrungen beruhen auf der nachvollziehbaren Begutachtung durch den wasserbautechnischen Amts-sachverständigen, bestätigt durch die Wahrnehmungen beim Lokalaugenschein. Der Beschwerdeführer ist diesem Gutachten nicht mehr entgegengetreten, sondern hat im Zuge der mündlichen Verhandlung den erörterten Maßnahmen ausdrücklich zugestimmt. Dies gilt auch für die festgesetzte Frist, wobei das Gericht keinen Grund findet, die Einschätzung des Amtssachverständigen anzuzweifeln. Im Übrigen ist auf die rechtliche Beurteilung zu verweisen.

3.   Erwägungen des Gerichts

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:

3.1.     Anzuwendende Rechtsvorschriften

WRG 1959

§ 27. (1) Wasserbenutzungsrechte erlöschen:

a)

durch den der Wasserrechtsbehörde zur Kenntnis gebrachten Verzicht des Berechtigten;

        (…)

f)

durch Unterlassung der Inangriffnahme des Baues oder der Fertigstellung der bewilligten Anlagen binnen der im Bewilligungsbescheide hiezu bestimmten oder nachträglich verlängerten Frist;

g)

durch den Wegfall oder die Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen, wenn die Unterbrechung der Wasserbenutzung über drei Jahre gedauert hat, wobei der Wegfall oder die Zerstörung wesentlicher Teile der Anlage dem gänzlichen Wegfall oder der gänzlichen Zerstörung gleichzuhalten ist;

        (…)

(…)

§ 29. (1) Den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.

(…)

(4) Hat der bisher Berechtigte den im Sinne des Abs. 1 ergangenen behördlichen Anordnungen entsprochen, worüber auf Grund eines Überprüfungsverfahrens (§ 121) mit Bescheid zu erkennen ist, so ist er zur weiteren Erhaltung des auf diese Weise herbeigeführten Zustandes auch dann nicht mehr verpflichtet, wenn eine Überlassung der Anlage nach Abs. 3 nicht stattfindet.

(5) Im Falle des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die Behörde auch ausdrücklich auszusprechen, daß die durch das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes entbehrlich gewordenen, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten (§ 70 Abs. 1 erster Satz) erloschen sind.

(…)

§ 102. (1) Parteien sind:

        (…)

      c) im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;

        (…)

(…)

VwGVG

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(…).

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.   der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(…)

VwGG

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

B-VG

Art. 133. (…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(…)

3.2.     Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde eine wasserrechtliches Erlöschens-verfahren durchgeführt. Da der Beschwerdeführer im Zuge der mündlichen Verhandlung seinen Einwand betreffend den Eintritt des Erlöschens aufgegeben hat und seine Beschwerde auf die Bekämpfung der letztmaligen Vorkehrungen eingeschränkt hat, bedürfte es einer näheren Auseinandersetzung mit dieser Frage nicht mehr. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall aufgrund der nicht vollständig dem Projekt entsprechenden Fertigstellung innerhalb der (verlängerten) Baufrist bereits der Erlöschensgrund des § 27 Abs. 1 lit f WRG 1959 eingetreten war, sodass eine danach abgegebene Verzichtserklärung keine Rechtswirkungen mehr zu entfalten vermöchte. Dies beiseitegelassen kann jedoch die Erklärung, die Anlage „aufzulösen“ im konkreten Sachzusammenhang (zwischen dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde wurde zuvor telefonisch und schriftlich über die Abgabe der Verzichtserklärung korrespondiert) der Erklärung des Beschwerdeführers kein anderer objektiver Erklärungswert als jener beigemessen werden, dass er die Wasseranlage auf Dauer aufzugeben beabsichtigte (vgl. auch den Erlöschensgrund nach § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959) und damit auch auf das Wasserrecht verzichtete. Auf die ausdrückliche Verwendung des Wortes „Verzicht“ kommt es dabei nicht an.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat jedoch im Hinblick auf die zulässige Beschwerde im verbliebenen Anfechtungsrahmen die von der belangten Behörde gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 vorgeschriebenen letztmaligen Vorkehrungen zu überprüfen bzw. selbst festzusetzen.

Abgesehen von den Grundsätzen, dass als letztmalige Vorkehrungen nur bestimmte und befristete Maßnahmen, nicht aber dauernde Erhaltungsmaßnahmen aufgetragen werden können (VwGH 27.04.2006, 2005/07/0177) und dass diese Maßnahmen mit dem erloschenen Wasserrecht und dem Bestand der Anlage in einem sachlichen Zusammenhang stehen müssen (VwGH 28.03.1995, 94/07/0074; 25.10.1994, 93/07/0049), ist die „Notwendigkeit“ im Sinne der in § 29 Abs. 1 WRG 1959 genannten Interessen von entscheidender Bedeutung. Notwendige Maßnahmen müssen vorgeschrieben werden, andere als notwendige Maßnahmen dürfen hingegen nicht angeordnet werden (VwGH 21.10.1999, 96/07/0149). Dabei geht es vor allem darum, ob aufgrund des Wegfalls der Erhaltungsverpflichtung nach § 50 Abs. 1 WRG 1959 aus öffentlichen Rücksichten (etwa wegen Gefährdung von Personen oder fremden Eigentum) im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer letztmalige Vorkehrungen zu treffen sind (vgl. VwGH 23.05.2019, Ro 2018/07/0044). Eine Stilllegung der Wasserbenutzungsvorrichtungen im öffentlichen Interesse dient auch dem Zweck der Hintanhaltung jeder künftigen missbräuchlichen Verwendung (vgl. VwGH 22.12.2005, 2004/07/0209).

Bei den unter Spruchpunkt I. vorgeschriebenen Maßnahmen handelt es sich eben um solche, die im Sinne der davor beschriebenen Erwägungen im öffentlichen Interesse notwendig sind, nämlich um die Wasserbenutzung endgültig zu beenden (Beseitigung von Entnahmevorrichtungen und Einleitungen, Durchbrechung des Dammes zur Verhinderung des Weiterbestandes von Teichanlagen und zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Wasserabflusses, Beseitigung des Entnahmebauwerks zur Sicherstellung der unbeeinträchtigten Durchgängigkeit des Fließgewässers). Dabei wurden die von der belangten Behörde vorgesehenen Maßnahmen auch entsprechend präzisiert. Im öffentlichen Interesse ist auch die ordnungsgemäße Beseitigung von Bauwerken, sei es, dass diese ordnungsgemäß entsorgt oder einer zulässigen Wiederverwertung zugeführt werden. Die Verpflichtung zur Dokumentation dient einerseits der Beweissicherung und der Gewährleistung der Nachprüfbarkeit der ordnungsgemäßen Durchführung von Maßnahmen sowie in weiterer Folge der von der belangten Behörde vorzunehmenden Überprüfung der korrekten Durchführung der aufgetragenen letztmaligen Vorkehrungen.

Im Hinblick auf den Leitdamm, dessen Entfernung die belangte Behörde für nötig erachtete, hat das vom Gericht ergänzte Ermittlungsverfahren ergeben, dass diesbezüglich eine Notwendigkeit im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959 nicht besteht. Aus den Ausführungen des Amtssachverständigen ergibt sich, dass weder aus dem Weiterbestand negative Auswirkungen auf das öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Abfuhr von Hochwässern gegeben ist (der Retentionsraumverlust wurde vom Amtssachverständigen als geringfügig bezeichnet; im Übrigen war dieser auch schon mit der bewilligungsgemäßen Ausführung der Anlage verbunden und hätte gegenteiligenfalls die Teichanlage überhaupt nicht genehmigt werden dürfen). Forderungen hinsichtlich einer Beseitigung der Dammanlage wurde von den Anrainern auch nicht erhoben. Deren Interesse, durch den Wegfall der Instandhaltungsverpflichtung nicht Nachteilen aus dem Verfall einer Anlage ausgesetzt zu sein, erscheint im vorliegenden Fall nicht beeinträchtigt, hat doch der Amtssachverständige (in Verbindung mit dem Lokalaugenschein, der zu anderen Schlussfolgerungen keinen Anlass gab) plausibel ausgeführt, dass negative Auswirkungen diesfalls nicht zu erwarten sind. Dies gilt auch in Bezug auf öffentliche Interessen. Im Lichte dieser Überlegungen war die Vorschreibung der belangten Behörde in Bezug auf die Beseitigung des Leitdammes nicht aufrechtzuerhalten.

Was die Fristsetzung anbelangt, ist Ausgangspunkt das Kriterium, dass eine Frist objektiv geeignet sein muss, dem Leistungsverpflichteten unter Anspannung seiner Kräfte der Lage des konkreten Falles nach die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen (VwGH 24.04.2003, 2000/07/0247). Die nunmehr festgesetzte Frist genügt diesen Anforderungen unbestrittener Maßen jedenfalls und bietet darüber hinaus dem Beschwerdeführer Gelegenheit, auch Angebote betreffend die wirtschaftlich günstigsten Möglichkeiten einzuholen, und berücksichtigt allfällige witterungsbedingte Unwägbarkeiten.

Der auf § 29 Abs.5 WRG 1959 gestützte Spruchformulierung „Damit erlöschen auch die entbehrlich gewordenen und im Grundbuch nicht eingetragenen Dienstbarkeiten“ fehlt es an der gebotenen Deutlichkeit (vgl. VwGH 09.03.2000, 99/07/0115); sie war daher – auch im Hinblick darauf, dass konkrete Dienstbarkeiten, deren Erlöschen festgestellt werden müssten, weder ersichtlich noch geltend gemacht worden sind – ersatzlos zu beheben.

Sohin war der angefochtene Bescheid abzuändern wie im Spruchpunkt I.

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung war im vorliegenden Fall nicht zu lösen, ging es doch um grundsätzlich nicht reversible Fragen der Beweiswürdigung sowie um die Anwendung einer eindeutigen bzw. durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. die angeführten Zitate) hinreichend geklärten Rechtslage auf den Einzelfall. Die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gegen dieses Erkenntnis ist daher nicht zulässig.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Fischteichanlage; Wasserbenutzungsrecht; Erlöschen; letztmalige Vorkehrungen; öffentliches Interesse;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1102.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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