Entscheidungsdatum
15.10.2021Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W141 2241211-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie den fachkundigen Laienrichter Robert ARTHOFER als Beisitzer über die Beschwerde von Gabriele XXXX ,
geboren am XXXX , VN XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich vom 24.03.2021, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Wirksamkeit ab dem 14.01.2021 hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) der Beschwerdeführerin einen Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung von 50 vH eingetragen.
2. Die Beschwerdeführerin hat am 14.01.2021 bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes, einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO und auf Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gestellt.
3. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von einem Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin vom 25.02.2021, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen.
4. Mit Schreiben vom 02.03.2021 wurde von der belangten Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen eines Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu zu äußern.
Hiezu wurde von der Beschwerdeführerin eine Stellungnahme am 16.03.2021 eingebracht. Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, dass ihr das Zurücklegen einer Wegstrecke von 400 m absolut unmöglich sei. Sie sei dazu nicht befragt worden. Weiters führt die Beschwerdeführerin aus, dass die Angabe im Gutachten „COPD weitgehend stabil mit normalem Lungenbefund“ nicht stimme. Zusätzlich führte sie aus, dass sie mit dem Kfz fahre, da es ihr den Alltag wesentlich erleichtere und sie einen Parkausweis brauche, dass sie gegebenenfalls einen Behindertenparkplatz benützen könne.
5. Zur Überprüfung der Einwände der Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde eine Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen.
6. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
Dem Bescheid war die Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin beigelegt.
7. Gegen den Bescheid vom 24.03.2021 wurde von der Beschwerdeführerin am 04.04.2021 fristgerecht Beschwerde erhoben.
Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, dass ihre körperliche Belastbarkeit erheblich eingeschränkt sei und eine Gehstrecke von 100 m, bei langsamem Gehen, ihre absolute Grenze sei. Eine Wegstrecke von 300 bis 400 m wären ihr vermutlich in ein bis zwei Stunden möglich und dass mit einer Sitzhilfe. Sie würde die öffentlichen Verkehrsmittel trotzdem nicht erreichen können, da sie ca. 500 m entfernt seien.
8. Mit Schreiben vom 08.04.2021 hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
9. Die Beschwerdeführerin wurde für ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten bei einem Facharzt für Lungenkrankheiten von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes geladen.
Die Beschwerdeführerin ist der Ladung nicht nachgekommen und führt im Wesentlichen unter Beilegung von Befunden aus, dass es ihr Gesundheitszustand und die Unkenntniss der örtlichen Gegebenheiten (Parkmöglichkeiten, Gehstrecken, Stiegen und dergleichen), nicht zuließen den Untersuchungstermin wahrzunehmen. Weiters benütze sie die öffentlichen Verkehrsmittel nicht, da sie Hochrisikopatientin sei. Auch Physiotherapien könne sie nicht in Anspruch nehmen, da die Stockwerke im Parkhaus des Therapiezentrums für sie ein unüberwindliches Hindernis darstellen würden.
Auch eine seitens des Facharztes für Lungenheilkunde vorgeschlagene Verschiebung des Termins um der stetig weiter sinkenden Virusgefahr Rechnung zu tragen, war seitens der Beschwerdeführerin nicht möglich, da sie sehr bewegungseingeschränkt sei und sie daher auf keinen Fall nach Wien fahren könne.
10. Zur Überprüfung der Einwände der Beschwerdeführerin wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von einem Facharzt für Lungenkrankheiten, basierend auf der Aktenlage der Beschwerdeführerin, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen.
11. Mit Schreiben vom 24.09.2021 wurde vom Bundesverwaltungsgericht den Parteien das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu zu äußern.
Weder von Seiten der belangten Behörde noch von Seiten der Beschwerdeführerin wurde eine Stellungnahme eingebracht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich die Beschwerdeführerin mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist Inhaber eines Behindertenpasses.
1.2. Zur beantragten Zusatzeintragung:
Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
1.2.1. Art der Funktionseinschränkungen:
- Zustand nach Implantation einer Kniegelenksprothese rechts am 28.09.2020 (orthopädisches Spital Speising), diskrete degenerative Veränderungen des linken Kniegelenkes sowie mäßiggradige Abnützungserscheinungen der Lendenwirbelsäule mit wiederkehrender Schmerzsymptomatik
- Chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung (COPD II)
- Substituierte Schilddrüsen-Unterfunktion
1.2.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
gut
Größe: 177,00cm Gewicht: 80,00kg
Klinischer Status – Fachstatus:
Rechtshänderin
Herz und Lungen auskultatorisch frei (VA beidseits)
HWS: frei beweglich
übrige WS: mäßige Skoliose, Beckenschiefstand -2cm re, Seitneigen 1/3, Rotation endlagig etwas eingeschränkt
OE bds. frei beweglich
UE: re Knie dtl. knirschend beim Beugen und Strecken direkt unterhalb der Patella, Patellaverschiebeschmerz, kein Erguss
keine Überwärmung, keine wesentliche Schwellung S 0-0-120 (sehr gute Beweglichkeit) -
Hüftbeugung re gering eingeschränkt
Hüften und li Kniegelenk frei beweglich
Fußpulse bds. tastbar, keine Ödeme
Abdomen weich, kein DS, keine Resistenzen
Gesamtmobilität – Gangbild:
jeder Lagewechsel selbstständig und mühelos durchführbar, freier Stand sicher, Gangbild nicht beeinträchtigt
Einbein-, Zehen- und Fersenstand bds. sicher
das rechte Bein kann über das linke Bein geschlagen werden (beim Ausziehen der langen Hose im Sitzen
Status Psychicus:
allseits voll orientiert, Auffassung, Konzentration und Merkfähigkeit nicht beeinträchtigt, Stimmung ausgeglichen, Gedankengang geordnet und zielführend, Sprache nicht beeinträchtigt.
1.2.3. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Die Beschwerdeführerin ist in der Lage, selbsttätig Wegstrecken über 15 Minuten ohne Pause zu bewältigen. Weiters ist die Implantation der Knieprothese erfolgreich verlaufen, das linke Kniegelenk zeigt nur geringe Abnützungserscheinungen. Die Beweglichkeit des rechten Kniegelenkes ist für freien Gang ausreichend und die Schmerzsymptomatik ist behandelbar. Die obere Extremität zeigt befundmäßig keine Funktionseinschränkungen, sodass Grobgriff und anhalten an Haltegriffen möglich sind. Das Stiegen steigen ist unter Benützung des Geländers selbsttätig möglich und ist auch das Ein- und Aussteigen in- bzw. aus öffentlichen Verkehrsmittel möglich. Pulmologisch sind Anmarschwege im Ausmaß von 300-400 Metern, bei einer COPD II ohne Langzeitsauerstofftherapie, ohne erhebliche Erschwernis möglich. Eine Messung der Blutgasanalyse ergab normale Messwerte. Weiters liegen keine kognitiven Defizite oder neurologische Ausfallserscheinungen vor. Zusammenfassend sind sowohl kurze Anmarschwege im Ausmaß von 300-400 Metern, wie auch das sichere Besteigen des Verkehrsmittels, der sichere Transport, einschließlich Benützung der Haltegriffe und das ungehinderte Aussteigen aus dem Verkehrsmittel, möglich. Mögliche Schmerzen im rechten Kniegelenk und in der Lendenwirbelsäule sind durch eine zumutbare übliche Schmerztherapie gut beherrschbar. Eine einzelne Unterarmstützkrücke wird laut Rehabefund vom November 2020 unregelmäßig, aber immer wieder verwendet, dies würde sich aber nicht auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in dem Sinne auswirken, als das eine Benützung oder ein Besteigen nicht mehr möglich wären.
1.3. Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am 08.04.2021 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
2. Beweiswürdigung:
Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).
Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“.
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem mit Stichtag 12.04.2021 aus dem zentralen Melderegister eingeholten Datenauszug.
Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Auswirkungen der Funktionseinschränkungen gründen sich – in freier Beweiswürdigung – auf dem von der belangten Behörde und dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten eines Lungenfacharztes. Dieses sind schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf.
Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingehend Stellung genommen.
Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin und der Aktenlage, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und haben sich die befassten Sachverständigen eingehend damit auseinandergesetzt.
Die Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein aktuell höheres Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde und es enthält auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.
Der lungenärztliche Sachverständige führt aus, dass das Lungenleiden bei objektivierter Messung eine COPD des Stadiums II (mehrfache Befundungen) erreichte. Eine Langzeitsauerstofftherapie ist bei der Beschwerdeführerin nicht etabliert, die Blutgasanalyse lag zuletzt im Normbereich. Eine sekundäre kardiovaskuläre Folgeerkrankung wie Cor pulmonale oder sekundärer Lungenhochdruck sind bei der Beschwerdeführerin nicht bekannt. Es besteht keine arterielle Verschlusserkrankung. Das Lungenleiden der Beschwerdeführerin bewirkt keine höhergradige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, da lediglich das Stadium II objektivierbar war.
Der medizinische Sachverständige beschreibt die Gesamtmobilität anschaulich. Bei der Beschwerdeführerin erfolgte eine Kniegelenksprothesen-Implantation rechts im September 2020. Die Beweglichkeit des Kniegelenkes ergab eine uneingeschränkte Beugung und leicht- bis mäßiggradig eingeschränkte Streckfähigkeit des rechten Kniegelenkes. Weiters wurde das Freie Stehen und Gehen als ungehindert bezeichnet, auch das Treppensteigen war im Wechselschritt unter teilweiser Benützung des Stiegengeländers gut möglich. Die Gehstrecke wurde mit 15 Minuten angegeben. Daraus ergibt sich, dass kurze Gehstrecken im Ausmaß von 300-400 Metern selbsttätig möglich sind. Eine hochgradige Einschränkung der Funktion der unteren Extremität liegt befundmäßig nicht vor. Ein postoperativer Wundschmerz der Beschwerdeführerin ist glaubhaft, jedoch durch geeignete Therapiemaßnahmen beherrschbar. Die Beschwerdeführerin ist in der Lage, selbsttätig Wegstrecken über 15 Minuten ohne Pause zu bewältigen.
Die Implantation der Knieprothese ist erfolgreich verlaufen, dies wird auch in einem später durchgeführten Röntgen bestätigt. Das linke Kniegelenk der Beschwerdeführerin zeigt nur geringe Abnützungserscheinungen. Weiters ist die Beweglichkeit des rechten Kniegelenkes für freien Gang ausreichend. Die Schmerzsymptomatik ist behandelbar. Bei der Beschwerdeführerin zeigt die obere Extremität befundmäßig keine Funktionseinschränkungen, sodass Grobgriff und anhalten an Haltegriffen möglich sind. Nachdem beschrieben wird, dass Stiegen steigen unter Benützung des Geländers selbsttätig möglich ist, ist auch das Ein- und Aussteigen in- bzw. aus öffentlichen Verkehrsmittel möglich. Mögliche Schmerzen im rechten Kniegelenk und in der Lendenwirbelsäule sind durch eine zumutbare übliche Schmerztherapie gut beherrschbar.
Eine einzelne Unterarmstützkrücke wird unregelmäßig, aber immer wieder verwendet, dies würde sich aber nicht auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in dem Sinne auswirken, als das eine Benützung oder ein Besteigen nicht mehr möglich wären.
Pulmologisch sind Anmarschwege im Ausmaß von 300-400 Metern, bei einer COPD II ohne Langzeitsauerstofftherapie, ohne erhebliche Erschwernis möglich. Eine Messung der Blutgasanalyse ergab normale Messwerte.
In den vorliegenden Befunden der Beschwerdeführerin sind keine kognitiven Defizite oder psychiatrische- bzw. neurologische Defizite erwähnt worden. Es liegen auch keine angeborene oder eine erworbene Immundefizienz vor. Auch keine bösartige Erkrankung. Chemotherapie oder Bestrahlung wurden nicht durchgeführt. Eine immunsuppressive Behandlung wird nicht angewendet.
Zusammenfassend ergibt sich aus den dokumentierten Untersuchungsergebnissen, dass der Beschwerdeführerin sowohl kurze Anmarschwege im Ausmaß von 300-400 Metern, wie auch das sichere Besteigen des Verkehrsmittels, der sichere Transport, einschließlich Benützung der Haltegriffe und das ungehinderte Aussteigen aus dem Verkehrsmittel, möglich sind.
Aus gutachterlicher Sicht ist jedoch festzustellen, dass die Messungen, wie sie im Befund der Beschwerdeführerin vorliegen, glaubhaft sind und einer COPD II entsprechen, weiters war die Blutgasanalyse unauffällig geblieben, eine Langzeitsauerstofftherapie ist somit nicht indiziert. Der neu vorgelegte lungenfachärztliche Befund Dr. Antoniewicz vom 26.05.2021 beschreibt ebenfalls normale Blutgase, sowie eine COPD des Stadiums II.
Eine Gehstrecke von 100 Metern ist schon auf Basis des Rehabefundes aus 2020 nicht nachvollziehbar, es wurden dort deutlich bessere Werte beschrieben. Die Angabe, dass für eine Wegstrecke von 300-400 Metern 1-2 Stunden notwendig wären, ist weder pulmologisch, noch allgemeinmedizinisch nachzuvollziehen. Dies gilt insbesondere für den ausführlichen Befund des Rehazentrums Prein an der Rax aus 2020.
Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Das Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II 3.1.
Zu 1.3.) Das Schreiben, mit welchem die Beschwerdevorlage durch die belangte Behörde erfolgt ist, weist am Eingangsvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes das Datum 08.04.2021 auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichtes mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionsein-schränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen
? nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)
Trotz Kniegelenksprothesen-Implantation kann die Beschwerdeführerin das Kniegelenk uneingeschränkt beugen und hat eine leicht- bis mäßiggradige Einschränkung der Streckfähigkeit des rechten Kniegelenks. Die Beschwerdeführerin kann frei Stehen und Gehen, auch das Treppensteigen ist im Wechselschritt unter teilweiser Benützung des Stiegengeländers möglich. Die Beschwerdeführerin kann 15 Minuten gehen. Daher ist der Beschwerdeführerin das Verwenden von öffentlichen Verkehrsmittelen möglich, eine dauernde erhebliche Funktionsstörung liegt nicht vor.
Da es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, ist das Vorbringen betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel) nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden.
Auf Basis des Befundberichtes des Rehazentrums Prein an er Rax vom 09.11.2020 ist die Beschwerdeführerin in der Lage, selbsttätig Wegstrecken über 15 Minuten ohne Pause zu bewältigen. Weiters ist die Implantation der Knieprothese erfolgreich verlaufen, dies wird auch in einem später durchgeführten Röntgen bestätigt, das linke Kniegelenk zeigt nur geringe Abnützungserscheinungen. Die Beweglichkeit des rechten Kniegelenkes ist für freien Gang ausreichend und die Schmerzsymptomatik ist behandelbar. Die obere Extremität zeigt befundmäßig keine Funktionseinschränkungen, sodass Grobgriff und anhalten an Haltegriffen möglich sind. Nachdem beschrieben wird, dass Stiegen steigen unter Benützung des Geländers selbsttätig möglich ist, ist auch das Ein- und Aussteigen in- bzw. aus öffentlichen Verkehrsmittel möglich. Pulmologisch sind Anmarschwege im Ausmaß von 300-400 Metern, bei einer COPD II ohne Langzeitsauerstofftherapie, ohne erhebliche Erschwernis möglich. Eine Messung der Blutgasanalyse ergab normale Messwerte. Weiters liegen keine kognitiven Defizite oder neurologische Ausfallserscheinungen vor. Zusammenfassend ergibt sich aus den dokumentierten Untersuchungsergebnissen, dass sowohl kurze Anmarschwege im Ausmaß von 300-400 Metern, wie auch das sichere Besteigen des Verkehrsmittels, der sichere Transport, einschließlich Benützung der Haltegriffe und das ungehinderte Aussteigen aus dem Verkehrsmittel, möglich sind. Mögliche Schmerzen im rechten Kniegelenk und in der Lendenwirbelsäule sind durch eine zumutbare übliche Schmerztherapie gut beherrschbar. Eine einzelne Unterarmstützkrücke wird laut Rehabefund vom November 2020 unregelmäßig, aber immer wieder verwendet, dies würde sich aber nicht auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in dem Sinne auswirken, als das eine Benützung oder ein Besteigen nicht mehr möglich wären.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung „Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine – von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende – Neuregelung beabsichtigt.
Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W141.2241211.1.00Im RIS seit
04.11.2021Zuletzt aktualisiert am
04.11.2021