TE Bvwg Beschluss 2021/8/20 W192 2244468-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

20.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6

Spruch


W192 2244468-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Albanien, gegen Spruchpunkt V. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2021, Zahl: 1279492700-210822060:

A) Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


XXXX

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Albaniens, wies sich am 20.06.2021 bei der Einreisekontrolle am Flughafen Wien Schwechat mit einem totalgefälschten italienischen Identitätsdokument aus, woraufhin das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am gleichen Datum dessen Festnahme nach den Bestimmungen des BFA-VG anordnete und eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durchführte.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

Zur Begründung des Einreiseverbotes wurde erwogen, der Beschwerdeführer habe seine Identität durch den Gebrauch eines totalgefälschten italienischen Reisedokumentes verschleiern wollen und sei überdies im Besitz unzureichender finanzieller Mittel, um sich auf längere Sicht ein Leben in der Europäischen Union finanzieren zu können. Die Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände, sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe ergeben, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der ausgesprochenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, um der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung zu begegnen.

Jener Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 20.06.2021 persönlich ausgefolgt.

Der Beschwerdeführer unterzeichnete danach bei der belangten Behörde hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Bescheides im Beisein eines Dolmetschers und nach erfolgter Manuduktion durch die belangte Behörde einen Rechtsmittelverzicht.

Mit weiterem Bescheid vom 23.06.2021.2021 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie der Abschiebung angeordnet.

Mit am 23.06.2021 ausgefülltem Formular beantragte der Beschwerdeführer die (organisatorisch) unterstützte freiwillige Rückkehr in seinen Herkunftsstaat.

Am 01.07.2021 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen und reiste in der Folge auf dem Luftweg in seinen Herkunftsstaat aus.

3. Gegen das in Spruchpunkt V. des dargestellten Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ausgesprochene Einreiseverbot richtet sich die durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation mit Schriftsatz vom 14.07.2021 fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Der vom Beschwerdeführer unterzeichnete Rechtsmittelverzicht fand im Beschwerdeschriftsatz keine Erwähnung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Albaniens und spricht muttersprachlich Albanisch.

Der verfahrensgegenständliche Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2021 wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag bei der belangten Behörde persönlich ausgefolgt. Sowohl der Spruch als auch die Rechtsmittelbelehrung des Bescheides weisen eine Übersetzung in albanischer Sprache auf.

Am gleichen Datum unterzeichnete der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde einen in deutscher Sprache verfassten Rechtsmittelverzicht. Der Beschwerdeführer war vor dem Bundesamt über die Folgen einer solchen Erklärung aufgeklärt worden und es wurde ihm der Inhalt der unterzeichneten Erklärung durch einen Dolmetscher für die Sprache Albanisch übersetzt.

Am 01.07.2021 reiste der Beschwerdeführer freiwillig auf dem Luftweg in seinen Herkunftsstaat aus.

Am 14.07.2021 erhob der Beschwerdeführer durch seine am 24.06.2021 bevollmächtigte Vertretung Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angeführten Bescheides des Bundesamtes.

II. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Gerichtsakts einschließlich der Beschwerde. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Integrierten Fremdenregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

Die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ist aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers, seiner albanischen Muttersprache und des ihm ausgestellten albanischen Laissez-Passer unstrittig.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer die von ihm eigenhändig unterfertigte schriftliche Erklärung eines Beschwerdeverzichts abgegeben hat (AS 55), ist aufgrund der Aktenlage unzweifelhaft. Der Rechtsmittelverzicht wurde vom Beschwerdeführer nach Belehrung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Rahmen der Einvernahme am 20.06.2021 und Übersetzung durch den bereits der Einvernahme vor dem Bundesamt hinzugezogenen Dolmetscher für die Sprache Albanisch unterzeichnet. Die Beschwerde erwähnt den vom Beschwerdeführer – bezogen auf den gesamten Bescheidumfang – abgegebenen Rechtsmittelverzicht nicht und macht keine allfälligen Fehler in der diesbezüglichen Willensbildung geltend. Es wurde vonseiten des Beschwerdeführers auch nicht behauptet, dass er allenfalls unter Druck, Zwang oder Drohung oder in Unkenntnis der Rechtsfolgen, insbesondere über den Eintritt der Rechtskraft des Bescheides, den Rechtsmittelverzicht mit seiner Unterschrift erklärt hätte.

Demnach konnte das Gericht vom Inhalt der Erklärung ausgehend feststellen, dass der Beschwerdeführer belehrt wurde und wusste, was der Inhalt und die Folgen seiner ihm durch einen Dolmetscher in seine Muttersprache übersetzten Erklärung sind.

Die Feststellungen über die erfolgte freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers ergeben sich aus der im Akt einliegenden Ausreisebestätigung vom 01.07.2021 sowie einem entsprechenden Eintrag im Zentralen Fremdenregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.1 Gemäß § 7 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung, ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.

Das Vorliegen eines Beschwerdeverzichts ist besonders streng zu prüfen (VwGH 17.02.2010, 2009/17/0254; 29.04.2014, 2013/04/0072). Besondere Formerfordernisse bestehen nicht (VwGH 11.07.2003, 2000/06/0173), der Verzicht muss allerdings ausdrücklich erklärt werden (VwGH 17.04.2009, 2007/03/0040). Ein Rechtsmittelverzicht kann nur von einer Partei des Verfahrens abgegeben werden. Dies kann – und zwar durch ausdrückliche Erklärung – erst nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides (bzw. allenfalls nunmehr Erkenntnisses) und während der Rechtsmittelfrist erfolgen (VwGH 11.03.2016, Ro 2015/06/0014). Der einmal gültig erklärte Beschwerdeverzicht kann nicht mehr zurückgenommen werden, da er als Prozesshandlung endgültig abgegeben ist; er ist damit unwiderruflich (VwGH 12.05.2005, 2005/02/0049).

Voraussetzung für einen rechtswirksamen Rechtsmittelverzicht ist, dass eine solche Erklärung ohne Druck, in Kenntnis der Rechtsfolgen und frei von Willensmängeln abgegeben wird (VwGH 31.05.2006, 2006/10/0075). Eine rechtsverbindliche Willenserklärung der verzichtenden Partei kommt unter anderem dann nicht zustande, wenn sie in einem wesentlichen Irrtum befangen und dieser "durch den anderen Teil", d.h. durch den Organwalter der Behörde, "veranlasst war". "Veranlassen" umfasst in diesem Zusammenhang jedes für die Entstehung des Irrtums ursächliche Verhalten des Organwalters, wobei nicht gefordert ist, dass die Irreführung schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) herbeigeführt wurde. Ein Willensmangel liegt aber beispielsweise auch dann vor, wenn die Partei durch eine irreführende bzw. unvollständige Rechtsbelehrung falsche Vorstellungen über die Folgen und Möglichkeiten einer Beschwerde bekommen hat. Neben der Kenntnis seiner Rechtsfolgen ist Voraussetzung für einen gültigen Beschwerdeverzicht auch, dass die Partei nicht von der Behörde in rechtswidriger Weise durch Druck, Zwang oder Drohung zur Abgabe bestimmt wurde. Abgesehen davon kommt es aber auf die Absichten, Motive und Beweggründe, welche die Partei zum Verzicht veranlasst haben, nicht an. Auch andere Willensmängel, wie etwa solche, die in einer geistigen Krankheit ihre Ursache haben, sind beachtlich.

Ein Berufungsverzicht eines Fremden ohne Beiziehung eines Dolmetschers ist nur dann wirksam, wenn feststeht bzw. ausreichend ermittelt wurde, dass der Fremde im Zeitpunkt der Abgabe des Berufungsverzichtes der deutschen Sprache hinlänglich mächtig war, um sich der Tragweite des Verzichts bewusst zu sein und ein Willensmangel ausgeschlossen werden kann (VwGH 30.03.2010, 2006/19/0934). Diese Judikatur ist auf Grund der vergleichbaren Tragweite der Erklärung auch auf den Verzicht auf eine Beschwerde bzw. die Zurückziehung einer Beschwerde anzuwenden (VwGH 27.04.2016, Ra 2015/10/0111).

3.2. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes hat sich im vorliegenden Fall Folgendes ergeben:

Der Beschwerdeführer hat nach Erlassung des gegenständlichen Bescheides mit der von ihm persönlich unterfertigten schriftlichen Erklärung vom 20.06.2021 einen ausdrücklichen Rechtsmittelverzicht bezogen auf den vorher ausgefolgten Bescheid erklärt.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens hat sich ergeben, dass der vom Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift erklärte Beschwerdeverzicht frei von Willensmängeln, Zwang und irreführender oder unvollständiger Rechtsbelehrung in Kenntnis der Rechtsfolgen des Verzichts abgegeben wurde.Mit Blick auf die getroffenen Feststellungen wird fallbezogen von einem rechtlich wirksamen Beschwerdeverzicht ausgegangen. Damit ist eine Beschwerde zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr zulässig.Unzulässige Rechtsmittel sind zurückzuweisen, wie sich aus § 28 Abs. 1 VwGVG erschließt (vgl. VwGH 15.11.2019, Ra 2019/03/0129; 15.03.2018, Ra 2017/21/0254). Aus diesem ergibt sich ferner, dass die Zurückweisung einer Beschwerde mit Beschluss erfolgt.

3.3. Daher war die Beschwerde wie geschehen gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG beschlussmäßig als unzulässig zurückzuweisen.

3.4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden, weil aufgrund der Aktenlage bereits feststand, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Beschwerdeverzicht Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W192.2244468.1.00

Im RIS seit

08.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten