TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/17 96/08/0139

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Veröffentlicht am 17.12.1996
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackt, über die Beschwerde des Helmut Kammer in Graz, vertreten durch Dr. Heinz Eger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Glacisstraße 69, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 20. Oktober 1994, Zl. IVc 7022 B-Dr. Puy/Fe, betreffend Ablehnung eines Antrages auf Gewährung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte erstmals am 10. September 1990 beim Arbeitsamt Feldbach einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld. Er sei vom 16. Oktober 1989 bis 15. April 1990 als Handelsarbeiter bei einer Firma in Graz beschäftigt gewesen. Sein Beschäftigungsverhältnis habe nach Ausbruch einer schweren Krankheit mit Kündigung durch den Dienstgeber geendet.

Dem Beschwerdeführer wurde Arbeitslosengeld und in der Folge Notstandshilfe gewährt.

Zufolge einer Niederschrift vom 11. Oktober 1991 studierte der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt im ersten Semester an der Karl-Franzens-Universität Graz die Studienrichtung Rechtswissenschaften.

Mit Bescheid vom 28. Jänner 1994 stellte das Arbeitsamt Graz die dem Beschwerdeführer gewährte Notstandshilfe ab 1. Jänner 1994 ein, da er laufend ein Studium absolviere bzw. laufend inskribiert sei. Der dagegen erhobenen Berufung gab das Landesarbeitsamt Steiermark mit Bescheid vom 16. Februar 1994 keine Folge. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Am 11. Juli 1994 stellte der Beschwerdeführer beim Arbeitsamt Feldbach neuerlich einen Antrag auf Gewährung von Notstandshilfe. Nach der dabei vorgelegten Inskriptionsbestätigung vom 21. März 1994 sei er im Sommersemester 1994 als ordentlicher Hörer der Studienrichtung Rechtswissenschaft inskribiert.

Mit Bescheid vom 31. August 1994 gab das Arbeitsamt Feldbach dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Notstandshilfe gemäß § 33 Abs. 1 iVm den §§ 38 und 12 Abs. 3 lit. f des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) keine Folge. Nach der Begründung absolviere der Beschwerdeführer laufend ein Studium und sei inskribiert.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid des Arbeitsamtes bestätigt. Nach der Begründung gelte unter anderem nicht als arbeitslos, wer als ordentlicher Hörer einer Hochschule ausgebildet werde. Davon könne nur dann gemäß § 12 Abs. 4 AlVG eine Ausnahme zugelassen werden, wenn der Arbeitslose dem Studium bereits während des Dienstverhältnisses, das der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorangegangen sei, durch längere Zeit hindurch oblegen und die Beschäftigung nicht vom Arbeitslosen zwecks Fortsetzung des Studiums oder der praktischen Ausbildung freiwillig gelöst worden sei. Diese Bestimmungen seien nach § 38 leg. cit. auch bei einem Anspruch auf Notstandshilfe anzuwenden. Da beim Beschwerdeführer neben dem Studium überhaupt keine Beschäftigungszeiten vorlägen, sei eine Ausnahme entsprechend der Bestimmung des § 12 Abs. 4 AlVG nicht möglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter anderem in diesem Beschwerdeverfahren mit Beschluß vom 25. April 1995, Z1. A 24/95, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, näher angeführte Satzteile des S 12 Abs. 3 lit. f AlVG in der Stammfassung, BGBl. Nr. 609/1977, und des S 12 Abs. 4 AlVG idF der Novelle BGBl.-Nr. 314/1994 - aus den im Beschluß vom 25. April 1995, Z1. A 19/95 (94/08/0259), ausführlich dargelegten Gründen - als verfassungswidrig aufzuheben.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 7. März 1996, G 72/95 u.a., diesen Bedenken nicht angeschlossen und demgemäß unter anderem den gegenständlichen Antrag abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt - zusammengefaßt - vor, er sei nach Ausbruch einer schweren Krankheit von seinem Arbeitgeber im April 1990 gekündigt worden. Bereits vor Ausbruch seiner Krankheit habe er nebenbei die Handelsakademie für Berufstätige besucht, um sich weiterzubilden. Da er wegen seiner Krankheit schwer zu vermitteln gewesen sei, habe er sich entschlossen, im Sommersemester 1991 an der Grazer Universität Rechtswissenschaften zu inskribieren. Da Krankenstand innerhalb der Zeit von Arbeitslosenversicherungsleistungen als "Beschäftigungszeit im Sinne der Rahmenfristen" zähle, müßten auch Zeiten eines Krankenstandes als Beschäftigungszeit im Sinne des Arbeitslosenversicherungsgesetzes gewertet werden. Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang, daß die belangte Behörde weder seine Krankenstände noch den Umstand berücksichtigt habe, daß er bereits seit dem Sommersemester 1991 Rechtswissenschaften inskribiert habe. Bei Vermeidung dieser Verfahrensmängel hätte die belangte Behörde festgestellt, daß bei ihm durch mehr als sechs Monate hindurch Studium und Beschäftigung (gemeint: als Zeiten von Krankenstand) vorlägen.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, Z1. 96/08/0125 - unter Einbeziehung der Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes, aufgrund derer er die verfassungsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes nicht geteilt hat - ausführlich mit der Interpretation des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG in der Stammfassung und des § 12 Abs. 4 leg. cit. idF der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 befaßt und ist dabei, soweit dies im Beschwerdefall von Bedeutung ist, zum Ergebnis gelangt, daß - bezogen auf einen dem "Studium" im Sinne des S 12 Abs. 4 AlVG obliegenden Arbeitslosen - für die Dauer seines Studiums die (nicht im Ermessen der Behörde stehende) Zulassung einer Ausnahme (vom Ausschluß des Arbeitslosengeldes nach § 12 Abs. 3 lit. f AlVG gemäß § 12 Abs. 4 leg. cit. die Parallelität von Studium und arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung in mehr als 18 Wochen im letzten Jahr vor Eintritt der Arbeitslosigkeit voraussetzt. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß S 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Unter Zugrundelegung dieser Interpretation ist der angefochtene Bescheid - ausgehend vom unstrittigen Sachverhalt, wonach der Beschwerdeführer im letzten Jahr vor Eintritt seiner Arbeitslosigkeit im September 1990 überhaupt keinem Studium oblag - nicht rechtswidrig. Daß eine Ausbildung an einer 4 Handelsakademie für Berufstätige nicht dem S 12 Abs. 3 lit. f AlVG und daher folgerichtig auch nicht dem S 12 Abs. 4 leg. cit. unterstellt werden kann, hat der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls in dem bereits genannten Erkenntnis vom "22. Oktober 1996 dargelegt (vgl. Punkt 5. der Entscheidungsgründe). Da der Beschwerdeführer das Studium der Rechtswissenschaften erst nach Eintritt der Arbeitslosigkeit begonnen hat, kann auch dahinstehen, ob er erstmals im Sommeroder im Wintersemester 1991 inskribiert hat.

Unter einem Dienstverhältnis im Sinne des S 12 Abs. 4, das der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorangegangen ist, kann vom Sinn und Zweck der genannten Regelung nach dem bereits mehrfach genannten Erkenntnis vom 22. Oktober 1996 auch nur ein arbeitslosenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis - und nicht, wie der Beschwerdeführer meint, die Zeit eines Krankenstandes während der Dauer der Arbeitslosigkeit verstanden werden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß S 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Dezember 1996

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996080139.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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