TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/18 W198 2245698-1

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Veröffentlicht am 18.10.2021
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Entscheidungsdatum

18.10.2021

Norm

AlVG §25
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W198 2245698-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Josef HERMANN sowie Mag. Rudolf NORTH als Beisitzer in der Beschwerdesache von XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Tulln vom 07.06.2021, Versicherungsnummer: XXXX , betreffend Rückzahlung unberechtigt empfangener Leistungen in Höhe von € 1.715,28 in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Tulln (im Folgenden: AMS) vom 17.02.2021 wurde festgestellt, dass XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für den Zeitraum 01.02.2021 bis 14.03.2021 verloren hat. Begründend wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer auf eine vom AMS zugewiesene Beschäftigung nicht rechtzeitig und nicht wie im Vermittlungsvorschlag angegeben beworben habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 18.02.2021 fristgerecht Beschwerde.

3. Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS als belangte Behörde gemäß
§ 14 VwGVG iVm § 56 AlVG eine mit 27.04.2021 datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen und der Bescheid vom 17.02.2021 bestätigt wurde.

4. Die Beschwerdevorentscheidung vom 27.04.2021, zugestellt am 29.04.2021, erwuchs mangels Stellung eines Vorlageantrages in Rechtskraft.

5. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 07.06.2021 verpflichtete das AMS den Beschwerdeführer im Spruchpunkt A) gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in der Höhe von € 1.715,28. Im Spruchpunkt B) wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß
§ 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen. Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 25 Abs.1 letzter Satz AlVG die Verpflichtung zum Rückersatz auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels weiter gewährt wurden, bestehe, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten. Aufgrund der Entscheidung der Landesgeschäftsstelle des AMS Niederösterreich vom 27.04.2021 bestehe die Verpflichtung zum Rückersatz des oben angeführten Betrages.

6. Gegen diesen Bescheid vom 07.06.2021 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schreiben vom 04.07.2021 Beschwerde. Gleichzeitig führte er aus, dass sich die gegenständliche Beschwerde auch gegen die Bescheide vom 17.02.2021 und vom 27.04.2021 richte. Die Begründung der Beschwerde richtet sich inhaltlich ausschließlich gegen den Bescheid vom 17.02.2021 und die Beschwerdevorentscheidung vom 27.04.2021.

7. Das AMS legte am 23.08.2021 einlangend die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

8. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22.09.2021 folgendes Parteiengehör gewährt: „[…] Im Verfahren gegen den Bescheid vom 07.06.2021 sind darüber hinaus nur drei Dinge zu prüfen: 1.) ob Ihr Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 17.02.2021 aufschiebende Wirkung hatte, 2.) ob aufgrund dieser aufschiebenden Wirkung ein tatsächlicher Zufluss von Leistungen durch die belangte Behörde an Sie erfolgte und 3.) ob in der Folge das Verfahren, welches mit Beschwerdevorentscheidung vom 27.04.2021 geendet hat, zum Ergebnis kam, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten. Mehr ist nicht Prüfungsgegenstand des nunmehrigen Verfahrens nach § 25 Abs. 1 AlVG letzter Satz. Nach derzeitiger Sicht der Sachlage ist für den erkennenden Senat erwiesen, dass die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom 27.04.2021 korrekt erfolgt ist (siehe beiliegender Zustellnachweis) und die drei genannten Punkte ebenso erfüllt sind, somit wäre derzeit der Bescheid des AMS vom 07.06.2021 zu bestätigen […]“.

Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist zur Stellungnahme bis 06.10.2021 eingeräumt.

Es langte – bis dato - keine Stellungnahme des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das AMS hat mit Bescheid vom 17.02.2021 eine Ausschlussfrist gemäß § 10 AlVG für den Zeitraum 01.02.2021 bis 14.03.2021 verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Der Beschwerdeführer erhielt in der Folge die Notstandshilfe für die Zeit von 01.02.2021 bis 14.03.2021 (42 Tage) mit einem Tagsatz in der Höhe von € 40,84, sohin insgesamt
€ 1.715,28, ausbezahlt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 27.04.2021 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 17.02.2021 abgewiesen. Die Beschwerdevorentscheidung vom 27.04.2021, welche dem Beschwerdeführer am 29.04.2021 zugestellt wurde, ist rechtskräftig, zumal vom Beschwerdeführer innerhalb der Rechtsmittelfrist kein Vorlageantrag gestellt wurde.

Dieses Verfahren, das mit Beschwerdevorentscheidung vom 27.04.2021 endete, kam zu dem Ergebnis, dass die an den Beschwerdeführer vom AMS für den Zeitraum 01.02.2021 bis 14.03.2021 ausbezahlte Leistung nicht gebührte.

Es wurde daher mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 07.06.2021 die für den Zeitraum 01.02.2021 bis 14.03.2021 aufgrund der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vorläufig ausbezahlte Leistung in Höhe von € 1.715,28 gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG rückgefordert.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer Notstandshilfe für den Zeitraum 01.02.2021 bis 14.03.2021 ausbezahlt bekommen hat, wurde nicht bestritten.

Zu der Feststellung, wonach die Beschwerdevorentscheidung vom 27.04.2021 rechtskräftig ist, ist auszuführen, dass die Übergabe an den Empfänger laut Zustellnachweis am 29.04.2021 erfolgte. Die Beschwerdevorentscheidung gilt somit am 29.04.2021 als zugestellt. Der Beschwerdeführer hat keinen Vorlageantrag eingebracht.

Die Angaben im Rückschein waren der Beweiswürdigung zugrunde zu legen und wurden auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat zu entscheiden ist, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages, der gegenständlich nicht vorliegt, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch den vorgelegten Verwaltungsakt und den Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Den oben getroffenen Feststellungen folgend wurde die Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 27.04.2021 über den Ausschluss der Notstandshilfe rechtskräftig. Soweit sich die vorliegende Beschwerde daher inhaltlich gegen den Ausschluss der Notstandshilfe richtet, geht sie daher ins Leere. Ebenso gehen die Ausführungen in der gegenständlichen Beschwerde vom 04.07.2021, wonach sich die gegenständliche Beschwerde auch gegen die Bescheide vom 17.02.2021 und vom 27.04.2021 richte, ins Leere, zumal die Beschwerdevorentscheidung vom 27.04.2021 – wie bereits ausgeführt – aufgrund des Umstandes, dass vom Beschwerdeführer kein Vorlageantrag gestellt wurde, in Rechtskraft erwachsen ist. Eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 17.02.2021 bzw. gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 27.04.2021 ist daher nicht mehr möglich.

Soweit sich die vorliegende Beschwerde gegen die Rückforderung einer unberechtigt empfangenen Leistung im beschwerdegegenständlichen Bescheid richtet, erweist sie sich ebenfalls als nicht berechtigt. Die belangte Behörde stützte die Rückforderung zu Recht auf § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG, welcher die Verpflichtung zum Rückersatz von Leistungen anordnet, wenn diese wegen "Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels" weiter gewährt wurden. Kein anderer Sachverhalt liegt dem gegenständlichen Fall zugrunde, zumal dem Beschwerdeführer im Rahmen der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde gegen den Bescheid vom 17.02.2021 die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum 01.02.2021 bis 14.03.2021 vorläufig ausbezahlt wurde.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergebende rechtliche Subsumtion bedurfte angesichts des diesbezüglich klaren Wortlautes des § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG keiner Lösung einer erheblichen Rechtsfrage. Zur Unzulässigkeit einer Revision bei derartiger Fallkonstellation wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.2.2018, Ra2018/05/0011 mwN, verwiesen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Notstandshilfe Rechtskraft der Entscheidung Rückforderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W198.2245698.1.00

Im RIS seit

05.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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