TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/28 W166 2178903-1

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Veröffentlicht am 28.09.2021
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Entscheidungsdatum

28.09.2021

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs1 Z2
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W166 2178903-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE, gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.05.2021, beschlossen:

A)

Das Verfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE, gegen die Spruchpunkte III. und IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.05.2021, zu Recht erkannt:

I. In Erledigung der Beschwerde wird festgestellt, dass gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

II. Dem Beschwerdeführer wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 2, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 2 Asylgesetz 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ erteilt.

III. Der 3. Satz von Spruchpunkt III. sowie Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides werden behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal sowie schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 17.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen seiner Erstbefragung am 18.04.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari an, dass er aus der Provinz Ghazni stamme, der Volksgruppe der Hazara angehöre und schiitischer Muslim sei. Er habe Afghanistan aufgrund der Armut verlassen. Sein Vater sei alt und könne mit seinem Gehalt die Familie nicht gut ernähren. Der Vater habe ihn in den Iran geschickt, um dort zu arbeiten. Den Iran habe er dann aufgrund fehlender Dokumente verlassen. Auch sei die Sicherheitslage in Afghanistan sehr schlecht und es käme zur Verfolgung von Schiiten und Hazara.

Am 09.10.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „belangte Behörde“ oder „BFA“), Regionaldirektion Oberösterreich, einvernommen, und gab ergänzend an, er habe in Afghanistan sechs Jahre die Schule besucht. Sein Vater arbeite in der Landwirtschaft. Seine Eltern, seine zwei Schwestern und seine zwei Brüder würden weiterhin in Afghanistan leben und er habe regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie. Eine Cousine väterlicherseits lebe in Wien, diese habe er aber bisher nur zwei bis drei Mal gesehen. Auch habe er in Österreich seit acht Monaten eine österreichische Lebensgefährtin. Er habe in Österreich ehrenamtlich gearbeitet und besuche Deutschkurse.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 25.10.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde in welcher er der belangten Behörde inhaltliche Rechtswidrigkeit, unrichtige rechtliche Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufgrund fehlerhafter bzw. unzureichender Ermittlungen und mangelhafter Beweiswürdigung vorwarf.

Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt langte am 06.12.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Am 05.06.2019 legte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht Unterlagen betreffend seine Integration, wie einen Lehrvertrag vom 02.08.2018, eine Teilnahmebestätigung vom 03.06.2019 sowie die Geburtsurkunde seines Sohnes vom 11.04.2019 vor. Mit Eingabe vom 13.11.2019 legte der Beschwerdeführer eine Einstellungsbestätigung vom 30.10.2019 als Bodenleger-Lehrling im Ausmaß von 40 Wochenstunden vor.

Mit Stellungnahme vom 17.05.2021 führte der Beschwerdeführer zu seiner nachhaltigen Integration in Österreich aus und legte diverse Unterlagen, wie verschiedene Kursbestätigungen und Empfehlungsschreiben, eine Austrittsbestätigung aus der islamischen Glaubensgemeinschaft vom 11.11.2019, das ÖSD Zertifikat Sprachniveau A2 vom 02.10.2017, sowie ein Vaterschaftsanerkenntnis betreffend seinen Sohn vom 11.04.2019 vor.

Am 18.05.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, in welcher der rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführer, in Anwesenheit eines Dolmetschers von der erkennenden Richterin zu seinem Antrag und seiner Beschwerde einvernommen wurde und Gelegenheit hatte, den Sachverhalt umfassend darzulegen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil. Der Beschwerdeführer gab zu Beginn der mündlichen Verhandlung an, seine Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. zurückziehen zu wollen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer reiste illegal sowie schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 17.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, in der Provinz Ghazni geboren und aufgewachsen, und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Er gehört keiner Glaubensgemeinschaft an. Seine Muttersprache ist Dari.

Die Verfahrensidentität des Beschwerdeführers steht fest.

1.2. Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit April 2015 durchgehend in Österreich. Der Beschwerdeführer ist mit 11.11.2019 aus der islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten.

Der Beschwerdeführerin hat im März 2017 seine österreichische Freundin kennengelernt, ist seit Juli 2017 mit ihr zusammen, und sie haben einen gemeinsamen Sohn, welcher am 30.03.2019 geboren wurde. Der Beschwerdeführer wohnt aus finanziellen Gründen nicht mit seiner Freundin zusammen, diese wohnt jedoch bloß zehn Minuten entfernt. Der Beschwerdeführer sieht seine Freundin und seinen Sohn täglich, hilft im Haushalt seiner Freundin mit und betreut den gemeinsamen Sohn. Der Beschwerdeführer hat ein schützenswertes Familienleben in Österreich.

Der Beschwerdeführer hat verschiedene Kurse, darunter auch Deutschkurse, besucht und das ÖSD Zertifikat Sprachniveau A2 am 02.10.2017 erfolgreich bestanden. Der Beschwerdeführer hat auch Deutschkurse für das Sprachniveau B1 besucht. Die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers sind sehr gut.

Der Beschwerdeführer hat im August 2018 eine Lehre als Bodenleger bei der Firma XXXX begonnen, diese aber aus privaten Gründen wieder beendet. Der Beschwerdeführer kann eine Einstellungsbestätigung vom 30.10.2019 als Bodenleger-Lehrling bei der XXXX im Ausmaß von 40 Wochenstunden vorweisen.

Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist derzeit nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer schlepperunterstützt und illegal nach Österreich einreiste, ergibt sich aus seinem Antrag auf internationalen Schutz vom 17.04.2015 und der Niederschrift der Erstbefragung.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Muttersprache, seiner Volksgruppenzugehörigkeit beruhen auf seinen im gesamten Verfahren gleichbleibenden Angaben.

Die Identität des Beschwerdeführers steht - mangels Vorlage unbedenklicher, die Identität nachweisender Dokumente - ausschließlich für die Identifizierung seiner Person im Asylverfahren fest.

2.2. Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Dass sich der Beschwerdeführer seit April 2015 in Österreich aufhält, geht aus seinem Antrag auf internationalen Schutz vom 17.04.2015 hervor. Die Feststellungen zum Austritt des Beschwerdeführers aus der islamischen Glaubensgemeinschaft und zu dem Umstand, dass der Beschwerdeführer keiner Glaubensgemeinschaft angehört, ergibt sich aus der vorgelegten Bestätigung vom 13.11.2019 und den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung wonach er keiner Religion angehöre.

Die Feststellungen zur Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner österreichischen Freundin, seinem Sohn bzw. seinem Familienleben ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung, sowie der Einvernahme seiner Freundin als Zeugin in der mündlichen Verhandlung. Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an, seine Freundin im März 2017 kennengelernt zu haben und seit Juli 2017 mit ihr zusammen zu sein. Sie haben einen gemeinsamen Sohn. Der Beschwerdeführer selbst bewohne ein Zimmer, das zu einer Kirche gehöre, sei aber den ganzen Tag mit seiner Freundin und dem gemeinsamen Sohn zusammen. Der Beschwerdeführer helfe seiner Freundin im Haushalt und kümmere sich um seinen Sohn. Sie würden auch gemeinsame Spaziergänge machen und gemeinsam auf den Spielplatz gehen, oder auch die Mutter der Freundin des Beschwerdeführers – zu welcher er eine gute Beziehung habe - besuchen, die nur wenige Minuten von der Freundin entfernt wohne. Abends wenn der Sohn schlafe, hätten sie Zeit zu Zweit. Der Beschwerdeführer und seine Freundin würden eine gute und liebevolle Beziehung führen, sie würden auch gerne heiraten und hätten sich beim Standesamt auch schon nach den Formalitäten erkundigt. Derzeit könnten sie auf Grund der finanziellen Situation nicht in einer gemeinsamen Wohnung leben, der Beschwerdeführer beabsichtige aber, sofern er in Österreich bleiben könne und eine entsprechende Arbeitserlaubnis habe, sofort zu arbeiten zu beginnen, um Geld zu verdienen und mit seiner Familie zusammenziehen zu können. Er könne mit entsprechender Arbeitserlaubnis sofort bei der Fa. XXXX zu arbeiten beginnen, und zwar als Bodenleger Lehrling. Der Beschwerdeführer führte in der mündlichen Verhandlung weiters aus, er habe vor zwei Jahren bereits mit einer Lehre zum Bodenleger bei der genannten Firma begonnen, sei aber auf Grund der Arbeit nur am Wochenende zu Hause gewesen, und habe deshalb Probleme mit seiner Frau bekommen. Sie sei damals schwanger gewesen, und habe nicht gewollt, dass er die ganze Woche nicht zu Hause sei. Daher habe er die Lehre beendet, und nach der Geburt des Sohnes, habe er die Lehre nicht mehr weitermachen dürfen. In der vorgelegten Einstellungsbestätigung vom 30.10.2019 als Bodenleger-Lehrling bei der Firma XXXX wird seitens des Dienstgebers ausgeführt, dass der Beschwerdeführer damals sehr zufriedenstellende Arbeit geleistet habe und man ihn daher gerne erneut als Lehrling anstellen würde.

Die als Zeugin in der mündlichen Verhandlung befragte Freundin des Beschwerdeführers bestätigte die Angaben zu ihrem gemeinsamen Leben, ihrer Beziehung und ihren Zukunftsvorstellungen und bestätigte, dass sie damals nicht gewollt habe, dass ihr Freund nur am Wochenende zu Hause gewesen wäre, und es sei ihre Schuld, dass er mit der Arbeit bzw. der Lehre aufgehört habe. Sie wisse nicht genau, warum sie das damals so gesehen habe, sie sei im dritten Monat schwanger gewesen, und ihre Hormone hätten verrückt gespielt. Heute bereue sie das, und sie hoffe, dass er wieder arbeiten gehen könne und sie würde ihn dabei auf jeden Fall unterstützen. Sie selbst habe auch vor – sobald der gemeinsame Sohn im Sommer in die Krabbelstube gehen werde – wieder als Heimhilfe zu arbeiten, damit ein gemeinsames Wohnen auch leistbar werde. Die Zeugin führte auch aus, dass sie zu Beginn ihrer Beziehung schon einmal im gemeinsamen Haushalt gelebt hätten, sich dies aber dann finanziell nicht ausgegangen sei.

Die Feststellungen zur Geburt des Sohnes sowie der Vaterschaft des Beschwerdeführers ergeben sich aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Geburtsurkunde vom 11.04.2019 sowie dem Vaterschaftsanerkenntnis vom 11.04.2019.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes liegt eine enge familiäre Bindung des Beschwerdeführers zu seiner Partnerin sowie zum gemeinsamen Sohn vor. Sowohl die vorgelegten Empfehlungs- bzw. Unterstützungsschreiben als auch der persönliche Eindruck vom Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährten im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 18.05.2021 bestätigten diese Einschätzung.

Die Feststellungen zu den besuchten Kursen, insbesondere Sprachkursen, sowie zu den vorliegenden Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers beruhen auf der Vorlage der entsprechenden Urkunden, dem ÖSD Zertifikat Sprachniveau A2 vom 02.10.2017 sowie dem persönlichen Eindruck den sich die erkennende Richterin in der mündlichen Verhandlung davon machen konnte. Der Beschwerdeführer konnte die ganze mündliche Verhandlung in deutscher Sprache führen, sodass die sehr guten Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers festgestellt werden konnten.

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit sowie zum Bezug von Grundversorgung beruhen auf diesbezüglichen aktuellen Auszügen aus dem Strafregister bzw. dem Betreuungsinformationssystem.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu Spruchpunkt A)

3.2. Zu Spruchpunkt A) I. – Einstellung des Verfahrens hinsichtlich Spruchpunkt I. und II.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6).

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2018], 2. Auflage, § 28 VwGVG, Anm. 5).

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offenlässt und ein Willensmangel ausgeschlossen werden kann. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (VwGH 27.04.2016, Ra 2015/10/0111).

Die Zurückziehung einer Beschwerde wird mit dem Zeitpunkt ihres Einlangens wirksam. Ab diesem Zeitpunkt ist – mangels einer aufrechten Beschwerde – die Pflicht des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung weggefallen und das Beschwerdeverfahren einzustellen (vgl. VwGH 25.07.2013, Zl. 2013/07/0106).

Der rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführer hat zu Beginn der mündlichen Verhandlung ausdrücklich und unmissverständlich seine Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2017 zurückgezogen. Die diesbezügliche Erklärung ist dem Verhandlungsprotokoll zu entnehmen.

Aufgrund der Zurückziehung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. durch die diesbezüglich unmissverständliche Erklärung des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vom 18.05.2021 ist das gegenständliche Verfahren hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. einzustellen.

3.3. Zu Spruchpunkt A) II. – Beschwerde gegen Spruchpunkt III. und IV. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lauten:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR sowie des VfGH und des VwGH jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat-und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29.9.2007, B 1150/07; 12.6.2007, B 2126/06; VwGH 26.6.2007, 2007/01/479; 26.1.2006, 2002/20/0423; 17.12.2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl-und Fremdenrecht K15 ff zu § 9 BFA-VG).

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005, sondern zB. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600-14).

Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff nach Art. 8 EMRK zulässig ist, ist zu beachten, ob eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs möglich ist und ob eine aus Asylgründen bedingte Trennung der Familie den Eingriff in das Familienleben als unzulässig werten lassen könnte. In einem solchen Fall ist der damit verbundene Eingriff in das Familienleben zwar nicht jedenfalls unzulässig, es muss dann aber dem öffentlichen Interesse an der Vornahme dieser Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen sein, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (VwGH 07.05.2014, 2012/22/0084). Zur Beurteilung dieses öffentlichen Interesses bedarf es einer einzelfallbezogenen Einschätzung der vom Fremden aufgrund seiner Straffälligkeit ausgehenden Gefährdung, wozu es näherer Feststellungen über die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild bedarf (VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0162).

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Fall Sisojeva ua., Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der VwGH hat öfters zum Ausdruck gebracht, dass einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zukommt (vgl. dazu VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289; VwGH 30.07.2015, Zl. 2014/22/0055; VwGH 23.06.2015, Zl. 2015/22/0026; VwGH 10.11.2010, Zl. 2008/22/0777, VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, indem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 05.09.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, OJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).

Der Beschwerdeführer hat wie bereits festgestellt einen gemeinsamen Sohn mit seiner Freundin in Österreich. Der Beschwerdeführer hat gegenüber seinem Sohn die Vaterschaft urkundlich anerkannt. Auch Beziehungen außerhalb der „Kernfamilie“ fallen unter den Begriff des Familienlebens des Art. 8 EMRK, wenn ein ausreichend intensives Familienleben zwischen ihnen gegeben ist. Wie in der Beweiswürdigung umfassend ausgeführt, ist der Beschwerdeführer zwar noch nicht mit seiner Freundin verheiratet und wohnt, aus den dargelegten Gründen, nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihr und dem gemeinsamen Sohn, aber sie leben nur zehn Minuten voneinander entfernt und verbringen jeden Tag viel Zeit miteinander. Sie sehen sich täglich und der Beschwerdeführer nimmt die familiären Pflichten innerhalb der Familiengemeinschaft wahr; es besteht eine sehr enge Bindung zu seiner Freundin und dem gemeinsamen Sohn. Sie führen ein Familienleben, kümmern sich gemeinsam um den Haushalt und der Beschwerdeführer betreut seinen Sohn gemeinsam mit der Freundin, aber auch alleine wenn diese beispielsweise Arzttermine wahrnimmt. Es besteht folglich eine ausreichende Beziehungsintensität, um von einem schützenswerten Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich sprechen zu können. Überdies besteht auch eine sehr gute Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und der Mutter seiner Freundin, die ebenfalls nur wenige Minuten von der Freundin entfernt wohnt, und zu welcher der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Freundin und seinem Sohn regelmäßigen Kontakt hat.

Eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar ist, ist im Ergebnis nur dann gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regeln über den Familiennachzug (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2016/21/0199, mwN [Trennung von einem österreichischen Ehepartner]; 23.2.2017, Ra 2016/21/0235 [Trennung von der in Österreich asylberechtigten Ehefrau und asylberechtigten minderjährigen Kindern]; 24.9.2019, Ra 2019/20/0446).

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Hinsichtlich der vom BFA angeführten Anzeigen aufgrund des Verdachts eines Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz sowie wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung und öffentlicher geschlechtlicher Handlungen ist auszuführen, dass es hier zu keinen strafrechtlichen Verurteilungen gekommen ist.

Der Beschwerdeführer hat sich in seinem sechsjährigen – und folglich nicht als relativ kurz zu wertenden – Aufenthalt sichtlich bemüht, am gesellschaftlichen Leben in Österreich teilzunehmen. Er kann eine Einstellungszusage als Bodenleger-Lehrling bei der Firma XXXX vorweisen, welche bereit ist ihn nach Abbruch des vorherigen Lehrverhältnisses erneut einzustellen, da seine Arbeit sehr zufriedenstellend war. Der Beschwerdeführer bezieht zwar Grundversorgung, dass Bundesverwaltungsgericht hat aber bei ihm erkannt, dass er durch seine Tätigkeiten in seiner Wohnregion bereits Kontakte geknüpft hat und sich als tüchtig erwiesen hat. Er scheint befähigt und gewillt zu sein, sich am Arbeitsmarkt zu integrieren.

Aus dem persönlichen Eindruck in der Beschwerdeverhandlung ging hervor, dass der Beschwerdeführer in der Lage ist, sich sehr gut auf Deutsch zu verständigen und Unterhaltungen ausführlich führen kann. Er hat – wie aus den zahlreich vorgelegten Kursbestätigungen hervorgeht – Deutschkurse besucht und am 02.10.2017 die Prüfung für das ÖSD Zertifikat Sprachniveau A2 bestanden. Auch hat der Beschwerdeführer bereits Deutschkurse für das Sprachniveau B1 besucht. Der Beschwerdeführer spricht auch mit seiner Freundin und seinem Sohn Deutsch, und versucht seinem Sohn zusätzlich die Sprache Dari beizubringen.

Die grundsätzlich bestehende Bindung des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat ist dadurch abgeschwächt, dass er hier mittlerweile ein schützenswertes Familienleben hat.

Es wird schließlich nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein hoher Stellenwert zukommt, doch ist im gegenständlichen Fall aus den eben dargelegten Gründen im Rahmen einer Gesamtschau und unter Abwägung aller Umstände das private Interesse an der – nicht nur vorübergehenden – Fortführung des Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich dennoch höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an seiner Aufenthaltsbeendigung.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung zum Ergebnis, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer unzulässig ist. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die drohende Verletzung des Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer sind.

Der Beschwerde gegen den entsprechenden Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war daher stattzugeben und festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist.

Angesichts der Aufhebung der seitens der belangten Behörde ausgesprochenen Rückkehrentscheidung verlieren auch die rechtlich darauf aufbauenden Aussprüche über die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers sowie die Gewährung einer Frist für eine freiwillige Ausreise ihre Grundlage, sodass die betreffenden Spruchpunkte III. (3. Satz) und IV. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben waren.

3.4. Zu Spruchpunkt A) III. – Erteilung eines Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung“

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wurde.

Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß Abs. 2 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs 4 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 IntG vorlegt (Z 1), einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3), einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung-Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifel über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Gemäß der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG gilt das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 – folglich dem 01.10.2017 - erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.

Im gegenständlichen Fall ist dem Beschwerdeführer eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen: Er hat weder eine Integrationsprüfung abgelegt noch eine andere der in § 9 Abs. 4 IntG genannten Voraussetzungen erfüllt. Er geht auch keiner Erwerbstätigkeit nach, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze erreicht wird. Das ÖSD Zertifikat A2 hat er am 02.10.2017 absolviert. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ liegen somit nicht vor.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem Antragsteller den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen, der Antragsteller hat hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 mitzuwirken. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung Aufenthaltsdauer Deutschkenntnisse Familienleben Integration Interessenabwägung Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Teileinstellung teilweise Beschwerderückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W166.2178903.1.00

Im RIS seit

08.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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