TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/17 W119 2199615-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.08.2021
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Entscheidungsdatum

17.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1 Z2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W119 2199614-1/12E

W119 2199615-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerden der 1. XXXX (Erstbeschwerdeführerin), geb. XXXX , StA: Mongolei und 2. XXXX (Zweitbeschwerdeführerin), geb. XXXX , StA. Mongolei, gesetzlich vertreten durch XXXX , beide vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.05.2018, Zl IFA: 1098432710 Verfahren: 151962679 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) und Zl IFA: 1166058109 Verfahren: 171005458 (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden werden hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. der bekämpften Bescheide gemäß §§ 3, 8 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte III. und IV. wird ausgesprochen, dass die Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 3 BFA VG auf Dauer unzulässig sind.

III. Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 iVm § 10 Abs. 2 Z 3 IntG idgF werden XXXX und XXXX die Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin.

Die Erstbeschwerdeführerin, Staatsangehörige der Mongolei, stellte am 12.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Anlässlich der am 10.12.2015 durchgeführten Erstbefragung nach dem AsylG gab die Erstbeschwerdeführerin zunächst an, in der Mongolei geboren und bis zu ihrer Ausreise in XXXX gelebt zu haben. Zu ihrem Fluchtgrund führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass sie aufgrund vorgefallener Drohungen sowie Misshandlungen seitens ihres ehemaligen Vorgesetzten, der auch Landeshauptmann von XXXX war, ihren Heimatstaat habe verlassen müssen. Die Erstbeschwerdeführerin habe die illegale Vorgehensweise des Landeshauptmannes bei der Vergabe eines Grundstückes an einem Politiker aufgedeckt und diesen anzeigen wollen. Aufgrund der geplanten Anzeige sei die Erstbeschwerdeführerin im Auftrag des Landeshauptmannes von zwei Männern attackiert, körperlich misshandelt und vergewaltigt worden. Im Jahr 2014 sei die Kündigung erfolgt. Darüber hinaus erklärte die Erstbeschwerdeführerin, dass ihr Mann im Auftrag des Landeshauptmannes umgebracht worden sei – davon sei die Erstbeschwerdeführerin überzeugt. Anlässlich des – durch den Tod ihres Mannes verursachten – seelischen Druckes, habe sie ihr ungeborenes Kind verloren.

Am 30.08.2017 stellte die Erstbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin für die in Österreich geborene Zweitbeschwerdeführerin einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 34 AsylG und gab an, dass ihre Tochter keine eigenen Fluchtgründe geltend mache, sondern sich der Antrag ausschließlich auf ihre Gründe beziehe.

Am 05.04.2018 wurde die Erstbeschwerdeführerin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) einvernommen und gab eingangs an, der Volksgruppe der Khalkh anzugehören und ohne Religionsbekenntnis zu sein. Sie beherrsche die Sprachen Mongolisch und etwas Deutsch. Die Erstbeschwerdeführerin könne keinen Identitätsnachweis vorlegen. Weiters gab sie an, in der Mongolei noch ihren Vater, Mutter, zwei Schwestern, eine Tante sowie einen Cousin zu haben. Jedoch bestehe zu diesen seit sechs Jahren kein Kontakt mehr. Zu ihrer Schulbildung befragt, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, zehn Jahre lang die Grundschule besucht zu haben und anschließend fünf Jahre auf einer Universität gewesen zu sein. Nach ihrem Bachelorabschluss sei sie als Managerin für Grund und Boden, inklusive Agrarwirtschaft über mehrere Jahre tätig gewesen.

Zu ihrem Fluchtgrund befragt, führte sie aus, im Jahr 2010 mit ihrer Arbeit begonnen zu haben, wobei die ersten ein oder zwei Jahre problemlos verlaufen wären. In weiterer Folge habe der Bürgermeister von XXXX einen Vertrag verfasst, indem er eine Agrarfläche mit 3680 Hektar verpachtet habe. Die Dorfbewohner seien gegen diese Verpachtung gewesen und hätten vermutet, dass sie aufgrund ihrer Tätigkeit diesen Vertrag unterzeichnet habe, weil der Bürgermeister dies verbreitet habe. Sie sei durch den Bürgermeister bedroht und unterdrückt worden. Als sie die gesetzwidrige Vorgehensweise ihres Vorgesetzten habe anzeigen wollen und die Unterzeichnung div. (insgesamt 32) Urkunden verweigert habe, habe dieser zwei Männer beauftragt, sie zu misshandeln und zu vergewaltigen. Durch die Vergewaltigung sei sie schwanger geworden. Zusätzlich sei ihr vom Bürgermeister mit der Kündigung und dem Tod gedroht worden. Als sie anschließend im Jahr 2014 entlassen worden sei, sei sie in die Hauptstadt gezogen. Dort habe sie mit ihrem Lebensgefährten zusammengelebt. Dieser sei eines Abends nicht nach Hause gekommen. Zwei Tage später habe sie ihn tot vor der Wohnungstüre vorgefunden. Der Gerichtsmediziner erklärte, dass er an einem Herzinfarkt gestorben sei. Die Erstbeschwerdeführerin glaube allerdings, dass dieser im Auftrag ihres ehemaligen Vorgesetzten (dem Bürgermeister) ermordet worden sei. Aufgrund des aufgetretenen psychischen Schocks habe sie anschließend ihr ungeborenes Kind verloren. Sie habe sich nach der erfolgten Vergewaltigung an die Polizeibehörden gewandt, diese hätten ihr jedoch gesagt, selbst schuld zu sein.

Zu ihrem Leben in Österreich befragt, brachte die Erstbeschwerdeführerin zusammenfassend vor, dass am XXXX ihre Tochter XXXX , die Zweitbeschwerdeführerin, auf die Welt gekommen sei, wobei der Vater XXXX , StA: Afghanistan sei. Er sei in Österreich subsidiär schutzberechtigt. Das Kennenlernen sei im Jahr 2016 erfolgt, ein gemeinsamer Haushalt bestehe allerdings nicht. Befragt, weshalb der Vater der Zweitbeschwerdeführerin nicht in der Geburtsurkunde eingetragen sei, führte die Erstbeschwerdeführerin zunächst aus, dass er nicht eingetragen worden sei, da sie nicht verheiratet seien. Anschließend korrigierte die Erstbeschwerdeführerin ihre Aussage und führte aus, zum betreffenden Zeitpunkt sei der Vater der Zweitbeschwerdeführerin arbeiten gewesen, weshalb sie die Geburtsurkunde alleine habe ausstellen lassen. Darüber hinaus habe die Erstbeschwerdeführerin Deutschkurse A1, A1+ und A2 besucht, wozu sie keine diesbezüglichen Nachweise vorlegte. Ergänzend gab sie an, sonst keine Angehörigen im Bundesgebiet zu haben. Sie sei auch kein Mitglied eines Vereines oder einer Organisation in Österreich.

Ergänzend legte die Erstbeschwerdeführerin eine Kopie der Teilnahmebestätigung am Integrationskurs „Bildung und Arbeit in Österreich“ vom 30.10.2017 sowie einen Sozialbericht der Caritas vom 28.03.2018 vor.

Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 16.05.2018, Zl 1098432710/151962679 (Erstbeschwerdeführerin) und Zl 1166058109/171005458 (Zweitbeschwerdeführerin), wurden die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerinnen Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebungen der Beschwerdeführerinnen gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig seien (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen (Spruchpunkt VI).

Mit Verfahrensanordnung vom 17.05.2018 wurde den Beschwerdeführerinnen die Organisation ARGE-Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberaterin zur Seite gestellt.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführerinnen durch ihre Rechtsberaterin mit Schriftsatz vom 19.06.2018 Beschwerde, in der ausgeführt wurde, dass das Verfahren beim Bundesamt nicht den Anforderungen des amtswegigen Ermittlungsverfahrens gemäß § 18 Abs 1 AsylG genügt habe. Darüber hinaus seien lediglich allgemein gehaltene, überwiegend nicht mit dem Vorbringen bzw. der Situation der Beschwerdeführerinnen, übereinstimmende Länderberichte herangezogen worden. Insbesondere sei die Tatsache, dass die Erstbeschwerdeführerin alleinerziehende Mutter sei, bei der Entscheidungsfindung ohne Berücksichtigung geblieben. Der Erstbeschwerdeführerin drohe Verfolgung aufgrund – wenn auch nur unterstellten – politischen Überzeugung. Darüber hinaus sei von der belangen Behörde eine mangelhafte Interessensabwägung im Züge der Rückkehrentscheidung vorgenommen worden. Es sei weder die bislang erfolgte Integration der Zweitbeschwerdeführerin noch das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK bei der Entscheidung berücksichtigt worden. Insbesondere sei die familiäre Bindung zum Vater der Zweitbeschwerdeführerin, der in Österreich subsidiär Schutzberechtigter sei, nicht im Einklang mit der Entscheidung zu bringen. Aufgrund des mangelhaften Ermittlungsverfahrens sei somit die von der Behörde vorgenommene Beweiswürdigung und anschließende rechtliche Beurteilung ebenfalls als mangelhaft zu qualifizieren. Ergänzend wurden der Beschwerde Integrationsnachweise (Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs der OeAD vom 13.06.2018, Psychosozialbericht der Caritas vom 13.06.2018), die Geburtsurkunde der Zweitbeschwerdeführerin vom 12.06.2018, wobei nunmehr der Vater der Zweitbeschwerdeführerin eingetragen wurde, beigelegt.

Mit Schriftsatz vom 04.03.2021 wurde eine Stellungnahme eingebracht, in der die bestehende Bedrohung aufgrund der politischen Einstellung der Erstbeschwerdeführerin ausgeführt wurde. Vor dem Hintergrund der Länderberichte zur Mongolei sei das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin, massiver geschlechtsspezifischer Gewalt sowohl durch staatliche Organe als auch durch Dritte ausgesetzt gewesen zu sein, glaubhaft. Aus den Berichten sei ebenfalls das Vorbringen bestätigt, dass die Erstbeschwerdeführerin aufgrund der vorherrschenden Korruption keinen staatlichen Schutz erwarten könne. Darüber hinaus bestünde für die Erstbeschwerdeführerin als alleinerziehende Mutter eine hohe Wahrscheinlichkeit überproportional von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen zu sein, wobei in der Mongolei keine ausreichende staatliche Unterstützung für Alleinerziehende oder deren Kinder vorhanden wäre. Nicht zu vernachlässigen sei auch die Tatsache, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Vater der Zweitbeschwerdeführerin, der afghanischer Staatsbürger und in Österreich subsidiär Schutzberechtigter sei, nicht verheiratet seien. Die Zweitbeschwerdeführerin besäße keine mongolischen Dokumente und sei nicht als mongolische Staatsbürgerin registriert. Da die Zweitbeschwerdeführerin als außereheliches Kind geboren sei und die Eltern auch nicht eine Ehe gemäß der Scharia führten, habe die Zweitbeschwerdeführerin auch keine Möglichkeit die afghanische Staatsbürgerschaft zu besitzen. Daraus folge, dass die Zweitbeschwerdeführerin weder die mongolische noch die afghanische Staatsbürgerschaft aufweise, sodass sie staatenlos sei. Die Beschwerdeführerinnen führten ebenfalls aus, dass zwischen den Beschwerdeführerinnen und XXXX (Vater der Zweitbeschwerdeführerin) ein gemäß Art 8 EMRK geschütztes Familienleben bestehe und dieses ausschließlich in Österreich weitergeführt werden könne.

Am 08.03.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der ein Vertreter des Bundesamtes nicht teilnahm. Die Erstbeschwerdeführerin legte zunächst eine Teilnahmebestätigung des FH Campus Wien für den B2-Deutschkurs vom 02.03.2021, ein Zeugnis zur Integrationsprüfung Sprachniveau B1 vom 16.01.2020, ein Zeugnis zur Integrationsprüfung Sprachniveau A2 vom 03.04.2019, ein Empfehlungsschreiben der Caritas vom 04.03.2021, ein Unterstützungsschreiben der Fachhochschule vom 01.03.2021, ein Unterstützungsschreiben vom 01.03.2021, eine Besuchsbestätigung der Zweitbeschwerdeführerin in einer Kindergruppe vom 05.03.2021 sowie ein weiteres Unterstützungsschreiben vor.

Weiters führte die Erstbeschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen aus, aufgrund der erhaltenen Drohungen sowie der körperlichen Misshandlung ihren Heimatstaat verlassen haben zu müssen. Im April 2010 habe sie ihre Tätigkeit in der Provinz XXXX , in der Ortschaft XXXX aufgenommen. Dort sei sie unter anderem für die Pachtverträge der Agrarflächen der Gemeinde zuständig gewesen. Der Bürgermeister, somit ihr Vorgesetzter, habe bereits zu einem früheren Zeitpunkt, konkret im Jahr 2009, einen Vertrag über die Verpachtung eines Grundstückes für 60 Jahre zur landwirtschaftlichen Nutzung an ein Unternehmen beschlossen. Dieser Vertrag sei jedoch ohne Genehmigung des Gemeinderates und der Provinz XXXX durchgeführt worden, sodass kein gültiger Vertrag vorgelegen sei, da die notwendigen Zustimmungsvoraussetzungen gefehlt hätten. Die Erstbeschwerdeführerin sei von den Viehzüchtern, dessen Weideflächen von dem betreffenden Unternehmen durchdringt worden sei, als die Verantwortliche für diese Gesetzeswidrigkeit gemacht und der Bestechung beschuldigt worden. Auf Vorhalt der Richterin, die Erstbeschwerdeführerin habe in ihrer Aussage vor dem Bundesamt die Bedrohungen durch die Viehzüchter nicht angegeben, erklärte diese, ihr sei gesagt worden, die Fluchtgründe vorerst nur zusammenfassend und nicht ausführlich darzulegen. Die Erstbeschwerdeführerin habe den Bürgermeister auf die gesetzeswidrige Vorgehensweise angesprochen und beabsichtigt diesen anzuzeigen. Um der geplanten Anzeige zu entgehen, habe der Bürgermeister sie bedroht und psychischen Druck ausgesetzt. Dieser habe ebenfalls angegeben, Beziehungen und Parteifreunde im ganzen Land zu haben, sodass er in der Lage wäre die Erstbeschwerdeführerin zu „vernichten“. Eingangs habe die Erstbeschwerdeführerin sich nicht einschüchtern lassen und „alles gesetzmäßig“ entscheiden wollen. Im Frühjahr 2013 sei sie allerdings von zwei Männern attackiert, körperlich misshandelt und vergewaltigt worden. Die besagten Männer hätten im Auftrag des Bürgermeisters gehandelt. Die Erstbeschwerdeführerin habe diesen Vorfall der Polizei angezeigt, allerdings keine entsprechende Hilfe erhalten. Ihr seien seitens der Polizei nur irrelevante Fragen gestellt und die Anzeige sei von diesen nicht weiterverfolgt worden. Aus der vorgefallenen Vergewaltigung sei eine Schwangerschaft resultiert, die im zweiten Monat – aufgrund des psychischen Drucks – mit einer Fehlgeburt geendet habe. Im Dezember 2013 sei die Erstbeschwerdeführerin entlassen und in die Hauptstadt gezogen. Auf Vorhalt der Richterin, die Erstbeschwerdeführerin habe beim Bundesamt ausgesagt, im Dezember 2014 gekündigt worden zu sein, erklärte diese sich geirrt zu haben, die Kündigung sei im Dezember 2013 erfolgt. In der Hauptstadt sei die Erstbeschwerdeführerin bei einem privaten Unternehmen tätig gewesen. Als sie gemerkt habe, auch dort ständig verfolgt zu werden, sei sie in die Stadt XXXX gezogen, wo sie anschließend auch ihren damaligen Lebensgefährten kennenlernt habe und mit dem sie eine Wohnung bezogen habe. In XXXX habe sie die Tätigkeit als Landeskoordinatorin in der Kanzlei des Bürgermeisters aufgenommen. Allerdings sei sie auch dort unter Druck gesetzt und weiterhin verfolgt worden. Eines Abends sei ihr Lebensgefährte nicht nach Hause zurückgekehrt. Sie habe ihn anschließend am nächsten Tag auf einer Bank vor dem Stiegenhaus tot aufgefunden. Die anschließende ärztliche Untersuchung habe ergeben, dass er aufgrund von Herzbeschwerden gestorben sei. Die Erstbeschwerdeführerin sei allerdings überzeugt, dass dies kein natürlicher Tod gewesen sei, sondern im Zusammenhang mit den Drohungen des ehemaligen Vorgesetzten stehe. Auf Vorhalt der Richterin, die Erstbeschwerdeführerin habe beim Bundesamt angegeben, ihr Lebensgefährte sei in Ulaanbaatar (in der Hauptstadt) an einem Herzinfarkt gestorben, verneinte diese und erklärte, der Lebensgefährte sei in XXXX gestorben.

Über Nachfrage der Richterin, ob für die Zweitbeschwerdeführerin ein mongolischer Pass beantragt worden sei, verneinte die Erstbeschwerdeführerin dies. Gleichzeitig erklärte sie, zu bezweifeln einen erhalten zu können.

Zu ihrem Leben in Österreich führte die Erstbeschwerdeführerin aus, in der Grundversorgung zu sein. Ihr Freund habe aufgrund der vorherrschenden Corona-Situation seinen Arbeitsplatz verloren und sei aktuell intensiv auf der Arbeitssuche. Die Erstbeschwerdeführerin besuche zurzeit einen Deutschkurs (Niveau B2) an der FH Campus Wien. Die Deutschprüfung auf dem Niveau A1, A2 und B1 habe sie bereits erfolgreich absolviert. Neben dem Lernen kümmere sie sich um ihre Tochter (Zweitbeschwerdeführerin), wobei sie von Ihrem Freund hierbei unterstützt werde. Ein gemeinsamer Haushalt mit ihrem Freund, somit dem Vater ihrer Tochter, bestünde zum aktuellen Zeitpunkt nicht, sei aber beabsichtigt.

Die Richterin hält in der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung fest, dass die Erstbeschwerdeführerin über alltagstaugliche Deutschkenntnisse verfügt.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurden der Rechtsberaterin der Erstbeschwerdeführerin die Länderfeststellungen zur Situation in der Mongolei und eine Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 01. Februar 2018 zu Mongolei: Situation alleinerziehende Frau, übergeben, wozu dieser eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt wurde. Eine solche ist bis dato nicht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin ist mongolische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Khalkh an und ist ohne Religionsbekenntnis. Sie stellte am 10.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Zweitbeschwerdeführerin, Tochter der Erstbeschwerdeführerin, wurde am XXXX in Österreich geboren. Die Erstbeschwerdeführerin stellte für ihre Tochter am 30. 8. 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 34 AsylG.

Die Erstbeschwerdeführerin wurde in XXXX in der Mongolei geboren. Sie besuchte zunächst zehn Jahre lang die Grundschule und anschließend fünf Jahre die Universität der Landwirtschaft. Nach ihrem Bachelorabschluss ist sie in dem Zeitraum 2010 bis 2015, somit bis zu ihrer Ausreise, in der Raumplanung tätig gewesen. In der Zeit von April 2010 bis mindestens Dezember 2013 war die Erstbeschwerdeführerin in der Stadt XXXX als Agraringenieurin tätig. Anschließend hat sie XXXX verlassen und eine neue Tätigkeit aufgenommen, in der sie bis zur ihrer Ausreise beschäftigt war.

Im Herkunftsland leben die Eltern, zwei Schwestern, eine Tante sowie ein Cousin der Erstbeschwerdeführerin. Zu ihren Angehörigen hält die Erstbeschwerdeführerin keinen Kontakt.

Das Vorbringen des Erstbeschwerdeführerin, wonach sie Drohungen durch ihren ehemaligen Vorgesetzten erhalten habe und auch um ihr Leben fürchten müsste, falls sie in die Mongolei zurückkehre, hat sich als nicht glaubhaft erwiesen, dies gilt auch für die vorgebrachte Vergewaltigung. Auch das Vorbringen, der Tod ihres Lebensgefährten stehe im Zusammenhang mit den Drohungen des ehemaligen Vorgesetzten, ist nicht als glaubhaft zu beurteilen.

Für die Zweitbeschwerdeführerin wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

Die Beschwerdeführerinnen sind im Fall ihrer Rückkehr in die Mongolei keiner Verfolgung ausgesetzt.

In Österreich lebt die Erstbeschwerdeführerin gemeinsam mit der Zweitbeschwerdeführerin in einem gemeinsamen Haushalt. Mit dem Partner der Erstbeschwerdeführerin, einem afghanischen Staatsbürger, der in Österreich subsidiär schutzberechtigt ist und gleichzeitig der Vater der Zweitbeschwerdeführerin ist, führt die Beschwerdeführerin seit dem Jahr 2016 eine Beziehung. Wenngleich noch kein gemeinsamer Haushalt besteht, ist ein solcher beabsichtigt. Dieser unterstützt die Erstbeschwerdeführerin bei der Erziehung ihrer gemeinsamen Tochter. Die Erstbeschwerdeführerin ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Die Erstbeschwerdeführerin ist gesund und erwerbsfähig. Sie verfügt über ein Zeugnis zur Integrationsprüfung, Sprachniveau B1, und ist darüber hinaus bestrebt ihr Sprachwissen weiter auszubauen. Dies äußert sich ebenfalls durch die vorgelegte Teilnahmebestätigung an einem weiteren Deutschkurs auf dem Niveau B2. Darüber hinaus nimmt sie Fürsorgepflichten für ihre Tochter wahr, wobei sie auch in dieser Hinsicht sehr bemüht ist. Im Übrigen übernimmt die Erstbeschwerdeführerin ehrenamtliche Tätigkeiten in Form von Reinigungsarbeiten (Raumpflege und Reinigung der Stiegen) in ihrer Unterkunft, welche sie zur vollsten Zufriedenheit und stets mit Fleiß erledigt. Die Erstbeschwerdeführerin strebt darüber hinaus einen Universitätsabschluss sowie eine anschließende Erwerbstätigkeit an.

Die Erstbeschwerdeführerin schloss in Österreich bereits in Österreich soziale Kontakte.

Die Zweitbeschwerdeführerin besucht seit 17.10.2018 den Kindergarten, wobei sie in der Gruppe sehr gut integriert ist und die deutsche Sprache beherrscht.

Aufgrund der oben angeführten Umstände würde eine Rückkehrentscheidung einen ungerechtfertigten Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerinnen darstellen.

Situation in der Mongolei:

(Quelle: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zur Mongolei vom 20. 10. 2020)

COVID-19

Die Mongolei ist seit dem 9. Januar 2020 mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 konfrontiert. Im Land wurden sehr schnell strenge Sicherheitsmaßnahmen ergriffen (LIP 7.2020d). Kaum ein anderes Land hat so früh und so diszipliniert auf die Bedrohung reagiert wie die bitterarme und wirtschaftlich fast völlig von China abhängige Mongolei (DS 5.6.2020).

Nach wie vor bewegen sich die Fallzahlen im niedrigen dreistelligen Bereich. Dabei handelt es sich ausschließlich um aus dem Ausland importierte Fälle im staatlichen Quarantänesystem (AA 14.10.2020). Ende März 2020 hat die Regierung ein Paket von Hilfsmaßnahmen eingebracht, das insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Bewältigung der Coronakrise helfen soll (GTAI 10.8.2020).

Der bei den Parlamentswahlen Ende Juni im Amt bestätigte Premierminister Ukhnaagiin Khurelsukh bezifferte den Umfang des Unterstützungspakets auf umgerechnet rund 1,8 Milliarden US-Dollar (USD). Ein Anfang August 2020 im Parlament eingebrachter Nachtragshaushalt ermöglicht, dass mehrere der ursprünglich auf drei oder sechs Monate befristeten Maßnahmen länger gelten werden (GTAI 10.8.2020).

Aufgrund der Verbreitung des Coronavirus (COVID-19) sind vorläufig alle Flugverbindungen in das Ausland eingestellt. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht mehr möglich (BMEIA 8.5.2020).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (14.10.2020): Mongolei: Reise- und Sicherheitshinweise, Aktuell, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/mongoleisicherheit/222842, Zugriff 19.10.2020

-        BMEIA – Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (19.10.2020): Mongolei (Mongolei), Aktuelle Hinweise, Stand 19.10.2020 (Unverändert gültig seit: 09.05.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 19.10.2020

-        DS – Der Standard (5.6.2020): Warum die Mongolei inmitten der Corona-Krise Schafe nach China schickte, https://www.derstandard.at/story/2000117887198/warum-die-mongolei-inmitten-der-corona-krise-schafe-nach-china, Zugriff 19.10.2020

-        GTAI – German Trade & Invest (10.8.2020): Covid-19: Maßnahmen der Regierung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/mongolei/covid-19-massnahmen-der-regierung-238750, Zugriff 19.10.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020d): Mongolei, Alltag, https://www.liportal.de/mongolei/ueberblick/#c57158, Zugriff 25.9.2020

Politische Lage

Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen Russland und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von 3,2 Mio. Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Mio. Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (20187.2020) ca. 1,5 Mio. Menschen (CIA 10.9.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).

Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2019; vgl. USDOS 11.3.2020). Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich (BMZ o.D.). In den vergangenen 20-30 Jahren wurden in der Mongolei 16 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahl (USDOS 19. 6.2020). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2019; vgl. AA 9.2020a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2019). Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammerparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2019). Die 76 Abgeordneten werden für vier Jahre gewählt (ÖB 12.2019).

Nach der Revolution im Jahr 1990 hat sich in der Mongolei insgesamt eine stabile Demokratie mit einem Mehrparteiensystem, freien Wahlen und Gewaltenteilung etabliert. Geprägt wurde diese positive Entwicklung jedoch auch durch extrem häufige Regierungswechsel. Skandale um Korruption in Politik und Wirtschaft haben in den vergangenen Jahren immer wieder das Land erschüttert. Laut Meinung von Experten werden Wahlen in dem Land mittlerweile vor allem dazu genutzt, „aus Frustration über die nicht erfüllten Versprechen“ jene Partei abzuwählen, „die derzeit das Parlament kontrolliert“. In den vergangenen Jahrzehnten spielten insbesondere zwei Parteien eine wesentliche Rolle in der mongolischen Politik: Die ehemals kommunistische Staatspartei, die Mongolische Volkspartei (MVP), sowie die aus unterschiedlichen Oppositionsgruppen hervorgegangene Demokratische Partei (DP) (KAS 6.2020).

Bei der Parlamentswahl vom 24. Juni 2020 erhielt die Regierungspartei Mongolische Volkspartei (MVP) von Premierminister Ukhnaa Khurelsukh 62 der 76 Parlamentssitze (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020, GW 25.8.2020). Die oppositionelle Demokratische Partei erzielte elf Sitze. Damit wurde erstmals seit der ersten Mehrparteien-Parlamentswahl 1990 eine Regierungspartei wiedergewählt. Unter den neu gewählten Abgeordneten befinden sich 13 Frauen (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020). Die Wahlbeteiligung betrug 73% (BAMF 29.6.2020).

Die Parlamentswahl fand wegen COVID-19 unter Einhaltung von entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen, wie Abstandsregeln und Messung der Körpertemperatur statt (BAMF 29.6.2020).

Der alte und neue Premierminister der im Juli 2020 gebildeten Regierung heißt Ukhnaagiin Khurelsukh. Nachdem er in den Parteigremien mit 100% Zustimmung für das Amt nominiert worden war, stimmte am 2.7.2020 auch die große Mehrheit der Staatsversammlung dem Vorschlag zu. Der Regierung Khurelsukh gehören drei Frauen an (LIP 7.2020a).

Noch profitiert die MVP-Regierung von ihrer strikten und frühzeitigen Präventionspolitik (KAS 4.5.2020). Doch steigt in Folge der COVID-19-Krise auch der Druck auf die Regierung (GW 25.8.2020). Durch frühzeitige Restriktionen konnte eine unkontrollierte Verbreitung bislang verhindert werden. Die beschlossenen Maßnahmen führten in den vergangenen Monaten in der Konsequenz allerdings zu einem massiven Einbruch der mongolischen Wirtschaft (KAS 6.2020; vgl. GW 25.8.2020). Ein Beibehalten der Restriktionen würde die wirtschaftliche Krise verstärken, die gerade den ärmsten Teil der Bevölkerung trifft. Andererseits würde ein Aufheben der Maßnahmen die Mongolei dem Risiko einer sprunghaften Ausbreitung und damit einer angesichts des unterentwickelten Gesundheitssystems unabwendbaren Katastrophe aussetzen. Noch hat es die Regierung durch umfangreiche Hilfspakete geschafft, öffentliche Kritik an ihrem Vorgehen abzuwenden (KAS 6.2020).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (9.2020a): Mongolei – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222882, Zugriff 21.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (29.6.2020): Briefing Notes 29. Juni 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2033951/briefingnotes-kw27-2020.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        CIA – Central Intelligence Agency (10.9.2020): The World Factbook – Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 25.9.2020

-        GW – Gardaworld) (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (4.5.2020): Corona-Krise in der Mongolei, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/corona-krise-in-der-mongolei, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Sicherheitslage

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, von der sie bis dahin vollständig abhängig war, baute die Mongolei schnell und konfliktfrei demokratische und marktwirtschaftliche Strukturen auf. Obwohl sich alle politischen Akteure über den demokratischen und marktwirtschaftlichen Kurs des Landes einig sind, gibt es viele Herausforderungen zu bewältigen. Die Regierungsführung ist noch schwach und die Leistungsfähigkeit der staatlichen Institutionen gering (BMZ o.D.).

Nach der innenpolitischen Krise 2018 war die Mongolei von einer Reihe von innenpolitischen Reformen zur Sicherung der Stabilität des Landes gekennzeichnet (BMEIA 25.6.2020). Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 29.4.2020). In der Mongolei gibt es einige kleine extrem nationalistischer Gruppen, die gelegentlich chinesische Staatsbürger angreifen. Die Existenz mongolischer Terrororganisationen ist nicht bekannt (GW 3.7.2020).

Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - hatten bisher kein Eskalationspotential (GW 4.7.2020), sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 29.4.2020).

Es kommt mitunter zu gewalttätigen Übergriffen auf chinesische, koreanische und vietnamesische Staatsbürger, die in der Mongolei leben (ÖB Peking 12.2019) durch Ultranationalisten (ÖB Peking 12.2019). Anfang 2020 führte die Regierung eine Reihe von Zwangsausweisungen nordkoreanischer Staatsbürger in Übereinstimmung mit den einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates durch (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).

Die Mongolei ist außenpolitisch um ein gutes und ausgewogenes Verhältnis zu den beiden großen Nachbarstaaten Russland und China bemüht (BMEIA 25.6.2020) und betreibt eine „Politik des dritten Nachbarn“ als Gegengewicht der möglichen Vereinnahmung durch ihre unmittelbaren Nachbarn. Die Mongolei nutzt die guten Beziehungen sowohl zu Nord- als auch Südkorea für eine Vermittlerrolle auf der koreanischen Halbinsel. Stabile Außenbeziehungen unterhält die Mongolei auch zu Japan (LIP 7.2020a; vgl. AA 2.9.2020, GW 3.7.2020).

Als eines der ersten Länder hat die Mongolei im Jänner 2020 ihre Grenzen für Reisende aus Hochrisikoländern geschlossen, um den Import von Infektionen mit COVID-19 zu verhindern (WKO 5.2020). Die Schließung von internationalen Flug- und Bahnverbindungen aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden mehrmals, zuletzt bis zum 31. Oktober 2020 durch die Regierung verfügt (GW 27.8.2020; vgl. MSZ o.D.) und bleibt vorläufig weiterhin aufrecht. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht möglich (BMEIA 25.9.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (2.9.2020): Mongolei: Politisches Portrait, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/politisches-portraet/222882, Zugriff 23.9.2020

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        BMEIA – Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten (25.9.2020): Mongolei (unverändert gültig seit 9.5.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 25.9.2020

-        BMEIA – Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten (25.6.2020): Außen- und Europapolitischer Bericht 2019, Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00150/imfname_806473.pdf, Zugriff 24.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (27.8.2020): Mongolia: International flights and rail services canceled until September 15 /update 13, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/373106/mongolia-international-flights-and-rail-services-canceled-until-september-15-update-13, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (4.7.2020): Mongolia Country Report, Social Stability, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, Terrorism, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, War Risks, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020

-        MSZ - Ministerstwo Spraw Zagranicznych (o.D.): Powrot Mongolia, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/mongolia, Zugriff 5.10.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

-        WKO – Wirtschaftskammer Österreich (5.2020): Wirtschaftsbericht Mongolei, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/mongolei-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 23.9.2020

Rechtsschutz / Justizwesen

Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht (ÖB Peking 12.2019). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 12.2019; vgl. FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020).

Soum-, Intersoum- und Bezirksgerichte sind Gerichte 1. Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von zehn Mio. Tögrök (MNT) zuständig. Aimag-Gerichte sind die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über zehn Mio. MNT, sowie die Berufungsgerichte für die unteren Gerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für alle anderen Verfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigeninitiative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt. (ÖB Peking 12.2019).

Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Judicial General Council (JGC) ist für die Nominierung sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern verantwortlich. Er ist jedoch politisch abhängig und hat nicht die Befugnis, bei Vorwürfen von richterlichem Fehlverhalten zu ermitteln (Bertelsmann 29.4.2020). Die unabhängige Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren ohne Verzögerungen wird in der Regel durchgesetzt. Doch haben die Verabschiedung von Gesetzesänderungen über die Rechtsstellung der Richter die Unabhängigkeit der Justiz geschwächt. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht, über die Vorwürfe gegen sie in Kenntnis gesetzt zu werden. Angeklagte können einen Rechtsbeistand selbst auswählen oder erhalten auf Staatskosten einen solchen gestellt (USDOS 11.3.2020).

NGOs und Privatunternehmen berichten, dass Korruption und Einflussnahme im Justizsystem stattfindet (USDOS 11.3.2020; vgl. Bertelsmann 29.4.2020). Die Rechte von Angeklagten wie die Befragung und Einberufung von Zeugen würden in manchen Fällen missachtet. NGOs berichten weiters über Einschüchterung von Zeugen und mangelnde Transparenz bei der Urteilsfindung (USDOS 11.3.2020). Jedoch wurden der Mongolei deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Transparenz der Urteilsfindung attestiert (Bertelsmann 29.4.2020).

Gerichte verhängen nur selten Freisprüche oder stellen das Verfahren ein, auch wenn es keine substanziellen Beweise für einen Schuldspruch gibt. Gerichte spielen Fälle häufig an die Staatsanwaltschaft zurück, obwohl ein Freispruch angemessen erscheint. Dadurch wechseln auch einzelne prominente Kriminalfälle jahrelang zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht hin und her, ohne dass diese abgeschlossen werden (USDOS 11.3.2020). Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Sicherheitsbehörden

Für die innere Sicherheit sind in erster Linie die Nationale Polizeibehörde und die Allgemeine Behörde für Grenzschutz zuständig, die dem Ministerium für Justiz und Inneres unterstehen. Die General Intelligence Agency, deren Direktor dem Premierminister untersteht, unterstützt diese beiden Behörden bei der inneren Sicherheit. Die Streitkräfte sind dem Verteidigungsministerium unterstellt und unterstützen die Kräfte der inneren Sicherheit bei der Bereitstellung von Nothilfe und Katastrophenhilfe im Inland (USDOS 11.3.2020). Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstellten Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 12.2019). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inkonsequent (USDOS 11.3.2020).

Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatssicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Folter und unmenschliche Behandlung

Artikel 251 des Strafgesetzbuchs definiert den Straftatbestand der Folter und legt eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft und ein Berufsverbot von bis zu drei Jahren fest. In besonders schlimmen Fällen kann die Strafe sogar auf bis zu zehn Jahren ausgeweitet werden. Gemäß Kapitel 11, §44 wird die Entschädigung in Fällen von Folter von der Strafprozessordnung festgelegt. Der Höchste Gerichtshof zitiert in seiner Interpretation dieses Artikels ausdrücklich die Definition der UN-Konvention gegen Folter (ÖB Peking 12.2019).

Dennoch sind Folter und andere Misshandlungen verbreitet (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 30.1.2020), insbesondere zum Erzwingen von Geständnissen (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 30.1.2020). Nach dem Strafrecht sind alle Amtsträger wegen Missbrauchs oder Folter, einschließlich physischer und psychischer Misshandlung, strafbar. Höchststrafen für Folter belaufen sich auf fünfjährige Gefängnisstrafen, oder auf lebenslange Haft, bei Todesfolge. Doch besagt das Gesetz auch, dass verbotene Handlungen keine Straftat darstellen, wenn sie auf Anweisung eines Vorgesetzten in Ausübung der Amtspflichten begangen werden. Zwar wird in einem solchen Fall die Person, die eine rechtswidrige Anweisung erteilt hat, für den verursachten Schaden strafrechtlich verantwortlich gemacht, doch sind Strafverfolgungen selten. Gemäß Angaben von National Human Rights Commission of Mongolia (NHRC), Staatsanwälten und Richtern gewährt das Gesetz Beamten, die auf Geheiß von Ermittlern oder Staatsanwälten Geständnisse erzwungen haben sollen, effektiv Immunität (USDOS 11.3.2020). Auch stellen sich die rechtlichen Rahmenbedingungen und Maßnahmen zur Verhinderung von Folter unzureichend dar (Bertelsmann 29.4.2020; vgl. AI 30.1.2020).

Auch wird von Drohungen gegen Familienmitglieder berichtet, um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 11.3.2020). Im Februar 2015 ratifizierte die Mongolei das Zusatzprotokoll zur UN-Antifolterkonvention (OPCAT). Das UN-Antifolterkomitee (CAT) überprüfte die Mongolei im August 2016 und drückte unter anderem Sorgen über vorherrschende Straflosigkeit in Fällen von Folter aus (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023874.html, Zugriff 24.9.2020

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Korruption

Korruption ist in der gesamten öffentlichen Verwaltung und in der Industrie (Bergbau) weit verbreitet (ÖB 12.2019; vgl. TI 9.7.2018, BMZ o.D.). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2019 auf Platz 106 von 198 analysierten Ländern (TI 2019). Das bedeutet einen Verlust von 13 Plätzen zum Ergebnis von 2018 (TI 2019). 2018 erreichte die Mongolei den 93 Platz (von 198 Staaten) (TI 2018).

Der Großteil der Bevölkerung ist mit den Anti-Korruptionsmaßnahmen der Regierung unzufrieden (TI 9.7.2018). In der mongolischen Öffentlichkeit setzt sich zunehmend das Bewusstsein durch, dass Korruption die Entwicklung des Landes stark behindert. Es wurden Antikorruptionsgesetze verabschiedet und entsprechende Kontrolleinrichtungen geschaffen. Weitere Reformen und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Korruption sind jedoch erforderlich (BMZ o.D.).

Das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Strafgesetz führte höhere Strafen für Korruptionsvergehen von öffentlich Bediensteten und Regierungsvertretern sowie deren nächster Verwandtschaft ein. Das Gesetz erfordert von Regierungsvertretern auch die Offenlegung ihrer Vermögen an die Independent Authority Against Corruption (IAAC). Im März 2017 wurde ein staatliches Korruptionsbekämpfungsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren implementiert (USDOS 11.7.2019).

Seit 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz mehrfach erweitert (USDOS 11.7.2019; vgl. ÖB 12.2019). Eine gesetzliche Schutzvorschrift liegt seit Ende 2016 jedoch im Entwurf vor (ÖB Peking 12.2019). Jedoch wurden bisher keine Gesetze verabschiedet, die einen Schutz von NGOs und anderen Institutionen, die Korruption der Regierung untersuchen und öffentlich machen, ermöglicht (USDOS 11.7.2019). Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben (ÖB Peking 12.2019).

Es gibt eine weitreichende Immunität von Amtsträgern gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (TI 9.7.2018) und es gibt Bedenken, dass Teile der Justiz und der IAAC weitgehend von politischen Kreisen kontrolliert werden, welche verhindern möchten, durch eine tatsächlich unabhängige Behörde selbst der Korruption bezichtigt zu werden (Bertelsmann 29.4.2020; vgl. FH 4.3.2020).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2019 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2019/results/mng, Zugriff 23.9.2020

-        TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2018/results/mng, Zugriff 23.9.2020

-        TI – Transparency International (9.7.2018): Mongolia: Overview of Corruption and Anti-Corruption, https://knowledgehub.transparency.org/helpdesk/mongolia-overview-of-corruption-and-anti-corruption, Zugriff 24.9.2020

-        USDOS – U.S. Department of State (11.7.2019): Investment Climate Statements for 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031888.html, Zugrifff 24.9.2020

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Eine Vielzahl an heimischen und internationalen Menschenrechtsgruppen kann ohne behördliche Einschränkungen ihre Erkenntnisse veröffentlichen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020), jedoch sind die meisten dieser Organisationen eher klein (FH 4.3.2020). Regierungsbeamte sind grundsätzlich kooperativ und für deren Anliegen zugänglich (USDOS 11.3.2020). Einzelne AktivistInnen berichten gelegentlich von Einschüchterungen und Belästigungen im Rahmen ihrer Arbeit (FH 4.3.2020). Regierungsnahe Kreise beschreiben solche NGOs mitunter als „unerwünscht“, „Unruhestifter“, „ausländische Agenten“ oder „Gegner des Staates“ (USDOS 11.3.2020).

Die staatliche Menschenrechtskommission „National Human Rights Commission of Mongolia” (NHRC) arbeitet weitgehend unabhängig und veröffentlicht trotz schlechter finanzieller Ausstattung kritische Berichte. Internationale NGOs können frei arbeiten. Menschenrechtsverteidiger sind in der Regel keinen Belästigungen ausgesetzt. Jedoch blieb der Fall eines 2015 ermordeten Umweltaktivisten, der Bergbauarbeiten kritisiert hatte, bisher ungeklärt (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Ombudsmann

Es existiert keine Ombudsstelle zur Behandlung von Beschwerden durch Häftlinge (USDOS 3.3.2017). Das neue Strafgesetzbuch (Juli 2017) hat die Unabhängige Ermittlungseinheit, welche bereits früher abgeschafft worden war, nicht wiederhergestellt (AI 22.2.2018). Die Bedingungen in Gefängnissen und Haftanstalten werden durch die Staatsanwaltschaft und die staatliche Menschenrechtskommission „National Human Rights Commission of Mongolia” (NHRC) kontrolliert (USDOS). Auch andere Bereiche, wie etwa der Umweltbereich verfügen über keine Vermittlungsstellen, um Fehlentwicklungen entsprechend begegnen zu können (HRC 24.2.2020).

Quellen:

-        HRC – UN Human Rights Council (formerly UN Commission on Human Rights) (24.2.2020): Summary of Stakeholders’ submissions on Mongolia; Report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights [A/HRC/WG.6/36/MNG/3], https://www.ecoi.net/en/file/local/2028451/A_HRC_WG.6_36_MNG_3_E.pdf, Zugriff 24.9.2020

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

-        USDOS – U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 – Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1395603.html, Zugriff 21.9.2020

Wehrdienst und Rekrutierungen

Die Mongolei verfügt über ein kleines Militär, das zunehmend auf die Unterstützung globaler friedenserhaltender und antiterroristischer Operationen ausgerichtet ist (GW 3.7.2020). Es besteht für alle Männer zwischen dem 18. und dem 25. Lebensjahr eine Wehrpflicht über zwölf Monate. Zu Einheiten, welche nicht unter Waffen stehen, kann man bis zum 27. Lebensjahr eingezogen werden. Eine uneingeschränkte Befreiung von der Wehrpflicht gibt es nicht, eine Erkrankung oder die Unterstützung schwer erkrankter Familienangehöriger können zu einem Aufschub der Wehrpflicht führen. Studenten haben ebenfalls das Recht, einen Aufschub des Einberufungsbefehls zu beantragen. Frauen sind von der Wehrpflicht ausgenommen (ÖB Peking 12.2019; vgl. CIA 10.9.2020). Nach der Wehrpflicht können sich Soldaten für zwei bis vier Jahre verpflichten (CIA 10.9.2020).

Das Gesetz sieht für religiöse oder Gewissensgründe die Möglichkeit vor, alternativ Dienst bei der Grenzüberwachung, der nationalen Katastrophenschutzbehörde oder bei humanitären Organisationen zu leisten (USDOS 10.6.2020). Gemäß Wehrdienstgesetz kann man sich durch eine Zahlung der Unterhalts- und Ausbildungskosten eines Soldaten vom Wehrdienst befreien lassen (USDOS 10.6.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).

Deserteure müssen in Friedenszeiten mit einer zweijährigen und Offiziere mit einer dreijährigen Freiheitsstrafe, rechnen (Art. 279 Abs.1 und 279 Abs. 2 StGB). In Kriegszeiten kann die Strafe auf fünf bis sieben Jahre ausgedehnt werden (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        CIA – Central Intelligence Agency (10.9.2020): The World Factbook – Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 25.9.2020

-        GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, War Risks, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031300.html, Zugriff 24.9.2020

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechte sind in der Mongolei in der Verfassung festgeschrieben und werden allgemein geachtet. Das Land verfügt über eine aktive Zivilgesellschaft mit einer Vielzahl von Bürgerbewegungen und Selbsthilfegruppen (BMZ o.D.).

Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme stellen die Bedrohung der Unabhängigkeit der Justiz, harte Haftbedingungen, die Existenz strafrechtlicher Diffamierungsgesetze, amtliche Korruption, Gewalt oder die Androhung von Gewalt gegen lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle oder intersexuelle Personen sowie Kinderzwangsarbeit dar (USDOS 11.3.2020).

Mit 17 der 18 internationalen Menschenrechtsverträge und deren Zusatzprotokollen hat die Mongolei mehr einschlägige Verträge ratifiziert als jedes andere asiatische Land, und um zwei Verträge mehr als Österreich (ÖB Peking 12.2019).

Als neuntes Land in Asien hat die Mongolei im Jahr 2000 eine nationale Menschenrechtskommission eingerichtet. Nach den gesetzlichen Vorgaben besteht diese aus drei für sechs Jahre berufenen Mitgliedern, die vom Obersten Gerichtshof, dem Staatspräsidenten und dem Parlament nominiert werden. Vorsitzender des Gremiums ist ein bisheriger Richter am Obersten Gerichtshof. Die Befugnisse dieser Kommission beziehen sich v.a. auf die Ausarbeitung von Bildungs-, Rechtsverbreitungs- und Forschungsmaßnahmen, aber auch auf die Behandlung von Bürgerbeschwerden. Die Mongolei orientierte sich dabei eng an den Vorschlägen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, welches die Anstrengungen der Mongolei auf diesem Gebiet als vorbildlich bezeichnet (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Meinungs- und Pressefreiheit

In der Mongolei besteht eine große Pressevielfalt und generelle Meinungsfreiheit (ÖB 12.2019; vgl. FH 4.3.2020). Die Regierung respektiert dieses Recht im Allgemeinen (USDOS 11.3.2020). Auch der friedliche Meinungsaustausch im Internet ist gesetzlich erlaubt. Verantwortlich dafür ist die von der Regierung besetzte Kommunikationsaufsichtskommission (Regulatory Commission, CRC), ein Organ, welches Fernseh-

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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