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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1976 §100 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Anna und des Walter E in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. März 1996, Zl. R/1-V-95226, betreffend die Erlassung eines Bauauftrages (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Stadtgemeinde Klosterneuburg in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Grundstückes Nr. 1145/4 der Liegenschaft EZ. 1114, KG X, welches als "Grünland-Landwirtschaft" gewidmet ist. Auf diesem Grundstück wurden bei einem Ortsaugenschein der Baubehörde erster Instanz am 7. Dezember 1994 neben einem konsentierten Gebäude zwei weitere Bauwerke festgestellt. "Bauwerk Nr. 28A" hat ein Ausmaß von 2 m x 4 m und wurde vor 1950 in Riegelbauweise errichtet. "Bauwerk Nr. 28B" hat ein Ausmaß von 2 m x 3 m und wurde in Riegelbauweise vor 1980 errichtet. Diese Bauwerke werden von den Beschwerdeführern als "Lager" (für die Unterbringung von Gartengeräten) benutzt. Sie sind im Flächenwidmungsplan nicht als "GEB" (im Grünland erhaltenswerte Bauten) ausgewiesen und baubehördlich nicht bewilligt. Der Sachverständige konnte eine landwirtschaftliche Nutzung der Gebäude nicht erkennen; die Beschwerdeführer gaben an, die Gerätehütten seien zur Unterbringung der Gartengeräte für die Pflege der Obstkulturen erforderlich.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Jänner 1995 wurde die Entfernung der vorgenannten Bauwerke samt Fundament binnen 6 Monaten angeordnet, da keine Baubewilligung vorliege und dieselben mangels Erforderlichkeit für eine landwirtschaftliche Nutzung im Sinne des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 auch nicht bewilligungsfähig seien.
In ihrer Berufung gaben die Beschwerdeführer an, das als "Bauwerk 28B" bezeichnete Objekt sei für die Pflege der Obstkultur unerläßlich, während sich in dem als "Bauwerk 28A" bezeichneten Objekt die Hauswasserpumpe für das (konsentierte) "Bauwerk 28" befinde und daher mit diesem eine Einheit bilde.
Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 3. Oktober 1995 wurde diese Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Die festgestellten Bauten seien für die Nutzung "Landwirtschaft" nicht erforderlich. Ein Antrag der Beschwerdeführer auf Feststellung, daß die Voraussetzungen des § 113 Abs. 2a der NÖ. Bauordnung 1976 i.d.F. LGBl. Nr. 8200-13 vorlägen, hätten die Beschwerdeführer nicht gestellt.
In der dagegen erhobenen Vorstellung wurde vorgebracht, daß ein zusammenhängender Gebäudekomplex vorliege.
Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. März 1996 wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführer hätten nicht behauptet, daß sie auf dem gegenständlichen Grundstück zumindest einen landwirtschaftlichen Nebenerwerb betrieben. Die gegenständlichen Bauwerke seien daher im Sinne des § 19 Abs. 2 erster Satz und Abs. 4 des NÖ. ROG 1976 für eine landwirtschaftliche Nutzung nicht erforderlich. Die Beschwerdeführer hätten nicht bestritten, daß die gegenständlichen Bauwerke keine im Grünland erhaltenswerten Bauten (GEB) im Sinne des NÖ. ROG 1976 seien. Die Erforderlichkeit eines Gebäudes sei lediglich aus dem Blickwinkel einer landwirtschaftlichen Nutzung, nicht jedoch im Bezug auf ein anderes Gebäude zu beurteilen. Da auch für Zubauten gesondert ein Abbruchauftrag zulässig sei, spiele es keine Rolle, ob ein zusammenhängender Gebäudekomplex vorliege oder nicht.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachten sich die Beschwerdeführer in dem Recht auf Nichterteilung eines Bauauftrages nach § 113 Abs. 2 Z. 3 BO verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Baubehörde zweiter Instanz vom 2. Oktober 1995 ist für die Erlassung eines Bauauftrages nach § 113 Abs. 2 Z. 3 der NÖ. Bauordnung 1976 die am 22. September 1995 in Kraft getretene Bauordnungsnovelle 1995, LGBl. 8200-13 (BO), anzuwenden.
Gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerkes anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und
a)
die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist oder
b)
der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat.
Gemäß § 19 Abs. 1 des NÖ. Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG) in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. 8000-10 gehören alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen zum Grünland.
Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse für Flächen, die für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, für familieneigene Wohnbedürfnisse der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, ... bestimmt sind, die entsprechenden Grünlandnutzungsarten auszuweisen.
Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen dürfen im Grünland Neu-, Zu- und Umbauten nur errichtet werden, wenn sie für die Nutzung nach Abs. 2 erforderlich sind.
Gemäß § 100 Abs. 2 BO ist eine Baubewilligung u.a. zu versagen, wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen des NÖ. ROG über die Zulässigkeit von Bauführungen auf Flächen mit bestimmten Widmungs- und Nutzungsarten sowie über Vorbehaltsflächen und Bausperren verletzt werden.
Die Beschwerdeführer ziehen die Feststellungen der Baubehörden und der belangten Behörde, für die hier zu beurteilenden Bauwerke liege keine baubehördliche Bewilligung vor, nicht in Zweifel.
Daß die gegenständlichen Bauwerke im Zeitpunkt ihrer Errichtung nicht bewilligungspflichtig gewesen wären, behaupten die Beschwerdeführer nicht und es findet sich dafür auch kein Anhaltspunkt; für die Erteilung eines Beseitigungsauftrages ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch die Baubehörde maßgeblich, mag auch zu einem früheren Zeitpunkt die Erwirkung einer Baubewilligung möglich gewesen sein (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. September 1989, Zl. 89/05/0175). Die im Flächenwidmungsplan für das gegenständliche Grundstück der Beschwerdeführer ausgewiesene Widmung Grünland-Landwirtschaft schließt die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für die darauf befindlichen, von den Beschwerdeführern als "Geräteschuppen" nicht für einen landwirtschaftlichen Zweck genutzten Bauwerke aus (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. April 1989, Zl. 89/05/0058). Die Beschwerdeführer behaupten in der Beschwerde weder eine landwirtschaftliche Nutzung ihres Grundstückes noch das Vorliegen einer nebenberuflichen landwirtschaftlichen Tätigkeit. Allein aufgrund des Vorbringens in der Verhandlung, die Gerätehütten seien zur Unterbringung der Gartengeräte zwecks Pflege der Obstkulturen erforderlich, bedurfte es keines weiteren Ermittlungsverfahrens.
Die Beschwerdeführer kündigen weiters an, sie würden ein Feststellungsverfahren nach § 113 Abs. 2b BO einleiten; dadurch könne eine nachträgliche Genehmigung erfolgen.
§ 113 Abs. 2a bis 2c BO lautet:
"(2a) Die Anordnung des Abbruches eines wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan nicht genehmigungsfähigen Gebäudes hat zu entfallen, wenn
o das Gebäude vor dem 29. Juni 1995 soweit fertiggestellt wurde, daß der Grundriß und der beabsichtigte Verwendungszweck erkennbar war;
o die Ausführung gemäß dem beabsichtigten Verwendungszweck den im Zeitpunkt des Baubeginns geltenden bautechnischen Vorschriften entspricht oder
o das Gebäude innerhalb angemessener Frist jedoch längstens innerhalb eines Jahres fertiggestellt bzw. den bautechnischen Vorschriften ohne Durchführung eines Zubaues angepaßt wird; o für das Grundstück kein Bauverbot gemäß § 20 Abs. 2 Z. 3 besteht und
o bis zum 31. Dezember 1999 ein Antrag gemäß Abs. 2b gestellt wird.
(2b) Das Zutreffen dieser Voraussetzungen ist von der Baubehörde mittels Feststellungsbescheid über Antrag festzustellen. Diesem Antrag sind die erforderlichen Antragsbeilagen (§§ 96 und 97) anzuschließen.
Der Zeitpunkt des Baubeginns ist der Baubehörde nachzuweisen. Dem Feststellungsbescheid hat die Durchführung eines Ortsaugenscheines unter Beiziehung von Sachverständigen und Anrainern voranzugehen. Anrainer haben Parteistellung im Rahmen des § 118 Abs. 8 und 9.
Dieser Bescheid berechtigt zur Benützung des Gebäudes und gilt nicht als baubehördliche Bewilligung. Eine zukünftige Instandsetzung solcher Gebäude ist nur im Rahmen des § 92 Abs. 1 Z. 4, sonstige Veränderungen sind nur im Rahmen des § 95 zulässig.
(2c) Ein Antrag nach Abs. 2b kann nicht mehr gestellt werden, wenn von der Baubehörde bereits um die Vollstreckung eines Abbruchbescheides angesucht wurde."
Solange der Eigentümer eines ohne Baubewilligung und im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan errichteten Gebäudes keinen Antrag nach § 113 Abs. 2b BO eingebracht hat, besteht die Verpflichtung der Baubehörde zum Einschreiten nach § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a BO (Hauer-Zaussinger, NÖ Bauordnung4, 2. Ergänzungsband, S. 19, Anmerkung 7 zu § 113 Abs. 2b BO). Die von den Beschwerdeführern offenbar vertretene Auffassung, seit Inkrafttreten dieser Novelle dürften wegen des dadurch ermöglichten Feststellungsverfahrens keine Abbruchsaufträge mehr erteilt werden, scheitert schon an der Bestimmung des § 113 Abs. 2c BO wonach der Feststellungsantrag nicht mehr gestellt werden kann, wenn von der Baubehörde um die Vollstreckung eines Abbruchbescheides angesucht wurde.
Daher bestand im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates eine Verpflichtung der Baubehörde zum Einschreiten nach § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a BO. Die Abs. 2a bis 2c BO sind für den Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdefall nicht präjudiziell im Sinne des Art. 135 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 89 Abs. 2 B-VG, weshalb sich die Frage nicht stellt, ob diese Bestimmungen allenfalls im Hinblick auf das Legalitätsprinzip gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG und den Gleichheitssatz beim Verfassungsgerichtshof in Prüfung zu ziehen sind.
Die Beschwerde erwies sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996050146.X00Im RIS seit
20.11.2000