Entscheidungsdatum
11.10.2021Norm
AlVG §10Spruch
W262 2246757-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Sandra FOITL und Mag. Jutta HAIDNER als Beisitzerinnen, über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des AMS XXXX vom 30.08.2021, VN XXXX , betreffend Verpflichtung zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 498,15 gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG sowie betreffend Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden als AMS oder „belangte Behörde“ bezeichnet) vom 15.06.2021 wurde gemäß § 10 iVm § 38 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 28.05.2021 bis 24.06.2021 ausgesprochen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer das Dienstverhältnis bei der Firma XXXX während der Probezeit freiwillig gelöst haben. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
2. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 15.06.2021 via e-ams-Konto übermittelt und am 16.06.2021 empfangen bzw. gelesen.
Der Beschwerdeführer erhob am 15.07.2021 eine Beschwerde gegen oa. Bescheid vom 15.06.2021.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 28.07.2021, GZ XXXX , wurde die Beschwerde vom 15.07.2021 mit näherer Begründung als verspätet zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer hat keinen Vorlageantrag gestellt.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30.08.2021 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 498,15 verpflichtet (Spruchpunkt A). Diesbezüglich wurde die Einbehaltung der Leistung im Falle eines fortdauernden Leistungsbezuges in Aussicht gestellt. Für den Fall, dass der Beschwerdeführer nicht im Leistungsbezug steht, wurde die Einzahlung des Betrages binnen vierzehn Tagen auf ein näher bezeichnetes Konto gefordert. Des Weiteren wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).
Zu Spruchpunkt A des Bescheides führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, dass die Verpflichtung zum Rückersatz des angeführten Betrages aufgrund der rechtskräftigen Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 28.07.2021 bestehe.
Der in Spruchpunkt B verfügte Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde wie folgt begründet: Da bereits eine Entscheidung über die Beschwerde in der Hauptsache vorliege, würde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausschließlich dazu führen, dass die Eintreibung der offenen Forderung zu Lasten der Versichertengemeinschaft verzögert werde, obwohl mit einer anderslautenden Entscheidung in der Sache zu Gunsten des Beschwerdeführers nicht mehr zu rechnen sei. Aus diesem Grund überwiege in der Angelegenheit das öffentliche Interesse an der Einbringlichkeit der offenen Forderung. Die aufschiebende Wirkung sei daher abzuerkennen.
5. In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer der Sache nach ausschließlich gegen den Bescheid vom 15.06.2021.
6. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 28.09.2021 vorgelegt.
7. Mit Schreiben vom 28.09.2021 forderte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer auf, binnen einer Woche ab Zustellung des Schreibens zur verspäteten Beschwerde vom 15.07.2021 gegen den Bescheid des AMS vom 15.06.2021 Stellung zu nehmen und darzulegen, wann ihm die Beschwerdevorentscheidung des AMS XXXX vom 28.07.2021 zugestellt wurde.
8. Am 06.10.2021 legte der Beschwerdeführer per Email lediglich die Beschwerde gegen den Bescheid vom 15.06.2021 sowie die Beschwerdevorentscheidung vom 28.07.2021 vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid des AMS vom 15.06.2021 wurde gemäß § 10 iVm § 38 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 28.05.2021 bis 24.06.2021 ausgesprochen.
Der dagegen erhobenen Beschwerde kam aufschiebende Wirkung zu. Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum vom 29.05.2021 bis 24.06.2021 (= 27 Tage) vorläufig weiterhin Leistungen im Ausmaß von € 18,45 täglich erhalten. Daraus ergibt sich in Summe ein Bezug von Leistungen in Höhe von € 498,15. Am 28.05.2021 erhielt er eine Urlaubsentschädigung.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28.07.2021, GZ XXXX wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen. Diese wurde dem Beschwerdeführer rechtswirksam zugestellt. Sie enthält eine korrekte Rechtsmittelbelehrung.
Dieser Bescheid wurde mit dem ungenützten Ablauf der zweiwöchigen Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages unanfechtbar und somit formell rechtskräftig.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.08.2021 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 498,15 verpflichtet (Spruchpunkt A). Des Weiteren wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).
Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Verwaltungsakten am 28.09.2021 vorgelegt. Die belangte Behörde hat auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich verzichtet.
2. Beweiswürdigung:
Der Gegenstand des Bescheides vom 15.06.2021 und der Beschwerdevorentscheidung vom 28.07.2021 ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Der festgestellte Zeitraum sowie die festgestellte Höhe des Bezuges gründen sich auf den Inhalt des Verwaltungsaktes. Der Höhe der von ihm bezogenen (und nunmehr rückgeforderten) Leistung aus der Arbeitslosenversicherung ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.
Die rechtswirksame Zustellung bzw. Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom 28.07.2021 ergibt sich – trotz Fehlens eines Rückscheins – aus dem Umstand, dass diese dem Beschwerdeführer an seinen Hauptwohnsitz zugestellt wurde und er die rechtswirksame Zustellung weder im Verwaltungsverfahren, noch über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes bestritten hat; darüber hinaus hat er die Beschwerdevorentscheidung dem Bundesverwaltungsgericht über Aufforderung vorgelegt. Die Rechtsmittelbelehrung ist Bestandteil der Beschwerdevorentscheidung. Hinsichtlich der festgestellten Rechtskraft der Beschwerdevorentscheidung wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.
Dass der gegen den Bescheid vom 15.06.2021 erhobenen Beschwerde von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukam, ergibt sich aus § 13 Abs. 1 VwGVG und dem Fehlen von Hinweisen auf einen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung.
Der Gegenstand des nunmehr angefochtenen Bescheides vom 30.08.2021 ist dem Verwaltungsakt zu entnehmen.
Dass die belangte Behörde auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich verzichtet ergibt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen in der Beschwerdevorlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des AlVG lautet wie folgt:
„§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, daß auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels oder auf Grund einer nicht rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.“
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.3. Zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung
Im vorliegenden Fall wurden dem Beschwerdeführer aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 15.06.2021 insgesamt Leistungen in Höhe von € 498,15 vorläufig weiter ausbezahlt. Die Beschwerdevorentscheidung vom 28.07.2021, mit der die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen wurde, wurde dem Beschwerdeführer rechtswirksam zugestellt. Da bis dato kein Vorlageantrag gestellt wurde, ist die Beschwerdevorentscheidung vom 28.07.2021 in Rechtskraft erwachsen.
Soweit sich die vorliegende Beschwerde gegen die Rückforderung einer unberechtigt empfangenen Leistung im angefochtenen Bescheid richtet, erweist sie sich somit als nicht berechtigt. Die belangte Behörde stützte die Rückforderung zu Recht auf § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG, welcher die Verpflichtung zum Rückersatz von Leistungen anordnet, die wegen „Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels“ weiter gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.
Ein solcher Sachverhalt hier vor, da die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im Zeitraum 29.05.2021 bis 24.06.2021 im Ausmaß von insgesamt € 498,15 nur wegen der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 15.06.2021 vorläufig weiterhin an den Beschwerdeführer ausbezahlt wurde und das Verfahren mit oa. Beschwerdevorentscheidung vom 28.07.2021 geendet hat.
3.4. Anzumerken ist, dass der Bescheid vom 15.06.2021 am selben Tag via e-ams-Konto übermittelt und am 16.06.2021 empfangen bzw. vom Beschwerdeführer gelesen wurde. Der Bescheid vom 15.06.2021 ist somit am 16.06.2021 zugestellt worden. Davon ausgehend endete die vierwöchige Beschwerdefrist mit Ablauf des 14.07.2021. Der Beschwerdeführer hat (erst) am 15.07.2021 eine Beschwerde gegen oa. Bescheid vom 15.06.2021 eingebracht, welche mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 28.07.2021 als verspätet zurückgewiesen wurde.
3.5. In Anbetracht der vorliegenden Entscheidung in der Hauptsache erübrigt sich ein Eingehen auf den in Spruchpunkt B der Beschwerdevorentscheidung verfügten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.
Die Beschwerde war zur Gänze als unbegründet abzuweisen.
3.6. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Der erkennende Senat erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung für nicht erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist und durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war. Im vorliegenden Fall liegen keine widersprechenden prozessrelevanten Behauptungen vor, die es erforderlich machen würden, dass sich das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschafft (vgl. zu den Fällen, in denen von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, etwa VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0171). Der Beschwerdeführer hat lediglich die ihm vorgeworfene – rechtskräftig entschiedene und nicht den Gegenstand dieses Verfahrens bildende – Vereitelungshandlung bestritten. Bei Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung handelt es sich zwar um „civil rights“ iSd Art. 6 EMRK (vgl. VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0142, mwN). Da jedoch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten konnten, stehen dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140), zumal eine solche auch nicht beantragt wurde.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung Notstandshilfe Rechtskraft der Entscheidung RückforderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W262.2246757.1.00Im RIS seit
05.11.2021Zuletzt aktualisiert am
05.11.2021