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DienstrechtNorm
BDG 1979 §10 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Janistyn, über die Beschwerde des HH in F, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Juni 1988, Zl. 72.244/7-II/4/88, betreffend Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand seit 1. September 1986 als Inspektor in einem provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle war der Gendarmerieposten R.
Mit Bescheid vom 12. April 1988 kündigte das Landesgendarmeriekommando für Steiermark das provisorische Dienstverhältnis des Beschwerdeführers mit Ablauf des Monates Juni 1988 gemäß § 10 Abs. 2 und 4 Z. 4 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes (BDG) 1979. Begründend wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich im Sinne des § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 pflichtwidrig verhalten, indem er es vorsätzlich unterlassen habe, über den ihm zur Kenntnis gebrachten Tatbestand eine Anzeige in der Strafsache TK - ES zu verfassen und an das zuständige Bezirksgericht weiterzuleiten. Trotzdem habe er im Protokollbuch und Postaufgabebuch diesen Akt mit 5. Juni 1987 als erledigt ausgetragen. Durch die vorgetäuschten Erledigungsvermerke sei der Eindruck entstanden, daß die Anzeige tatsächlich geschrieben und weitergeleitet worden sei. Der Beschwerdeführer habe durch die vorsätzliche Unterlassung der Anzeige an die zur Strafverfolgung berufene Behörde die Befugnis im Namen des Bundes wissentlich mißbraucht. Nach Bekanntwerden dieser Dienstpflichtverletzung, die der Beschwerdeführer nicht bestritten habe, habe er schriftlich am 5. September 1987 die Lösung des Dienstverhältnisses (Austritt) bekanntgegeben. Nach Einlangen dieses Schreibens bei seiner Dienststelle habe er die schriftliche Austrittserklärung am 9. September 1987 wieder zurückgezogen. In Gesprächen mit Vorgesetzten habe er wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß ihm der Exekutivdienst (Außendienst) nicht zusage. In seiner Stellungnahme vom 11. November 1987 habe er angegeben, daß es ihm wohl bewußt gewesen sei, seine Handlungsweise stelle ein disziplinäres Vergehen dar, doch habe er damals nicht an einen strafrechtlich verfolgbaren Tatbestand gedacht. Von der Dienststelle sei am 16. September 1987 an die Staatsanwaltschaft Graz Anzeige wegen Verdachtes des Mißbrauches der Amtsgewalt erstattet worden. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz sei der Beschwerdeführer am 11. Dezember 1987 wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten „bedingt“ verurteilt worden. Durch das Oberlandesgericht Graz sei das Strafausmaß mit Urteil vom 26. Februar 1988 auf eine sechsmonatige Freiheitsstrafe herabgesetzt worden. Dieses Urteil sei rechtskräftig.
In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, es sei richtig, daß er in den ersten Monaten seiner praktischen Dienstverwendung in jugendlicher Unvernunft bzw. aus mangelnder Lebens- und Berufserfahrung durch die nicht korrekte Erledigung einer Anzeige ein schwerwiegendes Fehlverhalten gezeigt habe, wofür er letztlich vom Oberlandesgericht Graz zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden sei. Er habe immer wieder gebeten, ihm die Chance zur Bewährung zu geben und ihm nicht durch eine Kündigung die im Aufbau begriffene Existenz zu nehmen. Er habe seither ein Jahr regelmäßig seinen Dienst versehen und sei erst „so richtig in den Gendarmeriedienst hineingewachsen“. In diesem Jahr habe er allen Anforderungen des Dienstes zur vollsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten entsprochen und eine „ordentliche Vertrauensbasis zu Vorgesetzten und Kollegen“ aufgebaut. Er sei gerne Gendarmeriebeamter und möchte dies auch bleiben.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge, änderte den erstinstanzlichen Bescheid jedoch dahin ab, daß die Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses mit Ablauf des Monates Juli 1988 erfolge. Begründend wird unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, die Einrichtung des provisorischen Dienstverhältnisses verfolge den Zweck, den Beamten auf seine Eignung für den Dienst zu prüfen und nur Beamte in das definitive Dienstverhältnis zu übernehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im allgemeinen wie in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen worden sei, gestellt werden müßten; also den Beamtennachwuchs nochmals in der Weise sieben zu können, daß alle sich nicht voll bewährenden Amtsträger noch vor Erlangung einer unkündbaren Stellung von der Beamtenlaufbahn, für die sie sich nicht eignen, ausgeschlossen würden. Dabei sei es gleichgültig, ob die Gründe, die zur Kündigung führten, längere oder kürzere Zeit zurücklägen. Auch die einmalige Tat eines Beamten könne - ungeachtet eines späteren dienstlichen oder außerdienstlichen Wohlverhaltens - derart schwerwiegend sein, daß durch sie der Kündigungsgrund des § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 verwirklicht werde. Der Beschwerdeführer habe das in ihn gesetzte Vertrauen nicht erfüllt und während des provisorischen Dienstverhältnisses nicht entsprochen. Mit Rücksicht auf den Bearbeitungszeitraum einschließlich der Zustellung des Bescheides wurde die Beendigung des Dienstverhältnisses in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides mit Ablauf des Monates Juli 1988 festgelegt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 gekündigt zu werden, sowie durch Verletzung von Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, kann das provisorische Dienstverhältnis mit Bescheid gekündigt werden. Kündigungsgrund gemäß Absatz 4 Z. 4 ist pflichtwidriges Verhalten des Beamten.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, verfolgt die Einrichtung des provisorischen Dienstverhältnisses den Zweck, den Beamten auf seine Eignung für den Dienst zu prüfen und nur Beamte in das definitive Dienstverhältnis zu übernehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im allgemeinen wie in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen wurde, gestellt werden müssen (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1975, Zl. 611/75, Slg. N. F. Nr. 8905/A, vom 29. November 1978, Zl. 55/78, vom 1. März 1982, Zl. 81/12/0014, Slg. N. F. Nr. 10666/A, und vom 15. April 1985, Zl. 85/12/0002, Slg. N. F. Nr. 11743/A). Nach dieser Rechtsprechung dient das der Definitivstellung des öffentlich-rechtlichen Bediensteten vorgeschaltete provisorische Dienstverhältnis dem Zweck, alle sich nicht voll bewährenden Amtsträger noch vor Erlangung einer unkündbaren Stellung von der Beamtenlaufbahn, für die sie sich nicht eignen, auszuschließen.
Im Beschwerdefall steht unbestritten fest, daß der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Amtsmißbrauches gemäß § 302 Abs. 1 StGB rechtskräftig zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Wenn der Beschwerdeführer darauf verweist, die belangte Behörde sei auf sein jugendliches Alter und seine Lage nicht eingegangen, so kann dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem vergleichbaren Beschwerdefall ausgeführt hat, kann es nicht Sinn des provisorischen Dienstverhältnisses sein, daß ein Sicherheitswachebeamter im Rahmen desselben entwicklungs- oder altersmäßig bedingte Charakterschwächen überwinde; er habe solche vielmehr von Anfang an nicht aufzuweisen. Die unbestritten in Ausübung des Dienstes begangene Straftat des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt ist ein so schwerwiegendes pflichtwidriges Verhalten, daß die Kündigung des betreffenden Beamten jedenfalls geboten erscheint (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 1980, Zl. 3369/79). Da auch die vom Beschwerdeführer behaupteten Beweggründe seiner Tat, einen begangenen Fehler zu vertuschen, keineswegs geeignet erscheinen, eine andere Beurteilung der Tat vorzunehmen, kann in der Unterlassung diesbezüglicher Feststellungen ein wesentlicher Verfahrensmangel nicht erblickt werden.
Zutreffend führt der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar an, daß nicht jede einem im provisorischen Dienstverhältnis stehenden Beamten unterlaufene Verletzung auch nur irgendeiner seiner Dienstpflichten schon den Kündigungsgrund des pflichtwidrigen Verhaltens nach § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 darstellen muß, doch steht im Beschwerdefall die Verletzung der Dienstpflichten infolge der Schwere des gerichtlich strafbaren Tatbestandes des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB einer Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer behaupteten sonstigen Wohlverhaltens im Dienst jedenfalls entgegen. Auch die Erklärung des Fachausschusses beim Landesgendarmeriekommando für Steiermark vom 20. Oktober 1987, der Kündigung des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers nicht zuzustimmen, kann eine andere rechtliche Beurteilung der Sache nicht bewirken.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 12. Dezember 1988
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1988:1988120146.X00Im RIS seit
04.11.2021Zuletzt aktualisiert am
04.11.2021