Entscheidungsdatum
05.10.2021Norm
NatSchG NÖ 2000 §12Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Dr. Grünstäudl als Einzelrichter über die Beschwerden 1. der A, ***, ***, 2. des B, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 6. Juli 2021, Zl. ***, betreffend Erklärung zum Naturdenkmal nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Den Beschwerden wird insoweit Folge gegeben, als im Spruch des angefochtenen Bescheides
- die Wortfolge „Folgende Auflagen sind einzuhalten:“ ersetzt wird durch die Wortfolge „Es wird folgende mitgeschützte Umgebung definiert und nachstehende Ausnahmen vom Eingriffsverbot für zulässig erklärt:“,
- der Punkt 3. lautet wie folgt: „3. Die anderen Bäume und Sträucher an den Granitblöcken („***“) dürfen entfernt werden.“,
- der Punkt 4. zur Gänze entfällt. Im Übrigen bleibt der Spruch des angefochtenen Bescheides aufrecht.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
§ 12 Abs. 1 – 4 NÖ Naturschutzgesetz 2000 – NÖ NSchG 2000
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
1.1. Mit Schreiben vom 6. April 2021 regte C bei der Bezirkshauptmannschaft Gmünd (in der Folge: belangte Behörde) an, einen alten Eichenbaum und die dazugehörige Steinformation in *** unter Naturdenkmalschutz zu stellen. Der Eichenbaum und der „***“ seien weitgehend naturbelassen und befänden sich auf dem Grundstück seiner Mutter, Frau A (in der Folge: Erst-Beschwerdeführerin), in ***.
1.2. Am 26. April 2021 wurde die Steinformation und die darauf befindlichen zwei Eichen vom Amtssachverständigen für Naturschutz, D, begutachtet. Befund und Gutachten wurden der Erst-Beschwerdeführerin zur Stellungnahme übermittelt. Diese führte in ihrer Stellungnahme vom 19. Mai 2021 aus, dass sie dem Gutachten zustimme, jedoch am Baum- und Strauchbewuchs am Grundstück weiterhin reduzierende Pflegemaßnahmen durchführen wolle, um eine Verwilderung des Grundstücks zu verhindern. Auch den alten Hühner- und Ziegenstall unter einer der beiden Eichen wolle sie nicht abreißen.
1.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. Juli 2021, Zl. ***, wurden die zwei Eichen am *** auf dem Grundstück Nr. *** in der KG *** zum Naturdenkmal erklärt. An den beiden alten Eichenexemplaren und an den Granitblöcken als mitgeschützte Umgebung seien keine Eingriffe – mit Ausnahme der Entfernung von Dürrästen – zulässig. Ausgenommen von diesem Eingriffsverbot seien Maßnahmen einer regelmäßigen Pflege (z.B. Grasschnitt, Entfernen von Brombeerranken). Die anderen Bäume des *** seien explizit nicht Schutzgut und dürften nach Meldung und Zustimmung an die Behörde entfernt werden, sofern sie sich zu Konkurrenten der alten Eichen entwickeln (Punkt 3.). Zudem wurde die Auflage (Punkt. 4) erteilt, dass von der Grundstücksbesitzerin „eventuell“ zu prüfen wäre, ob die Holzhütte auf dem *** entfernt werden „könnte“.
Die Behörde folgte in ihrem Bescheid dem Befund und Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz: Die beiden Stieleichen seien alt, ehrwürdig, mächtig, imposant und landschaftsprägend. Die jüngere Eiche habe einen Durchmesser in Brusthöhe von mehr als 1 Meter und einen Umfang von ca. 3,80 Meter. Die vordere, mächtigere, Eiche verzweige sich schon relativ knapp über dem Boden in zwei Hauptstämme. Ihr Durchmesser in Brusthöhe betrage 1,50 Meter bei einem Umfang von ca. 4,7 Meter. Aufgrund ihrer imposanten Erscheinung seien sie landschaftsprägend. Die Granitblöcke (Restlinge) seien sehr typisch und charakteristisch für manche Regionen des ***. Die beiden Eichen würden sich durch ihre Eigenart, Seltenheit, besondere Ausstattung und ihr Alter auszeichnen und der Landschaft ein besonderes Gepräge verleihen. Im gegenständlichen Fall würden sie aufgrund ihrer imposanten Erscheinung dem Ortsteil „***“ von *** eine charakteristische unverwechselbare Identität stiften. Das Ensemble (Eichen und Felsgebilde) stelle eine weitgehend naturbelassene Insel inmitten einer sonst stark veränderten, austauschbaren Kulturlandschaft dar.
1.3. Der Bescheid wurde der Erst-Beschwerdeführerin am 8. Juli 2021 zugestellt.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
2.1. Mit Schreiben vom 9. Juli 2021 erhob die Erst-Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass sie die Erklärung zum Naturdenkmal niemals gewollt habe. In der Verhandlung präzisierte die Erst-Beschwerdeführerin ihr Vorbringen dahingehend, dass sie die Erklärung zum Naturdenkmal bekämpfe, weil sie Angst habe, die Bäume könnten umfallen und ihr Haus zerstören.
2.2. Auf dem im Verwaltungsakt befindlichen Luftbild war ersichtlich, dass Äste der beiden Eichen (und damit ein Teil der Krone) auch auf das Nachbargrundstück (Grundstück Nr. ***) reichen. Daher wurde der Eigentümer des Nachbargrundstücks, B (in der Folge: Zweit-Beschwerdeführer), von der Erklärung zum Naturdenkmal in Kenntnis gesetzt. Die belangte Behörde stellte diesem daraufhin den Bescheid über die Erklärung zum Naturdenkmal nachträglich zu.
2.3. Mit Schreiben vom 28. August 2021 erhob der Zweit-Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass die Möglichkeit bestehen müsse, die beiden Eichenbäume bei Gefahr im Verzug rasch entfernen zu können. Eine Erklärung zum Naturdenkmal könne zudem dazu führen, dass über die Grundgrenze wachsende Äste nicht mehr beseitigt werden dürfen und ihn dies bei der Bewirtschaftung seines Grünlandes (angrenzend an das Grundstück mit den zwei Eichenbäumen) störe.
3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
3.1. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 30. August 2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher die Erst-Beschwerdeführerin und – verspätet – auch der Zweit-Beschwerdeführer teilnahmen. In der Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Verlesung des Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie des Gerichtsaktes, durch Vornahme eines Lokalaugenscheins und Beiziehung des Amtssachverständigen für Naturschutz D.
3.2. Der Amtssachverständige führte im Rahmen der Verhandlung ergänzend zu seinem Befund und Gutachten im Wesentlichen aus, dass das Alter der beiden Eichen ungewöhnlich ist und bereits eine Seltenheit darstellt. Die beiden Bäume machen einen naturbelassenen Eindruck und haben ihr urtümliches Erscheinungsbild erhalten. Das Besondere an diesen beiden Bäumen ist, dass sie sich auf einem Granit-Steinberg befinden. Die Bäume bilden zusammen mit der Steinformation aus Granit ein unverwechselbares Ensemble. Das Ensemble stellt eine Einmaligkeit dar. Zwar gibt es im *** solche Anordnungen, diese sind jedoch sehr selten. Die Bedeutung der beiden Eichen am *** ist als sehr überregional einzustufen.
Vom Naturdenkmalschutz sollen nur die beiden Bäume und die Steinformation erfasst werden, nicht jedoch die anderen Bäume und Sträucher, weil diese keinerlei Besonderheit haben. Diese anderen Bäume und Sträucher können jederzeit entfernt (umgeschnitten) werden.
4. Feststellungen:
4.1. Auf dem Grundstück Nr. *** in der KG *** stehen auf einer Steinformation aus Granit zwei Stileichen (Quercus robur). Die jüngere Eiche hat einen Durchmesser des Stammes in Brusthöhe von mehr als 1 Meter und einen Umfang von ca. 3,80 Meter. Die ältere, mächtigere, Eiche verzweigt sich knapp über dem Boden in zwei Hauptstämme. Diese Eiche hat vor der Verzweigung ca. 1,5 Meter Durchmesser des Stammes in Brusthöhe und einen Umfang von ca. 4,70 Meter. Ein Teil der Kronen der beiden Bäume reicht auch auf das Grundstück Nr. *** in der KG ***.
4.2. Die beiden Eichen haben ein imposantes Erscheinungsbild. Sie sind landschaftsprägend. Sie sind alt; insbesondere die ältere und mächtigere Eiche hat ein Alter zwischen 150 und 200 Jahren. Die beiden Eichen haben ein urtümliches und naturbelassenes Erscheinungsbild erhalten. Sie sind dem äußeren Anschein nach gesund.
4.3. Die Steinformation hat eine Höhe von ca. 5 bis 6 Meter (betrachtet vom Nachbargrundstück Nr. *** im Norden). Es handelt sich bei der Steinformation um Granitböcke (sogenannte Restlinge), welche teilweise mit Moosen bewachsen sind.
4.4. Die Anordnung der beiden Eichen auf der Steinformation ist in der Region eine Seltenheit. Die Steinformation hat mitbestimmende Bedeutung für die beiden Eichen. Die beiden Eichen mit Steinformation stellen eine weitgehend naturbelassene Insel inmitten einer sonst stark veränderten Kulturlandschaft dar. Ähnliche Ensembles sind im *** sehr selten.
4.5. Die von den beiden Eichen auf dem Grundstück Nr. *** verschiedenen Bäume und Sträucher weisen keine Besonderheiten auf.
5. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich im Wesentlichen aus der Verhandlung, dem Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere dem Gutachten des Amtssachverständigen, welches in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde. Die Lage und Beschaffenheit der beiden Bäume und der Steinformation war unzweifelhaft. Die Feststellungen zu den Besonderheiten (Alter, imposantes und landschaftsprägendes Erscheinungsbild, urtümlicher Charakter und Naturbelassenheit, Baumgruppe mit Felsformation) gründen sich auf den Ausführungen des Amtssachverständigen für Naturschutz. Sie sind schlüssig und nachvollziehbar. Der Amtssachverständige konnte die Besonderheiten auch im Rahmen des Lokalaugenscheins darlegen und erläutern. Insbesondere wurde vom Amtssachverständigen mehrfach betont, dass hier die spezielle Konstellation und Anordnung (Eichen am ***) eine Besonderheit darstellt und aus naturschutzfachlicher Sicht schützenswert ist.
6. Rechtslage:
6.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten auszugsweise:
„Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.“
6.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes 2000 (NÖ NSchG 2000) lauten auszugsweise:
„§ 12
Naturdenkmal
(1) Naturgebilde, die sich durch ihre Eigenart, Seltenheit oder besondere Ausstattung auszeichnen, der Landschaft ein besonderes Gepräge verleihen oder die besondere wissenschaftliche oder kulturhistorische Bedeutung haben, können mit Bescheid der Behörde zum Naturdenkmal erklärt werden. Zum Naturdenkmal können daher insbesondere Klammen, Schluchten, Wasserfälle, Quellen, Bäume, Hecken, Alleen, Baum- oder Gehölzgruppen, seltene Lebensräume, Bestände seltener oder gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, Felsbildungen, erdgeschichtliche Aufschlüsse oder Erscheinungsformen, fossile Tier- oder Pflanzenvorkommen sowie Fundorte seltener Gesteine oder Mineralien erklärt werden.
(2) Soweit die Umgebung eines Naturgebildes für dessen Erscheinungsbild oder dessen Erhaltung mitbestimmende Bedeutung hat, kann diese in den Naturdenkmalschutz einbezogen werden.
(3) Am Naturdenkmal dürfen keine Eingriffe oder Veränderungen vorgenommen werden. Das Verbot bezieht sich auch auf Maßnahmen, die außerhalb des von der Unterschutzstellung betroffenen Bereiches gesetzt werden, soweit von diesen erhebliche Auswirkungen auf das Naturdenkmal ausgehen. Nicht als Eingriffe gelten alle Maßnahmen, die dem Schutz und der Pflege des Naturdenkmales dienen und im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde gesetzt werden.
(4) Die Behörde kann für Maßnahmen, die Eingriffe im Sinne des Abs. 3 darstellen, die aber insbesondere der wissenschaftlichen Forschung oder der Erhaltung oder der Verbesserung des Schutzzweckes dienen sowie für die besondere Nutzung des Naturdenkmales Ausnahmen gestatten, wenn dadurch das Ziel der Schutzmaßnahme nicht gefährdet wird.
(5) Der Grundeigentümer oder Verfügungsberechtigte hat für die Erhaltung des Naturdenkmales zu sorgen. Aufwendungen, die über den normalen Erhaltungsaufwand hinausgehen, sind, sofern sie der Berechtigte nicht freiwillig aus eigenem trägt, vom Land zu tragen.
(6) Bei Gefahr im Verzug hat der Eigentümer oder Verfügungsberechtigte die zur Abwehr von Gefahren von Personen oder Sachen notwendigen Vorkehrungen am oder um das Naturdenkmal unter möglichster Schonung seines Bestandes zu treffen. Derartige Maßnahmen sind der Behörde unverzüglich anzuzeigen.
(8) Die Erklärung zum Naturdenkmal ist zu widerrufen, wenn 1. der Zustand des Naturdenkmales eine Gefährdung für Personen oder Sachen darstellt […].“
7. Erwägungen:
7.1. Die Beschwerden sind nicht berechtigt.
7.2. Zur Parteistellung des Zweit-Beschwerdeführers:
Ein Teil der Kronen der beiden Bäume reicht auf das Grundstück Nr. ***, dessen Eigentümer der Zweit-Beschwerdeführer ist. Diesem kommt damit Parteistellung zu, da eine Unterschutzstellung der beiden Eichen ihm als Grundstückseigentümer beeinträchtigt, von seinem Recht gemäß § 422 ABGB Gebrauch zu machen. § 422 ABGB beinhaltet nämlich das Recht des Grundnachbarn, vom Nachbargrund in seinen Grund eindringende Wurzeln aus dem Boden zu reißen und die über seinen Luftraum hängenden Äste abzuschneiden. Ein Bescheid gemäß § 12 Abs. 3 NÖ NSchG 2000 untersagt einem Grundeigentümer von diesem Recht Gebrauch zu machen. Er greift somit in die Rechtssphäre des Zweit-Beschwerdeführers ein. Dieser ist daher Partei des Verfahrens im Sinne des § 8 AVG. Er war dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren beizuziehen und zur Erhebung einer Beschwerde legitimiert (vgl. VwGH 27.08.2002, 2002/10/0113).
7.3. Zum Naturdenkmal:
Naturgebilde, die sich durch ihre Eigenart, Seltenheit oder besondere Ausstattung auszeichnen oder der Landschaft ein besonderes Gepräge verleihen können gemäß § 12 Abs. 1 NÖ NSchG mit Bescheid der Behörde zum Naturdenkmal erklärt werden. Darunter fallen – wie der beispielhaften Aufzählung des Gesetzestextes zu entnehmen ist – auch Bäume, Baumgruppen oder Felsformationen.
Eine Eigenart liegt dann vor, wenn das gegenständliche Naturgebilde besondere Merkmale aufweist, die bei vergleichbaren Gebilden seiner Art nicht vorkommen. Bei Bäumen kann sich dies insbesondere in außergewöhnlichen Wuchsformen oder einem imposanten und mächtigen Erscheinungsbild manifestieren.
Zum Begriff der Seltenheit hat der Verwaltungsgerichtshof bereits (in der analogen Bestimmung zum steirischen Naturschutzgesetz) ausgesprochen, dass Seltenheit das Gegenteil von häufig vorkommend, nicht aber Einmaligkeit bedeutet. (Staudigl in Kroneder, Kurzkommentar zum Wiener Naturschutzrecht (2014), 107 mit Hinweis auf VwGH 14.3.1994, 93/10/0116).
Die Seltenheit eines Naturgebildes kann sich daher insbesondere im außergewöhnlichen Alter des Baumes, im urtümlichen Erscheinungsbild eines Baumes, im ungewohnten Vorkommen des Baumes in einer bestimmten Region oder durch die außergewöhnlichen Ausmaße (z.B. Stammstärke) ergeben. Auch die besondere Anordnung eines Naturgebildes (hier: zwei Eichen auf einer Felsformation) kann vom Begriff der Seltenheit erfasst sein.
Die zwei Stieleichen am *** weisen aufgrund ihres Alters, des imposanten und landschaftsprägenden Erscheinungsbildes, des urtümlichen Charakters und der Naturbelassenheit sowie ihrer besonderen Anordnung als Baumgruppe mit Felsformation eine Eigenart sowie auch eine Seltenheit in der Region auf.
Da die Granitblöcke („***“) maßgeblich für das Erscheinungsbild der beiden Eichen sind, war diese gemäß § 12 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 in den Naturdenkmalschutz einzubeziehen.
7.4. Zum Beschwerdevorbringen der Erst-Beschwerdeführerin:
Das bloße Vorbringen, wonach die Erst-Beschwerdeführerin es niemals gewollt habe, dass die beiden Eichen auf dem *** zum Naturdenkmal erklärt werden, führt nicht zum Erfolg. Denn beim Verfahren zur Naturdenkmalerklärung handelt es sich um ein amtswegiges Verfahren. § 12 Abs. 3 NÖ NSchG 2000 beinhaltet eine Handlungsermächtigung der Behörde. Demnach liegt es im Rahmen dieser Gestaltungsfreiheit, ob und in welchem Umfang die Behörde ein Naturgebilde zum Naturdenkmal erklärt. Voraussetzung ist einzig und allein, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen (vgl. VwGH 29.02.2012, 2007/10/0197). Dies wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht gerügt, vielmehr erschöpfte sich ihr Vorbringen nur in einem Protest.
Die von der Erst-Beschwerdeführerin (und vom Zweit-Beschwerdeführer) geäußerte Befürchtung, dass die Bäume bei Schäden nicht mehr entfernt werden könnten und dann auf das Haus der Erst-Beschwerdeführerin fallen könnten, wird durch die Anordnung des § 12 Abs. 6 und Abs. 8 NÖ NSchG ausgeräumt. Danach kann die Erklärung zum Naturdenkmal widerrufen werden, wenn der Zustand des Naturdenkmals eine Gefährdung für Personen oder Sachen darstellt. Bei Gefahr in Verzug hat der Eigentümer die zur Abwehr von Gefahren von Personen oder Sachen notwendigen Vorkehrungen am oder um das Naturdenkmal unter möglichster Schonung seines Bestandes zu treffen. Eine potentiell mögliche, jedoch völlig unkonkrete Gefährdung des Hauses durch die Bäume ist kein Grund, der gegen die Erklärung zum Naturdenkmal spricht.
7.5. Zum Beschwerdevorbringen des Zweit-Beschwerdeführers:
Die Einwendung, wonach überhängende Äste der zum Naturdenkmal erklärten Eichen eine Bewirtschaftung seines Grünlandes beeinträchtigen könnten, führt nicht zum Erfolg. Denn das NÖ NSchG macht die Naturdenkmalerklärung weder von einer Interessenabwägung abhängig, noch verlangt es eine Bedachtnahme darauf, ob das Eingriffsverbot gemäß § 12 Abs. 3 NÖ NSchG 2000 für den Betroffenen wirtschaftlich zumutbar ist (VwGH 27.08.2002, 2002/10/0113).
7.6. Bei den im Spruch aufgeführten Ausführungen in den Punkten 1.-3. handelt es sich um eine Einbeziehung des „***“ in den Naturdenkmalschutz (§ 12 Abs. 2 NÖ NSchG 2000) sowie um eine Gewährung von Ausnahmen vom Eingriffsverbot (§ 12 Abs. 4 NÖ NSchG). Der Spruch war daher entsprechend abzuändern. Der Punkt 3. war zu präzisieren, da der Amtssachverständige beim Lokalaugenschein vor Ort ergänzend ausführte, dass die anderen – von den beiden Eichen verschiedenen – Bäume und Sträucher keinerlei Besonderheit aufweisen und daher nicht in den Naturdenkmalschutz einbezogen werden sollten. Sie können aus Sicht des Amtssachverständigen entfernt werden.
Die in Punkt 4. genannte Auflage ist nicht zulässig. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen Auflagen ausreichend bestimmt und aus sich selbst heraus vollziehbar sein (vgl etwa VwGH vom 11. Dezember 2012, 2010/05/0097). Dies trifft auf den Punkt 4. nicht zu, als die Verwendung der Wortfolge „eventuell wäre […] zu prüfen, ob die alte, ausgediente Holzhütte […] entfernt werden könnte“ eher auf einen Hinweis, als auf eine normative Anordnung schließen lässt. Dieser Punkt ist weder zulässig noch erforderlich und hatte daher zu entfallen.
7.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Es wird auf die zitierte Judikatur verwiesen und darauf, dass der gegenständlichen
Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.
Schlagworte
Landwirtschaft und Natur; Naturschutz; Naturdenkmal; Eingriffsverbot; Nachbargrund; Grundeigentümer; Parteistellung; Beschwerdelegitimation;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1185.001.2021Zuletzt aktualisiert am
03.11.2021