TE Lvwg Erkenntnis 2021/10/6 LVwG-2021/47/2030-3

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Veröffentlicht am 06.10.2021
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Entscheidungsdatum

06.10.2021

Index

41/02 Melderecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

MeldeG 1991 §3 Abs1
MeldeG 1991 §22 Abs1
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Keplinger über die Beschwerde des AA, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 02.07.2021, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Meldegesetz (MeldeG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gem § 45 Abs 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem verfahrensgegenständlichen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe vom 06.08.2019 bis 16.01.2019 in **** X, Adresse 2, gegen das Meldegesetz verstoßen. Er habe zumindest seit 06.08.2019 in **** X, Adresse 2, mit Nebenwohnsitz Unterkunft genommen und es zumindest bis zum 16.10.2019 unterlassen, sich beim Meldeamt der Gemeinde X polizeilich anzumelden, obwohl, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, sich innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden hat. Er habe dadurch gegen § 22 Abs 1 Z 1 iVm § 3 Abs 1 Meldegesetz verstoßen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von Euro 50,00 (23 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Dagegen richtete sich die rechtzeitige Beschwerde vom 17.07.2021 in welcher auf das Wesentlichste zusammengefasst vorgebracht wurde, dass seit 46 Jahren in Neustift an der Adresse Adresse 2 die Familie des Beschwerdeführers wohne. Seine Mutter sei mit 86 Jahren sehr gebrechlich und bedürfe einer Unterstützung. Aufgrund einer Grippe der Mutter habe sich der Beschwerdeführer Anfang August 2019 bereit erklärt drei Nächte bei dieser zu verweilen, um auf sie zu schauen. Er habe als ältester Sohn die Verantwortung und die Obsorge für die Mutter übernommen. Die Mutter werde von ihm mindestens zwei Mal täglich besucht. Unterkunft im Sinne des Nebenwohnsitzes habe er dort nicht genommen.

Beweis wurde aufgenommen durch die Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, die Einsichtnahme in die Bestätigung der BB vom 18.03. (Beilage** zu OZ **), die Einsichtnahme in eine Vollmacht der BB vom 23.01.1996 (Beilage** zu OZ **), die Einsichtnahme in einen ZMR-Auszug des Beschwerdeführers vom 20.09.2021 (Beilage** zu OZ **), die Einsichtnahme in einen ZMR-Auszug der BB vom 18.08.2021 (Beilage** zu OZ **), die Einsichtnahme in einen ZMR-Auszug der CC vom 18.08.2021 (Beilage** zu OZ **) und die Einsichtnahme in einen Verwaltungsstrafregisterauszug des Beschwerdeführers (Beilage** zu OZ **), die Einvernahme des Zeugen KI DD, der Zeugin CC und des Beschwerdeführers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.09.2021 (OZ 2).

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist seit 19.02.2014 aufrecht mit Hauptwohnsitz an der Anschrift Adresse 3, **** X, mit Hauptwohnsitz gemeldet. Bei dieser Meldeadresse handelt es sich um das Wohnhaus seiner Schwester.

An der Anschrift seiner Schwester, wo der Beschwerdeführer seit 19.12.2014 seinen Hauptwohnsitz angemeldet hat, verfügt der Beschwerdeführer über kein eigenes Zimmer und er hat dort auch nie genächtigt. Der Beschwerdeführer hat eine Lebensgefährtin und er hat an deren Wohnadresse in **** Z seit 27.08.2021 seinen Nebenwohnsitz angemeldet.

An der Anschrift Adresse 2, **** X, war im Zeitraum vom 01.01.2000 bis 10.08.2021 mit Hauptwohnsitz die BB gemeldet. Dabei handelt es sich um die Mutter des Beschwerdeführers, welche seit 10.08.2021 in einem Wohn- und Pflegeheim mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Die Mutter des Beschwerdeführers ist 86 Jahre alt und war in letzter Zeit sehr oft krank. Der Beschwerdeführer kümmerte sich in den letzten Jahren um seine Mutter und versorgte diese. Er hielt sich mehrmals täglich an der Anschrift Adresse 2 in X auf, da er die Mutter mit Frühstück und Mittagessen versorgte. Die Wohnung, welche von der der Mutter zuletzt bewohnt wurde, ist 64 m² groß und verfügt über eine Küche, ein Schlafzimmer, eine Stube und ein WC/Bad.

Ob und wie oft der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Betreuung bei seiner Mutter genächtigt hat, kann nicht festgestellt werden. Es kann daher auch nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 06.08.2019 bis 16.10.2019 an der Anschrift **** X, Adresse 2, mit Nebenwohnsitz Unterkunft genommen hat.

III.     Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den angemeldeten Wohnsitzen des Beschwerdeführers, seiner Mutter und seiner Schwester ergeben sich aus den eingeholten ZMR-Auszügen.

Sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Schwester gaben unabhängig voneinander an, dass sich in den letzten Jahren der Beschwerdeführer um die Mutter gekümmert hat und diese auch aufgrund ihres Alters und ihres Gesundheitszustandes einer Betreuung bedurfte. Die Angaben des Beschwerdeführers und seiner als Zeugin einvernommenen Schwester, dass sich der Beschwerdeführer mehrmals täglich bei seiner Mutter aufhielt und diese versorgte, stimmten überein und waren glaubwürdig und nachvollziehbar.

Die Feststellungen zur Wohnung der Mutter des Beschwerdeführers ergeben sich aus den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und der Schwester.

Die Schwester des Beschwerdeführers konnte nicht bestätigen, ob ihr Bruder bei seiner Mutter genächtigt hat. Auch der als Zeuge einvernommene Beamte der PI Schönberg, welcher die verfahrensgegenständliche Anzeige verfasste, machte keine persönlichen Wahrnehmungen dazu, dass der Beschwerdeführer an der Adresse Adresse 2 genächtigt hat oder ob er öfter dort war.

Die Aussagen der Schwester, dass ihr Bruder bei ihr bloß gemeldet war und dort nie genächtigt hat, waren glaubwürdig, da auch der Beschwerdeführer selbst ausführte, beinahe jede Nacht bei seiner Lebensgefährtin zu verbringen.

IV.      Rechtslage:

Die wesentlichen Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG 1991), BGBl Nr 9/1992 idF BGBl I Nr 54/2021, lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1

„Begriffsbestimmungen

(1) Unterkünfte sind Räume, die zum Wohnen oder Schlafen benutzt werden.

(2) Unterkunftgeber ist, wer jemandem, aus welchem Grunde immer, Unterkunft gewährt.

(3) Beherbergungsbetriebe sind Unterkunftsstätten, die unter der Leitung oder Aufsicht des Unterkunftgebers oder eines von diesem Beauftragten stehen und zur entgeltlichen oder unentgeltlichen Unterbringung von Gästen zu vorübergehendem Aufenthalt bestimmt sind. Beaufsichtigte Camping- oder Wohnwagenplätze sowie Schutzhütten gelten als Beherbergungsbetriebe.

(4) Wohnungen sind Unterkünfte, soweit es sich nicht um Beherbergungsbetriebe handelt. Fahrzeuge und Zelte gelten dann als Wohnung, wenn sie im Gebiet derselben Gemeinde länger als drei Tage als Unterkunft dienen.

(5) Meldedaten sind sämtliche auf dem Meldezettel (§ 9), im Gästeverzeichnis (§ 10) oder auf der Hauptwohnsitzbestätigung (§ 19a) festgehaltenen personenbezogenen Daten, die Melderegisterzahl (ZMR-Zahl) sowie im Falle einer An- oder Ummeldung gemäß § 3 Abs. 1a auch die Anschrift des Unterkunftgebers, nicht jedoch die Unterschriften.

(5a) Identitätsdaten sind die Namen, das Geschlecht, die Geburtsdaten (Ort, Datum, Bundesland, wenn im Inland gelegen, und Staat, wenn im Ausland gelegen), die Melderegisterzahl (ZMR-Zahl) und die Staatsangehörigkeit, bei Fremden überdies Art, Nummer, Ausstellungsbehörde und Ausstellungsdatum sowie der Staat der Ausstellung ihres Reisedokumentes.

(6) Ein Wohnsitz eines Menschen ist an einer Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben.

(7) Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

(8) Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen sind insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

(9) Obdachlos ist, wer nirgends Unterkunft genommen hat.“

§ 3

„Unterkunft in Wohnungen; An- oder Ummeldung

(1) Wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, ist innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden.

(1a) Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen, dass Anmeldungen oder Ummeldungen (§ 11 Abs. 2 letzter Satz) auch unter Verwendung der Funktion Bürgerkarte im Datenfernverkehr im Wege des ZMR durchgeführt werden können, wenn der Meldepflichtige über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügt, seine Identitätsdaten aufgrund früherer Anmeldungen im ZMR gespeichert sind und die Wohnung in Bezug auf die Daten gemäß Abschnitt A Z 1 bis 7 und Z 9 sowie Abschnitt B Z 1 bis 3 und Z 7 der Anlage zum Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister (GWR-Gesetz), BGBl. I Nr. 9/2004, erfasst ist. Darüber hinaus hat der Bundesminister für Inneres die nähere Ausgestaltung der technischen Vorgänge und Voraussetzungen bei Vornahme der An- oder Ummeldung unter Inanspruchnahme der Bürgerkartenfunktion sowie den Zeitpunkt, ab dem diese Anmeldung vorgenommen werden kann, durch Verordnung festzulegen.

(1b) Im Falle der An- oder Ummeldung gemäß Abs. 1a von Minderjährigen durch einen Elternteil darf der Bundesminister für Inneres für die jeweilige Meldebehörde mithilfe des Zentralen Personenstandsregisters (ZPR - § 44 Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013, BGBl. I Nr. 16/2013) prüfen, ob der Meldepflichtige als Elternteil des Minderjährigen eingetragen ist. Ist dies nicht der Fall, ist der Meldepflichtige für die Durchführung der Meldung an die Meldebehörde zu verweisen. Die Vornahme der An- oder Ummeldung von Minderjährigen durch einen Elternteil ist zulässig, sofern diese gemeinsam Unterkunft nehmen.

(2) Für jeden anzumeldenden Menschen ist der Meldezettel entsprechend vollständig auszufüllen. Befindet sich die Wohnung in einem Gebäude, das im Gebäude- und Wohnungsregister (GWR) mit mehreren Adressen aufscheint, hat der Unterkunftnehmer eine dieser Adressen auszuwählen. Im Falle einer An- oder Ummeldung gemäß Abs. 1a sind der Behörde die dem Meldezettel entsprechenden Daten zu übermitteln, wobei abweichend von der Anlage A zum Unterkunftgeber Namen und Anschrift anzugeben sind.

(3) Für die Anmeldung bei der Meldebehörde sind der entsprechend ausgefüllte Meldezettel und öffentliche Urkunden erforderlich, aus denen die Identitätsdaten (§ 1 Abs. 5a) des Unterkunftnehmers – ausgenommen die Melderegisterzahl – hervorgehen; dieser ist verpflichtet, an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken. Erfolgt die Anmeldung mit Hauptwohnsitz und ist der zu Meldende bereits im Bundesgebiet mit Hauptwohnsitz angemeldet, so ist die Abmeldung oder Ummeldung (§ 11 Abs. 2) für diese Unterkunft gleichzeitig bei der nunmehr für den Hauptwohnsitz zuständigen Meldebehörde vorzunehmen. Im Falle einer Meldung gemäß Abs. 1a tritt anstelle der Urkundenvorlage sowie der Bestätigung des Meldepflichtigen der sachlichen Richtigkeit der Meldedaten die eindeutige Identifikation und die elektronische Signatur unter Verwendung der Funktion Bürgerkarte (§§ 4 ff des E-Government-Gesetzes - E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004).

(4) Die Meldebehörde hat die Anmeldung und gegebenenfalls die Um- oder Abmeldung schriftlich zu bestätigen. Dies hat durch Anbringung des Meldevermerkes auf einer Ausfertigung zu erfolgen, auf der die aufrechten Anmeldungen aus dem Gesamtdatensatz ausgewiesen sind, oder – auf Verlangen des Meldepflichtigen – auf einer Ausfertigung der zuletzt geänderten Meldedaten. Erfolgt im Zuge einer Anmeldung eine Ummeldung bei einer gemäß Abs. 3 zuständigen Meldebehörde, so erfolgt die Berichtigung des Zentralen Melderegisters durch diese; der betroffenen Meldebehörde (Abs. 1) ist im Wege des Zentralen Melderegisters die Möglichkeit zu bieten, sich darüber in Kenntnis zu setzen. Im Falle einer An- oder Ummeldung gemäß Abs. 1a tritt an die Stelle des Meldevermerks die Amtssignatur des Betreibers.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 16/2013)“

§ 22

„Strafbestimmungen

(1) Wer

         1.       die ihn treffende Meldepflicht nach den §§ 3, 4, 5 oder 6 nicht erfüllt oder

         2.       eine Anmeldung vornimmt, obwohl keine Unterkunftnahme erfolgt ist oder

         3.       eine Abmeldung vornimmt, obwohl die Unterkunft nicht aufgegeben werden soll oder

4.       bei einer An-, Ab- oder Ummeldung unrichtige Identitätsdaten (§ 1 Abs. 5) angibt oder

5.       als Inhaber eines Beherbergungsbetriebes oder als dessen Beauftragter das Gästeverzeichnis unvollständig befüllt oder sonst gegen die Vorschriften des § 10 verstößt oder

         6.       als Meldepflichtiger gegen seine Verpflichtung nach § 12 Abs. 1 verstößt oder

         7.       als Unterkunftgeber gegen seine Verpflichtung nach § 12 Abs. 2 verstößt oder

         8.       gegen § 16a Abs. 5a verstößt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro, zu bestrafen. In Fällen der Z 8 kann neben der Verhängung einer Geldstrafe auch über den Entzug der Abfrageberechtigung gemäß § 16a Abs. 5 für die Dauer von höchstens sechs Monaten erkannt werden, wenn dies erforderlich erscheint, um den Betroffenen von weiteren gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

…“

Die wesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG 1991), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten auszugsweise wie folgt:

§ 45

„(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.       die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.       der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

         3.       Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

         4.       die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

         5.       die Strafverfolgung nicht möglich ist;

         6.       die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

…“

V.       Erwägungen:

Wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, ist innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde gem § 3 Abs 1 Meldegesetz anzumelden. Gem § 22 Abs 1 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die ihm treffende Meldepflicht nach § 3 nicht erfüllt (Z 1).

Es konnte nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens nicht nachgewiesen werden, ob der Beschwerdeführer vom 06.08.2019 bis 16.10.2019 an der Anschrift **** X, Adresse 2, mit Nebenwohnsitz Unterkunft genommen hat.

Der Grundsatz „in dubio pro reo“ ist eine Regel für jene Fälle, des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise, in dem das entscheidende Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte. Nur wenn nach Durchführung aller Beweise – wie es im gegenständlichem Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol erfolgt ist – trotz eingehender Würdigung der Beweise damit Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten bleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

Zumal nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer mit Nebenwohnsitz Unterkunft genommen hat, konnte die ihm zur Last gelegte Tat, nämlich die Nichterfüllung der Meldepflicht gem § 22 Abs 1 Z 1 MeldeG, nicht erwiesen werden.

Das beschwerdegegenständliche Straferkenntnis war sohin gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG 1991 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Keplinger

(Richterin)

Schlagworte

Nebenwohnsitz;
Unterkunftnahme;
Meldepflicht;
in dubio pro reo

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.47.2030.3

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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