Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Oktober 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Mag. Casagrande als Schriftführer in der Strafsache gegen ***** V***** wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 17. Februar 2021, GZ 41 Hv 27/20m-71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** V***** des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 2 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er zwischen Ende April 2019 und Anfang Mai 2019 in O***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit ***** Vo***** und zumindest einem weiteren Mittäter mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte des Autohauses N***** sowie der S***** GmbH durch Vortäuschung der Rückzahlungswilligkeit und -fähigkeit sowie einer falschen Identität (des ***** Vo***** als ***** M*****) zu Handlungen zu verleiten versucht, die die genannte Bank in einem 5.000 Euro übersteigenden Ausmaß am Vermögen schädigen sollten, wobei er zur Täuschung falsche oder verfälschte Urkunden benutzte, indem er unter Vorlage einer falschen Anmeldebestätigung für EWR-Bürger, einer falschen Meldebestätigung und dreier falscher Lohnbestätigungen der B***** GmbH um Gewährung einer Finanzierung zum Ankauf eines Porsche 911 Carrera Coupé DSG im Wert von 73.000 Euro ansuchte sowie die Ausfolgung des Fahrzeugs anstrebte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gegen dieses Urteil richtet sich die ausschließlich auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.
[4] Der von der Beschwerde erhobene Einwand, die vom Erstgericht zur Urteilsbegründung mehrfach herangezogenen polizeilichen Ermittlungsergebnisse in ON 2 (US 5) seien in der Hauptverhandlung mangels eines tatsächlichen Vortrags dieses Aktenstücks nicht vorgekommen (Z 5 vierter Fall), widerspricht dem – vom Beschwerdeführer nicht durch einen Protokollberichtigungsantrag angefochtenen – Inhalt des vorliegenden Verhandlungsprotokolls (ON 70 S 11 letzter Absatz und S 12 erster Absatz) und vermag damit keinen Begründungsmangel im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen (vgl 11 Os 138/19g, 15 Os 48/19a, 15 Os 3/19h).
[5] Dies gilt auch für das in Ansehung des polizeilichen Abschlussberichts ON 24 insoweit gleichlautende Vorbringen der Beschwerde, weil es sich bei dem im Protokoll der Hauptverhandlung als vorgetragen (§ 252 Abs 2a StPO) angeführten „beigeschlossene[n] Ordner“ (ON 70 S 12) genau um dieses Aktenstück handelt.
[6] Die bloße Behauptung, der tatsächliche Vortrag der erwähnten Aktenstücke sei dem Inhalt des vorliegenden Protokolls über die Hauptverhandlung zuwider tatsächlich unterblieben, bot angesichts der ausdrücklich auf einzelne konkrete Aktenstücke abstellenden Protokollierung sowie des Umstands, dass nach dem weiteren Wortlaut auch „keine speziellen Verlesungen gewünscht“ wurden (ON 70 S 12; anders bei der von der Rüge zitierten Entscheidung 15 Os 4/18d: „das Wesentliche des Akteninhalts“) und der Angeklagte weder in der Hauptverhandlung auf eine dem nunmehrigen Beschwerdevorbringen entsprechende Konkretisierung der Protokollierung gerichtete Anträge stellte noch nachträglich einen Grund für einen entsprechenden Berichtigungsantrag im Sinn des § 271 Abs 7 zweiter Satz StPO fand, keinen Anlass für eine – in der Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur angeregten –amtswegige Aufklärung gemäß § 285f StPO.
[7] Soweit die Beschwerde schließlich auch in Ansehung des polizeilichen Abschlussberichts ON 29 den Vorwurf einer Verwertung von in der Hauptverhandlung tatsächlich nicht vorgekommenen Aktenstücken erhebt, bezieht sie sich nicht auf einen Ausspruch von für die rechtliche Beurteilung der Tat entscheidenden Tatsachen (RIS-Justiz RS0106268), weil der Verweis auf dieses Aktenstück in den Entscheidungsgründen lediglich der Begründung der Urteilsannahmen zur Verwendung einer unrichtigen Meldebestätigung dient (vgl US 5 Mitte), die rechtliche Annahme der Qualifikation des § 147 Abs 1 Z 1 StGB jedoch auch auf der Verwendung von weiteren (inhaltlich unrichtigen) Unterlagen beruht (vgl US 3 vierter Absatz).
[8] Festzuhalten bleibt in diesem Zusammenhang, dass die Verwendung der nach den vorliegenden Urteilsfeststellungen lediglich inhaltlich unrichtigen Urkunden (vgl US 3 vierter Absatz) richtigerweise unter § 147 Abs 1 Z 1 fünfter Fall StGB statt wie vorliegend unter Z 1 erster Fall leg cit zu subsumieren ist (vgl RIS-Justiz RS0103663; Kirchbacher/Sadoghi in WK² StGB § 147 Rz 36). Diese – ungerügt gebliebene – insoweit verfehlte Subsumtion (Z 10) gereicht dem Angeklagten jedoch nicht zum Nachteil und bietet daher keinen Anlass für ein amtswegiges Vorgehen iSd § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO.
[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
[10] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E133012European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2021:0150OS00082.21D.1020.000Im RIS seit
08.11.2021Zuletzt aktualisiert am
08.11.2021