TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/16 91/10/0140

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Veröffentlicht am 16.12.1996
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Index

82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApG 1907 §10 Abs1 Z2;
ApG 1907 §10 Abs1;
ApG 1907 §10 Abs2 Z1;
ApG 1907 §10 Abs2 Z3;
ApG 1907 §10 Abs2;
ApG 1907 §10 Abs3;
ApG 1907 §10 Abs4;
ApG 1907 §10 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde 1.) der Mag. pharm. E und

2.) der Mag. pharm. Dr. M, beide in S, beide vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 25. März 1991, Zl. 562.081/1-VI/C/14a-91, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in der Stadt S (mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. W in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz) hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von zusammen S 10.710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 2. Februar 1988 wies der Landeshauptmann von Salzburg den Antrag des Mitbeteiligten auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit einem näher umschriebenen Standort in der Stadt S im Bereich des S-Platzes gemäß den §§ 9 und 10 Abs. 1 und 2 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 (im folgenden: ApG), wegen fehlenden Bedarfes ab. Nach der Begründung dieses Bescheides sei das Verkehrspublikum nicht als zu versorgende Personen im Sinne des ApG zu bezeichnen, sodaß die Anzahl der von der geplanten Apotheke des Mitbeteiligten zu versorgenden Personen weniger als 5.500 betrage.

Der Mitbeteiligte erhob Berufung.

1.2. Mit Bescheid vom 25. März 1991 (dem nunmehr angefochtenen Bescheid) gab der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz dieser Berufung Folge und erteilte dem Mitbeteiligten die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in der Stadt S mit dem Standort

"K-Gasse vom Schnittpunkt mit der Lokalbahn (im ersten Teil ident mit der nördlichen Begrenzung des S-Platzes) bis zur E-Straße, die E-Straße von diesem Schnittpunkt nordwärts bis zum Schnittpunkt mit der K-Straße, die K-Straße östlich und südlich bis zum Ausgangspunkt, wobei jeweils beide Seiten der gesamten Straßenstücke in den Standort einzubeziehen sind,"

und zwar mit der voraussichtlichen Betriebsstättenadresse: S, K-Straße Nr. 6 (GP 1218/6 KG S, Abt. F). Die Einsprüche der Beschwerdeführerinnen bzw. deren Rechtsvorgängerinnen wurden abgewiesen.

Nach der Begründung dieses Bescheides sei unbestritten, daß in der Gemeinde des Standortes in S Ärzte ihre ständigen Berufssitze hätten. Allein in der näheren Umgebung der beantragten Apotheke des Mitbeteiligten ordinierten zumindest 16 Ärzte.

Die Entfernung zwischen der beantragten Betriebsstätte und den beiden Nachbarapotheken betrage über 500 m.

In einem Stadtgebiet komme der im § 10 Abs. 3 und 4 ApG genannte Umkreis von vier Straßenkilometern natürlich nicht zum Tragen. Da im Stadtgebiet die Betriebsstätten der einzelnen Apotheken wesentlich näher, meist nur wenig mehr als 500 m voneinander entfernt lägen, sei davon auszugehen, daß die Personen, die jeweils näher zu einer Apotheke wohnten, diese Apotheke auch aufsuchen würden. Aber es sei nicht nur der Wohnsitz allein für die Zuordnung von Personen zu einer Apotheke maßgeblich. Viele andere Faktoren spielten eine Rolle. Die persönlichen Präferenzen könnten von der Behörde jedoch nicht bewertet und der Entscheidung zugrundegelegt werden. Wohl aber sollten Faktoren wie Beschäftigungsort der Kunden, der Fremdenverkehr bzw. Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in dem relevanten Gebiet nach Möglichkeit berücksichtigt werden.

Gerade im unmittelbar an die geplante Apothekenbetriebsstätte angrenzenden Gebiet bzw. im gewählten Standortgebiet lägen der Hauptbahnhof und das F-Kaufhaus.

Nach den Erläuterungen zur Apothekengesetznovelle 1990, BGBl. Nr. 362 (im folgenden: ApGNov 1990), solle durch die Erwähnung der ständigen Einwohner bewirkt werden, daß sich die Bedarfsbeurteilung primär an der Wohnbevölkerung (ständige Einwohner) orientiere.

Als ständige Einwohner, die infolge der Nähe zur neuen Betriebsstätte als zukünftige Kunden zu bezeichnen seien, könnten die Bewohner der Zählsprengel 440, 441, 442, zur Hälfte die des Zählsprengels 443 und zu einem Drittel die des Zählsprengels 444 gelten, das seien 3.595 Personen.

Was jedoch in der gegebenen Situation einer Apotheke in unmittelbarer Bahnhofsnähe und Nähe eines Einkaufszentrums besonders zähle, seien die Kunden, die von auswärts am Bahnhof ankämen, teils um in der Stadt Einkäufe zu tätigen, praktische Ärzte oder Fachärzte aufzusuchen, teils um in der Stadt S Kultur zu genießen. Wenn sich auch die nach S kommenden Gäste und Einpendler nicht genau einer bestimmten Apotheke zuordnen ließen, so sei dennoch anzunehmen, daß ein Teil davon die in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes befindliche Apotheke aufsuchen würde. Die Erfahrung des täglichen Lebens zeige, daß nach einem (Fach-)Arztbesuch die verordneten Medikamente nach Möglichkeit gleich besorgt würden, umso mehr von Personen, die vor ihrer Abfahrt vom Bahnhof - auch der Busterminal liege in unmittelbarer Nähe - noch die daneben liegende Apotheke benützen könnten und wollten, wenn in ihrer Heimatgemeinde etwa keine Apotheke vorhanden sei. In den Nachbarortschaften von S, die weder Fachärzte noch öffentliche Apotheken aufwiesen, seien die Bewohner ebenfalls gezwungen, die von den Fachärzten von S verschriebenen Medikamente in S selbst zu besorgen. Aus ärztlichen Hausapotheken dürften nämlich nur die vom praktischen Arzt verschriebenen Medikamente abgegeben werden. Auch sei S ein ausgesprochenes Fremdenverkehrszentrum. Auch die Nähe zu Deutschland bringe viele deutsche Urlauber, die "bekanntermaßen mehr Artikel in der Apotheke kaufen als österreichische Staatsbürger".

Apotheken verkauften nicht ausschließlich Arzneimittel, sondern erfüllten auch bei diversen anderen Waren (z.B. Kosmetika, diätetische Lebensmittel etc.) eine wesentliche Verteilungs- und Beratungsfunktion. So werde bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die belangte Behörde der Argumentation der Österreichischen Apothekerkammer nicht folge, wenn diese "bei der Bekanntgabe der Umsätze 20 % des Privatumsatzes abgezogen" habe.

Es sei äußerst schwierig, die Passanten eines Verkehrsknotenpunktes zu quantifizieren bzw. mit dem Aufsuchen einer Apotheke zahlenmäßig in Verbindung zu bringen. Auf Grund der besonderen Situation der beantragten Apothekenbetriebsstätte eröffne sich jedoch eine andere Berechnungsmöglichkeit. Vorausgeschickt müsse werden, daß alle Prognosen über die Inanspruchnahme einer zu errichtenden Apotheke notwendigerweise unsicher seien, weil auch sehr subjektive Elemente eine Rolle spielen könnten. Hier aber solle in einem Gebiet, das dem Plan entsprechend zu den dichtest besiedelten Gebieten innerhalb der Stadt S gehöre und gleichzeitig das bisherige Standortgebiet der Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin sei, die neue Apotheke des Mitbeteiligten in wenig mehr als 500 m Entfernung zu den beiden nächstgelegenen Apotheken (der Beschwerdeführerinnen) errichtet werden. Bis jetzt werde dieses Gebiet, das sich im wesentlichen aus den Zählsprengeln 440 bis 446 und zum Teil aus dem Zählsprengel 383 zusammensetze, von der Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin allein versorgt. Diese Apotheke habe zuletzt einen Jahresumsatz von mehr als S 21,250.000,-- erzielt, wobei noch die oben erwähnten 20 % Privatumsatz nach Ansicht der Behörde zu addieren wären. Bei dem von der Österreichischen Apothekerkammer mitgeteilten durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch an Arzneimitteln dieser Region von S 1.657,-- ergebe dies eine von der Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin versorgte Personenanzahl von 12.840.

Aus dieser überschlagsmäßigen Berechnung ergebe sich deutlich, daß sowohl für die beantragte Apotheke als auch für die bestehende Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin mehr als

5.500 Kunden bleiben würden. Zusätzlich sei auch nicht zu befürchten, daß die nördlich gelegene Apotheke der Erstbeschwerdeführerin mit dem letzten Umsatz von fast 12 Millionen S und 7.140 versorgten Personen durch die neue Apotheke unter die gesetzliche Bedarfsgrenze sinken würde.

Da der Magistrat der Stadt S für die Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin 8.577 ständige Einwohner und

2.313 Personen mit Nebenwohnsitz gemeldet habe, die Apotheke jedoch tatsächlich fast 13.000 Personen versorgt habe, müsse die Differenz bereits jetzt aus Verkehrspublikum bestehen. Wenn auch für diese Apotheke ein wirtschaftlicher Verlust zu erwarten sei, sei auf diesen nicht Bedacht zu nehmen, stehe doch die Vergrößerung des Nutzens einer dem Bahnhof und einem Einkaufszentrum naheliegenden Apotheke dem gegenüber. Das ApG habe auch nach der ApGNov 1990 nicht den Zweck, einen Schutz für Großapotheken zu gewährleisten, sondern der Bevölkerung möglichst viele, gut verteilte Arzneimittelabgabestellen zu bieten, die nicht durch Insolvenz bedroht seien. Die im Gesetz genannte Mindestkundenzahl von 5.500 sei erwiesenermaßen eine ausreichende Absicherung, um einen Apothekenbetrieb wirtschaftlich führen zu können.

Im Hinblick auf die Entfernung der beiden bestehenden Apotheken vom geplanten Standort von je etwas mehr als 500 m sei davon auszugehen, daß die Einwohner, die jeweils weniger als 250 m von einer Betriebsstätte entfernt wohnten, der jeweils nächstgelegenen Apotheke zuzuordnen seien, da das ApG selbst von einer Mindestentfernung von 500 m ausgehe.

Abschließend sei der Zweitbeschwerdeführerin Recht zu geben, "als es letztlich nicht auf Standortgrenzen bzw. Zählsprengelgrenzen ankommt", sondern es sei für die Beurteilung des Bedarfes nur das tatsächliche Versorgungsgebiet von Bedeutung. Ob die Zählsprengel 383, 407 und 408 zur Gänze oder nur zum Teil dem Standortgebiet der Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin zuzurechnen seien, müsse "aufgrund der obigen Überlegungen, die das tatsächliche Versorgungsgebiet aus den Umsätzen ableiten, nicht mehr als bedeutsam gewertet werden. Die immer wieder im Rahmen des Verfahrens vorgebrachten Einwohnerzahlen, von denen Personen weg- bzw. denen Personen nach Gutdünken zugezählt wurden, erweist sich letztlich als reine Zahlenspielerei (was allerdings durch die Aufnahme einer absoluten Zahl von 5 500 ins Gesetz provoziert wurde und daher aus diesem Gesichtspunkt auch verständlich ist)".

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde der Inhaberinnen der beiden Nachbarapotheken, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie der Mitbeteiligte eine Gegenschrift.

Die Beschwerdeführerinnen replizierten auf die Gegenschrift der belangten Behörde.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. Hinsichtlich der Bedarfsermittlung wird in der Beschwerdebegründung auf die Berechnungsmethode der belangten Behörde Bezug genommen, wonach der bisherige Jahresumsatz der Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin von zuletzt 21,277 Mio S durch den Durchschnittsverbrauch der Bevölkerung in der Stadt S und Umgebung an Arzneimitteln pro Jahr von S 1.657,-- dividiert worden sei. Daraus ergebe sich, daß die Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin schon bisher 12.480 Personen versorgt habe, sodaß im gleichen Versorgungsgebiet Platz für eine zweite Apotheke sei, da rein rechnerisch für jede Apotheke mehr als

5.500 zu versorgende Personen vorhanden seien. Am S-Platz, in dessen unmittelbarer Nähe der neue Betriebsstandort gewählt worden sei, befänden sich nicht nur der Haupteingang des Hauptbahnhofes S, sondern auch die Endstation der Lokalbahn S, der Busterminal und das F-Kaufhaus. Es sei unzutreffend, daß sich das gesamte Publikum, und zwar sowohl die ortsansässige Bevölkerung der Zählsprengel 440 bis 446 sowie das gesamte Verkehrspublikum, gleichmäßig auf die beiden Apotheken des Konzessionswerbers und der Zweitbeschwerdeführerin aufteilen würde. Ferner habe es die belangte Behörde begründungslos abgelehnt, entsprechend den mitgeteilten Erfahrungsgrundsätzen der Österreichischen Apothekerkammer vom Jahresumsatz der Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin 20 % für den Umsatz an Nichtarzneiwaren abzuziehen, um den Umsatz mit Arzneimitteln festzustellen. Andernfalls hätte sich ein Umsatz von jährlich 17,032 Mio S ergeben. Daraus würde sich nach der Berechnungsmethode der belangten Behörde ein bisher versorgtes Kundenpotential von 10.279 Personen ergeben; diese Zahl könnte dann eben nicht mehr halbiert werden, um auf je 5.500 zu versorgende Personen zu kommen. Die Aufteilung des Kundenpotentials sei jedoch nach örtlichen Gesichtspunkten vorzunehmen. Das Verkehrspublikum dränge sich in der Gegend des Hauptbahnhofes S - S-Platz - F-Kaufhaus zusammen. Für die Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin verblieben als zu versorgende Bevölkerung im wesentlichen lediglich die Bewohner der Zählsprengel 445 und 446, das seien 2.329 Einwohner mit Hauptwohnsitz und 598 Einwohner mit Nebenwohnsitz. Die Mindestanzahl an verbleibenden zu versorgenden Personen nach § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG werde nicht erreicht. Da die beiden Apotheken der Beschwerdeführerinnen lediglich ca. 1.100 m voneinander entfernt seien, ergäbe sich für niemanden durch die etwa in der Mitte dieser Strecke geplante neue Apotheke eine Wegersparnis von 500 oder 600 m; auch dies schließe die Annahme eines Bedarfes aus.

2.1.2. § 10 ApG in der Fassung Nov 1990 lautet auszugsweise:

"(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn

1.

die Zahl der von der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke aus zu versorgenden Personen weniger als 5 500 beträgt oder

2.

...

3.

die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.

(3) Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z 1 sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke zu versorgen sein werden.

(4) Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z 3 sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheken, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne der Abs. 3 oder 4 weniger als 5 500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen.

(6) ..."

    2.1.3. Die nach § 10 ApG durchzuführende Bedarfsprüfung hat

sich auf eine - auf entsprechende Ermittlungsergebnisse

gestützte - prognostische Zuordnung konkreter Kundenpotentiale

zu den beteiligten Apotheken zu gründen (vgl. z.B. die

hg. Erkenntnisse vom 17. Mai 1993, Zl. 91/10/0214

= ZfVB 1993/5/1252, vom 17. Mai 1993, Zl. 91/10/0117

= ZfVB 1993/5/1259, und vom 23. Jänner 1995, Zl. 94/10/0123

= ZfVB 1995/4/1222). Dies gilt sowohl für den Bedarf nach der

neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke (§ 10 Abs. 3 und 5 ApG) als auch für den verbleibenden Bedarf nach den bereits bestehenden öffentlichen Apotheken (§ 10 Abs. 4 und 5 ApG).

2.1.4. Gemäß § 10 Abs. 3 und 4 ApG sind primär die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte bzw. den Betriebsstätten der bestehenden öffentlichen Apotheken einerseits der neu zu errichtenden und andererseits den bestehenden Apotheken zuzuordnen. Entscheidend ist, ob diese ständigen Einwohner ihren Heilmittelbedarf "auf Grund der örtlichen Verhältnisse" voraussichtlich in der neuen öffentlichen Apotheke oder weiterhin in den schon bestehenden Apotheken decken werden. Für die Kundenpotentiale wird die leichtere Erreichbarkeit ausschlaggebend sein, wobei es in erster Linie auf die zurückzulegende Entfernung (unter Berücksichtigung der Verkehrsmöglichkeiten) ankommt;

darüberhinaus können auch andere Umstände, wie etwa erhebliche

Höhenunterschiede, besonders gefährliche oder unangenehme

Wegstücke etc., eine Rolle spielen (vgl. z.B. die

hg. Erkenntnisse vom 29. November 1993, Zl. 92/10/0393, 0396

= ZfVB 1994/4/1194, und vom 22. Dezember 1993, Zl. 93/10/0078

= ZfVB 1994/4/1197).

    Die belangte Behörde hat hinsichtlich der neu zu

errichtenden Apotheke des Mitbeteiligten (§ 10 Abs. 3 ApG) eine solche Zuordnung vorgenommen; sie sah die Kriterien für die Bewohner der Zählsprengel 440, 441, 442, für die Hälfte der Bewohner des Sprengels 443 und für ein Drittel der Bewohner des Sprengels 444 als gegeben an und gelangte zusammen zu einer Zahl von 3.595 Personen.

Gegen die Methode, ganze Zählsprengel zuzuordnen, spricht dort nichts, wo die gedachte Linie, von der aus sich voraussichtlich die Kunden der neuen (nunmehr näher liegenden) Apotheke zuwenden werden, die Zählsprengelgrenzen nicht schneidet (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. November 1993, Zl. 92/10/0110 = ZfVB 1994/4/1192). Bei den Sprengeln 443 und 444 durchschneidet jedoch nach Auffassung der belangten Behörde diese Trennlinie offensichtlich das Sprengelgebiet. Auch wenn es zuträfe, daß die (in den Planunterlagen) kenntlich gemachte Trennlinie diese Sprengel flächenmäßig halbierte bzw. drittelte, bedürfte es der Feststellung, daß diese Sprengel zur Gänze gleich dicht bewohnt sind und nicht allenfalls erhebliche Unterschiede in der Besiedelung infolge verschiedener Verteilung von Büroflächen, Grünland, Gewerbe- und Industrieflächen, Bahnhofsgelände usw., bestehen. Eine solche Feststellung wurde zu Unrecht nicht getroffen.

Aber nicht nur diese in ihren Voraussetzungen unbegründete, bloß "gegriffene" Zuordnung belastet die diesbezüglichen Feststellungen mit Mangelhaftigkeit (vgl. die hg. Erkenntnisse

vom 29. Oktober 1993, Zl. 90/10/0072 = ZfVB 1994/4/1187, und

vom 23. Jänner 1995, Zl. 94/10/0123 = ZfVB 1995/4/1222),

vielmehr findet die Oberflächlichkeit der getroffenen Feststellungen auch in der konkreten Zuordnung ihren Niederschlag. Die Zuordnung der Bewohner des Sprengels 444 zu einem Drittel zur neuen Apotheke steht mit den gefärbelten Planunterlagen in offensichtlichem Widerspruch. Nach dem Plan kämen zwei Drittel für die neue Apotheke in Betracht, wobei es sich bei dem in Rede stehenden Drittel immerhin um 392 Personen mit Haupt- und 80 Personen mit Zweitwohnsitz handelt. Dies ist für die verbleibende, dementsprechend geringere Kundenanzahl der bestehenden Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin nicht ohne Relevanz.

Eine Feststellung über das der Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin voraussichtlich verbleibende konkrete Kundenpotential an ständigen Einwohnern wird im angefochtenen Bescheid nicht getroffen. Vielmehr wird aus dem Umsatz ihrer Apotheke vor der Neuerrichtung der Apotheke des Mitbeteiligten, der auf eine insgesamt versorgte Personenanzahl von 12.840 schließen lasse, gefolgert, es ergebe sich aus dieser "(überschlagsmäßigen) Berechnung ... deutlich", daß sowohl für die beantragte Apotheke als auch für die bestehende Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin "mehr als 5.500 Kunden bleiben werden". Darauf wird noch zurückzukommen sein. An dieser Stelle sei aber darauf hingewiesen, daß die im Sachverhaltsteil des angefochtenen Bescheides referierte Zahl von 5.858 Einwohnern, die laut Berechnung des Magistrates S der bestehenden Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin verbleiben würde, unschlüssig erscheint. Von der Zahl der bisher versorgten Bewohner der Zählsprengel 383, 407, 408 sowie 440 bis 446 werden nämlich nur die Bewohner der Zählsprengel 440 bis 444 in Abzug gebracht; dabei wird übersehen, daß auch die Bewohner der Sprengel 383, 407 und 408 (2.267 Personen) abgezogen hätten werden müssen, weil diese noch näher zur Betriebsstätte der neuen Apotheke liegen als die Zählsprengel 440 bis 444. Nach den Planunterlagen verblieben nämlich der Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin lediglich die Einwohner der Zählsprengel 445 und 446 sowie Teile der Zählsprengel 443 und 444, was ein Versorgungspotential von unter 3.900 Personen ergäbe.

Die Relevanz der im vorliegenden Punkt 2.1.4. aufgezeigten Feststellungsmängel ergibt sich aus den Erwägungen unter Punkt 2.1.6.

    2.1.5. Soweit im angefochtenen Bescheid Feststellungen über

zu versorgende Personen aus dem Kreis der ständigen Einwohner

getroffen oder solche Zahlen referiert werden, werden Einwohner

mit Haupt- und Nebenwohnsitz zusammengezählt. Nach der

Rechtsprechung können Zweitwohnungsbesitzer für die Ermittlung

des Versorgungspotentials von Bedeutung sein. Bei der Gruppe

der Zweitwohnungsbesitzer ist allerdings im konkreten

Einzelfall festzustellen, in welchem Umfang durch sie der

Bedarf an einer öffentlichen Apotheke begründet wird (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom 17. Mai 1993, Zl. 92/10/0117

= ZfVB 1993/5/1259, und vom 20. September 1993, Zl. 92/10/0009

= ZfVB 1994/4/1190). Feststellungen dieser Art wurden nicht

getroffen. Auch diesbezüglich ist der angefochtene Bescheid mangelhaft geblieben.

2.1.6.1. Gemäß § 10 Abs. 5 ApG in der Fassung Nov 1990 sind dann, wenn die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne der Abs. 3 oder 4 weniger als 5.500 beträgt, die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend die ApGNov 1990, 1136 BlgNR 17. GP, 5, heißt es:

"Was die Struktur dieses Personenkreises ("zu versorgende Personen") anlangt, soll durch die Erwähnung der ständigen Einwohner bewirkt werden, daß sich die Bedarfsbeurteilung primär an der Wohnbevölkerung (ständige Einwohner) orientiert. Aber auch ein durch andere Umstände als den Wohnsitz hervorgerufener Bedarf - etwa Verkehrsknotenpunkte, Geschäftszentren usw. - kann berücksichtigt werden. ..."

In dem zur Rechtslage vor der ApGNov 1984 (Inbetrachtziehen des "Verkehrs im Standorte und in der Umgebung") ergangenen hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1981, Zl. 3148/79

= ZfVB 1982/5/1558, verneinte der Verwaltungsgerichtshof, daß das spezielle Bedürfnis des Verkehrspublikums als Grundlage für das Bedürfnis der Bevölkerung im Sinne des Gesetzes anzusehen sei, weil das Verkehrspublikum ein unbestimmter Personenkreis sei, der auch nicht örtlich begrenzt werden könne. In seinem weiteren, zur ApGNov 1984 (die dieselbe Formulierung gebrauchte) ergangenen Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 87/08/0002 = ZfVB 1992/5/1789, ließ es der Gerichtshof dahingestellt sein, ob es ausgesprochene Verkehrsknotenpunkte, wie z.B. große Umsteigebahnhöfe oder Busbahnhöfe, geben könnte, die als Verursacher eines Einflutungsverkehrs in den Ort der in Aussicht genommenen Apotheke aufgefaßt werden könnten, und wie solche Verkehrseinrichtungen ausgestattet sein müßten, um in diesem Sinne mit Einrichtungen gleichgestellt zu werden, derentwillen das betreffende räumliche Gebiet um die Betriebsstätte der neuen Apotheke aufgesucht werde. Daß Straßen an einer in Aussicht genommenen Betriebsstätte vorbeiführten, sei hingegen jedenfalls unmaßgeblich; diesfalls könne von einem Verkehrsknotenpunkt keine Rede sein; vielmehr handle es sich um ein reines sogenanntes Verkehrspublikum, das nicht zu den zu versorgenden Personen zu zählen sei und keinen Bedarf induziere.

Der Verwaltungsgerichtshof hält auch auf dem Boden der ApGNov 1990 an dieser Rechtsprechung zum durchflutenden Verkehr fest (vgl. z.B. auch die hg. Erkenntnisse vom 26. April 1993, Zl. 91/10/0252 = ZfVB 1993/5/1253, vom 17. Mai 1993, Zl. 90/10/0123 = ZfVB 1993/5/1251, und vom 29. November 1993, Zl. 92/10/0393, 0396 = ZfVB 1994/4/1194). Der Gerichtshof ist allerdings der Auffassung, daß in der vorliegenden Beschwerdeangelegenheit der Fall eines ausgesprochenen Verkehrsknotenpunktes (Hauptbahnhof von S, Lokalbahnhof, Bus-Bahnhof) in dem Sinne, wie es die Gesetzesmaterialien und das erwähnte hg. Erkenntnis vom 28. April 1992 umschrieben haben, gegeben ist. Ein Verkehrsknotenpunkt dieser Art, der tausenden Personen täglich als Umsteigestelle zwischen überregionalen, regionalen und städtischen Verkehrsmitteln dient und in dessen Nähe sich Einkaufs- und Geschäftszentren entwickelt haben, aber auch eine Reihe von ärztlichen Ordinationen bestehen, ist - schon wegen der in großer Zahl und typischer Weise entstehenden Wartezeiten - selbst als Verursacher eines Einflutungsverkehrs in das ihn umgebende Gebiet und damit in den Ort der in Aussicht genommenen Apotheke zu beurteilen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag in diesem Punkt die Rechtsauffassung der belangten Behörde nicht als unzutreffend zu erkennen.

2.1.6.2. Die belangte Behörde hat sich bei der Ermittlung der Größenordnung des nicht durch die ständigen Einwohner, sondern durch das einflutende, darüber hinausgehende Kundenpotential induzierten Bedarfes nach der neuen Apotheke einer retrograden Methode bedient, wenn sie vom festgestellten bisherigen Umsatz der bestehenden öffentlichen Apotheke ausgegangen ist und durch Division durch die durchschnittlichen Jahres-Pro-Kopf-Ausgaben für Heilmittel einen "Gleichwert" für versorgte Personen erhalten hat. Der Verwaltungsgerichtshof hält diese Vorgangsweise an sich in einem Ausnahmefall wie dem vorliegenden nicht für ausgeschlossen. Auch nach den Erläuterungen zur zitierten Regierungsvorlage betreffend die ApGNov 1990, denen zwar eine andere Fallgestaltung vorgeschwebt haben dürfte, scheint eine solche Vorgangsweise möglich zu sein, wenn es dort heißt:

"Für die Ermittlung der zusätzlich zu versorgenden Personen - wie zB das Verkehrspublikum - ist der getätigte Arzneimittelumsatz aus diesem Personenkreis sowie die Feststellung der Patientenanzahl aus diesem Personenkreis der letzten zwölf Monate der gemäß § 29 Abs. 4 und 5 betroffenen Ärzte unter Beachtung des durchschnittlichen Pro-Kopf-Arzneimittelverbrauches zu berücksichtigen."

Damit ist freilich noch nichts Entscheidendes gewonnen. Denn es ist zum einen erforderlich, daß die Behörde begründet, wegen welcher konkreten Anhaltspunkte sie annimmt, daß es sich bei den von der betreffenden BESTEHENDEN Apotheke tatsächlich mit Heilmitteln versorgten Personen um den in § 10 Abs. 3 und 5 ApG betreffend die NEUE öffentliche Apotheke umschriebenen, anhand der dort genannten Gesichtspunkte zu ermittelnden Personenkreis handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1996, Zl. 95/10/0041, in dem überdies darauf hingewiesen wurde, daß persönliche Präferenzen für das Aufsuchen einer bestimmten Apotheke nicht berücksichtigt werden dürfen). Der angefochtene Bescheid setzt die anhand des Umsatzes der Apotheke und des durchschnittlichen Arzneimittelverbrauches pro Kopf ermittelte Anzahl von Kunden der Apotheke dem nach § 10 ApG zu ermittelnden Kundenpotential gleich, ohne auf die in Abs. 3 und 5 ApG genannten Voraussetzungen der Zuordnung zum jeweiligen Kundenpotential Bedacht zu nehmen.

Aber selbst wenn gesagt werden könnte, daß die Vermutung - in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte - dafür spricht, daß das bisher versorgte Kundenpotential in Zukunft insgesamt der neuen und der bestehenden Apotheke zur Verfügung stehen würde, so wäre die entscheidende Frage jene gewesen, wie sich dieses Potential auf diese beiden Apotheken verteilen werde. Nach der räumlichen Situation im Beschwerdefall wäre dies besonders unter den Gesichtspunkten des § 10 Abs. 4 und 5 ApG für die BESTEHENDE öffentliche Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin zu prüfen gewesen. Gänzlich verfehlt ist die Division des ermittelten Gesamtkundenpotentials der Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin von fast 13.000 Personen durch zwei und der daraus gezogene Schluß, sowohl die neue als auch die bestehende Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin finde mit mehr als je 5.500 Personen darin Deckung. Nach Ansicht der belangten Behörde müsse die konkrete geographische Zuordnung (etwa jene nach Zählsprengeln) auf Grund ihrer "Überlegungen, die das tatsächliche Versorgungsgebiet aus den Umsätzen ableiten, nicht mehr als bedeutsam gewertet werden." Übersehen wird dabei, daß die in Aussicht genommene Betriebsstätte in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofes von S, des Lokalbahnhofes, des Busterminals und des F-Kaufhauses liegt, während die Apotheke der Zweitbeschwerdeführerin davon mehr als 500 m entfernt ist. Eine gleichmäßige Verteilung des entscheidenden bedarfsinduzierenden Verkehrspublikums auf beide Apotheken widerspräche wohl der Lebenserfahrung oder wäre zumindest begründungsbedürftig gewesen. Daß das ApG nicht zu einer solchen "Divisionsmethode" ermächtigt, wenn nicht ausnahmsweise besondere Gründe eine Zuordnung konkreter Kundenpotentiale nach den Gesichtspunkten der örtlichen Nähe und Erreichbarkeit unmöglich machen, hat der Verwaltungsgerichtshof seit dem Jahr 1992 in ständiger Rechtsprechung judiziert (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Juni 1992, Zl. 88/08/0105 = ZfVB 1992/5/1795, vom 29. März 1993, Zl. 90/10/0025 = ZfVB 1993/5/1245, vom 29. November 1993, Zl. 92/10/0110 = ZfVB 1994/4/1192, und vom 18. April 1994, Zl. 92/10/0477 = ZfVB 1994/4/1195). Der angefochtene Bescheid erweist sich auch aus diesem Grunde als inhaltlich rechtswidrig.

Begründungsbedürftig ist auch der Divisor (durchschnittliche Pro-Kopf-Ausgaben für Heilmittel) geblieben sowie im besonderen die von der belangten Behörde vorgenommene Hinzurechnung von 20 % Privatumsatz zu dem von der Österreichischen Apothekerkammer bekanntgegebenen Jahresumsatz, zumindest soweit in diesen Privatumsätzen (Nicht-Kassenumsätzen) Umsätze mit anderen Waren als mit Heilmitteln enthalten sind.

2.2.1. In der Beschwerde wird ferner geltend gemacht, der vom Mitbeteiligten beigeschafften Bestätigung eines Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen vom 15. März 1991 samt beigeschlossener Mappenskizze und ergänzender Mitteilung vom 20. März sei zu entnehmen, daß die Entfernung zwischen der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin und der abgeschrägten Hausecke an der Kreuzung F-Straße - K-Straße mit 500 m gemessen worden sei und für den Fall, daß sich der Eingang der Apotheke des Mitbeteiligten in der K-Straße befinde, diese Entfernung 527 m betrage. Somit sei die Feststellung aktenwidrig, die Entfernung zwischen der geplanten Apotheke auf der Parzelle 1218/6 und der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin betrage mehr als 500 m, während der Magistrat S am 12. März 1991 mitgeteilt habe, diese Entfernung von der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin zu dem Objekt mit der künftigen Orientierungsnummer F-Straße 2a betrage 475 m. Den Beschwerdeführerinnen sei zur Entfernungsmessung kein Parteiengehör gewährt worden. Andernfalls hätten sie den Beweis erbracht, daß der Eingang der neuen Apotheke auf jeden Fall in einer Entfernung von unter 500 m liegen werde. Auch wäre geltend gemacht worden, daß nicht die kürzeste Wegstrecke gemessen worden sei, da der Sachverständige die Kurve der A-Straße bei der Einmündung in die F-Straße an der Außenseite durchschritten habe. Die nördliche Begrenzung der Grundparzelle 1218/6 befinde sich bereits in einer Entfernung von 433 m vom Eingang der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin.

2.2.2. § 10 ApG lautet auszugsweise:

"(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn

1.

...

2.

die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder

3.

...

(6) Die Entfernung gemäß Abs. 2 Z 2 darf ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten.

(7) ..."

2.2.3. Die Verletzung des Parteiengehörs in der Frage der Mindestentfernung hat tatsächlich stattgefunden. Die in der Beschwerde behauptete Relevanz ist nunmehr zu prüfen.

Im angefochtenen Bescheid wird festgestellt, daß die Entfernung zwischen der beantragten Betriebsstätte des Mitbeteiligten und den beiden Nachbarapotheken über 500 m betrage. Im Spruch wird als voraussichtliche Betriebsstättenadresse des Mitbeteiligten "K-Straße Nr. 6" angegeben. Die GP 1218/6 KG S, Abt. F, wurde in Klammern beigefügt. Die belangte Behörde hat nicht festgestellt, daß die Entfernung von der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin zum Schnittpunkt der Grundgrenze der Parzelle 1218/6 mit der F-Straße mehr als 500 m betrage, sondern zur Anschrift K-Straße Nr. 6. Diese Orientierungsnummer liege von der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin aus gesehen nach der Kreuzung der F-Straße mit der K-Straße. Unterstellt man zunächst die Richtigkeit der Entfernungsmessung bis zur Kreuzung, dann hat die Behörde zutreffend eine größere Entfernung als 500 m zugrundegelegt. Von einer Aktenwidrigkeit kann nicht gesprochen werden. Diesbezüglich haben die Beschwerdeführerinnen somit keine Relevanz der unbestritten unterlaufenen Verletzung des Parteiengehörs dargetan.

Von relevanter Bedeutung ist hingegen der Einwand, die Beschwerdeführerinnen hätten behaupten und beweisen können, daß die Messung der Entfernung von der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin bis zur Betriebsstätte des Mitbeteiligten nicht auf der kürzesten Linie erfolgt sei. Dieser Beschwerdevorwurf ist zielführend, weil die Planskizze des Sachverständigen zeigt, daß die Messung zwar auf den Verkehrsflächen, die die kürzeste Verbindung zwischen den beiden Betriebsstätten herstellen, nicht aber in der Mitte dieser Verkehrsflächen (Straßen) erfolgt ist. Die diesbezügliche Behauptung in der Gegenschrift des Mitbeteiligten findet im Akteninhalt keine Deckung. Der Gerichtshof geht dabei von der Auffassung aus, daß diese Meßmethode jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem keine besonderen Gründe erkennbar sind, die gegen diese Vorgangsweise sprächen, zur Objektivierung des Ergebnisses geeignet und geboten ist. Durch die Nichtgewährung des Parteiengehörs wurden die Beschwerdeführerinnen daher in einem Verfahrensrecht verletzt, bei dessen Beachtung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

In der Gegenschrift, wenn auch nicht im angefochtenen Bescheid findet sich noch folgende Bemerkung der belangten Behörde: "Außerdem handelt es sich bei der in § 10 Abs. 2 Z. 2 ApG iVm § 10 Abs. 6 ApG genannten Entfernung nicht um einen absolut nicht unterschreitbaren Mindestabstand, sodaß selbst beim Fehlen von einigen Metern auf die 500 m durchaus Bedarf gegeben sein kann. Gerade in der Konstellation, wie sie für die (dem Mitbeteiligten) bewilligte Apotheke gegeben ist, gebieten im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung die besonderen örtlichen Verhältnisse die Errichtung der Apotheke im bewilligten Standort." Der Verwaltungsgerichtshof hält es für angebracht, zum Ausdruck zu bringen, daß diese Rechtsauffassung weder im Wortlaut noch in der Regelungsabsicht des Gesetzgebers der ApGNov 1984 bzw. 1990 Deckung zu finden vermag. Nach § 10 Abs. 6 ApG muß sich die dringende Notwendigkeit, ausnahmsweise die Entfernung von 500 m zu unterschreiten, aus "besonderen örtlichen Verhältnissen" herleiten. Die gefahrlose und leichte Erreichbarkeit beider bestehender öffentlicher Apotheken innerhalb weniger Minuten von der künftigen Betriebsstätte in unmittelbarer Nähe des Verkehrsknotenpunktes ist gewährleistet, sodaß ein Ausnahmefall im Sinne des § 10 Abs. 6 ApG nicht vorliegt.

2.3. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes und mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat. Nach der Rechtsprechung prävaliert die erstere.

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG. Schriftsatzaufwand war nur im begehrten Ausmaß von S 10.110,-- zuzusprechen. Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994 kam nicht zur Anwendung, weil die Beschwerdeführerinnen in ihrem Kostenersatzantrag vom 14. Juni 1991 das im damaligen Zeitpunkt geltende Schriftsatzpauschale der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991 (in Kraft getreten am 6. März 1991) nicht ausgeschöpft haben.

2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Existenzgefährdung Bedarfsbeurteilung Existenzgefährdung Prognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1991100140.X00

Im RIS seit

25.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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