TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/30 G312 2243854-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2021
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Entscheidungsdatum

30.08.2021

Norm

ASVG §410
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28
VwGVG §33
VwGVG §7 Abs4

Spruch


G312 2243854-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle XXXX , vom 13.04.2021, XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass dieser zu lauten hat: „Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als unzulässig zurückgewiesen.“

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und der Bescheid in diesem Umfang ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (im Folgenden: belangte Behörde) vom 13.04.2021, XXXX wurde ausgesprochen, dass der Antrag des XXXX (im Folgenden: BF) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Spruchpunkt 1.) und die Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.07.2020 (Spruchpunkt 2.) als verspätet zurückgewiesen werde.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde durch seinen Rechtsvertreter.

3. Die gegenständliche Beschwerde und der maßgebliche Verwaltungsakt wurden von der belangten Behörde am 28.06.2021 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und der Gerichtsabteilung G312 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.07.2020, XXXX wurde ausgesprochen, dass der BF als Geschäftsführer der XXXX der belangten Behörde für aushaftende Sozialversicherungsbeiträge hafte.

Dieser Bescheid wurde als RSb-Brief am 31.07.2020 nach einem Zustellversuch an der Meldeadresse des BF beim Postamt hinterlegt (Beginn der Abholfrist 03.08.2020). Die Verständigung über die Zustellung wurde im Briefkasten des BF eingelegt.

Der BF war zum Zeitpunkt der postalischen Übermittlung des Bescheides vom 30.07.2020 zum Teilnehmerverzeichnis der elektronischen Zustellung angemeldet. Der Bescheid vom 30.07.2020 wurde dem BF nicht an sein elektronisches Postfach übermittelt.

Der BF hielt sich von Mitte Juli 2020 bis 17.08.2021 nicht an seinem Hauptwohnsitz in XXXX auf und fand am 18.08.2021, als er nach XXXX zurückkehrte, die Verständigung der Post über die Hinterlegung eines Schriftstückes vor. Der BF begab sich am 18.08.2021 zur Poststelle, um das Schriftstück abzuholen, jedoch war dies bereits an die belangte Behörde retourniert worden. Eine telefonische Nachfrage des BF über den Inhalt des Schriftstückes bei der belangten Behörde blieb erfolglos.

1.2. Am 18.09.2020 beantragte die belangte Behörde Fahrnisexekution und die zwangsweise Pfandrechtsbegründung auf Liegenschaften des BF, welche vom zuständigen Bezirksgericht bewilligt wurde. Mit Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses des Bezirksgerichtes erlangte der BF erstmals Kenntnis von der Existenz des Bescheides der belangten Behörde vom 30.07.2020.

Der Bescheid wurde dem Rechtsvertreter auf dessen Anfrage schließlich am 18.11.2020 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 02.12.2020, eingelangt bei der belangten Behörde am selben Tag, erhob der BF Beschwerde durch seinen Rechtsvertreter gegen den Bescheid vom 30.07.2020 und beantragte in eventu Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

1.3. Die belangte Behörde verfügte über die technischen Voraussetzungen einer e-Zustellung. Ein Auszug aus Website der belangten Behörde zu diesem Thema lautet wie folgt:

„So funktioniert die e-Zustellung

Ist ein (behördliches) Schreiben an Sie in Vorbereitung, so wird vor dem Versand automatisch überprüft, ob eine e-Zustellung möglich ist. Wenn dies der Fall ist, erhalten Sie Ihr Schreiben auf elektronischem Weg. Ist dies nicht der Fall, erhalten Sie Ihr Schreiben gedruckt per Post.

Geht ein Schreiben elektronisch in Ihrem Postkorb ein, so erhalten Sie eine Benachrichtigung per SMS oder E-Mail. Sie können sich anschließend auf dem Portal einloggen und das Dokument abrufen.“

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang sowie die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts der belangten Behörde.

Dass der BF zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides vom 30.07.2020 über ein e-Postfach verfügte, wurde von diesem mittels Screenshot nachgewiesen und von der belangten Behörde nicht bestritten. Auf Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichts, aus welchen Gründen eine e-Zustellung des Bescheides vom 30.07.2020 unterblieb, teilte die belangte Behörde mit, dass dies mangels Protokollierung nicht mehr nachvollzogen werden könne. Dass die belangte Behörde auch von der Einrichtung des e-Postfaches des BF in Kenntnis war, ergibt sich aus dem Vorbringen des BF, wonach ihm eine Mitarbeiterin der belangten Behörde telefonisch hinsichtlich der Nachforschung des Hinterlegungszettels der Post mitteilte, dass ihm Schrifttücke ohnehin an sein e-Postfach zugestellt werden würden.

Die Feststellungen zur Möglichkeit der e-Zustellung durch die belangte Behörde beruhen auf den Angaben auf der Website der ÖKG (e-Zustellung (gesundheitskasse.at).

Dass der Bescheid vom 30.07.2020 dem Rechtsvertreter am 18.11.2020 zugestellt wurde, ergibt sich aus den Angaben in der Beschwerdeschrift, dem vorgelegten E-Mail-Verkehr zwischen dem Rechtsvertreter und der belangten Behörde und wurde von der belangten Behörde nicht bestritten.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden. Die Ausführungen in der Beschwerde beziehen sich auf die rechtliche Beurteilung.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A) I):

3.1.1. Zustellung des Bescheides vom 30.07.2020

Die Erlassung eines schriftlichen Bescheides hat dessen Zustellung (oder Ausfolgung gemäß § 24 Zustellgesetz) zur Voraussetzung. Erst wenn eine rechtswirksame Zustellung vorliegt, ist der Bescheid erlassen (VwGH 26.06.2001, 2000/04/0190).

Die Beurteilung, ob die Zustellung des Schriftstückes rechtswirksam erfolgt ist, richtet sich nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes (vgl. § 1 ZustG). Die Zustellung ist von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten (§ 5 ZustG).

§ 1a E-GovG, ‚Recht auf elektronischen Verkehr‘ lautet:

(1) Jedermann hat in den Angelegenheiten, die in Gesetzgebung Bundessache sind, das Recht auf elektronischen Verkehr mit den Gerichten und Verwaltungsbehörden. Ausgenommen sind Angelegenheiten, die nicht geeignet sind, elektronisch besorgt zu werden. Personen in gerichtlich, finanzstrafbehördlich oder gemäß § 53d des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52/1991, verwaltungsbehördlich angeordnetem Freiheitsentzug können dieses Recht nur nach Maßgabe der diesbezüglich in den Vollzugseinrichtungen vorhandenen technischen und organisatorischen Gegebenheiten ausüben, sofern dies vollzugsrechtlich zulässig ist und dadurch keine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung zu erwarten ist.

(2) Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs sowie der Zeitpunkt der Aufnahme des elektronischen Verkehrs sind im Internet bekanntzumachen.

Gemäß § 25 Abs. 1 E-GovG sind die Gerichte und Verwaltungsbehörden, deren Einrichtung in Gesetzgebung Bundessache ist, bis spätestens 1. Jänner 2020 die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für einen elektronischen Verkehr mit den Beteiligten gemäß § 1a zu schaffen.

Gemäß § 28b Abs. 1 1.-3. Satz ZustG haben die Anmeldung zum und die Abmeldung vom Teilnehmerverzeichnis sowie die Änderung der Teilnehmerdaten über das Anzeigemodul gemäß § 37b oder mit Zustimmung automatisiert über andere elektronische Verfahren zu erfolgen. Die Anmeldung gilt als Einwilligung zum Empfang von Zustellstücken in elektronischer Form. Für die Entgegennahme von Zustellungen mit Zustellnachweis oder nachweislichen Zusendungen hat die Anmeldung unter Verwendung der Bürgerkarte (§ 2 Z 10 E-GovG) zu erfolgen.

§ 34 Abs. 1 ZustG lautet:

Die zustellende Behörde oder in ihrem Auftrag ein Zustellsystem gemäß § 28 Abs. 3 Z 1 bis 4 hat durch elektronische Abfrage des Teilnehmerverzeichnisses zu ermitteln, ob der Empfänger

1. beim Teilnehmerverzeichnis angemeldet ist und

2. die Zustellung nicht gemäß § 28b Abs. 2 zweiter Satz ausgeschlossen hat.

Liegen diese Voraussetzungen der Z 1 und 2 vor, so sind die Informationen gemäß § 28b Abs. 1 Z 3 und 6 bis 8 der Behörde oder dem in ihrem Auftrag tätigen Zustellsystem zu übermitteln; andernfalls ist dieser oder diesem mitzuteilen, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Steht der Behörde ein vom Empfänger akzeptiertes Format zur Verfügung, so hat sie das zuzustellende Dokument in diesem Format dem in ihrem Auftrag tätigen Zustellsystem zu übermitteln.

Wie festgestellt wurde, war der BF zum Zeitpunkt der postalischen Übermittlung des Bescheides vom 30.07.2020 zum Teilnehmerverzeichnis der elektronischen Zustellung gemäß § 28b ZustG angemeldet und hat somit sein Recht gemäß § 1 E-GovG geltend gemacht.

Wie den oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen zu entnehmen ist, war die Behörde ab 01.01.2020 verpflichtet, die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für einen elektronischen Verkehr zu schaffen. Die e-Zustellung wird von der belangten Behörde auch auf ihrer Website beworben.

§ 34 Abs. 1 letzter Satz stellt - sofern der Behörde ein vom Empfänger akzeptiertes Format zur Verfügung steht - eindeutig auf die Verpflichtung der Behörde zur elektronischen Zustellung ab.

Obwohl der BF zum Zeitpunkt der Übermittlung des Bescheides zur elektronischen Zustellung angemeldet war, stellte die belangte Behörde den Bescheid vom 30.07.2020 nicht an das e-Postfach des BF zu, sondern übermittelte diesen per Post an die Meldeadresse des BF. Wie der BF richtigerweise in seiner Beschwerde ausführte, erfolgte durch die postalische Übermittlung des Bescheides noch keine wirksame Erlassung, sondern lag ein Zustellmangel vor (siehe auch Horn, E-Government 2020: Das Recht der BürgerInnen auf elektronischen Verkehr mit Behörden - Verpflichtung zur Schaffung der Voraussetzungen für elektronische Anbringen und Zustellungen, jusIT 2019/79: „Macht ein Empfänger das Recht auf elektronischen Verkehr (elektronische Zustellung) geltend und erfolgt die Zustellung dennoch auf physischem Weg, liegt ein Zustellmangel in der Zustellverfügung vor“).

3.1.2. Heilung der Zustellung

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Gegenständlich wurde eine falsche Form der Zustellung gewählt und hätte die belangte Behörde richtigerweise die Zustellung an das e-Postfach des BF verfügen müssen. Dieser Fehler der Behörde war als Zustellmangel zu werten, welcher einer Heilung gemäß § 7 ZustG. zugänglich ist (siehe auch Horn, E-Gouvernement 2020: Das Recht der BürgerInnen auf elektronischen Verkehr mit Behörden - Verpflichtung zur Schaffung der Voraussetzungen für elektronische Anbringen und Zustellungen, jusIT 2019/79: „Die fehlerhafte Verfügung einer bestimmten Zustellungsart ist einer Heilung zugänglich. Daher wird wohl auch eine an sich korrekte Zustellung im "falschen" Zustellregime einer Heilung gem. § 7 ZustG. zugänglich sein, wenn das Original dem Empfänger tatsächlich zukommt“).

Da der Bescheid vom 30.07.2020 dem in der Zwischenzeit vom BF beauftragten Rechtvertreter am 18.11.2020 tatsächlich zukam, gilt der Bescheid mit diesem Tag als erlassen.

3.1.3. Beschwerdefrist

Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde beträgt gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG vier Wochen und beginnt mit dem Tag der Zustellung (Z 1 leg. cit.).

Die Zustellung des Bescheides vom 30.07.2020 erfolgte am 18.11.2020. Die am 02.12.2020 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde erfolgte innerhalb der 4 Wochen-Frist und war somit rechtzeitig.

3.1.4. Zum Wiedereinsetzungsantrag

Bei Versäumen der Beschwerdefrist ist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG 2014 die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG 2014 geregelte Beschwerde handelt. Der VwGH hat allerdings in seiner Rechtsprechung auch bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG 2014 übertragbar sind (VwGH 21.04.2020, Ra 2020/14/0023).

§ 33 VwGVG, ‚Wiedereinsetzung in den vorigen Stand‘, lautet:

(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt.

"Versäumt" ist eine Frist, wenn sie zu laufen begonnen hat und ungenutzt verstrichen ist. Hängt der Fristenlauf von der Zustellung eines behördlichen Schriftstücks an die Partei ab, so beginnt die Frist dann nicht zu laufen - und kann deshalb auch nicht versäumt werden -, wenn die Zustellung wegen Mängeln unwirksam ist (VwGH 25.05.2020, Ra 2018/19/0708).

Gegenständlich wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.07.2020 fristgerecht erhoben und liegt somit keine Versäumung der Frist vor.

Da ein Antrag auf Wiedereinsetzung ein Fristversäumnis jedoch voraussetzt, war dieser zurückzuweisen und Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides entsprechend zu ändern.

Auf die Ausführungen der belangten Behörde über die verspätete Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages war daher nicht näher einzugehen.

3.2. Zu Spruchteil A) II):

Die belangte Behörde wies in Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides die Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.07.2020 als verspätet zurück.

Wie unter Punkt 3.1. ausgeführt wurde, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.07.2020 rechtzeitig vom BF durch seinen Rechtsvertreter eingebracht und erweist sich die Zurückweisung der Beschwerde durch die belangte Behörde aus diesem Grund als rechtswidrig.

Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides war daher ersatzlos zu beheben.

Das Verfahren hinsichtlich der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30.07.2020, XXXX ist beim Bundesverwaltungsgericht zu XXXX anhängig und wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden.

3.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 1. zurückzuweisen war und Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides auf Grund der Aktenlage aufzuheben war.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

elektronische Zustellung Fristversäumung Rechtsmittelfrist Rechtswidrigkeit rechtswirksame Zustellung Spruchpunktbehebung tatsächliches Zukommen Zurückweisung Zustellmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G312.2243854.2.00

Im RIS seit

08.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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