TE Vwgh Erkenntnis 1987/6/25 87/06/0017

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Veröffentlicht am 25.06.1987
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Index

Baurecht - Slbg
L37155 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Salzburg
L81705 Baulärm Umgebungslärm Salzburg
L82000 Bauordnung
L82005 Bauordnung Salzburg
L82305 Abwasser Kanalisation Salzburg
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §45 Abs3
BauPolG Slbg 1973 §9
BauPolG Slbg 1973 §9 Abs1 litg
BauRallg
BauTG Slbg 1976 §57
BauTG Slbg 1976 §59
BauTG Slbg 1976 §62 Z10
BauTG Slbg 1976 §62 Z9
B-VG Art10 Abs1 Z10
B-VG Art15 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte Mag. Onder, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Landesregierungsrat Dr. Müllner, über die Beschwerde des ES in S, vertreten durch Dr. Michael Neumann, Rechtsanwalt in Schärding, Bahnhofstraße 186, gegen den Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom 23. Dezember 1986, Zl. MD/A-BBK-75/1/86, betreffend die Erteilung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. HF und 2. RF in S, beide vertreten durch Dr. Alex Pratter und Dr. Peter Lechenauer, Rechtsanwälte in Salzburg, Hubert Sattler-Gasse 10), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von S 8.986,-- (je S 4.493,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 11. Mai 1979 haben die mitbeteiligten Parteien um baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Stützmauer samt Aufschüttung auf Grundparzelle 87/15, KG. I, angesucht. Daraufhin entstand ein zivilrechtlicher Rechtsstreit mit dem Beschwerdeführer, der sich als Nachbar durch die bereits ausgeführte Aufschüttung und dadurch verursachte Feuchtigkeitsschäden sowie Lichteinfallsbeeinträchtigungen an seiner an der Grundgrenze gelegenen Garage beschwert erachtete. Auf Grund der zivilrechtlichen Urteile (Unterlassung der Beeinträchtigung des Lichtdurchlasses sowie der Feuchtigkeitsbeeinträchtigung) reichten die mitbeteiligten Parteien am 15. Mai 1986 ein neues Ansuchen betreffend die Errichtung einer Stützmauer mit drei Lichtschächten ein.

Die baubehördliche Verhandlung fand sodann am 9. Juni 1986 statt.

Darin sprach sich der damalige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers aus folgenden Gründen gegen die Bauführung aus:

1) Die beantragte Mauer sei zu knapp an die Garagenmauer herangebaut.

2) Beeinträchtigung des Lichtdurchlasses durch die drei Fenster am Garagenanbau sei zu groß.

3) Durch die Bauführung wäre eine Durchfeuchtung der Garagenmauer infolge mangelnder Abtrocknung des kapillaren Wasseraufstiegs gegeben.

Außerdem wurden weitere Beweisaufnahmen beantragt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 5. September 1986 wurde die Baubewilligung für das Vorhaben nach Maßgabe der eingereichten Pläne sowie der in der Verhandlungsschrift festgehaltenen Forderungen des bautechnischen Amtssachverständigen erteilt. Die Nachbareinwendungen wurden als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde dazu ausgeführt, daß bezüglich der Situierung der Stützmauer an der Grundgrenze keine gesetzlichen Mindestabstände bestehen würden, ebensowenig Vorschriften betreffend eine Mindestbelichtung von Garagen. Da die Forderungen des bautechnischen Amtssachverständigen unter anderem auch die Beseitigung der anfallenden Oberflächenwässer zum Gegenstand hätten und dadurch bei der benachbarten Garage keine diesbezüglichen Schäden zu befürchten seien, seien durch die bauliche Maßnahme keine erheblich nachteiligen Wirkungen für benachbarte Grundstücke gegeben; die beantragten Beweisaufnahmen hätten sich daher als nicht erforderlich erwiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 16. September 1986 Berufung. Darin wurde geltend gemacht, daß der Verhandlungsgegenstand erweitert worden sei, das beantragte Wasserrechtsverfahren nicht behandelt worden sei, die Feststellungen des Amtssachverständigen unrichtig und unvollkommen seien, es sich bei seinem Bauwerk um ein Garagen- und Werkstättengebäude handle, die Lichtdurchlaßbeeinträchtigung erheblich sei, die Anträge und Einsprüche in der Verhandlung nicht beachtet worden seien, die Bauführung eine Erhöhung der Durchfeuchtung der Garage mit sich bringen würde, wasserrechtliche Bestimmungen verletzt würden und all diese Gesichtspunkte nicht bedacht worden seien. Überdies stelle der Bescheid einen Eingriff in wohlerworbene Rechte dar und sei daher verfassungswidrig.

Mit Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg (belangte Behörde) vom 23. Dezember 1986 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der Begründung wurde (nach Darlegung des bisherigen Verfahrensablaufs) unter Hinweis auf § 62 Z. 9 in Verbindung mit § 57 des Salzburger Bautechnikgesetzes ausgeführt, daß dem Nachbarn in einem Baubewilligungsverfahren hinsichtlich der Errichtung einer Stützmauer nur insoweit ein subjektiv-öffentliches Recht zustehe, daß diese keine erheblich nachteiligen Wirkungen für das benachbarte Grundstück verursache.

Es bestehe kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht dergestalt, daß eine Stützmauer von der Grundstücksgrenze einen gewissen Mindestabstand aufweisen müsse.

Im Baurecht gelte allgemein der Grundsatz, daß der Eigentümer einer Liegenschaft durch Schaffung entsprechender Freiräume auf der eigenen Liegenschaft für ausreichende Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse zu sorgen habe.

Der baurechtlich bewilligte Verwendungszweck für das Objekt des Nachbarn laute nur auf „Garage“.

Bezüglich der geltend gemachten Durchfeuchtung der Garagenmauer wurde auf die Ausführungen des Amtssachverständigen in der Verhandlung verwiesen sowie auf das im Akt befindliche Gutachten der hydrologischen Untersuchungsstelle Salzburg (dieses Gutachten wurde im Rahmen des zivilgerichtlichen Verfahrens eingeholt); die dort vorgeschlagenen Maßnahmen seien von den Bewilligungswerbern erfüllt worden.

Die Berufung erweise sich somit als unbegründet.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der a) Rechtswidrigkeit des Inhaltes, b) Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und c) „Mangelhaftigkeit des Verfahrens“ geltend gemacht wird.

Im einzelnen wird zu Punkt a) folgendes vorgebracht: Die Entscheidungsgründe der Bauberufungskommission seien falsch und unzutreffend. Ebenso unzutreffend sei die Behauptung, daß durch die Geländeaufschüttung keine Feuchtigkeitszunahme für das betroffene Bauwerk entstehe. Dies sei Erfahrung des täglichen Lebens und bedürfe keines Sachverständigengutachtens.

Das Recht auf Abstandhaltung, Niveauerhaltung und Lichteinfall sei durch Baupolizeigesetz und Bautechnikgesetz „gedeckt und geregelt“.

Erheblich nachteilige Wirkungen im Sinn des § 57 des Salzburger Bautechnikgesetzes seien für den Beschwerdeführer dadurch gegeben, daß sich in den Schächten Schnee, Eis und Wasser staue, die Mauer feuchter werde und der kapillare Feuchtigkeitsaufstieg vermehrt werde bzw. schlechter abtrockne. Der Garageninnenraum werde durch die Schächte verdunkelt.

Unter Anführung des § 59 des Bautechnikgesetzes wurde geltend gemacht, daß die Garage in Hinkunft auch anderen Verwendungszwecken zugeführt werde, die Verdunkelung des Raums dies jedoch behindere.

Durch die bewilligte Bauführung werde der früher gehabte Oberflächenabfluß des Garagendachwassers unmöglich gemacht. Damit habe sich der Amtssachverständige nicht beschäftigt. Die Garagendachentwässerung und der freie Tageslichteinfall seien wohlerworbene Rechte, daher sei auch ein Verstoß gegen § 60 des Bautechnikgesetzes gegeben.

Unter Punkt b) wird 1) der belangten Behörde aktenwidrige Sachverhaltsannahme in einem wesentlichen Punkt vorgeworfen: dies deshalb, da der Amtssachverständige die in der Verhandlung vom Beschwerdeführer gestellten Fragen nicht habe beantworten können; außerdem sei dem Antrag auf Beweisaufnahmen (vor allem hydrologisches Gutachten) von der Baubehörde nicht nachgekommen worden. Nochmals wird auf das Feuchtigkeitsproblem aufmerksam gemacht.

Weiters bedürfe 2) der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung: Hier wird wiederum auf Abstand, Lichtdurchlaß und Durchfeuchtung hingewiesen.

Auch seien 3) Verfahrensvorschriften außer acht gelassen worden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können: Die Wahrung des Parteiengehörs sei dadurch verletzt, daß das beantragte Gutachten verweigert und hinsichtlich der Belichtung der Beschwerdeführer auf ein privatrechtliches Verfahren verwiesen wurde. Das beantragte Gutachten hätte die Entwässerungsprobleme aufgedeckt.

Unter Punkt c) („Mangelhaftigkeit des Verfahrens“) wird schließlich noch auf einen „neuen Bauplan“ hingewiesen, der im alten hydrologischen Gutachten nicht berücksichtigt sein könnte. Die Baubehörde habe sich mit dem den Gerichtsakten beiliegenden Gutachten nicht auseinandergesetzt. Überdies stelle die Abflußbehinderung einen Verstoß gegen das Wasserrechtsgesetz dar, der im Bauverfahren zu prüfen gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer stellt daher den Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und „in Anbetracht der erzeugten Notlage“ mit Beschluß die Baubehörde anzuweisen, die bereits aus Holz errichteten Lichtschächte mittels einstweiliger Verfügung entfernen zu lassen, da eine grobe Nachbarrechtsverletzung vorliege.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und erstatteter Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie eingebrachter Gegenschrift durch die mitbeteiligten Parteien erwogen:

§ 57 des Salzburger Bautechnikgesetzes lautet:

„Stütz- und Futtermauern sind dem Verwendungszweck entsprechend standsicher und dauerhaft herzustellen. Sie sind nur zulässig, wenn sie das Orts, Straßen- und Landschaftsbild nicht stören und keine erheblich nachteiligen Wirkungen für benachbarte Grundstücke verursachen.“

Gemäß § 62 Z. 9 des Bautechnikgesetzes ist die Bestimmung des § 57 leg. cit. hinsichtlich der erheblich nachteiligen Wirkungen für benachbarte Grundstücke als subjektiv-öffentliches Nachbarrecht anzusehen.

Die Behörde hatte daher zu prüfen, ob durch die verfahrensgegenständliche Stützmauer (samt Lichtschächten) erheblich nachteilige Wirkungen für das Grundstück des Beschwerdeführers verursacht werden.

Die vom Beschwerdeführer behauptete Durchfeuchtung der Garagenmauer mangels Entwässerungsmöglichkeit wurde, wie im angefochtenen Bescheid dargelegt, vom bautechnischen Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung eingehend behandelt und unter Einhaltung von Auflagen (Drainagierung etc.) als ausgeschlossen betrachtet. Diese Ausführungen sind in Übereinstimmung mit der belangten Behörde als klar und schlüssig zu bezeichnen und lassen daher die Einholung eines hydrologischen Gutachtens als nicht erforderlich erscheinen. Wenn der Beschwerdeführer nun geltend macht, der Amtssachverständige habe sich mit der Entwässerung der Grundparzelle 87/15 befaßt, nicht aber mit dem Garagendachabfluß, der als wohlerworbenes Recht seit 40 Jahren über die Parzelle 87/15 erfolge, so ist ihm folgendes entgegenzuhalten: Die nachteilige Wirkung wird hier nicht durch das Bauvorhaben „Stützmauer“ verursacht, sondern vielmehr durch die fehlende Garagendachentwässerungsmöglichkeit, für die der Beschwerdeführer als Grundstückseigentümer der darauf befindlichen Garage aber selbst zu sorgen hat (Dachrinne oder ähnliches). Eine privatrechtliche Vereinbarung ist, wie die belangte Behörde richtig feststellte, für das öffentlich-rechtliche Bauverfahren ohne Belang, sondern in einem privatrechtlichen Verfahren geltend zu machen.

Dies gilt auch für das geltend gemachte Recht auf Lichteinfall. Aus der hg. Rechtsprechung ergibt sich, daß grundsätzlich kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht hinsichtlich Belichtung und Belüftung besteht, selbst wenn die Errichtung von Fenstern in einem Gebäude an der Grundgrenze seinerzeit bewilligt worden ist und durch eine Bauführung nunmehr die Lichtverhältnisse beeinträchtigt werden (siehe etwa das hg. Erkenntnis vom 11. März 1963, Slg. N.F. Nr. 5990/A). Ein Nachbarrecht auf Lichteinfall kennt entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers weder das Salzburger Baupolizeigesetz noch das Bautechnikgesetz und daß ein Recht auf Abstandhaltung bezüglich einer Stützmauer bestünde, kann diesen Gesetzen auch nicht entnommen werden.

Zum vom Beschwerdeführer angeführten § 59 des Bautechnikgesetzes ist, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift ausführt, zu bemerken, daß das gegenständliche Verfahren nicht die Änderung des Verwendungszweckes eines Baues zum Gegenstand hat. Aus der Absicht einer zukünftigen Verwendungszweckänderung bezüglich seiner eigenen Bauten kann ein Nachbar keine Rechte geltend machen.

Zu den behaupteten Verfahrensrechtsverletzungen ist festzustellen:

Es bedeutet keine Verletzung des Parteiengehörs, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird. Wie bereits dargelegt, erfolgte die Entscheidungsbegründung unter Hinweis auf das bautechnische Amtssachverständigengutachten, wodurch ein weiteres Gutachten entbehrlich wurde.

Ob die Abflußbehinderung einen Verstoß gegen das Wasserrechtsgesetz darstellt, kann dahingestellt bleiben, da diese Frage in einem Wasserrechtsverfahren, nicht jedoch im Baubewilligungsverfahren zu klären ist.

Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei sich eine gesonderte Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erübrigte. Zu bemerken ist noch, daß dem Verwaltungsgerichtshof keine Zuständigkeit zur Erlassung eines Auftrages an eine Baubehörde auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zukommt.

Der Zuspruch von Aufwandersatz im geltend gemachten Ausmaß gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 25. Juni 1987

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1 Parteiengehör Sachverständigengutachten Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten Kompetenztatbestände Baupolizei und Raumordnung BauRallg1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1987:1987060017.X00

Im RIS seit

04.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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