Index
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. der Maria M, 2. des Hans M und 3. der Irmgard H, alle in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 16. April 1992, Zl. MD -VfR-B XIX-6/92, betreffend Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 21. Jänner 1992 wurde die von den Beschwerdeführern für die Errichtung eines Wohnhauses auf ihrem Grundstück Nr. nn1, EZ nn, KG Nußdorf, beantragte Baubewilligung gemäß den §§ 70 und 71 Bauordnung für Wien versagt. Die Bauführung sei nach den bestehenden Rechtsvorschriften unzulässig, weil die geplante Baulichkeit aufgrund der mit Bescheid vom 7. November 1990 bekanntgegebenen Bebauungsbestimmungen im Grünland-Schutzgebiet, Wald- und Wiesengürtel, liege. Im Wald- und Wiesengürtel dürften gemäß § 6 Abs. 3 Bauordnung für Wien nur Bauten kleineren Umfanges errichtet werden, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienten und keinen Wohnraum enthielten. Im vorliegenden Fall sei ein Einfamilienhaus beabsichtigt, das nach § 6 Abs. 3 Bauordnung für Wien nicht zulässig sei. Eine Bewilligung gemäß § 69 und § 71 Bauordnung für Wien komme nicht in Betracht, da kein begründeter Ausnahmefall vorliege.
In der Berufung wendeten sich die Beschwerdeführer dagegen, daß ihr Grundstück entgegen benachbarten Grundstücken mit der Widmung Wald- und Wiesengürtel versehen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung ab, das verfahrensgegenständliche Grundstück sei nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan unbestritten im Grünland-Schutzgebiet, Wald- und Wiesengürtel, gelegen und daher der Bau gemäß § 6 Abs. 3 Bauordnung für Wien nicht zulässig. Auch eine Bewilligung nach § 71 leg. cit. komme nicht in Frage, da von den Beschwerdeführern kein sachlich begründeter Ausnahmefall dargetan worden sei und das Vorliegen eines solchen auch von der belangten Behörde nicht erkannt werden könne. Der Vorwurf, der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan verstoße gegen den Gleichheitssatz, stelle einen solchen Ausnahmefall nicht dar.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde, die vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung der Behandlung mit Beschluß vom 5. Oktober 1992, B 748/92-3, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde, machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
2. Aus Anlaß dieses Beschwerdefalles beantragte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 25. April 1995,
A 12/95-1, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, Plandokument 5040, beschlossen vom Gemeinderat der Stadt Wien am 10. Dezember 1974, Pr.Zl. 3818/74, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom 2. Jänner 1975, Nr. 1, S. 13, soweit das Gebiet der KG Nußdorf betroffen ist, das von der Nußberggasse, der Eichelhofstraße, dem Eichelhofweg und der zwischen dem Eichelhofweg und der Nußberggasse verlaufenden Grenze des vom Plandokument 5040 erfaßten Plangebietes umgrenzt wird, wegen Gesetzwidrigkeit.
Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Oktober 1996, V 63/95-8, wurde die angeführte Verordnung in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 27. Juni 1990, Pr.Zl. 1749/90 (Plandokument Nr. 6124), (Beschlußfassung bekanntgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom 12. Juli 1990, Nr. 28, S 42), insoweit als gesetzwidrig aufgehoben, als sie das Gebiet zwischen Nußberggasse, Eichelhofstraße und dem Linienzug a-b-c des Plandokumentes Nr. 6124 umfaßt, in welches das verfahrensgegenständliche Grundstück fällt. Im übrigen wurde der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen.
Gemäß Art. 139 Abs. 6 B-VG ist eine vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Verordnung im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Diese Anlaßfallwirkung bezieht sich im vorliegenden Fall sowohl auf den angefochtenen Bescheid als auch auf den Bescheid vom 7. November 1990, mit dem gemäß § 9 Bauordnung für Wien für das in Frage stehende Grundstück die Bebauungsbestimmungen bekanntgegeben wurden, dessen Bebauungsbestimmungen in der Berufung gegen die Baubewilligung von den Beschwerdeführern bekämpft wurde.
Die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Abweisung des Antrages auf Erteilung der Baubewilligung stützt sich maßgeblich darauf, daß das verfahrensgegenständliche Grundstück als Grünland-Schutzgebiet, Wald- und Wiesengürtel, gewidmet sei und dort nur Bauten gemäß § 6 Abs. 3 Bauordnung für Wien zulässig seien. Durch die vorliegende Aufhebung des angeführten Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes u.a. für das verfahrensgegenständliche Grundstück durch den Verfassungsgerichtshof wurde die für den angefochtenen Bescheid maßgebliche Rechtsgrundlage beseitigt. Die angeführte Aufhebung bewirkt auch die in der Berufung relevierte Rechtswidrigkeit des Bescheides gemäß § 9 Bauordnung für Wien betreffend die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen. Durch die Anwendung des als gesetzwidrig erkannten Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes wurden die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in Rechten verletzt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zlen. 96/05/0017, 0018).
Angemerkt wird, daß der Verordnungsgeber verpflichtet ist, eine dem angeführten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Rechnung tragende Ergänzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes zu erlassen, um so den für das in der Verordnung näher umschriebene Gebiet erlassenen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan dem Gleichheitssatz entsprechend (insbesondere im Hinblick auf das verfahrensgegenständliche Grundstück) wieder zu vervollständigen (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zlen. 96/05/0017, 0018).
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil in den mit der angeführten Verordnung normierten Pauschbeträgen für Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer miterfaßt ist.
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996050290.X00Im RIS seit
03.05.2001