TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/19 W266 2241778-1

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Veröffentlicht am 19.10.2021
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Entscheidungsdatum

19.10.2021

Norm

AlVG §20
AlVG §21
AlVG §33
AlVG §36
AlVG §56 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W266 2241778-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Andreas KARWAS und Mag. Wolfgang SCHIELER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Wagramer Straße vom 29.10.2020 nach Beschwerdevorentscheidung vom 3.2.2021, betreffend Feststellung des Anspruches auf Arbeitslosengeldes ab 1.7.2020 in der Höhe von täglich € 10,96, in nicht öffentlicher Sitzung

A)

I. zu Recht erkannt:

Die Beschwerdevorentscheidung vom 3.2.2021 wird infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde behoben.

II. beschlossen:

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 29.10.2020 wird mangels Beschwer zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit dem im Spruch zitierten Bescheid des AMS Wien Wagramer Straße (in der Folge: AMS oder belangte Behörde) vom 29.10.2020 wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer Arbeitslosengeld ab dem 1.7.2020 in der Höhe von täglich € 10,96 gebührt.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Arbeitslosengeld am 1.7.2020 geltend gemacht habe. Sein Anspruch auf Arbeitslosengeld errechne sich aufgrund der festgesetzten Bemessungsgrundlage in der Höhe von € 677,39 (bereits aufgewertet gemäß § 108 Abs. 4 ASVG). Die heranzuziehende Bemessungsgrundlage in der Höhe von € 677,39 entspreche einem monatlichen Nettoeinkommen in der Höhe von € 555,61. Das tägliche Nettoeinkommen betrage € 18,26. Als Grundbetrag des Arbeitslosengeldes zuzüglich dem Ergänzungsbetrag gebühre täglich 60 % des Nettoeinkommens. Der tägliche Grundbetrag des Arbeitslosengeldes zuzüglich dem Ergänzungsbetrag bemesse sich daher mit € 10,96.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, welche am 26.11.2020 beim AMS einlangte. Darin führt der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass sich seine Beschwerde gegen die Höhe des zugesprochenen Arbeitslosengeldes richte und dass den Ausführungen der belangten Behörde hinsichtlich der Einkommenssituation des Beschwerdeführers sowie zum festgestellten Nettoeinkommen keinerlei Begründungswert zukomme und die Entscheidung daher rechtswidrig sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 3.2.2021 wurde die Beschwerde abgewiesen und die Berechnungen des Arbeitslosengeldanspruches des Beschwerdeführers detailliert dargestellt. Aus dem täglichen Nettoeinkommen ergebe sich ein Grundbetrag von € 10,04. Die maximale Höhe des Arbeitslosengeldes seien 60 % des täglichen Nettoeinkommens, sohin € 10,96. Der Ergänzungsbetrag betrage € 0,92. Aus dem Grundbetrag in Höhe von € 10,04 täglich zuzüglich eines Ergänzungsbetrages in Höhe von € 0,92 täglich ergebe sich somit ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von € 10,96 täglich. Die Beschwerdevorentscheidung wurde dem Beschwerdeführer am 5.2.2021 durch Ersatzzustellung an seine Schwester zugestellt.

Daraufhin stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag, in welchem er im Wesentlichen ausführte, dass die Beschwerdevorentscheidung verspätet erlassen worden sei, da die Entscheidungsfrist am 4.2.2021 verstrichen sei. Auch enthalte die Bescheidbegründung einen Rechenfehler, da das tägliche Nettoeinkommen mit € 18,26 festgestellt und der Grundbetrag mit € 10,04 berechnet worden sei. Tatsächlich betrage das ermittelte Tagesnettoeinkommen € 18,2666301369863, 55 % davon entsprächen € 10,05. Der Ergänzungsbetrag sei folglich entsprechend zu vermindern.

Die Beschwerde sowie der Vorlageantrag samt bezugnehmendem Akt langten am 23.4.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Stellungnahme vom 2.6.2021 führte das AMS aus, dass die Beschwerdevorentscheidung tatsächlich verspätet erlassen worden sei. Die Berechnung des täglichen Nettoeinkommens sei derart programmiert, dass die Stellen ab der zweiten Kommastelle abgeschnitten werden, der aus diesem Betrag ermittelte Grundbetrag werde anschließend kaufmännisch gerundet. Da nach der Berechnungsmethodik des Beschwerdeführers sei der Grundbetrag lediglich um € 0,01 höher und der Ergänzungsbetrag um € 0,01 niedriger, an der zuzuerkennenden Anspruchshöhe ändere sich nichts. Aus Sicht des AMS sei der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht daher nicht beschwert. Ergänzend wies das AMS darauf hin, dass alleine der Spruch eines Bescheides normative Wirkung entfalte.

Mit Stellungnahme vom 12.8.2021 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass das AMS dadurch, dass es die Beträge bereits bei der Ermittlung des täglichen Nettoeinkommens runde, unzweifelhaft gegen die gesetzlich festgelegte Berechnungsmethode verstoße und dies den Bescheid daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belaste.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Nach Einsicht in den verwaltungsbehördlichen Akt, insbesondere in die Beschwerde und die vorgelegten Beweismittel, steht folgender Sachverhalt fest:

Der Beschwerdeführer beantragte am 1.7.2020 die Zuerkennung von Arbeitslosengeld, welches er daraufhin von 1.7.2020 bis 31.7.2020 in täglicher Höhe von € 10,96 bezog.

Am 24.7.2020 beantragte der Beschwerdeführer den Abspruch über seinen Leistungsanspruch per Bescheid.

Mit dem angefochtenen Bescheid des AMS vom 29.10.2020 wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 20 und 21 AlVG Arbeitslosengeld ab dem 1.7.2020 in der Höhe von täglich € 10,96 gebührt.

Der Beschwerdeführer erhob binnen offener Beschwerdefrist gegen den Bescheid vom 29.10.2020 Beschwerde, welche am 26.11.2020 bei der belangten Behörde einlangte. Die Beschwerdevorentscheidung vom 3.2.2021 wurde dem Beschwerdeführer am 5.2.2021 durch Ersatzzustellung gemäß § 16 Abs. 2 Zustellgesetz zugestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Verwaltungsakt der belangten Behörde und dem vorliegenden Gerichtsakt. Insbesondere liegen der gegenständliche Antrag auf Notstandshilfe vom 1.7.2020, der Antrag auf Ausstellung eines Bescheides vom 24.7.2020 sowie der Bezugsverlauf vom 23.04.2021 im Akt ein. Der festgestellte Sachverhalt ist darüber hinaus unstrittig. Im Übrigen bestreitet der Beschwerdeführer den bereits vom AMS festgestellten Sachverhalt nicht, sondern nur die rechtliche Würdigung desselben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Anzuwendendes Recht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) I. Behebung der Beschwerdevorentscheidung vom 3.2.2021:

Der Beschwerdeführer erhob binnen offener Beschwerdefrist gegen den gegenständlichen Bescheid vom 29.10.2020 Beschwerde, welche am 26.11.2020 bei der belangten Behörde einlangte. Die Beschwerdevorentscheidung vom 3.2.2021 wurde dem Beschwerdeführer am 5.2.2021 durch Ersatzzustellung gemäß § 16 Abs. 2 Zustellgesetz zugestellt. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle beträgt gemäß § 56 Abs. 2 AlVG zehn Wochen. Ausgehend von der Beschwerdeeinbringung am 26.11.2020 lief die zehnwöchige Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung am 4.2.2021 ab. Da die Beschwerdevorentscheidung erst mit Zustellung an die Partei (den Beschwerdeführer) als erlassen gilt und somit die Zustellung innerhalb der Entscheidungsfrist erfolgen muss, erweist sich die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung als verspätet, da diese erst am 5.2.2021 zugestellt wurde.

Nach Verstreichen der Frist für die Beschwerdevorentscheidung geht die Zuständigkeit, über die Beschwerde zu entscheiden, auf das Bundesverwaltungsgericht über (vgl. VwGH 27.11.2017, Ra 2017/19/0421). Wird die Beschwerdevorentscheidung erst nach Ablauf der Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung erlassen, so ist diese infolge Unzuständigkeit der Behörde mit Rechtswidrigkeit behaftet (vgl. VwGH 4.11.1996, 96/10/0109). Aufgrund der Erhebung des rechtzeitigen Vorlageantrages durch den Beschwerdeführer, hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdevorentscheidung zu beheben und über die Beschwerde zu entscheiden (vgl. Julcher in Brandtner/Köhler/Schmelz (Hrsg), VwGVG Kommentar (2020) § 14 VwGVG Rz 14; Sdoutz/Zechner in Sdoutz/Zechner (Hrsg), Arbeitslosenversicherungsgesetz: Praxiskommentar (18. Lfg 2021) zu § 56 AlVG Rz 856).

Dementsprechend war die Beschwerdevorentscheidung infolge (sachlicher) Unzuständigkeit der Behörde zu beheben und hatte der erkennende Senat über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 29.10.2020 zu entscheiden.

Zu A) II. Zurückweisung der Beschwerde mangels Beschwer:

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes lauten auszugsweise:

„§ 20. (1) Das Arbeitslosengeld besteht aus dem Grundbetrag und den Familienzuschlägen sowie einem allfälligen Ergänzungsbetrag. […]

§ 21. (1) Für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes ist das Entgelt der letzten zwölf zum Zeitpunkt der Geltendmachung nach Ablauf der Berichtigungsfrist gemäß § 34 Abs. 4 ASVG liegenden Kalendermonate aus den beim Dachverband der Sozialversicherungsträger (Dachverband) gespeicherten Beitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem laufenden Entgelt, mangels solcher aus anderen gespeicherten Beitragsgrundlagen heranzuziehen. Monatliche Beitragsgrundlagen, die bezogen auf den Zeitpunkt der Geltendmachung aus dem vorvorigen oder einem noch früheren Kalenderjahr stammen, sind mit den Aufwertungsfaktoren gemäß § 108 Abs. 4 ASVG der betreffenden Jahre aufzuwerten. Sonderzahlungen im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung (§ 49 ASVG) sind pauschal durch Hinzurechnung eines Sechstels zu den jeweiligen Beitragsgrundlagen aus laufendem Entgelt zu berücksichtigen. Durch Teilung des Entgelts der gesamten Beitragsgrundlagen (einschließlich Sonderzahlungen) durch zwölf ergibt sich das monatliche Bruttoeinkommen. Beitragsgrundlagen, die Zeiten einer gemäß § 1 Abs. 2 lit. e von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommenen krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit enthalten, gelten als Beitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt. Für Personen, die gemäß § 3 versichert waren, sind die entsprechenden Beitragsgrundlagen in der Arbeitslosenversicherung heranzuziehen. Bei Zusammentreffen von Beitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt mit Beitragsgrundlagen auf Grund der Versicherung gemäß § 3 ist die Summe beider Beitragsgrundlagen heranzuziehen. Kalendermonate, die folgende Zeiträume enthalten, bleiben außer Betracht: […]

(2) Liegen zum Zeitpunkt der Geltendmachung weniger als zwölf nach Ablauf der Berichtigungsfrist gemäß § 34 Abs. 4 ASVG liegende Kalendermonate, jedoch mindestens sechs derartige Kalendermonate vor, so ist für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes das Entgelt dieser Kalendermonate heranzuziehen und durch die Anzahl der Kalendermonate zu teilen. Liegen Beitragsgrundlagen für weniger als sechs derartige Kalendermonate vor, so ist für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes das Entgelt der vorliegenden Kalendermonate heranzuziehen und durch die Anzahl der Kalendermonate zu teilen. Im Übrigen ist Abs. 1 entsprechend anzuwenden. Abs. 1 letzter Satz ist nicht anzuwenden, wenn andernfalls keine Beitragsgrundlagen für eine Bemessung herangezogen werden könnten. Liegen ausschließlich Teile von Kalendermonaten vor, für die eine Beitragsgrundlage gespeichert ist, so ist das (gegebenenfalls aufgewertete) laufende Entgelt in diesen bis zu zwölf letzten Kalendermonaten durch die Zahl der Versicherungstage mit laufendem Entgelt zu teilen und mit 30 zu vervielfachen sowie die sich ergebende Summe um ein Sechstel zu erhöhen.

[…]

(3) Als Grundbetrag des Arbeitslosengeldes gebühren täglich 55 vH des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch gerundet auf einen Cent. Zur Ermittlung des täglichen Nettoeinkommens ist das nach Abs. 1 oder Abs. 2 ermittelte monatliche Bruttoeinkommen um die zum Zeitpunkt der Geltendmachung für einen alleinstehenden Angestellten maßgeblichen sozialen Abgaben und die maßgebliche Einkommensteuer unter Berücksichtigung der ohne Antrag gebührenden Freibeträge zu vermindern und sodann mit zwölf zu vervielfachen und durch 365 zu teilen. Das monatliche Einkommen ist nur bis zu der drei Jahre vor der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes für den Arbeitslosenversicherungsbeitrag maßgeblichen Höchstbeitragsgrundlage (§ 2 Abs. 1 AMPFG) zu berücksichtigen.

(4) Das tägliche Arbeitslosengeld gebührt einschließlich eines allenfalls erforderlichen Ergänzungsbetrages mindestens in der Höhe eines Dreißigstels des Betrages, der dem Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a lit. bb ASVG entspricht, soweit dadurch die Obergrenzen gemäß Abs. 5 nicht überschritten werden, kaufmännisch gerundet auf einen Cent.

(5) Das tägliche Arbeitslosengeld gebührt Arbeitslosen mit Anspruch auf Familienzuschläge höchstens in der Höhe von 80 vH des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch gerundet auf einen Cent. Das tägliche Arbeitslosengeld gebührt Arbeitslosen ohne Anspruch auf Familienzuschläge höchstens in der Höhe von 60 vH des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch gerundet auf einen Cent. […]“

Im Gegensatz zum Spruch stellt die Begründung des Bescheides kein wesentliches Bescheidmerkmal dar, sodass auch ihr vollständiges Fehlen die Bescheidqualität einer Erledigung nicht beeinträchtigt. Weder kann sie den Bescheidspruch (die normative Anordnung) ersetzen noch kann ihr selbst Rechtskraft – und damit Bindungswirkung – zukommen. Folglich kann im Allgemeinen nur der Spruch Rechte der Partei, eine Rechtsverletzung durch Ausführungen in der Begründung selbst aber nicht eintreten (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 60 Rz 2 (Stand 1.7.2005, rdb.at)).

Das Recht Beschwerde zu erheben steht nur jenen Parteien zu, deren Rechtsansprüche oder deren rechtliches Interesse durch den Bescheid beeinträchtigt werden können (vgl. VwGH 14.5.1991, 90/05/0242; 2.7.1998, 98/07/0018). Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid/Entscheidung einer Verwaltungsbehörde/eines VwG aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. VwGH 28.4.2021, Ro 2020/09/0013; VwGH 11.5.2015, Ra 2015/02/0077 mit Verweis auf 31.7.2006, 2006/05/0156).

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Beschwer Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels. Dem Antrag des Beschwerdeführers vom 24.7.2020 auf bescheidmäßige Feststellung seines Leistungsanspruches wurde im angefochtenen Bescheid vom 29.10.2020 entsprochen, indem ein Arbeitslosengeld von täglich € 10,96 festgestellt wurde. Die zugrunde gelegte Berechnung hat auf die Bindungswirkung des Spruches des angefochtenen Bescheides keine Auswirkung. Dass die belangte Behörde das tägliche Nettoeinkommen lediglich mit zwei Nachkommastellen der Berechnung des Arbeitslosengeldes zugrunde legt, hat gegenständlich zwar zur Folge, dass der Grundbetrag des Arbeitslosengeldanspruches um € 0,01 zu niedrig bzw. der Ergänzungsbetrag um € 0,01 zu hoch ausfällt. Aus Sicht des erkennenden Senats ist dabei jedoch nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer dadurch im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung in seinen subjektiven Rechten verletzt wäre. Das mit angefochtenen Bescheid zuerkannte Arbeitslosengeld in Höhe von € 10,96 täglich entspricht – unabhängig von der Höhe des Grundbetrages – der Obergrenze gemäß § 21 Abs. 5 zweiter Satz AlVG.

Insgesamt wird mit dem Beschwerdevorbringen, mit welchem lediglich der Fehler in der Berechnung aufgezeigt wird, keine Beschwer betreffend den angefochtenen Bescheid geltend gemacht; somit erweist sich die Beschwerde als unzulässig (vgl. VwGH 27.11.1972, 883/72; VwGH 22.4.1994, 93/02/0283) und war spruchgemäß zurückzuweisen.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt werden konnte und der Beschwerdeführer den Sachverhalt, soweit verfahrensgegenständlich relevant, auch nicht bestreitet. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010, S. 389, entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Arbeitslosengeld Berechnung Beschwerdevorentscheidung Entscheidungsfrist mangelnde Beschwer Unzuständigkeit Verspätung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W266.2241778.1.00

Im RIS seit

08.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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