TE Bvwg Beschluss 2021/10/11 W200 2178892-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.10.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.10.2021

Norm

BEinstG §14
BEinstG §2
BEinstG §3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


W200 2178892-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Mag. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (SMS) vom 27.04.2021, Zl. 43108656400059 beschlossen:

A)       In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, zurückverwiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Vorverfahren:

Mit Bescheid vom 23.09.2013 wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin dem Kreis der begünstigten Personen angehört (GdB 60%). Im Zuge eines amtswegig eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wurde nach erfolgter ärztlicher Begutachtung der Grad der Behinderung ab 01.06.2017 mit 50% festgesetzt.

Ursächlich dafür war ein psychiatrisches Gutachten vom 01.10.2018, das sich wie folgt gestaltete:

„Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Depression

Oberer Rahmensatz, da trotz medikamentöser Therapie nicht stabil und mäßige soziale Beeinträchtigung

03.06.01

40

2

Polyneuropathie der oberen und unteren Extremitäten nach Radiatio 2 Stufen über unterem Rahmensatz, da dadurch Griff- und Gehunsicherheit gegeben.

04.06.01

30

3

Zustand nach Tumorektomie rechte Brust bei bösartiger Neubildung 8/2012

Unterer Rahmensatz, da nach Ablauf der Heilungsbewährung kein Rezidiv nachweisbar ist.

13.01.02

20

         Gesamtgrad der Behinderung  50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 um 1 Stufe erhöht, da wechselseitig ungünstige Leidensbeeinflussung vorliegt. Leiden 3 erhöht nicht weiter, da keine wesentliche wechselseitige funktionelle Relevanz vorliegt.“

Aufgrund einer möglichen Besserung und Stabilisierung wurde von der befassten Gutachterin eine Nachuntersuchung 09/2020 vorgeschlagen.

Gegenständliches Verfahren:

Die belangte Behörde holte im amtswegig eingeleiteten Verfahren ein Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie ein. Das Gutachten vom 25.03.2021 gestaltete sich wie folgt:

„Derzeitige Beschwerden: Schmerzen re Brust und Armbereich ,

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Mirtel30mg, Ixel 25mg 2-1-0, Frovalan b. Bed.Novalgin, Ibiprufen , Mexalen b Bed.

Sozialanamnese: lebt alleine, Altersteilzeit, kein Pflegegeld, keine Erwachsenenvertretung

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

30.12.20 Dr. XXXX (Allgemeinmedizin): Diagnose:

Schwere Depressio

N. mam, dext, Rez. Lymphödem re. Arm

Parästhesie re. Oberarm und Finger mit Schmerzen im re. gesamten Arm

Untersuchungsbefund:

Klinischer Status – Fachstatus:
Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt.

An den oberen Extremitäten bestehen rechtsseitig keine Paresen, linksseitig bestehen keine Paresen. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar. Die Koordination ist intakt. An den unteren Extremitäten bestehen rechtsseitig keine Paresen, linksseitig bestehen keine Paresen, Fersen/ Zehenspitzen/ Einbeinstand bds. möglich, die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar. Die Koordination ist intakt. Die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ. Die Sensibilität wird in den OE und UE distal als gestört angegeben, sowie im Axillarbereich re in den re Arm ausstrahlend) Das Gangbild ist ohne Hilfsmittel unauffällig

Status Psychicus:

Zeitlich, örtlich zur Person ausreichend orientiert, Auffassung regelrecht, Antrieb vermindert, subjektiv kognitive Einschränkungen, Stimmung dysthym, in beiden Skalenbereichen affizierbar Ein- und Durchschlafstörung, nicht produktiv, nicht suizidal eingeengt

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Depressio

2 Stufen über unterem Rahmensatz, da unter Therapie, die seit VGA unverändert ist, noch Symptome bestehen, integriert.

03.06.01

30

2

Polyneuropathie der oberen und unteren Extremitäten nach Radiatio 2 Stufen über unterem Rahmensatz, da dadurch Griff- und Gehunsicherheit gegeben.

04.06.01

30

3

Zustand nach Tumorektomie rechte Brust bei bösartiger Neubildung 8/2012

Unterer Rahmensatz, da nach Ablauf der Heilungsbewährung kein Rezidiv nachweisbar ist.

13.01.02

20


Gesamtgrad der Behinderung          40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 um 1 Stufe erhöht, da wechselseitig ungünstige Leidensbeeinflussung vorliegt. Leiden 3 erhöht nicht weiter, da keine wesentliche wechselseitige funktionelle Relevanz vorliegt.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Im Vergleich zum VGA Herabsetzung der Position1, da weiter unveränderte med. Therapie und Psychotherapie alle 2 Wochen bei sozialer Integration.

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten: Besserung der Pos. 1“

Aufgrund von Einwendungen im gewährten Parteiengehör, dass das Leiden1 zu niedrig eingeschätzt worden sei, erging folgende Stellungnahme des befassten Gutachters:

„Kundeneinwendung, dass die Position 1 zu niedrig eingeschätzt wurde, weil sie trotz erhöhte Medikation unter einer schweren Depression leide.

Die kann von meiner Seite nicht objektiviert werden, da seit 2018 weiterhin eine antidepressive Medikation mit Mirtel und Ixel besteht ohne Ausschöpfung der Höchstdosis und keine stationär psychiatrischen Aufenthalte stattfanden. Daher keine Änderung der Einschätzung.“

Mit Bescheid vom 27.04.2021 stellte das Sozialministeriumservice fest, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung vom 40% die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nicht mehr erfülle und sie mit Ablauf des auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monats nicht mehr zum Kreis der begünstigten Behinderten gehöre.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde wiederholt, dass bei der Beschwerdeführerin keine Besserung hinsichtlich Leiden 1 eingetreten sei und sie weiterhin als Folge ihrer Krebserkrankung sowie der Auswirkungen der Antihormontherapie an einer schweren Depression trotz regelmäßiger Psychotherapie und bereits erhöhter Medikation leide. Die Bewältigung des Alltagslebens und die Arbeitsfähigkeit selbst im Rahmen der notwendig gewordenen Reduzierung der Arbeitszeit sei nur schwer aufrecht zu erhalten. Die Beschwerdeführerin leide an starken Ängsten und sozialem Rückzug.

Das SMS holte zwei Aktengutachten des befassten Facharztes – einerseits vom 15.06.2021 und andererseits vom 23.08.2021 ein – wobei sich das Gutachten vom 23.08.2021 wie folgt gestaltete:

„Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Depressio

2 Stufen über unterem Rahmensatz, da unter Therapie, die seit VGA unverändert ist noch Symptome bestehen, integriert.

03.06.01

30

2

Polyneuropathie der oberen und unteren Extremitäten nach Radiatio 2 Stufen über unterem Rahmensatz, da dadurch Griff- und Gehunsicherheit gegeben.

04.06.01

30

3

Zustand nach Tumorektomie rechte Brust bei bösartiger Neubildung 8/2012

13.01.02

20

4

Migräne

Unterer Rahmensatz, da derzeit Intervalltherapie

04.11.01

10


Gesamtgrad der Behinderung          40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 um 1 Stufe erhöht, da wechselseitig ungünstige Leidensbeeinflussung vorliegt. Leiden 3 erhöht nicht weiter, da keine wesentliche wechselseitige funktionelle Relevanz vorliegt, Leiden 4 erhöht wegen Geringfügigkeit nicht.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Keine Änderung des Gesamt GdB, die antidepressive Therapie ist unverändert, bezüglich der PNP (NLG weitgehend unauff.) sind keine weiteren Maßnahmen geplant, die Migräne wurde neu eingestuft, bei einer Intervalltherapie.“

Am 01.09.2021 legte das SMS den gegenständlichen Akt aufgrund Fristablaufes dem BVwG vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 durch den Senat.

Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, sofern die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt hervorgehoben (vgl etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 2014, Ra 2014/08/0005), dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung (§ 24 VwGVG) zu vervollständigen sind.

Der Umstand, dass gegebenenfalls (punktuelle) ergänzende Einvernahmen durchzuführen wären, rechtfertigt nicht die Zurückverweisung; vielmehr wären diese Einvernahmen, sollten sie wirklich erforderlich sein, vom Verwaltungsgericht - zweckmäßigerweise im Rahmen einer mündlichen Verhandlung - durchzuführen. (Ra 2015/08/0178 vom 27.01.2016)

In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs 3 zweiter Satz leg cit vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN). (Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016)

Wie dem Verfahrensgang zu entnehmen ist, hat die Gutachterin im Vorverfahren das Leiden 1 mit 40% und der Gutachter im gegenständlichen Verfahren mit 30% eingestuft.

Obwohl das SMS wiederholt den Akt dem Gutachter zur weiteren Erstellung von Gutachten und Stellungnahmen vorgelegt hat, hat es zu keinem Zeitpunkt die für den relevanten Fall alleine entscheidende Frage gestellt, worin nämlich der Gutachter die Besserung des Leidens 1 verglichen zum Vergleichsgutachten erkennt. Vom Gutachter selbst wurde lapidar ausgeführt, dass im Vergleich zum Vorgutachten die Herabsetzung der Position1 erfolgt, „da weiter unveränderte med. Therapie und Psychotherapie alle 2 Wochen bei sozialer Integration“. Eine Beschreibung der Verbesserung hat der Gutachter jedoch in sämtlichen Gutachten und Stellungnahmen unterlassen.

Der VwGH hat in einem gleichgelagerten Fall wie folgt entschieden:

Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer bei seiner Antragstellung von einer Sachverhaltsänderung, nämlich einer Verschlechterung seines Leidenszustandes, ausgegangen. Die belangte Behörde hat demgegenüber auf Grund der von ihr eingeholten Gutachten die Auffassung vertreten, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers nur mit 40 v.H. festzusetzen wäre, und auf Grund dieser Beurteilung ausgesprochen, dass der Grad der Behinderung mit 40 v.H. festgesetzt werde und der Beschwerdeführer nicht mehr dem Kreis der begünstigten Behinderten angehöre. Diese Aussprüche wären nach dem zuvor Gesagten nur dann rechtmäßig, wenn seit dem rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Oktober 1999, in dem der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers mit 60 v.H. festgesetzt wurde, eine wesentliche Besserung des Leidenszustandes des Beschwerdeführers eingetreten wäre. Eine im Bescheid vom 27. Oktober 1999 allenfalls unterlaufene Fehleinschätzung des Grades der Behinderung kann ohne entsprechende Sachverhaltsänderung (d.h. Besserung des Leidenszustandes) nur unter den Voraussetzungen für die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 und 3 AVG, nicht aber im Wege der Neufestsetzung des Grades der Behinderung korrigiert werden. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hätte daher nicht nur Feststellungen betreffend Art und Ausmaß der aktuell gegebenen Behinderung, sondern auch betreffend die Veränderungen (Verbesserungen) gegenüber dem Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde vom 27. Oktober 1999 erfordert (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zl. 93/09/0363). Derartige Sachverhaltsfeststellungen enthält der angefochtene Bescheid nicht. Da der Sachverhalt somit in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf und die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0313)

Im weiteren Verfahren wird das SMS ein fachärztliches psychiatrisches Gutachten einer/eines bisher mit der Angelegenheit nicht befassten Fachärztin/Facharztes basierend auf einer Untersuchung und auf sämtlichen vorgelegten Unterlagen einzuholen haben, in dem

1.       der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin betreffend sämtlicher vorliegender Leiden beurteilt wird und

2.       insbesondere im Falle einer tatsächlichen Besserung des Leidens 1 seit Einholung des Vorgutachtens diese Besserung schlüssig und nachvollziehbar zu beschreiben sein wird.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht „im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden“ wäre, ist – angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes – nicht ersichtlich.

Von den vollständigen Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird die Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.

Anschließend wird sich die belangte Behörde unter Berücksichtigung der oben dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine faktenbasierte Entscheidung zu treffen haben.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückzuverweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

In den rechtlichen Ausführungen zu Punkt A) wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass im Verfahren vor der belangten Behörde gravierende Ermittlungslücken bestehen sowie die Judikatur zu den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten dargestellt. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG wurde auf die aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) Bezug genommen.

Schlagworte

Ermittlungspflicht Grad der Behinderung Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W200.2178892.2.00

Im RIS seit

04.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten