TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/8 W212 2243479-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.07.2021
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Entscheidungsdatum

08.07.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W212 2243479-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , StA Syrien, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.05.2021, ZI. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Syriens, stellte am 09.02.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Es liegt keine EURODAC-Treffermeldung vor und auch die VIS-Abfrage ergab keine Ergebnisse.

2. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.02.2021 gab der Beschwerdeführer an, er leide an keinen Krankheiten oder Beschwerden die ihn an der Einvernahme hindern würden. Er gehöre der Volksgruppe der Kurden an. Er habe im Jahr 2013 den Entschluss zur Ausreise aus seinem Herkunftsstaat gefasst und sich in der Folge sieben Jahre in der Türkei aufgehalten. Anschließend sei er drei Monate in Griechenland aufhältig gewesen und danach drei Monate in Serbien. Durch Mazedonien und Ungarn sei er nur durchgereist und schließlich nach Österreich gelangt. In Griechenland habe es ihm gut gefallen, zu Ungarn könne er keine Angaben machen, weil er nur durchgereist sei. Sein Zielland sei Deutschland, denn dort lebe sein Onkel. Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer an, er habe Angst in die Armee einrücken zu müssen. Er wolle keine Waffe tragen, niemanden töten und auch selbst nicht getötet werden.

3. Mit Schreiben vom 17.02.2021 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Informationsersuchen gemäß Art. 34 Dublin III-VO an Ungarn. Mit Schreiben vom 02.03.2021 teilte die ungarische Dublinbehörde mit, dass der Beschwerdeführer am 11.01.2021 in Ungarn aufgegriffen und am 12.01.2021 an die kroatischen Behörden übergeben worden sei.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete daraufhin am 11.03.2021 ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Kroatien. Mit Schreiben vom 10.05.2021 erklärte sich die kroatische Dublinbehörde gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO ausdrücklich zur Aufnahme des Beschwerdeführers bereit.

5. Nach durchgeführter Rechtsberatung gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG und Übermittlung der Länderinformationen zu Kroatien fand am 26.05.2021 unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die arabische Sprache die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Im Zuge der Einvernahme wurde von der Dolmetscherin bemerkt, dass der Beschwerdeführer die Sprache Kurdisch-Kirmanci spreche und nicht arabisch. Auf konkrete Nachfrage, ob der Beschwerdeführer die Dolmetscherin verstehe und damit einverstanden sei, die Einvernahme in der Sprache Kurdisch-Kirmanci durchzuführen, bejahte er. Kurdisch sei seine Muttersprache, er spreche jedoch auch Arabisch. Er gab zunächst an, es gehe ihm gesundheitlich gut und leide er an keinen schwerwiegenden Erkrankungen. Er sei auch psychisch in der Lage die Befragung durchzuführen. Der Beschwerdeführer brachte vor, ergänzend angeben zu wollen, er sei überhaupt nicht in Kroatien gewesen, sonst hätte er dies auch angegeben. Befragt nach den Gründen die einer Zurückweisung entgegenstehen, erklärte der Beschwerdeführer erneut, nie in Kroatien gewesen zu sein und dorthin auch nicht zurückzuwollen. Sein Reiseziel sei Österreich gewesen, weil sich hier seine Schwester und sein Schwager befinden würden. Nachgefragt gab er an, dass seine Schwester derzeit noch illegal in Griechenland sei, jedoch vorhabe nach Österreich zu kommen. Sein Schwager sei in Deutschland. In Österreich habe er keine Verwandten, er habe aber zwei Onkel in Deutschland. Ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe nicht.

Zu den ihm ausgefolgten Länderfeststellungen gab der Beschwerdeführer keine Stellungnahme ab.

6. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.05.2021, zugestellt am 01.06.2021, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO Kroatien für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Kroatien wurden folgende Feststellungen getroffen:

Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 22.4.2020; USDOS 11.3.2020 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

(AIDA 22.4.2020)

Im Jahr 2019 wurden laut Eurostat 1.265 Erstanträge gestellt (von insgesamt 1.400 Anträgen im Vergleich zu 800 Anträgen im Jahr 2018) (Eurostat 20.3.2020; vgl. Eurostat 2.4.2020). Die Zahl der mutmaßlich unbegleiteten Minderjährigen belief sich auf 35 Personen (Eurostat 21.4.2020).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 24.4.2020

-        Eurostat (2.4.2020): Asylwerber und erstmalige Asylwerber. Jährliche aggregierte Daten, https://ec.europa.eu/eurostat/tgm/refreshTableAction.do?tab=table&plugin=1&pcode=tps00191&language=de, Zugriff 27.4.2020

-        Eurostat (21.4.2020): Asylwerber. Mutmaßlich unbegleitete Minderjährige, https://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&language=de&pcode=tps00194&plugin=1, Zugriff 27.4.2020

-        Eurostat (20.3.2020): News Release. Asylum in the EU-Member States, https://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/10554400/3-20032020-AP-EN.pdf/6ee052a9-ffb8-d170-e994-9d5107def1a8, Zugriff 24.3.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Croatia, https://www.ecoi.net/en/document/2027527.html, Zugriff 18.5.2020

Dublin-Rückkehrer

Personen, die im Rahmen der Dublin-VO nach Kroatien zurückkehren (dies waren im Jahr 2019 insgesamt 99 Personen), haben prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem. Wenn Rückkehrer Kroatien vor dem Ende ihres ursprünglichen Verfahrens verlassen haben und das Verfahren daher suspendiert wurde, müssen sie bei Rückkehr gemäß Art. 18(2) der Dublin-III-VO neuerlich einen Asylantrag stellen. Wer hingegen vor Verlassen des Landes seinen Antrag explizit zurückgezogen hat bzw. eine Zurückweisung erhalten hat, gilt in solch einem Fall als Folgeantragsteller (AIDA 22.4.2020).

Die Überstellung von Dublin-Rückkehrern nach Kroatien wurde von europäischen nationalen Gerichten nicht infrage gestellt. Dies wurde vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigt (AIDA 22.4.2020).

In einer im Februar 2019 veröffentlichten Studie der Organisation "Médecins du Monde" wird festgestellt, dass es Dublin-Rückkehrern in Kroatien an psychosozialer Unterstützung fehle (MdM 2.2019). (Siehe dazu auch Abschnitt 6.3. Medizinische Versorgung, Anm.)

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 24.4.2020

-        MdM – Medecins du Monde (2.2019): Nearing a point of no return, https://medecinsdumonde.be/system/files/publications/downloads/Mental%20health%20of%20asylum%20seekers%20in%20Croatia_0.pdf, Zugriff 24.3.2020

Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable

Als vulnerabel gelten unmündige Personen, Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, alte und gebrechliche Personen, ernsthaft Kranke, Behinderte, Schwangere, AlleinerzieherInnen mit minderjährigen Kindern, psychisch Kranke, Opfer von Menschenhandel, Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen psychologischer, physischer und sexueller Gewalt. Für Vulnerable gibt es spezielle Verfahrens- und Unterbringungsgarantien. Im Hinblick auf ihre persönlichen Umstände ist ihnen geeignete – auch medizinische - Unterstützung zu bieten. Speziell geschulte Beamte sollen Vulnerable identifizieren; ein institutionalisiertes Früherkennungssystem gibt es nicht (AIDA 22.4.2020). Als "unbegleitete Minderjährige" gelten Drittstaatsangehörige bzw. staatenlose Personen, die jünger als 18 Jahre alt sind und ohne Begleitung verantwortlicher erwachsener Personen in die Republik Kroatien eingereist sind (HPC o.D.).

In Gesetz und Praxis wird die Identifizierung spezieller Bedürfnisse als kontinuierlicher Prozess während des Verfahrens gesehen. Die frühzeitige Erkennung von Vulnerabilität erfolgt durch speziell ausgebildete Polizeibeamte, die dann das Aufnahmezentrum für Asylwerber je nach Bedarf entsprechend informieren. Die weitere Ermittlung besonderer Schutzbedürftigkeit erfolgt in der Unterbringung durch Sozialarbeiter oder Mitarbeiter von NGOs in Kooperation mit dem Innenministerium (AIDA 22.4.2020; vgl. HPC o.D.). NGOs und das Innenministerium arbeiten zwar zusammen, ein systematischer Informationsaustausch findet jedoch nicht statt. Weniger offensichtliche Vulnerabilität wie z.B. im Zusammenhang mit Traumatisierten oder Opfern von Folter oder Menschenhandel oder auch von LGBTI-Personen werden in der gegenwärtigen Praxis viel seltener erkannt. Das Rehabilitationszentrum für Stress und Trauma berichtete, dass es noch immer keinen geeigneten Mechanismus zur Identifizierung von Folteropfern gibt (AIDA 22.4.2020).

Mit einem am 30. August 2018 verabschiedeten Protokoll über die Behandlung unbegleiteter Minderjähriger soll die Stellung dieses Personenkreises verbessert werden. Das Protokoll bietet einen detaillierten Überblick über alle Verfahren und enthält Leitlinien für alle relevanten Akteure, die mit unbegleiteten Minderjährigen in Kontakt kommen und mit ihnen arbeiten. Nach Angaben des Innenministeriums wurde eine ressortübergreifende Kommission eingerichtet, um die Zusammenarbeit zwischen Organen der staatlichen Verwaltung und anderen am Schutz unbegleiteter Minderjähriger beteiligten Akteuren zu verbessern. Diese Kommission ist 2019 zweimal zusammengetreten, allerdings ohne spezielle Resultate zu erzielen. Am 1. Januar 2019 trat ein neues Pflegeelterngesetz in Kraft, das die Möglichkeit des Aufenthalts unbegleiteter Minderjähriger in einer Pflegefamilie vorsieht (AIDA 22.4.2020).

Die Anträge unbegleiteter minderjähriger Asylwerber (UMA) werden bei der Entscheidungsfindung vorrangig behandelt. Sofern letztere den Wunsch nach Asyl erkennen lassen, ist ihnen vom Zentrum für soziale Wohlfahrt noch vor Antragstellung ein geeigneter Vormund zur Seite zu stellen. Laut Angaben des Ministeriums gab es auch im Jahr 2018 in der Praxis Verzögerungen bei der Bestellung eines gesetzlichen Vormunds. Vormunde sind in der Regel Mitarbeiter des zuständigen Zentrums für soziale Wohlfahrt, üblicherweise Juristen, Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen. Überlastung und Verständigungsprobleme können dazu führen, dass die Rolle der Vormunde eher formal bleibt und sie nicht aktiv im Sinne ihrer Schutzbefohlenen tätig werden. Der Vormund hat im besten Interesse des Kindes alle notwendigen Abklärungen mit Behörden, NGOs, usw. zu treffen. Ist ein UMA über 16 Jahre alt und verheiratet, ist kein Vormund zu bestellen (AIDA 22.4.2020; vgl. HPC o.D.). Die Ombudsperson für Kinder hat festgestellt, dass es in der Praxis beim Vormundsystem Probleme gibt (HPC o.D.) und die Vormünder oft nicht verfügbar sind bzw. nicht in regelmäßigem Kontakt mit dem Kind stehen. Besuche finden in bestimmten Fällen nur dann statt, wenn diese vom Innenministerium oder anderen Institutionen/Organisationen angesetzt werden (AIDA 22.4.2020).

Bei Zweifeln am Alter einer Person sollen zuerst die vorhandenen Informationen, inklusive der Meinung der Experten, die mit dem Minderjährigen täglich arbeiten, bewertet werden. Wenn dies nicht genügt, ist mit schriftlichem Einverständnis des Minderjährigen und des Vormunds eine medizinische Altersfeststellung möglich. Diese besteht aus einer allgemeinen medizinischen Untersuchung und einem Röntgen der Zähne und/oder der Hand. Im Zweifel ist Minderjährigkeit anzunehmen. Wird die Zustimmung zur Altersfeststellung verweigert, ist der Antragssteller als Erwachsener zu behandeln, der Antrag darf aber (nur) deswegen nicht abgelehnt werden. Im Zweifel wird zunächst eine zweite Meinung eingeholt, sofern die Zweifel fortbestehen, ist von der Minderjährigkeit auszugehen. Nach Angaben des Innenministeriums wurde das Altersfeststellungsverfahren in den Jahren 2017 und 2018 nicht durchgeführt. Für 2019 liegen diesbezüglich keine Informationen vor (AIDA 22.4.2020).

UMA unter 14 Jahren werden in Kinderheimen und jene über 14 Jahren in Jugendunterkünften untergebracht. Die Mitarbeiter dieser Unterkünfte sind jedoch nicht speziell auf den Umgang mit UMA vorbereitet. Verschiedene NGOs haben Bedenken insbesondere hinsichtlich der Unterbringung von Kindern in Kinderbetreuungseinrichtungen geäußert, da dort hauptsächlich Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten betreut werden. Die Eignung dieser Einrichtungen für den Aufenthalt von UMA kann in Zweifel gezogen werden, insbesondere wenn man die besonderen Bedürfnisse dieser Minderjährigen sowie die Nichtverfügbarkeit von Dolmetschern in diesen Einrichtungen berücksichtigt. Ein neues Gesetz über Pflegefamilien, das am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist, eröffnet die Möglichkeit, unbegleitete Minderjährige in Pflegefamilien unterzubringen. Die Angaben zur Zahl unbegleiteter minderjähriger Asylwerber, die 2019 internationalen Schutz in Kroatien beantragt haben, divergieren laut der Ombudsperson für Kinder beträchtlich; Während das Innenministerium deren Zahl mit 70 angibt, haben die Zentren für Sozialfürsorge über die Ernennung von Vormündern für 281 unbegleitete Minderjährige entschieden (AIDA 22.4.2020).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 18.5.2020

-        HPC - Croatian Law Centre (o.D.): Legal representation of unaccompanied children - Croatia, http://www.asylumineurope.org/reports/country/croatia/age-assessment-and-legal-representation-unaccompanied-children-0, Zugriff 27.3.2020

Non-Refoulement

Seit 2016 gibt es eine Liste von zehn sicheren Herkunftsstaaten. Diese sind Albanien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Kosovo, Montenegro, Serbien, Marokko, Algerien, Tunesien und die Türkei. Auf letztere wird das Konzept des sicheren Herkunftsstaates in der Praxis nicht angewandt. Im Jahr 2018 wurde das Konzept in insgesamt 76 Fällen umgesetzt, die sich wie folgt verteilen: bei Algeriern (39), Marokkanern (13), Tunesiern (13), Kosovaren (5), Serben (4) und Bosniern (2). Entsprechende Zahlen für 2019 liegen nicht vor. Laut Gesetz kann ein Land dann als sicherer Drittstaat eingestuft werden, wenn ein Antragsteller dort sicher ist vor Verfolgung oder dem Risiko, ernsten Schaden zu erleiden, wenn das Non-Refoulement-Prinzip beachtet und effektiver Zugang zum Asylverfahren gewährt wird. Ob dies zutrifft, ist eine Einzelfallentscheidung. Wenn ein Antragsteller bereits in einem anderen Staat Schutz erhalten hat oder Refoulement-Schutz genießt, kann sein Antrag in Kroatien als unzulässig zurückgewiesen werden (AIDA 22.4.2020).

Eines der zentralen Themen in Kroatien war in den vergangenen Jahren der eingeschränkte Zugang zum Asylsystem für Personen, die via Serbien oder Bosnien und Herzegowina einreisen wollten (AIDA 22.4.2020). Internationale und kroatische NGOs sowie internationale Organisationen außerhalb des Landes wie das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) berichteten über polizeiliche Pushbacks von Migranten, die versuchten, über die Grenze zu Serbien und insbesondere zu Bosnien und Herzegowina illegal in das Land einzureisen (USDOS 11.3.2020; vgl. HRW 8.11.2019, SRF 28.9.2019; AI 2019). Es gab auch Berichte über Polizeigewalt (FH 4.2.2019). Durch die erwähnten Pushbacks werden die Migranten von materieller und medizinischer Hilfe ausgeschlossen bzw. sogar ihre Besitztümer (Kleidung, Schlafsäcke, Rucksäcke, Zelte) verbrannt bzw. auch andere Gegenstände wie Mobiltelefone, Powerbanks oder persönliche Dokumente ins Visier genommen (ECRE 30.8.2019).

Es gibt Berichte über einen fortgesetzten und unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt und eine erniedrigende und unmenschliche Behandlung von Asylwerbern (ECRE 31.1.2020).

Seitens der Ombudsperson wurde nach Eingang einer anonymen Beschwerde eines Grenzpolizisten, wonach die illegale Misshandlung von Migranten von den Vorgesetzten der Polizei angeordnet worden sei, schließlich das Parlament informiert. Das Innenministerium wies diese Behauptungen als unbegründet und ungenau zurück. Die Regierung arbeitete in den meisten Fällen mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, Asylsuchenden, Staatenlosen und anderen Betroffenen Schutz und Hilfe zu gewähren. Die Regierung hat bedeutende Schritte unternommen, um Personen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, strafrechtlich zu verfolgen und zu bestrafen (USDOS 11.3.2020). Auch die Europäische Kommission beurteilt die Einrichtung eines Kontrollregimes für das Verhalten der kroatischen Grenzbeamten sowie das Versprechen der kroatischen Regierung, allen Vorwürfen nachzugehen, positiv. Es gebe ausreichende Belege dafür, dass das Land bemüht ist, seine Verpflichtungen zum Schutze der Menschenrechte zu erfüllen (HRW 8.11.2019).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 24.4.2020

-        AI – Amnesty International (2019): Pushed to the edge. Violence and abuse gainst refugees and migrants along the Balkan route, https://www.amnesty.org/download/Documents/EUR0599642019ENGLISH.PDF, Zugriff 13.3.2020

-        ECRE - European Council on Refugees and Exiles (30.8.2019): Report on Illegal Pushback and Border Violence, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Report%20on%20Illegal%20Pushback%20and%20Border%20Violence%20_%20European%20Council%20on%20Refugees%20and%20Exiles%20%28ECRE%29.pdf, Zugriff 17.1.2020

-        ECRE - European Council on Refugees and Exiles (31.1.2020): New Report on Torture of Asylum Seekers by Authorities, https://www.ecre.org/croatia-new-report-on-torture-of-asylum-seekers-by-authorities/, Zugriff 17.4.2020

-        FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Croatia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2015957.html, Zugriff 13.1.2020

-        HRW – Human Rights Watch (8.11.2019): EU: Push-Backs an kroatischer Grenze beenden, https://www.hrw.org/de/news/2019/11/08/eu-push-backs-kroatischer-grenze-beenden, Zugriff 23.3.2020

-        SRF - Schweizer Rundfunk (28.9.2019): lllegale Push-Backs - SEM bei Kroatien-Rückführungen zurückgepfiffen, https://www.srf.ch/news/schweiz/illegale-push-backs-sem-bei-kroatien-rueckfuehrungen-zurueckgepfiffen, Zugriff 24.3.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Croatia, https://www.ecoi.net/en/document/2027527.html, Zugriff 23.03.2020

Versorgung

Asylwerber in Kroatien haben das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Dieses Recht gilt ab dem Zeitpunkt, an dem die betreffenden Personen den Willen zur Asylantragsstellung erkennen lassen und umfasst Unterbringung in einem Aufnahmezentrum, Verpflegung, Kleidung und finanzielle Unterstützung sowie Refundierung der Fahrtkosten in öffentlichen Verkehrsmitteln. Die monatliche finanzielle Unterstützung wird ab der Unterbringung in einem Aufnahmezentrum gewährt und beläuft sich per 31.12.2019 auf 100 Kuna (EUR 13,40) pro Person. Auch wenn sich der Betrag bei abhängigen Familienmitgliedern erhöht, gilt er doch als sehr gering bemessen. Asylwerber, deren Verfahren nach neun Monaten noch nicht entschieden ist, haben das Recht zu arbeiten. Der faktische Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber wird jedoch durch die Sprachbarriere und die hohe Arbeitslosigkeit behindert. Asylwerber haben keinen Zugang zu Jobtrainings, sie können aber auf freiwilliger Basis innerhalb der Aufnahmezentren mitarbeiten. Auch können sie bei gemeinnützigen Tätigkeiten oder bei der Arbeit humanitärer Organisationen mitwirken (AIDA 22.4.2020).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 24.4.2020

Unterbringung

Gemäß Asylgesetz haben Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Unterbringung in entsprechenden Aufnahmezentren. Auf Antrag können sie auf eigene Kosten außerhalb eines Zentrums wohnen. Kroatien verfügt über zwei offene Aufnahmezentren für Asylwerber, in Zagreb im „Hotel Porin“ (Kapazität: 600 Plätze) und in Kutina (Kapazität: 100 Plätze). Beide Zentren werden vom kroatischen Innenministerium geführt. Das Zentrum in Kutina zielt auf die Unterbringung vulnerabler Antragsteller ab, auch wenn 2019 dort hauptsächlich umgesiedelte Personen beherbergt wurden, bis diese am Ende des Jahres in anderen Städten mit bezahlten Wohnungen ausgestattet wurden. Der Plan, in Mala Gorica ein neues Aufnahmezentrum zu bauen, wurde nach Protesten der lokalen Bevölkerung wieder verworfen und das veranschlagte Geld in die Renovierung der bestehenden Zentren investiert (AIDA 22.4.2020).

Das „Hotel Porin“, offizielle Bezeichnung „Reception Center for Asylum Seekers Zagreb“, ist ein ehemaliges Hotel, das nach der Schließung nunmehr im Eigentum der Polizei steht. Das Zentrum wird von Polizei und Regierung mit Unterstützung zahlreicher NGOs wie Croatian Baptist Aid, MSF, dem Roten Kreuz und IOM betrieben (BGAV 13.5.2019). Eine umfassende Renovierung 2019 hat die Lebensbedingungen für die Asylwerber wesentlich verbessert (AIDA 22.4.2020).

Die Bewohner können sich frei bewegen, müssen aber – sofern keine Sondergenehmigung vorliegt – bis 23 Uhr wieder im Haus sein. In Kutina teilen sich Familien ein Zimmer, unbegleitete Minderjährige und alleinstehende Frauen werden getrennt untergebracht. In Zagreb werden maximal vier Personen pro Zimmer untergebracht; Familien mit mehr als fünf Mitgliedern werden nach Möglichkeit zwei Zimmer zur Verfügung gestellt. Die Ausstattung mit Duschen und Toiletten ist ausreichend und die Einrichtungen werden regelmäßig gereinigt (AIDA 22.4.2020).

In beiden Zentren erhalten die Bewohner drei Mahlzeiten pro Tag und schwangere Frauen, Wöchnerinnen und Minderjährige bis 16 Jahre erhalten zusätzlich eine Nachmittagsjause. In vom Roten Kreuz ausgestatteten Küchen können sich die Asylwerber außerdem selbst Mahlzeiten zubereiten (AIDA 22.4.2020).

Das Personal des Innenministeriums in den Aufnahmezentren ist ausreichend. Es werden soziale und pädagogische Aktivitäten organisiert wie etwa Sportaktivitäten, Sprach- und EDV-Kurse und verschiedenste Workshops beispielsweise über kroatische Kultur und über Sitten und Gebräuche. Auch Kinderspielzimmer, Bibliothek, Friseur und ähnliches stehen zur Verfügung. Die meisten Asylwerber bleiben nicht lange in den Aufnahmezentren, da sie sich auf der Durchreise befinden (AIDA 22.4.2020).

Der Jesuitische Flüchtlingsdienst JRS organisiert zahlreiche Freizeitaktivitäten und Sprachkurse. Zudem können die Bewohner der Aufnahmezentren eine asylrechtliche Beratung und psychosoziale Unterstützung in Anspruch nehmen (JRS o.D.).

UNICEF setzt sich besonders dafür ein, dass bei der Organisation und Planung der Dienste in den Aufnahmezentren den Bedürfnissen der Kinder besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird (AIDA 22.4.2020). Für Familien mit Kindern stellt UNICEF die medizinische Versorgung von Müttern und Kindern sowie Unterstützung für schwangere und stillende Mütter bereit. Weiters organisiert UNICEF abgeschlossene Bereiche, in denen die Kinder spielen und informell lernen können (UNICEF o.D.).

Antragsteller können bis zum Ende ihres Verfahrens in den Unterbringungszentren bleiben. Wenn eine rechtskräftig negative Entscheidung vorliegt und die postulierte Frist zur freiwilligen Ausreise verstrichen ist, muss das Zentrum verlassen werden (AIDA 22.4.2020).

Kroatien verfügt zurzeit über drei Schubhaftzentren mit einer Gesamtkapazität von insgesamt 219 Personen: das geschlossene (Schubhaft-) Zentrum (Center for Foreigners) in Jezevo mit 95 Plätzen und die Transitzentren in Trilj und in Torvarnik mit jeweils 62 Plätzen. 2018 wurden gemäß kroatischen Innenministerium insgesamt 928 Migranten inhaftiert, davon 535 in Jezevo, 109 in Tovarnik und 284 in Trilj. Diese Zahl umfasst nicht die von der Polizei angeordneten Inhaftierungen, sondern nur jene, die von Aufnahmezentren für Asylwerber oder den Asylbehörden angeordnet wurden. Es liegen keine Daten über die Inhaftierung von Migranten und Bewerbern um internationalen Schutz im Laufe des Jahres 2019 vor (AIDA 22.4.2020).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 24.4.2020

-        BGAV - Baptist General Association of Virginia (13.5.2019): Via Will Cumbia, Venturer: Partnering with Croatian Baptists in Ministry with Refugees in Bosnia, https://bgav.org/partnering-with-croatian-baptists-in-ministry-with-refugees-in-bosnia/, Zugriff 7.1.2020

-        JRS – Jesuit Refugee Service (o.D.): Activities in Organisation. Activities in the detention, http://www.jrs.hr/en/activities-in-organization/, Zugriff 27.4.2020

-        UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (o.D.): Helping child refugees and migrants, https://www.unicef.org/croatia/en/helping-child-refugees-and-migrants, Zugriff 27.4.2020

Unterbringung Vulnerabler/UMA

Für Vulnerable gelten spezielle Verfahrens- und Unterbringungsgarantien. Sie werden im allgemeinen Unterbringungssystem versorgt. So dient das Zentrum Kutina primär der Unterbringung vulnerabler Asylwerber. Dort wurden spezielle Bereiche für Frauen und Vulnerable eingerichtet. Familien werden gemeinsam, alleinstehende Frauen, unbegleitete Minderjährige und Traumatisierte in getrennten Räumen untergebracht. In manchen Fällen wurden Kinder gemeinsam mit erwachsenen Asylwerbern untergebracht (AIDA 22.4.2020).

UNICEF berichtete, dass Ende 2019 ein kurzfristiger Vertrag mit dem JRS (gültig bis April 2020) unterzeichnet wurde, der die Finanzierung der Wiederherstellung eines kinderfreundlichen Raums vorsieht (AIDA 22.4.2020). Ziel ist es, einen sicheren Ort für die Kinder zu schaffen, an dem sie lernen, spielen und Spaß haben können. Weiters soll den Kindern Schutz, psychosoziales Wohlbefinden und nicht-formale Bildung geboten werden. Dem Alter der Kinder entsprechend werden altersgerechte Spiele, Lerntechniken und pädagogische Inhalte verwendet (JRS o.D.).

Sozialarbeiter bieten tägliche psychosoziale Betreuung und organisieren soziale und kulturelle Events. Unbegleiteten Minderjährigen, psychisch beeinträchtigten Personen und potentiellen Traumaopfern wird besondere Beachtung geschenkt. Wenn nötig, werden die Betroffenen zu medizinischer bzw. psychologischer Spezialbehandlung überwiesen. Um geschlechtsspezifische Gewalt zu verhindern und Kinder vor Erwachsenen zu schützen, führen die in den Empfangszentren tätigen Mitarbeiter des kroatischen Roten Kreuzes Workshops durch und organisieren auch individuelle Beratungen über mögliche Risiken sexueller Gewalt, Ausbeutung und des Menschenhandels. Weiters gibt es Sprachkurse, Arbeitsvermittlung usw. Mehrere NGOs sind in den Zentren präsent und bieten Unterstützungsmaßnahmen an. Es existieren in Kroatien keine Monitoringmechanismen bezüglich der Einhaltung der Unterbringungsgarantien für Vulnerable. Sozialarbeiter des kroatischen Innenministeriums und des Roten Kreuzes sind aber täglich in den Zentren anwesend und können unterstützend tätig werden. In der Praxis können die Mitarbeiter des Kroatischen Roten Kreuzes während ihrer regelmäßigen Arbeit und der Kommunikation mit Asylsuchenden sowie bei der Einzel- und Gruppenunterstützung die Bedürfnisse anfälliger Gruppen beobachten und, wenn erforderlich, Änderungen in der Unterbringung vorschlagen. Bei Bedarf können Vulnerable auch anderweitig untergebracht werden. Laut Innenministerium werden spezielle Unterbringungsbedürfnisse meist auf Empfehlung des Arztes nach dem ersten Gesundheitscheck festgestellt (z.B. spezielle Diät, psychosoziale Unterstützung, spezielle Unterkunft) (AIDA 22.4.2020).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 24.4.2020

-        JRS – Jesuit Refugee Service (o.D.): Child Friendly Space in the Reception Center for International Protection seekers in Zagreb, http://www.jrs.hr/en/causes/child-friendly-space-in-the-reception-center-for-international-protection-seekers-in-zagreb/, Zugriff 17.4.2020

Medizinische Versorgung

Asylwerber haben das Recht auf medizinische Notversorgung und notwendige medizinische und psychologische Behandlung. Diese Behandlung ist in den Aufnahmezentren Zagreb und Kutina verfügbar. Zudem wurde in beiden Zentren eine Ambulanz für chronische und lebensbedrohliche Krankheiten eingerichtet. Das Kroatische Rote Kreuz bietet ein breites Spektrum verschiedenster Leistungen an. Dazu gehören eine permanente psychologische und psychosoziale Unterstützung sowie eine besondere Betreuung potentieller Opfer von Folter und Traumata (AIDA 22.4.2020).

Zur spezialisierteren Behandlung werden die betroffenen Personen an das Spital in Kutina überwiesen, das unter anderem über Ambulanzen in den Bereichen Kinderheilkunde, Gynäkologie und Neuropsychiatrie verfügt. Im Spital in Zagreb sind Suchtbehandlung, eine Zahnambulanz sowie eine Psychiatrie verfügbar. Darüber hinaus werden Antragsteller an lokale Krankenhäuser überwiesen, d.h. in Sisak für diejenigen, die in Kutina untergebracht sind, und an das Krankenhaus von Zagreb. Auch wurden für die Asylwerber zuständige Apotheken, jeweils eine in Zagreb und Kutina, festgelegt. Ein Ärzteteam von MdM war jeden Werktag von 9 bis 15 Uhr im Aufnahmezentrum in Zagreb und je nach Bedarf im Aufnahmezentrum in Kutina anwesend (AIDA 22.4.2020).

Vulnerable Antragsteller, insbesondere Opfer von Folter, Vergewaltigung oder sonstigen schwerwiegenden Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt, sind entsprechend medizinisch zu behandeln. In der Praxis ist diese zusätzliche Gesundheitsversorgung jedoch nicht regelmäßig zugänglich. Ein Mechanismus zur Identifizierung Vulnerabler existiert nicht, sie werden oft an den Arzt im Unterbringungszentrum verwiesen. Seit 2010 betreibt das Croatian Law Centre das Projekt “Protection of Victims of Torture among Vulnerable Groups of Migrants”. 24 Personen wurden 2019 im Rahmen dieses Projekts betreut (AIDA 22.4.2020).

Teams von Medecins du Monde - bestehend aus Allgemeinmedizinern, einer Krankenschwester, einem Psychologen und einem Dolmetscher - bieten bei Bedarf medizinische und psychologische Unterstützung an. MdM arbeitet täglich mit diesen Menschen, von denen die meisten Opfer von multiplen Traumata sind, zusammen und kümmert sich – sofern erforderlich - auch um den Transport und die Begleitung in Krankenhäuser. Weiters wird Asylwerbern auch eine spezialisierte Betreuung angeboten. Zweimal im Monat sind ein Psychiater, ein Kinderarzt und ein Gynäkologe bei den Konsultationen anwesend. Sie ermöglichen Frauen und Kindern eine fachärztliche Betreuung. Schließlich wird auch die Impfung von Kindern gefördert, indem diese zu den entsprechenden Einrichtungen begleitet werden (MdM o.D.; vgl. MdM 6.2018). Im Jahr 2019 führte das Ärzteteam von MdM 3.556 ärztliche Konsultationen durch, hiervon 1.360 Erstuntersuchungen neu eingetroffener Asylwerber, weiters 1.200 psychologische Einzelberatungen und 110 psychiatrische Fachuntersuchungen (AIDA 22.4.2020).

Darüber hinaus bietet als Teil des MdM-Teams ein Sozialarbeiter Informationen, Anleitungen und praktische Unterstützung für Asylwerber (z.B. Begleitung von Patienten in Gesundheitseinrichtungen, Begleitung von Kindern von Asylwerbern zur Impfung). Auch Schutzberechtigte werden entsprechend unterstützt, damit sie ihre Rechte geltend machen können. Durch Workshops oder individuelle Beratung informiert das medizinische Team von MdM über Prävention von Infektionskrankheiten, Hygiene, Zugang zur Gesundheitsversorgung und Familienplanung (MdM 6.2018).

Außerdem hat das "Zentrum für Kinder, Jugend und Familie“ (Modus) seit März 2015 mit der Bereitstellung von kostenloser Beratung und Psychotherapie für Antragsteller und Flüchtlinge begonnen. 2019 wurde die Beratung nicht in den Aufnahmezentren selbst, sondern in den Räumlichkeiten der Organisation angeboten und von drei Psychologen und zwei Dolmetschern für Farsi und Arabisch unterstützt. Eine Sitzung dauert zwischen 45 und 60 Minuten und beinhaltet die üblichen Regeln für die Gewährung psychologischer Unterstützung, wie z.B. Vertraulichkeit und die Möglichkeit, sich auf die zu behandelnden Themen zu einigen (AIDA 22.4.2020).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 27.4.2020

-        MdM - Médecins du Monde (o.D.): Soigner et soutenir les demandeurs d'asile à Zagreb & Kutina. Croatie, https://medecinsdumonde.be/projets/soigner-et-soutenir-les-demandeurs-dasile-a-zagreb-kutina#Notreaction, Zugriff 27.4.2020

-        MdM - Médecins du Monde (6.2018): Croatia – Hidden (human) faces of European Union’s Dublin regulation from a health perspective, https://medecinsdumonde.be/system/files/publications/downloads/MdM-BE%20-%20Croatia%20Hidden%20human%20faces%20Dublin%20-%20June%202018.pdf, Zugriff 27.4.2020

-        MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail

Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für fünf Jahre, subsidiär Schutzberechtigte eine solche für drei Jahre. Die Kosten für die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung trägt der Staat; eine etwaige Verlängerung hingegen verursacht Kosten, die vom Betreffenden selbst zu tragen sind. Alle Schutzberechtigten dürfen sich im Land frei bewegen. Wer fünf Jahre ununterbrochen legal im Land aufhältig war, kommt für eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis infrage, wenn gewisse Bedingungen erfüllt werden. Sowohl anerkannte Flüchtlinge als auch subsidiär Schutzberechtigte haben grundsätzlich ein Recht auf Familienzusammenführung (AIDA 22.4.2020), wenngleich ein im Jahr 2020 veröffentlichter Bericht des Croatian Law Centers besagt, dass de facto zahlreiche unter anderem auch administrative Hindernisse wie z.B. die Notwendigkeit, verschiedene ins Kroatische übersetzte Dokumente zu erhalten, die Ausübung des Rechts auf Familienzusammenführung behindern (BalkanInsight 13.3.2020).

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die nicht über die Mittel verfügen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, haben das Recht auf Unterbringung für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Statuszuerkennung. Dazu ist ein Antrag bei der zuständigen Sozialfürsorgestelle nötig. Nach der zweijährigen Integrationsphase wird die Unterbringung nach dem Gesetz über Sozialleistungen geregelt. In der Praxis dürfen Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz in den entsprechenden Aufnahmezentren bleiben, bis eine angemessene Unterkunft bzw. Wohnung für sie gefunden ist. Alle Schutzberechtigten haben denselben Anspruch auf Sozialhilfe wie kroatische Bürger. Berichten zufolge ist die Sozialhilfe jedoch nicht ausreichend, um den eigenen Lebensunterhalt zu decken. Somit bleibt diese Personengruppe weiterhin von der Unterstützung durch zivile Organisationen abhängig (AIDA 22.4.2020).

2018 wurden ca. 60 Wohnungen für Schutzberechtigte renoviert. Diese Wohnungen befinden sich jedoch nicht in Zagreb, sondern in der Region Sisak/Karlovac (VB 20.4.2018). Vor Ort werden die Flüchtlinge in ihren Integrationsbemühungen von NGOs wie beispielsweise „Welcomm“ unterstützt (Welcomm o.D.).

Es wird davon ausgegangen, dass die Schutzberechtigten in den zwei Jahren der Integrationsphase Kroatisch gelernt und eine Arbeit gefunden haben werden. Das Haupthindernis hierbei ist das Erlernen der kroatischen Sprache, deren Beherrschung eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration und den Zugang zum Arbeitsmarkt ist. Das Ministerium für Wissenschaft und Bildung organisierte hierzu in Kooperation mit dem Innenministerium ein Integrationsprojekt mit Sprachkursen in Zagreb, Slavonski Brod und in Sisakand Karlovac (AIDA 22.4.2020). Anerkannte Flüchtlinge profitieren von einem soliden Integrationsprogramm, wobei aber das Erlernen der Sprache eine der größten Herausforderungen darstellt. Obwohl die Regierung Sprachkurse anbietet, ist dieses Angebot unzureichend und überdies nicht überall verfügbar (Euractiv 27.12.2019).

Schutzberechtigte werden in der Integrationsphase von Sozialarbeitern betreut, die auch bei der Arbeitsvermittlung und Ausbildungsmaßnahmen helfen, zum Teil auch in Zusammenarbeit mit NGOs. In der Praxis sind Schutzberechtigte nach zwei Jahren, in denen sie auf Staatskosten gewohnt haben, oft nicht in der Lage, eine eigene Unterkunft zu finden und zu bezahlen. Die Gründe dafür sind vor allem Sprachbarrieren und Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt, obwohl Schutzberechtigte denselben Zugang zum Arbeitsmarkt haben wie kroatische Bürger. Daneben zögern Vermieter oft, Wohnungen an diese Personengruppe zu vermieten. Das Kroatische Rote Kreuz betreibt Programme und ein sogenanntes „Integrationshaus“ als Anlaufstelle für Schutzberechtigte. Auch viele andere NGOs (z.B. Jesuitischer Flüchtlingsdienst, Centre for Peace Studies, Rehabilitation Centre for Stress and Trauma) bieten Unterstützung bei der Integration. Das kroatische Arbeitsamt (Croatian Employment Service - CES) ist für die Umsetzung von Maßnahmen für den Arbeitsmarktzugang von Schutzberechtigten zuständig (AIDA 22.4.2020; vgl. CoE-ECRI 15.5.2018). Laut Informationen des Arbeitsamts waren im Jahr 2019 146 anerkannte Flüchtlinge, 12 Personen unter subsidiärem Schutz und 13 Familienangehörige von Personen mit internationalem Schutzstatus als arbeitslos registriert. Die Mehrheit der registrierten Personen stammte aus Syrien (117) und dem Irak (24). Das Arbeitsamt hebt die mangelnden Kenntnisse der kroatischen und/oder englischen Sprache sowie die geringe Motivation zum Erlernen der Sprache und zur Teilnahme an anderen Programmen, die die Chancen auf eine Beschäftigung erhöhen können, als Haupthindernis für die Integration von Schutzberechtigten hervor. Als zusätzliche Herausforderung für die Integration hebt CES außerdem die Arbeitseinstellung und die kulturellen Unterschiede, insbesondere bei Frauen, hervor (AIDA 22.4.2020).

Schutzberechtigte sind zwar keine krankenversicherte Personengruppe, sie haben jedoch vollen Zugang zu medizinischer Versorgung, wobei der kroatische Staat analog zu Pflichtversicherten die Kosten zu tragen hat. Sie müssen dazu bloß ihre Identitätskarte vorlegen. Trotzdem gibt es in der Praxis Zugangshindernisse: zum einen die Sprachbarriere und zum anderen Unwissenheit seitens des medizinischen Personals über die Rechte von Schutzberechtigten (AIDA 22.4.2020).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 27.4.2020

-        BalkanInsight (13.3.2020): BIRN Fact-check: Will Croatia Have to Accept ‘20 Relatives’ of Unaccompanied Refugee Children?, https://balkaninsight.com/2020/03/13/birn-fact-check-will-croatia-have-to-accept-20-relatives-of-unaccompanied-refugee-children/, Zugriff 28.3.2020

-        CoE-ECRI - Council of Europe - European Commission against Racism and Intolerance (15.5.2018): ECRI Report on Croatia (fifth monitoring cycle); Adopted on 21 March 2018; Published on 15 May 2018 [CRI(2018)17],
https://www.ecoi.net/en/file/local/1439742/1226_1533191118_hrv-cbc-v-2018-017-eng.pdf, Zugriff 27.4.2020

-        Euractiv (27.12.2019): UN official ‘concerned’ about denial of access to asylum procedures in Croatia, https://www.euractiv.com/section/justice-home-affairs/interview/un-official-concerned-about-denial-of-access-to-asylum-procedures-in-croatia/, Zugriff 14.4.2020

-        VB des BM.I für Kroatien (20.4.2018): Bericht des VB, per E-Mail

-        Welcomm (o.D.): Comunity of Practice Meeting held in Sisak, Croatia, https://welcomm-europe.eu/cop-meeting-croatia/, Zugriff 27.4.2020

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen sei, weil gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO Kroatien für die Prüfung des Asylantrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet und eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Kroatien sei nicht erkannt worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben. Es seien auch weder schützenswerte familiäre, noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.

Vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurden auch Feststellungen im Zusammenhang mit der aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Coronavirus getroffen.

7. Gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhob der Beschwerdeführer am 11.06.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Zusammengefasst wurde vorgebracht, dass die belangte Behörde sich zu Unrecht nicht näher mit den Schilderungen des Beschwerdeführers, wonach er nie in Kroatien aufhältig gewesen sei, auseinandergesetzt habe. Er habe dort auch keine Fingerabdrücke abgegeben. Überdies habe die Behörde die Länderberichte nicht hinreichend mit den Angaben des Beschwerdeführers abgeglichen. Überdies seien die im Bescheid verwendeten Länderberichte unzureichend und unvollständig und wäre die belangte Behörde angehalten gewesen, über die verwendeten Länderberichte hinaus zu ermitteln. In der Beschwerde wurden eine Vielzahl von Berichten erwähnt, die sich mit von der kroatischen Polizei durchgeführten illegalen Pushbacks von Migranten befassen und auch ein Urteil des Schweizer Bundesverwaltungsgerichts mit dem eine vorinstanzliche Überstellungsentscheidung nach Kroatien aufgehoben worden ist. Im Zuge dieser Pushbacks gebe es auch Berichte von Polizeigewalt. Im vorliegenden Fall bestehe auch die Gefahr einer Kettenabschiebung und damit ein Verstoß gegen das Refoulement-Verbot sowie die Gefahr einer Art. 3 EMRK Verletzung aufgrund einer anderen unmenschlichen Behandlung. Eine Anwendung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Dublin III-VO wäre somit erforderlich gewesen. Es könne nicht gewährleistet werden, dass der Beschwerdeführer in Kroatien einen Asylantrag stellen könnte und angemessen untergebracht werden würde. Die tatsächliche Lage der sozialen Versorgung von Asylsuchenden in Kroatien reiche aus, um zur Einschätzung zu gelangen, dass der Beschwerdeführer mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine derartige prekäre Situation geraten würde. Eine individuelle Zusicherung durch die kroatischen Behörden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Kroatien adäquat untergebracht und versorgt werde, sowie Zugang zum Asylverfahren erhalte, sei nicht erfolgt.

8. Die Beschwerdevorlage langte am 16.06.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

9. Während der Dauer des anhängigen Beschwerdeverfahrens wurden die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie begleitend beobachtet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger aus Syrien, reiste spätestens am 09.02.2021 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am selben Tag stellte er den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Sowohl eine EURODAC-Abfrage als auch eine VIS-Abfrage lieferten keine Ergebnisse.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 17.02.2021 ein auf Art. 34 Dublin III-VO gestütztes Informationsersuchen an Ungarn. Mit Schreiben vom 02.03.2021 gab die ungarische Dublinbehörde bekannt, dass der Beschwerdeführer am 11.01.2021 von Kroatien kommend aufgegriffen worden und am 12.01.2021 den kroatischen Behörden übergeben worden sei.

Am 11.03.2021 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein auf Art. 13 Abs. 1 der Dublin III VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Kroatien, dem die kroatische Dublinbehörde mit Schreiben vom 10.05.2021 ausdrücklich zustimmte.

Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Kroatien wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Kroatien an.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Kroatien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist notorisch:

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gab es mit Stand 06.07.2021, 646.618 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 10.492 Todesfälle; in Kroatien wurden zu diesem Zeitpunkt 260.246 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen und wurden bisher 8.219 Todesfälle bestätigt (WHO, 06.07.2021).

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Da sich die epidemiologische Lage innerhalb der EU weitgehend stabilisiert hat, wurden – neben anderen Lockerungen der Corona-Maßnahmen – die Reisebeschränkungen, die eingeführt worden waren, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, wieder schrittweise aufgehoben.

Seit 01.07.2021 können Reisende aus Ländern und Regionen der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraumes und des Schengenraums ohne Vorlage eines Impfzertifikats, einer Genesungsbestätigung oder eines Testes nach Kroatien einreisen, wenn sie über ein digitales COVID-Zertifikat der EU verfügen. Ansonsten ist die Einreise auch mit Nachweis über eine COVID-19-Impfung, eine Genesung von einer COVID-19-Erkrankung, eines nicht mehr als 72 Stunden alten negativen PCR-Test oder eines nicht mehr als 48 Stunden alten negativen Antigen-Test möglich. Grundsätzlich wird auch empfohlen vor der Reise nach Kroatien das Online-Formular Enter Croatia (mup.hr) auszufüllen. Für Kroatien gilt die Sicherheitsstufe 2 (Sicherheitsrisiko) (BMEIA, 07.07.2021).

Der 21-jährige Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohenden Krankheiten oder sonstigen gesundheitlichen Beschwerden und fällt somit nicht unter die oben angeführten Risikogruppen.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis beziehungsweise eine besonders enge Beziehung besteht und hat er auch sonst keine sozialen Kontakte, die ihn im besonderem Maße an Österreich binden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Reiseweg und der Antragstellung in Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit dem Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zum Verfahrensgang, insbesondere zu den Konsultationsverfahren mit Ungarn und Kroatien, ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem darin befindlichen Schriftwechsel zwischen der österreichischen und ungarischen beziehungsweise der kroatischen Dublin-Behörde.

Die Feststellungen zur Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultieren aus den umfangreichen und durch Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur medizinischen und allgemeinen Versorgungslage von Asylwerbern auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) getroffen. Sofern Quellen älteren Datums herangezogen wurden, ist davon auszugehen, dass sich die Lage in Kroatien nicht maßgeblich geändert hat.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das kroatische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Kroatien den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Kroatien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt 3.1.2.1. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Die getroffenen notorischen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Demnach ist nicht zu erkennen, dass sich die Situation in Kroatien schlechter darstelle als in Österreich. Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell, sie zeichnen allerdings – angesichts der derzeit sich schnell ändernden Gegebenheiten in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie – naturgemäß ein Bild der Versorgung von Asylwerbern in Kroatien, welches sich auf den Zeitraum vor Ausbruch der Pandemie bezieht.

Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. In diesem Sinne wurde in den Mitgliedstaaten der EU auch die Durchführung von Überstellungen beziehungsweise die Übernahme von Dublin-Rückkehrern temporär ausgesetzt.

Nachdem sich die epidemiologische Lage innerhalb der EU weitgehend stabilisiert hat und vor dem Hintergrund der sukzessiven Aufhebungen von Reisebeschränkungen, sind die Mitgliedstaaten, die im regen Austausch miteinander stehen, mittlerweile aber dazu übergegangen, Überstellungen von Dublin-Rückkehrern (sowohl „in“ als auch „out“) wieder durchzuführen.

Zwar verkennt das Gericht nicht, dass die Pandemie noch nicht überstanden ist, es ist aber davon auszugehen, dass etwaig daraus resultierende erneute Überstellungshindernisse jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung (vgl. die in Art. 29 Dublin III-VO geregelte grundsätzliche sechsmonatige Überstellungsfrist) überwunden sein werden.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers basieren im Wesentlichen auf seinen eigenen glaubhaften Angaben.

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der privaten, familiären und beruflichen Anknüpfungspunkte in Österreich, ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers und dem Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des nationalen Rechts sind §§ 5 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG; unionsrechtlich sind primär Art. 3, 7, 13, 16, 17, 18, 21, 22 und 25 Dublin III-VO relevant.

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz):

3.1.1. In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Kroatiens zur Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da der Beschwerdeführer aus einem Drittstaat kommend die Landgrenze Kroatiens überschritten und sohin das Gebiet der „Dublinstaaten“ betreten hat.

Die Verpflichtung zur Aufnahme des Beschwerdeführers basiert weiters auf der ausdrücklichen Zustimmung der kroatischen Dublinbehörde auf Grundlage des Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO. Es sind im gegenständlichen Fall keine Mängel im Konsultationsverfahren hervorgekommen und insbesondere alle von der Dublin III-VO normierten Fristen eingehalten worden.

Für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Kroatien finden sich keine Anhaltspunkte. Die Zuständigkeit Kroatiens ist auch nicht etwa zwischenzeitig wieder erloschen.

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers.

Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sofern die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben sollte, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre:

3.1.2. Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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