TE Vwgh Beschluss 1996/12/17 96/05/0271

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Veröffentlicht am 17.12.1996
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Index

L10011 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Burgenland;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art119a Abs9;
B-VG Art132;
GdO Bgld 1965 §77 Abs1;
GdO Bgld 1965 §77 Abs5;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Marktgemeinde D, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in O, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 23. September 1996, Zl. 02/04-4/11, betreffend eine Bauangelegenheit, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Gegen den Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 26. September 1995, mit welchem das Grundstück der N. Sch. zum Bauplatz erklärt wurde, erhoben A. und G. H. Berufung. Diese Berufung war am 12. Jänner 1996 Gegenstand der Beschlußfassung des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde. Vom 16. Jänner 1996 stammt der abweisliche Berufungsbescheid des Gemeinderates, dessen Bescheidqualität strittig ist.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen die "Erledigung" vom 16. Jänner 1996 gerichtete Vorstellung des A. und der G. H. gemäß § 77 Abs. 1 in Verbindung mit § 76 Abs. 1 der Burgenländischen Gemeindeordnung als unzulässig zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß der Beschluß des Gemeinderates vom 12. Jänner 1996 nicht geeignet sei, als Grundlage für die Erlassung eines Bescheides zu dienen. Ein Beschluß des Gemeinderates müsse die genaue Bezeichnung der zu entscheidenden Angelegenheit, den Spruch und die wesentlichen Elemente der Begründung enthalten. Diesen Anforderungen werde der Beschluß vom 12. Jänner 1996 nicht gerecht. Überdies sei die Ausfertigung des Berufungsbescheides mangelhaft; sie enthalte die Fertigungsklausel "für den Gemeinderat der Vizebürgermeister" sowie Rundsiegel und eine Unterschrift, allerdings fehle die leserliche Beifügung des Namens dessen, der die Erledigung genehmigt habe. Auch wenn die Vermutung naheliege, daß die Erledigung von Vizebürgermeister St.G. unterzeichnet wurde, ändere dies nichts an dem Umstand, daß die Erledigung an einem wesenlichen Formmangel leide, der ihr die Qualität als Bescheid nehme. Es sei somit kein Berufungsbescheid des Gemeinderates rechtswirksam erlassen worden, sodaß sich das Verfahren nach wie vor im Berufungsstadium befinde.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Gemeinde Deutschkreutz in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Erledigung der Vorstellung in sachlicher Hinsicht entsprechend den Bestimmungen der Verfahrensgesetze, insbesondere des AVG und der Burgenländischen Gemeindeordnung, und auf materielle Richtigkeit der entsprechenden Entscheidung, sowie auf Einhaltung der baurechtlichen Bestimmungen verletzt. Es wird Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, daß der genannte Bescheid sehr wohl eine leserliche Unterschrift des den Bescheid genehmigenden und ausfertigenden Vizebürgermeisters enthalte. Außerdem wehrt sich die Beschwerdeführerin gegen die im angefochtenen Bescheid enthaltenen "zweckdienlichen Ausführungen" zu den Sachfragen.

Die Beschwerde erweist sich aus nachstehenden Erwägungen als unzulässig:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem jüngst ergangenen Beschluß vom 19. November 1996, Zl. 96/05/0152, ausgeführt hat, kommt weder einem abweisenden noch einem zurückweisenden Vorstellungsbescheid in seiner Begründung bindende Wirkung für das weitere Verfahren zu. Gemäß § 77 Abs. 5 der hier anzuwendenden Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965, ist die Gemeinde nur bei der neuerlichen - nach Aufhebung gemäß Abs. 5 leg. cit. zu erlassenden - Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden. Im Hinblick auf die klare Spruchfassung im angefochtenen Bescheid ("als unzulässig zurückgewiesen") ist der Begründung keine "bindende Wirkung" beizumessen (siehe die im genannten Beschluß vom 19. November 1996 angegebenen Nachweise). Daher konnte die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid, unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit bzw. Rechtsrichtigkeit, in den im Beschwerdepunkt umschriebenen subjektiven Rechten nicht verletzt sein.

Allein die Vorstellungswerber hätten ihren Anspruch auf sachliche Erledigung durch Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wahren können. Die Vorstellungswerber haben im Sinne des § 77 Abs. 1 der Burgenländischen Gemeindeordnung die Verletzung IHRER Rechte geltend gemacht; DEREN Rechtsmittel wurde zurückgewiesen. Ein unmittelbarer Eingriff in von der Gemeinde gemäß Art. 119a Abs. 9 B-VG zu wahrende Rechte (das Beschwerderecht nach dieser Bestimmung ist ein Beschwerderecht wegen Verletzung subjektiver Rechte; siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1978, Slg. Nr. 5283/F) konnte hiemit nicht eintreten.

Die Frage, ob die Vorstellungsbehörde zu Recht aus den herangezogenen Gründen die Vorstellung zurückgewiesen hat, läßt sich, da die Vorstellungswerber die Entscheidung unbekämpft ließen, nur dadurch lösen, daß die Vorstellungswerber, ausgehend von der Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde, Säumnis des Gemeinderates geltend machen. Erst bei Prüfung der Zulässigkeit einer an ihn gerichteten Säumnisbeschwerde ist der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber befugt, ob der belangte Gemeinderat seiner Entscheidungspflicht (durch Erlassung eines formell gültigen Bescheides) nachgekommen ist oder nicht.

Die gegen den Zurückweisungsbescheid der Vorstellungsbehörde gerichtete Beschwerde der Gemeinde war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Allgemein Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde Ersatzbescheid Einwendung der entschiedenen Sache Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Verhältnis zu anderen Materien und Normen Gemeinderecht Vorstellung Verhältnis zu anderen Materien und Normen VwGG (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996050271.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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