TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/19 W141 2246967-1

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Veröffentlicht am 19.10.2021
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Entscheidungsdatum

19.10.2021

Norm

AlVG §11
AlVG §38
AVG §13 Abs3
AVG §13 Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W141 2246967-1/3E

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Rebecca FIGL-GATTINGER und Josef HERMANN als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , VN. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarkservice (AMS) St. Pölten, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 02.09.2021, betreffend die Zurückweisung der Beschwerde, zu Recht erkannt:

A)

Das Verfahren wird gemäß § 13 Abs. 4 iVm Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Bescheid vom 29.06.2021 wurde gemäß § 38 iVm
§ 11 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in der geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum 24.06.2021 bis 21.07.2021 keine Notstandshilfe erhält, da er sein Dienstverhältnis in der Probezeit freiwillig gelöst habe.

2.       Am 12.07.2021 wurde dem Briefkasten der belangten Behörde ein mit „Einspruch gegen Bescheid vom 29.06.2021, AMS St. Pölten“ tituliertes Schreiben entnommen. Diese Beschwerde war nicht eigenhändig unterschrieben.

3.       Die Beschwerde wurde mit Bescheid vom 02.09.2021 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 7 Abs. 4 1. Satz und § 14 (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) iVm § 56 AlVG (Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977), in geltender Fassung, zurückgewiesen.

4.       Mit Schreiben, eingelangt bei der belangten Behörde am 23.09.2021, beantragte der Beschwerdeführer seine Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen. Der Beschwerdeführer führte aus, er habe im Zuge seines Umzuges den Verbesserungsauftrag verloren und bitte um Nachsicht. Die eigenhändige Unterschrift hole er mit diesem Schreiben nach.

5.       Am 04.10.2021 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Die belangte Behörde hat die notwendige Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes ausreichend durchgeführt. Auf dieser Grundlage werden folgende Feststellungen getroffen und der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt:

Mit Bescheid vom 29.06.2021 wurde gemäß § 38 iVm § 11 AlVG ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum 24.06.2021 bis 21.07.2021 keine Notstandshilfe erhält, da er sein Dienstverhältnis in der Probezeit freiwillig gelöst habe.

Mit Schreiben vom 08.07.2021 wurde fristgerecht eine Beschwerde erhoben. Diese wurde am 12.07.2021 dem Postkasten der belangten Behörde entnommen und wies keine eigenhändige Unterschrift auf.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 14.07.2021 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die Unterschrift bis längstens 26.07.2021 nachzureichen, da ansonsten seine Beschwerde zurückgewiesen werde.

Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am 16.07.2021 an der Adresse XXXX mittels RSb-Brief zugestellt und von ihm persönlich übernommen.

Die Frist zur Mängelbehebung ist – trotz des Hinweises auf die diesbezüglichen Rechtsfolgen durch die belangte Behörde – bis zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung am 06.09.2021 (Zeitpunkt der Zustellung) fruchtlos verstrichen.

Die Unterschrift wurde seitens des Beschwerdeführers erst im Zuge des Vorlageantrages, eingelangt bei der belangten Behörde am 23.09.2021, nachgeholt und somit nach Erlassung des Zurückweisungsbescheides.

Der Vorlageantrag wurde zwar nach Ablauf der in § 15 Abs. 1 VwGVG festgesetzten zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der belangten Behörde eingebracht, doch gilt er aufgrund der in der Beschwerdevorentscheidung angeführten falschen Rechtsmittelbelehrung (Rechtsmittelfrist: 4 Wochen) als rechtzeitig eingebracht.

2.       Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Zustellung des Verbesserungsauftrages von der belangten Behörde ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden Schreiben sowie dem Rückschein. Aus diesem geht zweifelsfrei hervor, dass vom Beschwerdeführer der Verbesserungsauftrag am 16.07.2021 persönlich übernommen wurde. Dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 04.10.2021 ist zudem zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt noch an der Adresse, an die das Schreiben gesendet wurde, gemeldet war. Daher kann den Einwendungen des Beschwerdeführers, der Verbesserungsauftrag sei im Zuge des Umzuges verloren gegangen, nicht gefolgt werden. Es ist für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer den Verbesserungsauftrag – trotz Belehrung über die Rechtsfolgen der nicht fristgerechten Nachreichung seiner Unterschrift – sorglos verliert, dies liegt ausschließlich in seiner Sphäre und kann daher nicht berücksichtigt werden.

Die Feststellungen zum rechtzeitig erhobenen Vorlageantrag gründen auf die in der Beschwerdevorentscheidung vom 02.09.2021 angeführten Rechtsmittelbelehrung.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Materiengesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen.

In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle zehn Wochen. § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1.         der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2.         die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist“.

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest.

Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu A):

1. Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 13 Abs. 1 erster und zweiter Satz AVG können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen, soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Gemäß § 13 Abs. 4 AVG gilt bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.

Gemäß der Rechtsprechung des VwGH (vgl. jüngst das Erkenntnis vom 31.03.2016, 2013/07/0023) bedürfen schriftliche Anbringen nicht notwendig einer Unterschrift des Einschreiters; das folgt aus § 13 Abs. 4 AVG, wonach bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters und der Authentizität des Anbringens § 13 Abs. 3 AVG mit der Maßgabe sinngemäß gilt, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.

Selbst dann, wenn man einen Zweifelsfall erblickt und eine Verpflichtung annimmt, sich in Bezug auf eine bestimmte Person in sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG Klarheit darüber zu verschaffen, ob auch sie Rechtsmittelwerberin ist, steht es im Ermessen der Behörde, entweder förmlich eine Bestätigung aufzutragen oder aber auf andere Weise den Nachweis der Authentizität zu erbringen.

Da die Beschwerde ohne eine Unterschrift in den Postkasten der belangten Behörde geworfen wurde, bestanden berechtigte Zweifel an der Identität des Einschreiters und der Authentizität des Anbringens.

Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer daher zu Recht auf, zum Nachweis der Identität des Einschreiters und der Authentizität des Anbringens binnen angemessener Frist die Beschwerde eigenhändig zu unterschreiben und der belangten Behörde zu übermitteln.

Dieser Aufforderung ist der Beschwerdeführer jedoch weder binnen der ihm eingeräumten Frist bis zum 26.07.2021 noch bis zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung nachgekommen.

Die mangelhafte Eingabe (fehlende Unterschrift) wurde nicht fristgerecht saniert, weil trotz ordnungsgemäßer Zustellung bis zum Ausfertigungsdatum der vorliegenden Beschwerdevorentscheidung keine Verbesserung bei der belangten Behörde einging. Der Beschwerdeführer kam dem Verbesserungsauftrag erst im Zuge des Rechtsmittels gegen den Zurückweisungsbescheid (BVE vom 02.09.2021) nach.

Die Beschwerde galt zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung daher gemäß § 13 Abs. 4 AVG als zurückgezogen und wurde von der belangten Behörde daher zu Unrecht zurückgewiesen, sondern war das Beschwerdeverfahren einzustellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wird das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, weil der Sachverhalt durch die belangte Behörde nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festgestellt wurde und den Sachverhaltsfeststellungen in der Beschwerde nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor (vgl. zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475; siehe auch VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Dieser Beschluss beschäftigt sich ausschließlich mit der Tatsache, dass die die Beschwerde während des laufenden Beschwerdeverfahrens freiwillig zurückgezogen wurde und damit einer Sachentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht die Grundlage entzogen wurde. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.

Schlagworte

Authentizität Fristablauf Unterschrift Verbesserungsauftrag Verfahrenseinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W141.2246967.1.00

Im RIS seit

05.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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