TE Vwgh Beschluss 2021/9/30 Ra 2021/12/0052

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Veröffentlicht am 30.09.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
63/02 Gehaltsgesetz

Norm

ABGB §1478
ABGB §1497
B-VG Art133 Abs4
GehG 1956 §13b
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Cede als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des Dipl.-Ing. C L in Z, vertreten durch Dr. Bertram Grass und Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Reichsstraße 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 24. Juni 2021, LVwG-2019/27/1406-15, betreffend Zuerkennung einer Bauzulage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Innsbruck.

2        Mit Erkenntnis vom 22. Mai 2015 gab das Landesverwaltungsgericht Tirol der Beschwerde gegen einen (im fortgesetzten Verfahren nach dem - einer Beschwerde des Revisionswerbers stattgebenden - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2013, 2013/12/0035, ergangenen) Bescheid der Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck betreffend einen Antrag des Revisionswerbers auf Zuerkennung einer Mehrleistungsvergütung keine Folge. Das Landesverwaltungsgericht verneinte darin gemäß § 26 Abs. 1 lit. c Innsbrucker Gemeindebeamtengesetz 1970 (im Folgenden: IGBG) in Verbindung mit § 5 Abs. 1 der Verordnung über die Nebengebühren der Beamten der Landeshauptstadt Innsbruck (im Folgenden: NGVO) den Anspruch auf Mehrleistungsvergütung, den der Revisionswerber darauf gestützt hatte, dass er im Zeitraum vom 2. März bis 6. November 2009 im Zusammenhang mit der Errichtung der Einrichtungsplanung für ein Wohnhaus qualitative Mehrleistungen erbracht habe. Seine Auffassung, dass dem Revisionswerber eine solche Mehrleistungsvergütung nicht zustehe, stützte das Landesverwaltungsgericht (unter Zugrundelegung der im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausdruck gebrachten Rechtsanschauung) darauf, dass nach den - im fortgesetzten Verfahren vom Verwaltungsgericht getroffenen - Feststellungen der Wert der vom Revisionswerber im maßgeblichen Zeitraum erbrachten Arbeitsleistung nicht signifikant über jenem der von anderen Beamten mit identer dienstrechtlicher Stellung regelmäßig erbrachten Dienstleistungen liege.

3        Mit Schreiben vom 30. April 2018 beantragte der Revisionswerber bei seiner Dienstbehörde die Zuerkennung einer Bauzulage gemäß § 26 IGBG in Verbindung mit § 4 NGVO und begründete dies damit, dass andere Beamte eine solche Bauzulage erhielten, er jedoch nur eine Aufwandsentschädigung in geringerer Höhe, obwohl er die gleichen Tätigkeiten verrichte. Er habe Anspruch auf Zuerkennung der betraglichen Differenz zwischen der ihm zuerkannten Aufwandsentschädigung und der den anderen Beamten gewährten Bauzulage.

4        Mit Bescheid vom 27. März 2019 wies die Dienstbehörde diesen Antrag ab. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 13. Juni 2019 änderte die Dienstbehörde (mit Spruchpunkt I. der Beschwerdevorentscheidung) den Spruch des Bescheides vom 27. März 2019 dahin ab, dass der Antrag des Revisionswerbers „auf Zuerkennung einer Bauzulage zwecks Gleichstellung mit anderen Beamten in der gleichen Verwendung und folglich die Auszahlung der Differenz zwischen Aufwandsentschädigung und Bauzulage im Sinne der Gleichstellung, rückwirkend mit 1. Oktober 1990“ gemäß § 26 IGBG in Verbindung mit § 4 NGVO, § 55 IGBG, § 2 lit. c Landesbeamtengesetz sowie § 13b Gehaltsgesetz abgewiesen werde. Mit Spruchpunkt II. der Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde im Übrigen abgewiesen.

5        Nach Einbringung eines Vorlageantrags wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe ab, dass (in Abänderung von Spruchpunkt I. der Beschwerdevorentscheidung) die Abweisung des Antrags für den Zeitraum „rückwirkend mit 01.10.1990 bis 31.12.2002 sowie ab 01.01.2010“ erfolge. Im Übrigen wurde (in Abänderung von Spruchpunkt II.) festgestellt, dass dem Revisionswerber „für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.12.2009 eine Bauzulage gemäß dem Stadtratsbeschluss vom 17.01.1947 über die Gewährung von Bauzulagen“ gebührt habe, sowie, dass dieser Anspruch verjährt sei.

6        Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig.

7        Den Ausspruch, dass dem Revisionswerber eine Bauzulage für den Zeitraum vom 1. Jänner 2003 bis 31. Dezember 2009 gebühre, begründete das Verwaltungsgericht damit, dass sich aus einem vom Revisionswerber vorgelegten Dienstzeugnis vom 1. Februar 2010 ergebe, dass er während des genannten Zeitraums Tätigkeiten verrichtet habe, die einen Anspruch auf Bauzulage begründeten. Hingegen könne der Revisionswerber aus dem Umstand, dass ein anderer Beamter (zu Unrecht) die Bauzulage erhalten habe, keine Ansprüche ableiten.

8        Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende - erkennbar nur gegen den vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Ausspruch der Verjährung gerichtete - außerordentliche Revision.

9        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, dass das Verwaltungsgericht von (näher bezeichneter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage abgewichen sei, welcher Zeitpunkt für den Beginn der Verjährung maßgeblich sei. Es sei zwar richtig, dass der Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich an die objektive Möglichkeit der Rechtsausübung anknüpfe, doch hänge die Frage, wann diese objektive Möglichkeit gegeben sei, von den Umständen des Einzelfalls ab. Im vorliegenden Fall habe die besondere Schwierigkeit des Revisionswerbers darin bestanden aufzuzeigen, dass er „durch die ungleiche Behandlung anderer ähnliche Dienstleistungen erbringender Beamter, die eine Bauzulage erhielten, ... im Grundsatz der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlung verletzt“ sei. Der Revisionswerber habe erst nach Kenntnis der ihm im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts vom 22. Mai 2015 aufgezeigten „rechtlichen Möglichkeit der Durchsetzung“ wegen Verletzung des Gleichheitsgebots davon ausgehen können, dass er mit Erfolg die ihm nicht ausbezahlte Bauzulage geltend machen könne, und habe erst später erfahren, dass andere Kollegen diese erhalten hätten. Von diesem Umstand habe der Revisionswerber im Zeitpunkt des verfahrenseinleitenden Antrags vom 30. April 2018 noch nicht genau gewusst, da er erst im November 2018 erfahren habe, dass zwei (näher genannte) Beamte, die genau die gleichen Arbeitsleistungen erbracht hätten wie er, eine Bauzulage erhalten hätten. Eine frühere Geltendmachung der Bauzulage „basierend auf der aufgezeigten Ungleichbehandlung“ sei dem Revisionswerber nicht möglich gewesen.

13       2. Die Verjährungsfrist nach § 13b GehG 1956 kann erst zu laufen beginnen, wenn dem Beamten eine Geltendmachung von Ansprüchen überhaupt objektiv möglich war, was voraussetzt, dass ihr kein rechtliches Hindernis entgegensteht. Bloß subjektive, in der Person des Berechtigten liegende Hindernisse oder tatsächliche Erschwerungen schieben den Beginn der Verjährung hingegen nicht hinaus (vgl. VwGH 23.11.2011, 2011/12/0005; 29.6.2011, 2006/12/0020). Die Abgrenzung einer objektiven Möglichkeit zur Rechtsausübung gegenüber bloß subjektiven Hindernissen oder tatsächlichen Erschwerungen hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab (vgl. VwGH 29.6.2011, 2006/12/0020, mwN).

14       3. Das Verwaltungsgericht hat die Gebührlichkeit der Bauzulage wegen der Erfüllung der dafür geltenden gesetzlichen Tatbestandserfordernisse bejaht. Einen auf die behauptete Ungleichbehandlung des Revisionswerbers mit anderen Beamten gestützten Anspruch hat das Verwaltungsgericht hingegen verneint. Dass die Revision unter diesem Gesichtspunkt von einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, zeigt deren Zulässigkeitsbegründung, die dem Verwaltungsgericht in dieser Hinsicht nichts entgegensetzt, nicht auf. Ausgehend davon ist das zur Revisionszulässigkeit erstattete Vorbringen dazu, wann der Revisionswerber von Umständen Kenntnis erlangt habe, die ihm die Geltendmachung der behaupteten Ungleichbehandlung ermöglicht hätten, nicht entscheidungswesentlich. Mit der Behauptung eines Abweichens von der ins Treffen geführten Rechtsprechung zum Rechtsinstitut der Verjährung wird daher die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.

15       4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 30. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021120052.L00

Im RIS seit

08.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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