TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/12 W141 2244030-1

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Veröffentlicht am 12.10.2021
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Entscheidungsdatum

12.10.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
VOG §1 Abs1
VOG §8 Abs1

Spruch


W141 2244030-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Höllerer als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch NIEDERMAYR, Rechtsanwälte GmbH, Rechtsanwälte in Steyr, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Oberösterreich vom 10.05.2021, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Gewährung von Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz in Form von Pauschalentschädigung für Schmerzengeld gemäß
§ 1 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Verbrechensopfergesetz (VOG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:
1.         Der Beschwerdeführer hat am 04.02.2021 beim Sozialministeriumservice (in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Hilfeleistungen in Form der Pauschalentschädigung für Schmerzengeld gestellt und ausgeführt, er sei am 27.03.2020 in XXXX Opfer einer Straftat geworden. Der Beschwerdeführer habe einen flüchtenden Straftäter aufhalten und den bereits eingeschrittenen Polizisten bei dessen Anhaltung zu Hilfe kommen wollen. Dabei sei der Beschwerdeführer von diesem niedergestoßen worden und habe einen komplexen Bruch im Bereich der rechten Mittelhand mit erheblichem medizinischem Betreuungsaufwand als Konsequenz und bestehenden Dauerfolgen davongetragen. Der Beschwerdeführer habe zwar rechtskräftige Titel gegen den Täter in Höhe von € 3.890,00 und € 3.000,00, der Täter sei jedoch nicht auffindbar und daher seien die Forderungen nicht einbringlich.

Aufgrund des Vorliegens einer schweren Körperverletzung mit Dauerfolgen von mehr als drei Monaten beantrage der Beschwerdeführer eine pauschale Entschädigung in Höhe von
€ 4.000,00.
2.         Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.05.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 04.02.2021 auf Gewährung von Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz in Form von Pauschalentschädigung für Schmerzengeld gemäß
§ 1 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Z 2 VOG abgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer sich dadurch, dass er sich einer vor der Polizei flüchtenden Person in den Weg gestellt habe, sich grob fahrlässig der Gefahr ausgesetzt habe, am Körper verletzt zu werden. Der Beschwerdeführer habe damit rechnen müssen, dass sich der Flüchtige nicht ohne Gegenwehr vom Beschwerdeführer aufhalten lassen würde. Der Ausschlussgrund des
§ 8 Abs. 1 Z 2 VOG liege daher vor.
3. Dagegen erhob der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers am 25.06.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Sinne des § 80 Abs. 2 StPO vom privaten Festnahmerecht Gebrauch gemacht und somit Zivilcourage gezeigt. Der Beschwerdeführer habe damit nicht rechnen können, dass er verletzt werden könnte. Eine grobe Fahrlässigkeit liege nicht vor.
4. Am 02.07.2021 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger und wurde am XXXX geboren.

Der Beschwerdeführer war am 27.03.2020 mit seinem PKW in XXXX unterwegs und sah, dass die Polizei gerade eine flüchtende männliche Person verfolgte. Der Beschwerdeführer versuchte dem Flüchtenden den Fluchtweg mit seinem PKW zu verstellen, doch konnte er dadurch dessen Flucht nicht beenden.

Daraufhin verließ der Beschwerdeführer seinen PKW und versuchte die vor der Polizei flüchtende Person persönlich zu stoppen, doch wurde der Beschwerdeführer von diesem mit einem heftigen Stoß zu Fall gebracht und gelang der Person erneut die Flucht.

Die Polizei konnte in weiterer Folge die männliche Person festnehmen.

Der Beschwerdeführer erlitt durch den Stoß und dem darauffolgenden Aufprall am Boden eine Fraktur des Mittelhandknochens, welche mittels Gips und Schmerzmittelgabe bei Bedarf behandelt wurde.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 22.05.2020 wurde der Täter wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB verurteilt.

Der Antrag auf Gewährung von Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz in Form von Pauschalentschädigung für Schmerzengeld ist am 04.02.2021 bei der belangten Behörde eingelangt.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur österreichischen Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers sowie zu seinem Geburtsdatum gründen sich auf den Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Tathergang gründen sich auf die gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichtes XXXX vom 22.05.2020, Zl. XXXX , und auf die Vernehmungsprotokolle der ermittelnden Polizei sowie auf das Vorbringen des Beschwerdeführers im verwaltungsbehördlichen Verfahren.

Die Feststellungen zu den erlittenen Verletzungen basieren auf den im Verwaltungsakt einliegenden medizinischen Unterlagen.

Der Antrag auf Gewährung von Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz in Form von Pauschalentschädigung für Schmerzengeld weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde den 04.02.2021 auf.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 9d Abs. 1 VOG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des VOG durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Es liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)
1.         Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 1 VOG haben Anspruch auf Hilfe österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie

1.       durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben oder

2.       durch eine an einer anderen Person begangene Handlung im Sinne der Z 1 nach Maßgabe der bürgerlich-rechtlichen Kriterien einen Schock mit psychischer Beeinträchtigung von Krankheitswert erlitten haben oder

3.       als Unbeteiligte im Zusammenhang mit einer Handlung im Sinne der Z 1 eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, soweit nicht hieraus Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, bestehen,

und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Wird die österreichische Staatsbürgerschaft erst nach der Handlung im Sinne der Z 1 erworben, gebührt die Hilfe nur, sofern diese Handlung im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug (Abs. 6 Z 1) begangen wurde.

Gemäß § 1 Abs. 2 VOG ist Hilfe auch dann zu leisten, wenn

1. die mit Strafe bedrohte Handlung im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit begangen worden ist oder der Täter in entschuldigendem Notstand gehandelt hat,

2. die strafgerichtliche Verfolgung des Täters wegen seines Todes, wegen Verjährung oder aus einem anderen Grund unzulässig ist oder

3. der Täter nicht bekannt ist oder wegen seiner Abwesenheit nicht verfolgt werden kann.

Als Hilfeleistungen sind gemäß § 2 VOG vorgesehen:

1.       Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentganges;

2.       Heilfürsorge

a)       ärztliche Hilfe,

b)       Heilmittel,

c)       Heilbehelfe,

d)       Anstaltspflege,

e)       Zahnbehandlung,

f)       Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit (§ 155 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955);

2a.      Kostenübernahme bei Krisenintervention durch klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen sowie Psychotherapeuten

3.       orthopädische Versorgung

a)       Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, deren Wiederherstellung und Erneuerung,

b)       Kostenersatz für Änderungen an Gebrauchsgegenständen sowie für die Installation behinderungsgerechter Sanitärausstattung,

c)       Zuschüsse zu den Kosten für die behinderungsgerechte Ausstattung von mehrspurigen Kraftfahrzeugen,

d)       Beihilfen zur Anschaffung von mehrspurigen Kraftfahrzeugen,

e)       notwendige Reise- und Transportkosten;

4.       medizinische Rehabilitation

a)       Unterbringung in Krankenanstalten, die vorwiegend der Rehabilitation dienen,

b)       ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe, wenn diese Leistungen unmittelbar im Anschluß oder im Zusammenhang mit der unter lit. a angeführten Maßnahme erforderlich sind,

c)       notwendige Reise- und Transportkosten;

5.       berufliche Rehabilitation

a)       berufliche Ausbildung zur Wiedergewinnung oder Erhöhung der Erwerbsfähigkeit,

b)       Ausbildung für einen neuen Beruf,

c)       Zuschüsse oder Darlehen (§ 198 Abs. 3 ASVG 1955);

6.       soziale Rehabilitation

a)       Zuschuß zu den Kosten für die Erlangung der Lenkerberechtigung, wenn auf Grund der Behinderung die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar ist,

b)       Übergangsgeld (§ 306 ASVG 1955);

7.       Pflegezulagen, Blindenzulagen;

8.       Ersatz der Bestattungskosten;

9.       einkommensabhängige Zusatzleistung;

10.      Pauschalentschädigung für Schmerzengeld.

Gemäß § 6a Abs. 1 VOG ist Hilfe nach § 2 Z 10 für eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 als einmalige Geldleistung im Betrag von 2 000 Euro zu leisten; sie beträgt 4 000 Euro, sofern die durch die schwere Körperverletzung verursachte Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit länger als drei Monate andauert.

Gemäß § 6a Abs. Abs. 2 gebührt eine einmalige Geldleistung im Betrag von 8 000 Euro, wenn die Handlung eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 StGB) nach sich zieht; sie beträgt 12 000 Euro, sofern wegen der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen ein Pflegebedarf im Ausmaß von zumindest der Stufe 5 nach dem Bundespflegegeldgesetz (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, besteht.

Gemäß § 8 Abs. 1 VOG sind Opfer von den Hilfeleistungen ausgeschlossen, wenn sie

1. an der Tat beteiligt gewesen sind,

2. ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund den Täter zu dem verbrecherischen Angriff vorsätzlich veranlasst oder sich ohne anerkennenswerten Grund grob fahrlässig der Gefahr ausgesetzt haben, Opfer eines Verbrechens zu werden,

3. an einem Raufhandel teilgenommen und dabei die Körperverletzung oder die Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 1) erlitten haben oder

4. es schuldhaft unterlassen haben, zur Aufklärung der Tat, zur Ausforschung des Täters oder zur Feststellung des Schadens beizutragen.

Der Beschwerdeführer ist als österreichischer Staatsbürger grundsätzlich nach dem VOG anspruchsberechtigt, als die Voraussetzung des § 1 Abs. 7 Z 1 VOG vorliegt, da die Handlung nach Abs. 1 im Inland, und zwar in XXXX , begangen wurde. Die übrigen Anspruchsvoraussetzungen des VOG – insbesondere ob beim Beschwerdeführer eine schwere Körperverletzung vorliegend war – sind aufgrund der Erfüllung des Ausschlusstatbestandes des § 8 Abs. 1 Z 2 zweiter Fall VOG nicht zu prüfen.

Ein Ausschlussgrund nach § 8 Abs. 1 Z 2 zweiter Fall VOG ist dann gegeben, wenn sich der Betroffene ohne anerkennenswerten Grund grob fahrlässig der Gefahr aussetzt, Opfer eines Verbrechens zu werden. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist (vgl. § 6 Abs. 1 StGB). Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn der Schaden als wahrscheinlich vorhersehbar war, wenn das Versehen mit Rücksicht auf seine Schwere oder Häufigkeit nur bei besonderer Nachlässigkeit und nur bei besonders nachlässigen oder leichtsinnigen Menschen vorkommt sowie nach den Umständen die Vermutung des „bösen Vorsatzes“ naheliegt. Dabei ist auch das Element der schweren subjektiven Vorwerfbarkeit einzubeziehen: Zum Umstand, dass ein Verstoß objektiv ohne Zweifel als besonders schwer anzusehen ist, muss hinzutreten, dass er auch subjektiv schwerstens vorwerfbar ist. Bei der Beurteilung des Vorliegens grober Fahrlässigkeit sind stets die Umstände des Einzelfalles heranzuziehen (vgl. VwGH 27.05.2014, 2011/11/0025, mwN).

Der Beschwerdeführer brachte sich gegenständlich selbst in die Situation Opfer der letzten Endes erfolgten Körperverletzung zu werden. Der Beschwerdeführer versuchte zunächst im Zuge der Zivilcourage eine vor der Polizei flüchtende Person mit seinem PKW aufzuhalten, doch scheiterte dieser Versuch, der Beschwerdeführer konnte den einschreitenden Polizeibeamten jedoch den Fluchtweg der Person in eine Hofeinfahrt benennen, sodass sie ihre Verfolgung zu Fuß weiterführen konnten.

Die Polizeibeamten konnten die flüchtende Person jedoch in der Hofeinfahrt nicht festnehmen und gelang ihr erneut die Flucht. Obwohl die Polizeibeamten bereits die Verfolgung aufnahmen, stellte sich der Beschwerdeführer der flüchtenden Person persönlich und diesmal schutzlos außerhalb seines Autos in den Weg, woraufhin er von der flüchtenden Person mit erheblicher Gewalt zur Seite geschubst wurde, wobei der Beschwerdeführer zu Sturz kam und sich die festgestellte Verletzung zugezogen hat. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes brachte sich der Beschwerdeführer damit grob fahrlässig selbst in die Situation Opfer einer Körperverletzung zu werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bereits die Polizeibeamten Schwierigkeiten hatten, diese Person aufzuhalten, konnte sie auch aus der Hauseinfahrt ihre Flucht fortsetzen und musste der Beschwerdeführer daher erkennen, dass sich die flüchtende Person nicht von einer Zivilperson aufhalten lassen würde, klappte dies bereits beim ersten Versuch mit dem PKW nicht. Der Beschwerdeführer hätte somit damit rechnen müssen, dass die flüchtende Person auch nicht davor zurückschrecken würde, sich den Fluchtweg notwendigerweise auch mit Gewalt zu sichern. Insbesondere, da der Täter zum Tatzeitpunkt erst zwanzig Jahre alt und daher zweifelsfrei stärker und schneller als der Beschwerdeführer war, musste der Beschwerdeführer damit rechnen, dass er beim Versuch, ohne Schutz, eine vor der Polizei flüchtenden Person aufzuhalten, verletzt werden kann. Die Polizei hat diese Person bereits verfolgt, weshalb es auch nicht nachvollziehbar ist, weshalb sich der Beschwerdeführer dazu veranlasst sah, sich der flüchtenden Person schutzlos in den Weg zu stellen, anstatt der Polizei den weiteren Fluchtweg zu zeigen.

Damit liegt der Ausschlussgrund des § 8 Abs. 1 Z 2 zweiter Fall VOG vor.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wird das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, weil der Sachverhalt durch die belangte Behörde nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festgestellt wurde und den Sachverhaltsfeststellungen, insbesondere jenen im Bescheid, in der Beschwerde nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Der Sachverhalt – wie er im angefochtenen Bescheid festgestellt wurde – war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor (vgl. zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475; siehe auch VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Ausschlusstatbestände grobe Fahrlässigkeit Körperverletzung Schmerzengeld VerbrechensopferG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W141.2244030.1.00

Im RIS seit

04.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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