Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VVG §10 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des S in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 19. September 1996, Zl. 3-Gem-84/3/4/96, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird zunächst auf den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1996, Zlen. 95/10/0173-0175, hingewiesen; dieser betraf die Einstellung der Verfahren über jene Beschwerden, die (u.a.) der Beschwerdeführer gegen die Bescheide der Kärntner Landesregierung vom 12. November 1993, 6. Juli 1994 und 30. Jänner 1995 erhoben hatte. Der bisherige Verfahrensgang ist wie folgt zusammenzufassen:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Markgemeinde O. vom 23. August 1991 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer nach § 10 Abs. 1 des Gesetzes zur Abwehr von Mißständen bei der Anbahnung und Ausübung der Prostitution (Kärntner Prostitutionsgesetz, LGBl. Nr. 58/1991) die unverzügliche Schließung des Bordellbetriebes in der M-Bar in O. verfügt. Mit den im Instanzenzug erlassenen Bescheiden der belangten Behörde vom 6. Juli 1994 und 30. Jänner 1995 wurden gegen den Beschwerdeführer (jeweils nach vorheriger Androhung) zur Erzwingung der mit dem Bescheid des Bürgermeisters vom 23. August 1993 auferlegten Verpflichtung Zwangsstrafen von S 5.000,-- und S 6.000,-- verhängt. In den Bescheiden wurde jeweils die Verhängung weiterer Zwangsstrafen angedroht.
Mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer eine weitere Zwangsstrafe von S 7.000,-- verhängt, weil er der im Bescheid des Bürgermeisters vom 23. August 1991 auferlegten Verpflichtung zur Schließung des Bordellbetriebes in O. nicht nachgekommen war. Es wurde eine weitere Zwangsstrafe von S 8.000,-- angedroht. Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und Hinweisen auf die Rechtslage (§§ 5, 10 Abs. 2 VVG) dargelegt, der Beschwerdeführer bringe vor, gegen ihn dürften keine Vollstreckungsverfügungen ergehen, weil er zwar bücherlicher Eigentümer der betreffenden Liegenschaft, aber nicht der Betreiber des dort etablierten Gastgewerbebetriebes oder gar eines Bordells sei. Er sei krankheitsbedingt in den Ruhestand getreten und habe das Unternehmen in Bestand gegeben. Dem Pächter habe er erklärt, das Unternehmen dürfe nur im Rahmen der behördlichen Bewilligungen geführt werden. Auf die Art der Führung habe er keinen Einfluß. Er könne die geforderte Leistung daher nicht erbringen. Dazu vertrat die Behörde die Auffassung, Fragen der Rechtmäßigkeit des Titelbescheides könnten im Vollstreckungsverfahren nicht mehr aufgerollt werden; im übrigen hindere eine privatrechtliche Vereinbarung grundsätzlich nicht die Vollstreckung eines Bescheides im öffentlichen Interesse. Der Beschwerdeführer behaupte auch nicht, konkrete Maßnahmen ergriffen zu haben, um die konsenswidrige Nutzung des Bestandobjektes zu unterbinden, insbesondere die Einbringung einer Unterlassungsklage oder - in letzter Konsequenz - die Auflösung des Bestandverhältnisses.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde trägt vor, es seien der "Schließungsbescheid" und die darauf beruhenden Vollstreckungsbescheide gegenüber dem Beschwerdeführer ergangen, obwohl sämtlichen befaßten Behörden von Anfang an bekannt gewesen sei, daß dieser infolge seines Gesundheitszustandes Pensionsbezieher sei, sein Haus zum Betrieb eines gastgewerblichen Unternehmens "im Rahmen der erteilten Betriebsgenehmigungen" verpachtet und dem Pächter untersagt habe, den Betriebsgegenstand auf Bereiche zu erweitern, die von keiner behördlichen Genehmigung erfaßt seien. Der Beschwerdeführer sei weder verpflichtet, "Nachschau zu halten", ob ein Bordell betrieben werde, noch dem allfälligen Betrieb des Bordells mit Unterlassungsklage zu begegnen.
Nach § 10 Abs. 2 VVG kann die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn 1. die Vollstreckung unzulässig ist oder
2. die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder 3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen.
Mit den oben wiedergegebenen Darlegungen macht der Beschwerdeführer auch dem Sinn nach nicht geltend, die belangte Behörde habe die Rechtslage in Ansehung eines dem § 10 Abs. 2 Z. 2 und 3 VVG zuzuordnenden Berufungsgrundes verkannt. Der geltend gemachte Sachverhalt ist aber auch nicht dem § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG zu subsumieren. Mit dem Beschwerdeeinwand, es sei schon bei der Erlassung des Titelbescheides nicht darauf Bedacht genommen worden, daß nicht der Beschwerdeführer als Eigentümer der in Rede stehenden Liegenschaft, sondern (allenfalls) der Pächter des Gastgewerbeunternehmens ein Bordell betreibe, bezieht sich die Beschwerde auf Umstände, die bereits im Titelverfahren vorgetragen und über die mit dem Titelbescheid rechtskräftig entschieden wurde. Es liegt aber im Wesen des Vollstreckungsverfahrens, daß Umstände, über die im Titelbescheid rechtskräftig entschieden wurde, bei unverändert gebliebenem Sachverhalt im Vollstreckungsverfahren nicht mehr behandelt werden können (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 12. März 1992, Zlen. 91/06/0043, 0044).
Eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes seit der Erlassung des Titelbescheides wird selbst in der Beschwerde nicht behauptet. Die Hinweise der Berufung auf jene Sachlage, die bereits vor Erlassung des Titelbescheides bestand, konnten die belangte Behörde somit nicht verpflichten, die Frage, wer Verpflichteter ist, neu aufzurollen.
Im übrigen wird nicht einmal in der Beschwerde konkret behauptet, daß dem Beschwerdeführer die Erfüllung der auferlegten Verpflichtung unmöglich wäre. Die Auffassung der Beschwerde, die Führung eines Unterlassungs- oder Kündigungsprozesses sei unzumutbar, wird lediglich mit Hinweisen auf die Beweislast des Beschwerdeführers für die Führung eines Bordellbetriebes sowie auf das allgemeine Prozeßrisiko begründet. Dem ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach eine auf die Unterlassung konsenswidriger Benützung gerichtete, auf einen verwaltungsbehördlichen Auftrag gestützte Klage im allgemeinen als zumutbar anzusehen ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. Jänner 1992, Zl. 91/06/0208) und den Vermieter von Räumen, in denen die Prostitution ausgeübt wird, auch die Verpflichtung zur gerichtlichen Aufkündigung des Bestandverhältnisses trifft (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 25. September 1995, Zl. 95/10/0076).
Da somit schon nach dem Inhalt der Beschwerde die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war nach § 35 Abs. 1 VwGG vorzugehen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996100209.X00Im RIS seit
20.11.2000