TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/19 W141 2247015-1

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Veröffentlicht am 19.10.2021
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Entscheidungsdatum

19.10.2021

Norm

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §7 Abs4

Spruch


W141 2247015-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Rebecca FIGL-GATTINGER und Josef HERMANN, als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX ,
geboren am XXXX , VN XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice (AMS) Wiener Neustadt in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 08.09.2021, betreffend die Zurückweisung der Beschwerde als verspätet, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 14.07.2021 wurde gemäß § 38 iVm § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in der geltenden Fassung ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum 08.07.2021 bis 01.09.2021 verloren hat, da sie eine mögliche Arbeitsaufnahme als Küchenhilfe bei der Firma „ XXXX “ vereitelt bzw. verweigert habe.

2. Mit E-Mail vom 23.08.2021 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.07.2021.

3. Die Beschwerde wurde mit Bescheid vom 08.09.2021 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 7 Abs. 4 1. Satz und § 14 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) iVm § 56 Abs. 2 AlVG (Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977), in geltender Fassung, als verspätet zurückgewiesen.

4. Mit Schreiben, eingelangt bei der belangten Behörde am 23.09.2021, beantragte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen. Im Zuge des Vorlageantrages erstattete die Beschwerdeführerin lediglich ein Vorbringen bezüglich der Ausschlussfrist betreffend Vereitelungshandlung.

5. Am 05.10.2021 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (entscheidungswesentlicher Sachverhalt):

Die belangte Behörde hat die notwendige Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes ausreichend durchgeführt. Auf dieser Grundlage werden folgende Feststellungen getroffen und der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Beschwerdeführerin wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 14.07.2021 ohne Zustellverfügung zugestellt. Der Bescheid gilt am Montag, dem 19.07.2021, als zugestellt.

Die Frist zur Einbringung einer Beschwerde beträgt vier Wochen und endete daher am Montag, dem 16.08.2021.

Die Beschwerdeführerin brachte erst am 23.08.2021 das Rechtsmittel der Beschwerde via
E-Mail bei der belangten Behörde ein.

Die Beschwerde wurde verspätet eingebracht.

Mit E-Mail vom 31.08.2021 von der belangten Behörde und mit Beschwerdevorentscheidung vom 08.09.2021 wurde der Beschwerdeführerin der festgestellte Sachverhalt zur Kenntnis gebracht.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt und dem vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde.

Die Feststellung der Zustellung des Bescheides am 19.07.2021 ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des § 26 Abs. 2 ZustG.

Die Beschwerdeführerin führte im Zuge einer Stellungnahme am 15.09.2021 aus, dass sie den Bescheid der belangten Behörde vom 14.07.2021 nicht erhalten habe und erst durch die Beschwerdevorentscheidung vom 08.09.2021 von der Ausschlussfrist Kenntnis erlangt habe. Dies kann der Beschwerdeführerin aus nachfolgenden Gründen nicht geglaubt werden:

Die Beschwerdeführerin übermittelte am 23.08.2021 eine E-Mail mit dem Betreff „Beschwerde zu Bescheid“ und führte zudem aus: „Es wird zum Bescheid Beschwerde erhoben, da sehr wohl eine ordnungsgemäße, fristgerechte Bewerbung beim Dienstgeber „ XXXX “ erfolgt ist. Der Nachweis darüber befindet sich im Anhang.“ Bereits aus diesem Schreiben ist zweifelsfrei erkennbar, dass die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt bereits in Kenntnis des Bescheides betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe für den Zeitraum 08.07.2021 bis 01.09.2021 gemäß § 38 iVm § 10 AlVG war. Hätte sie erst durch die Beschwerdevorentscheidung vom 08.09.2021 Kenntnis von der Ausschlussfrist erhalten, welche ihr am 09.09.2021 zugestellt wurde (laut Rückschein von ihr persönlich übernommen), hätte sie am 23.08.2021 dieses Schreiben nicht bei der belangten Behörde einbringen können, zumal in dem Schreiben der potenzielle Dienstgeber namentlich angeführt war und auch im Anhang ein Teil eines Lebenslaufes mit der Anschrift des potenziellen Dienstgebers abgelichtet war.

Darüber hinaus gab die Beschwerdeführerin bereits in der E-Mail vom 08.09.2021 an, dass sie von der ihr verhängten Frist erst in der Beschwerdevorentscheidung erfahren habe. Diese wurde ihr aber erst am 09.09.2021 zugestellt und konnte sie deren Inhalt sohin noch nicht kennen.

Für den erkennenden Senat steht zweifelsfrei fest, dass der Beschwerdeführerin der Bescheid vom 14.07.2021 zugestellt wurde und sie diesen nunmehr als „Beschwerdevorentscheidung“ bezeichnet, da sie, wie oben ausgeführt, diese am 08.09.2021 noch nicht zugestellt erhalten hatte. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass sie mit E-Mail vom 20.09.2021 ausführte, die Beschwerdevorentscheidung vom 08.09.2021 nicht erhalten zu haben, obwohl ihr diese am 09.09.2021 zugestellt und von ihr persönlich übernommen wurde.

Die Beschwerdeführerin wurde sowohl mittels Schreiben an die E-Mailadresse „ XXXX “ (von dieser wurde die Beschwerde der Beschwerdeführerin abgesendet und in der E-Mail vom 15.09.2021 von der Beschwerdeführerin bestätigt, dass eine Auskunftsvollmacht besteht) aufgefordert, dass sie bekannt gibt, wann sie den Bescheid vom 14.07.2021 erhalten hat. Es wurde zudem im Zuge der Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin hat kein nachvollziehbares Vorbringen erstattet, wann sie den Bescheid vom 14.07.2021 erhalten hat bzw. Gründe angeführt, aus denen sich eine Rechtzeitigkeit der Beschwerde ergeben. Daher steht für den erkennenden Senat zweifelsfrei fest, dass die Beschwerde der Beschwerdeführerin verspätet eingebracht wurde.

Die Feststellung des Einbringens der Beschwerde am 23.08.2021 ergibt sich aus der im Akt aufliegenden E-Mail und wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Materiengesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen.

In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle zehn Wochen. § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1.         der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2.         die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist“.

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest.

Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu A):

1. Entscheidung in der Sache:

Gegenstand des Verfahrens ist ausschließlich, ob die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 23.08.2021 rechtzeitig eingebracht wurde.

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG - wie in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides ausgeführt - vier Wochen. Die Rechtsmittelbelehrung entspricht auch sonst den Anforderungen des § 61 Abs. 1 AVG.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Gemäß § 33 Abs. 1 AVG werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.

Gemäß § 33 Abs. 4 AVG können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument gemäß
§ 26 Abs. 1 ZustG zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.

Gemäß § 26 Abs. 2 ZustG gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Bescheid der belangten Behörde wurde am Mittwoch, dem 14.07.2021, ohne Zustellnachweis an die Beschwerdeführerin versandt.

Bezüglich Zustellungen ohne Zustellnachweis enthält § 26 Abs. 2 ZustG die widerlegbare Vermutung, dass die Zustellung der betreffenden Sendung am dritten Werktag nach der Übergabe durch die Zustellbehörde an das Zustellorgan als bewirkt gilt.

Aufgrund der Zustellfiktion des § 26 Abs. 2 ZustG gilt der verfahrensgegenständliche Bescheid (unter Ausklammerung des Wochenendes) am Montag, dem 19.07.2021, als zugestellt.

Die Beschwerdeführerin konnte nicht glaubhaft darlegen, dass sie den Bescheid vom 14.07.2021 überhaupt nicht erhalten habe und erstattete kein Vorbringen, dass sie den Bescheid erst später als am 19.07.2021, zugestellt erhalten habe. Obwohl jedenfalls in der Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen wurde, erstattete die Beschwerdeführerin kein Vorbringen über den Erhalt des Bescheides und die Rechtzeitigkeit der Beschwerde. Daher geht der erkennende Senat entsprechend des
§ 26 Abs. 2 ZustG von einer erfolgten Zustellung am 19.07.2021 aus.

Vollständigkeitshalber wird in dem Zusammenhang auch auf Folgendes hingewiesen: Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird. Am Erhalt des Bescheides bestehen keine Zweifel.

Daraus ergibt sich gegenständlich, dass der Bescheid der Beschwerdeführerin am Montag, dem 19.07.2021, zugestellt wurde.

Ausgehend von der Zustellung am Montag, dem 19.07.2021, endete die vierwöchige Rechtsmittelfrist am Montag, dem 16.08.2021. Ihre am 23.08.2021 bei der belangten Behörde via E-Mail eingebrachte Beschwerde ist demnach verspätet.

Da sich die am 23.08.2021 eingebrachte Beschwerde als verspätet erwiesen hat, war sie zurückzuweisen.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wird das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, weil der Sachverhalt durch die belangte Behörde nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festgestellt wurde und den Sachverhaltsfeststellungen, insbesondere jenen in der Beschwerdevorentscheidung, im Vorlageantrag nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Der Sachverhalt – wie er in der Beschwerdevorentscheidung festgestellt wurde – war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden im Vorlageantrag nicht vorgebracht. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor (vgl. zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475; siehe auch VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist rechtswirksame Zustellung verspätete Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W141.2247015.1.00

Im RIS seit

05.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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