Entscheidungsdatum
17.05.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W195 2120874-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.201, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.05.2021 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Vorhergehende Verfahrensgänge:
I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge „BF“), ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, stellte nach nicht rechtmäßiger Einreise am 04.09.2012 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.
Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 06.09.2012 Folgendes vor:
Er sei ledig, Sunnit und gehöre der Volksgruppe der Bengalen an. Er habe die Grundschule besucht und habe zuletzt keine Beschäftigung gehabt.
Zum Fluchtgrund befragt gab der BF an, er habe Angst um sein Leben. Er habe Angst vor den Leuten der BNP Partei. Zuletzt sei er im Jahre 2012 von Beamten der RAB festgenommen und geschlagen worden. Nach einem Tag sei er freigelassen geworden. Das würde eigentlich nicht stimmen. Zuletzt sei er, er wisse es gar nicht mehr, von der Polizei festgenommen und für 10 Tage im Zentralgefängnis eingesperrt worden. Er sei nämlich von Leuten der BNP angezeigt worden. Diese hätten dem BF vorgeworfen, dass er jemanden entführt hätte. Außerdem habe er Schmerzen an beiden Fußsohlen und brauche ärztliche Hilfe, weil er als er 2010 eingesperrt war von Beamten an den Fußsohlen geschlagen worden sei. Bei einer Rückkehr habe er Angst, dass er von Leuten der BNP getötet werde.
I.2. Am 15.11.2012 wurde im Auftrag des damals zuständigen Bundesasylamtes eine gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren gemäß § 10 AsylG 2005 erstellt. Dabei wurde festgestellt, dass beim BF keine belastungsabhängigen krankheitswertigen psychischen Störungen sowie keine psychischen Krankheitssymptome vorliegen.
Es wurde ein Konsultationsverfahren mit XXXX geführt, da der BF zuvor im XXXX um Asyl angesucht hatte. Die XXXX Behörden erklärten sich mit Schreiben vom 14.09.2012 gemäß Artikel 16 Abs 1 e der Dublin II Verordnung für zuständig. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.01.2013 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Es wurde festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutzes gemäß Artikel 16 Abs 1 e der Verordnung Nr. 343/2003 des Rates Rumänien zuständig ist. Der BF wurde gemäß § 10 Abs 1 Ziffer 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach XXXX ausgewiesen und es wurde festgehalten, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach XXXX gemäß § 10 Absatz 4 AsylG zulässig sei.
Der Beschwerde des BF gegen den oa. Bescheid wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.02.2013 gemäß § 41 Abs. 3 AsylG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
I.3. Am 14.07.2015 wurde der BF im nunmehr zuständigen BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF unter anderem an:
Er bekomme Medikamente aufgrund einer Verletzung auf den Fußsohlen. Auch im Hüftbereich habe er Schmerzen. Welche Medikamente er nehme könne er nicht sagen. Diese Medikamente nehme er, da er in Bangladesch gefoltert worden sei. Seine Fußsohlen seien noch entzündet. Seine Eltern und seine vier Schwestern würden in Bangladesch leben. Der BF habe telefonischen Kontakt mit seinen Eltern, nicht regelmäßig aber hin und wieder.
Der BF habe keine strafbaren Handlungen in Bangladesch begangen. Die Polizei in Bangladesch würde nach dem BF suchen. Es würde einen Haftbefehl gegen den BF geben. Er könne dies aber nicht genau sagen. Der BF sei von der Polizei erpresst worden. Es würde eine Anzeige gegen den BF geben. Der BF sei in Bangladesch bei der Awami League (AL) politisch tätig gewesen. Der BF sei für das Plakatieren und für die Ankündigung von Veranstaltungen zuständig gewesen. Der BF sei von der Gegenpartei der BNP wegen einer Entführung eines Kindes angeklagt worden. Er sei deshalb verhaftet worden und sei 10 Tage im Gefängnis gewesen. Mit Hilfe eines Rechtsanwaltes sei der BF freigelassen worden
Zu seinen Fluchtgründen führte der BF aus, er habe Bangladesch verlassen, da der BF und seine Familie AL Anhänger beziehungsweise Aktivisten seien. Aufgrund dieses Konfliktes sei ein Bruder des BF ermordet worden. Deshalb fühle er sich in Bangladesch nicht mehr sicher. Der BF sei auch nachträglich angeklagt und von der Polizei gesucht worden. Es habe deshalb mehrere Razzien in seinem Wohnort gegeben. Der BF habe sich öfters in Dhaka bzw. in anderen unterschiedlichen Orten aufgehalten. Der BF sei schließlich von der RAB verhaftet und mitgenommen worden. Er sei gefoltert worden. Mit Hilfe eines Anwaltes habe der BF freikommen können. Der BF sei trotzdem von der RAB hin und wieder erpresst worden. Der Anwalt des BF habe dem BF vorgeschlagen das Land zu verlassen. Es sei ihm gesagt worden, dass wenn er das nicht tue, sein Leben in Gefahr sei. Der BF sei von der RAB und Leuten der BNP bedroht worden. Nach der Ausreise des BF seien die Eltern des BF bedroht worden, zuletzt 2011.
Im Falle seiner Rückkehr wurde der BF von der RAB hereingelegt, in ein Crossfire gestellt werden und würde umgebracht werden.
I.4. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 12.01.2016 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57, 55 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung angesetzt (Spruchpunkt V.) (AS 561 ff.).
I.5. Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde an das BVwG erhoben, welches nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 17.05.2019, XXXX die Beschwerde im Ergebnis abwies.
Das BVwG traf in diesem Erkenntnis folgende Feststellungen:
„II.1.1. Der Beschwerdeführer
Beim BF handelt es sich um einen männlichen, bengalischen Staatsbürger, welcher aus einem Dorf im Distrikt XXXX stammt und die Sprache Bengali spricht. Der BF gehört der Volksgruppe der Bengalen und dem moslemisch/sunnitischen Glauben an.
Der BF ist somit Drittstaatsangehöriger.
Der BF ist ein lediger, arbeitsfähiger Mann mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.
Familienangehörige des BF – seine Eltern, seine vier Schwestern - leben nach wie vor im Herkunftsstaat des BF. Der BF hatte zu seiner Familie Kontakt. Vor seiner Ausreise aus Bangladesch ging der BF keiner Arbeit nach. Der BF verfügt über eine neunjährige Schulausbildung.
Der BF leidet an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Krankheit. Nach langjährigen Kreuzschmerzen wurde der BF in Österreich operiert.
Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten. Der BF hat Deutschkurse, unter anderem einen Alphabetisierungskurs und Deutschkurs vom 01.05-30.06.2013, einen Deutschkurs A1 vom 10.06.2013-30.07.2013 besucht. Der BF hat am 05.12.2014 die ÖSD Prüfung auf B1 Niveau Deutsch nicht bestanden.
Der BF hat vom 15.07-.29.11.2013 an einem Projekt namens „ XXXX teilgenommen. Der BF ist im Besitz eines arbeitsrechtlichen Vorvertrages. Der BF ist Mitglied der XXXX . Der BF ist im Besitz eines Kulturpasses. Der BF hat Freunde in Österreich.
Der BF erhält seit 25.02.2019 Leistungen aus der Grundversorgung und wohnt in einer Flüchtlingsunterkunft. Zuvor wurde der BF von seinem Bruder XXXX und der XXXX unterstützt. Der Bruder des BF ist österreichische Staatsbürger und lebt in Österreich. Diesem Bruder des BF wurde in Österreich mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 08.02.2008 der Asylstatus gewährt. Eine Schwester des BF namens XXXX befindet sich ebenfalls in Österreich. Diese ist Asylwerberin. Sie ist von aufenthaltsbeendenden Maßnahme bedroht. Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde vom BFA negativ entschieden, sie hat gegen diese Entscheidung Beschwerde erhoben. Der BF wohnt mit seinen Geschwistern aktuell nicht zusammen.
Der BF ist unbescholten.
Die Identität des BF steht nicht fest.“
Nach den unter II.1.2. erfolgten Länderfeststellungen in der damals aktuellen Fassung hielt das BVwG weiters fest:
„II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in seiner Heimat seitens Mitgliedern der BNP oder staatlichen Stellen bedroht bzw. verfolgt wurde bzw. wird.“
In der Begründung führte das BVwG in seiner Entscheidung hinsichtlich der Feststellungen zur Identität des BF aus:
„II.2.2. Die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich – vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie seinen Sprach- und Ortskenntnissen.
Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des BF nicht festgestellt werden. Soweit dieser namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des BF als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.
Ergänzend darf angeführt werden, dass der BF zwar eine Geburtsurkunde und einen Staatsbürgerschaftsnachweis vorlegte, dadurch konnte der BF seine Identität nicht beweisen. Auf diesen Dokumenten befindet sich kein Lichtbild und ist somit eine Zuordnung dieser Beweismittel zu einer bestimmten Person nicht möglich. Darüber hinaus handelt es sich hierbei um Kopien. [Es] kann anhand einer Kopie eine Echtheitsüberprüfung eines Dokumentes nicht vorgenommen werden.“
In der weiteren Beweiswürdigung des angeführten Erkenntnisses wurde ein weiterer Widerspruch des BF hinsichtlich seiner persönlichen Dokumente dargestellt (BVwG Erkenntnis Seite 45, 4. Absatz): „Der BF gab zudem vor dem BFA an, er würde keinen Reisepass besitzen. Die Schlepper hätten dem BF seinen Reisepass abgenommen. In der Erstbefragung erörterte der BF hingegen, sein Reisepass würde sich bei ihm zu Hause in Bangladesch befinden.“
Widersprüchlich sind ebendort die Angaben des BF bzw. seines Bruders XXXX zum Alter des BF. Der Bruder des BF gab in dessen Verfahren an, dass der BF im Jahr 2006 16 Jahre alt war, dann wäre der BF jedoch im Jahr 1990 geboren und nicht wie vom BF angeführt im Jahr 1992.
I.6. Gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wollte der BF eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben und suchte um Bewilligung der Verfahrenshilfe an. Der VwGH lehnte mit Beschluss vom 05.07.2019, XXXX die Gewährung der Verfahrenshilfe ab, weil keine Anhaltspunkte für die Annahme bestünden, dass die außerordentliche Revision von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme und die Rechtsverfolgung aussichtslos erschien.
I.7. Gegen diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wollte der BF auch eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erheben und suchte um Verfahrenshilfe an. Der VfGH lehnte mit Beschluss vom 13.09.2019, XXXX die Bewilligung zur Verfahrenshilfe ab, weil kein Anhaltspunkt zur Annahme bestünde, dass die Entscheidung auf einer rechtswidrigen Norm beruhe oder dass bei der Gesetzeshandhabung ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen wäre.
II. Gegenständliches Verfahren:
II.1. Am 02.07.2020 stellte der BF einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte nach §°46a Abs 4 FPG iVm § 46a Abs 1 Z 3 FPG, nämlich wegen der Unmöglichkeit der Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen.
II.2. Konkret führte der von einem Rechtsberater angeleitete BF im Antrag aus: „Erlangung von Reisedokument nicht möglich; Mitwirkungspflicht stets nachgekommen, BVwG-Erkenntnis bereits vom Mai 2019“.
II.3. In einem Email des Vertreters des BF vom 14.09.2020 meinte dieser, dass der BF „leider über keine bengalischen Personaldokumente verfügt“. Der BF sei bereits öfters bei der bengalischen Botschaft gewesen, zuletzt am 14.09.2020, er habe auch ein Handy-Foto eines Botschaftsbeamten gemacht, welches er vorlegte. Man habe ihm keine Dokumente ausgestellt und ihm eine Bestätigung über die erfolgte Vorsprache verweigert.
II.4. Am 30.09.2020 verständigte das BFA den BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme. Es sei beabsichtigt, den Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte abzuweisen, da der BF bis dato nicht aus Eigenem nachweislich versucht habe, einen Reisepass des Heimatlandes zu erlangen und konnte der BF auch keine schriftliche Bestätigung über eine Vorsprache zwecks Erlangung eines Reisepasses vorlegen. Weiters wurde ein umfangreicher Fragenkatalog dem BF übermittelt.
II.5. In der Stellungnahme des BF vom 15.10.2020 führte dieser – zusammengefasst – aus, dass der BF entsprechende Formulare ausgefüllt habe und mehrfach, konkret fünf Mal im Zeitraum März bis Oktober 2020, in der bengalischen Botschaft vorgesprochen habe. Der Bruder des BF habe ihn am 14.09.2020 begleitet.
Weiters wurde in der Stellungnahme ausgeführt: „Wie im bisherigen Verfahren hervorgekommen ist, hat der illegal ins Bundesgebiet eingereiste Antragsteller noch nie einen Reisepass oder sonstige Personaldokumente besessen, gleichwohl hat er im gesamten Asyl- wie auch im fremdenpolizeilichen Verfahren stets plausible und gleichlautende Angaben zu seiner Identität gemacht“.
In Österreich würde sich auch die Schwester XXXX aufhalten und sein Onkel XXXX .
Der BF würde Deutschkurse besuchen, eine Sprachprüfung auf dem Niveau A2 habe er bislang nicht erfolgreich absolviert.
Hinsichtlich seines Familienstandes führte der BF in dieser Stellungnahme vom 15.10.2020 aus, dass er „unverheiratet und kinderlos“ sei.
II.6. Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung des BFA vom 22.02.2021 wies das BFA den Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte ab.
Begründend wird ausgeführt, dass die entsprechenden Voraussetzungen dafür nicht vorlägen.
Konkret konnte die Identität des BF nicht festgestellt werden. Er sei ledig und für niemanden sorgepflichtig. Der BF verfüge nicht über eine aufrechte Kranken- und Sozialversicherung. Der BF geht keiner Beschäftigung nach.
Der Bruder des BF würde als österreichischer Staatsbürger in Österreich leben, ebenso wie die Schwester, welche Staatsbürgerin von Bangladesch sei und keinen rechtmäßigen Aufenthaltsstatus besitze.
Es läge eine rechtskräftige Ausreiseverpflichtung vor, der der BF nicht nachgekommen sei. Der BF habe sich nicht im ausreichendem Maß und mit Nachdruck um die Ausstellung eines Reisepasses bei seiner Heimatbotschaft bemüht. Der BF habe keinen Nachweis über den Besuch der Botschaft erbracht.
Darüber hinaus habe sich der BF, der auch Verwandte im Heimatland habe, nicht bemüht, mit lokalen Behörden Kontakt aufzunehmen um Dokumente oder einen Reisepass zu erlangen.
Der BF leide nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung und würde aufgrund der Anknüpfungspunkte in der Heimat nicht in eine lebens- oder existenzbedrohliche Lage geraten.
II.7. In der gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde führte der BF im Wesentlichen die gleiche Begründung aus, die er bereits in der Stellungnahme vom 15.10.2020 darlegte. Das BFA würde dem BF zu Unrecht eine zu geringe Eigeninitiative vorwerfen. Selbst der Bruder des BF habe „das Gespräch mit dem Botschafter gesucht“. Die Botschaft habe die Bestätigung über den Besuch des BF verweigert.
Es sei somit „die Nichtausstellung eines Heimreisezertifikates nicht dem Verschulden des BF, sondern vielmehr dem Umstand geschuldet, dass dieser zeitlebens keine Dokumente besessen habe und die bengalischen Behörden dessen Staatsangehörigkeit folglich nicht als erwiesen ansehen“.
II.8. Am 11.05.2021 erfolgte die mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des BF, seines Rechtsvertreters sowie einer bengalisch-sprachkundigen Dolmetscherin.
Im Rahmen dieser Verhandlung konnte – zusammengefasst – festgehalten werden:
Der BF wies sich – mangels Dokumentes – nicht aus.
Der BF legte eine Bestätigung einer „ XXXX aus dem Jahr 2013 vor.
Der BF legte eine Kopie einer Geburtsurkunde des XXXX , des Standesamtes XXXX , sowie eine Kopie einer Beglaubigung der Vaterschaftsanerkennung zu XXXX , beurkundet vom Standesamt XXXX , vor.
Weiters legte der BF eine Kopie eines „Ehevertrages“ zwischen dem BF und XXXX , beurkundet vor dem XXXX vor.
Im Zuge der Verhandlung wurde öfters auf die schriftliche Bestätigung der Botschaft der Volksrepublik Bangladesch vom 04.05.2021 hinsichtlich eines Besuches des BF „to seek for his consular helping“ verwiesen, welche mit Eingabe vom 07.05.2021 dem BVwG vorgelegt wurde.
Zu seinen derzeitigen Lebensumständen in Österreich befragt gab der BF an, dass er bei seinem Bruder, einem Österreicher bengalischer Herkunft, lebe. Er müsse somit nichts an Miete zahlen. Er würde manchmal – ohne Arbeitserlaubnis - bei einem Zeitungsstand aushelfen und damit ca € 100 erwerben. Er habe lediglich eine Schulausbildung, jedoch keine Berufsausbildung erworben. Ob die frühere Arbeitseinstellungszusage in einer Gastwirtschaft nach dem „Corona-bedingten Lockdown“ noch aufrecht wäre konnte der BF nicht bestätigen.
Vermögen habe der BF keines.
Seine Kenntnisse in deutscher Sprache sind, wie sich in der Verhandlung bestätigte, sehr gering, eine Unterhaltung ist schwer möglich, weil der Sprachwortschatz sehr begrenzt ist.
Zu seinen Verwandten gab der BF an, dass neben seinem Bruder eine Schwester, XXXX in Wien lebe; ihr Asylverfahren sei vom BVwG negativ entschieden worden (02.10.2019, XXXX ). Wie eine nachfolgende Recherche ergab, wurde diese Entscheidung des BVwG faktisch – durch Nichtbewilligung der Verfahrenshilfe wegen Aussichtslosigkeit – bestätigt vom VwGH ( XXXX ) und VfGH ( XXXX ).
Seine sonstige Familie, Eltern und Geschwister, würden in Bangladesch leben; er hätte regelmäßigen, mehrmals pro Woche Kontakt zu ihnen.
In Österreich würde sein Kind leben, welches am XXXX zur Welt kam. Er habe die Vaterschaft anerkannt. Die Mutter des Kindes sei XXXX , ohne Arbeit. Auch das Kind habe sei Staatsangehöriger von Myanmar. Derzeit befände sich ein Verfahren betreffend die Kindesmutter vor dem BVwG ( XXXX dem zu Folge, so der Gerichtsakt, zu entscheiden wäre, ob die Kindesmutter samt ihrem Sohn ( XXXX ) nach Italien überstellt werden soll, da Italien für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig wäre.
Der BF gab weiters – unter Verweis auf das vorgelegte Dokument - an, dass er XXXX geheiratet habe, nämlich nach islamischen Recht. Man habe ihm mitgeteilt, dass dies auch staatlich anerkannt werde, was jedoch der Rechtsberater des BF in der Verhandlung bestritt.
Gefragt, welche Unterhaltsverpflichtungen der BF gegenüber seinem Kind habe, meinte dieser, er erhalte von einer Organisation Pflegegeld von € 110.
Zum Verhältnis zur Mutter des Kindes befragt gab der BF an, dass er „seit ca. einem Jahr“ mit dieser zusammen sei. Nachgefragt, warum der BF bisher, etwa beim BFA oder in der Beschwerde, keine Angaben darüber machte, meinte der BF lediglich, dass er „sie ja erst hier geheiratet“ habe und nicht vorher.
Der BFV gab dazu an, dass die Lebensgefährtin deshalb nicht genannt wurde, weil das gegenständliche Verfahren die „Ausreiseverpflichtung“ des BF betreffe und daher die Lebensgemeinschaft nicht vordergründig erscheine.
Zu den Besuchen in der Botschaft gab der BF an, dass er „jeden Monat ein- bis zweimal“ dorthin ginge, um Dokumente zu bekommen. Er habe „keine Dokumente“ in der Botschaft vorgelegt, weil er keine besitze. Damit konfrontiert, dass im rechtskräftigen Erkenntnis des BVwG vom 16.10.2019, XXXX , Seite 33, festgehalten ist, dass der BF eine Geburtsurkunde und einen Staatsbürgerschaftsnachweis – wenn auch ohne Bild – von Bangladesch vorlegte, vermeinte der BF nochmals, dass er keine Dokumente besitze. Der Rechtsvertreter gab dazu an, dass es sich dabei um Dokumente des Cousin XXXX gehandelt habe.
Der als Zeuge einvernommene Bruder des BF, XXXX , derzeit arbeitslos, gab an, er habe den BF einmal zur Botschaft begleitet und habe auch persönlich mit dem Botschafter telefoniert; sie könnten eine Bestätigung nicht ausstellen.
Der BF gab an, dass er beim letzten Besuch in der Botschaft die Auskunft erhalten habe, dass „sie ermitteln werden“. Man habe ihm eine Bestätigung gegeben, weil der BF eine Ladung des BFA mitgenommen habe und ihnen zeigte, dass er sich bei der Einvernahme rechtfertigen müsse. Deshalb sei eine Bestätigung ausgestellt worden. Gefragt, wie die Botschaft ihn unterstützen würde, meinte der BF, dass der Botschafter ihn unterstützen könne, „wenn ich Dokumente benötige, bekomme ich diese nur durch die Botschaft“.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:
Auf die Feststellungen im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.05.2019, XXXX , wird verwiesen.
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali.
Der unter „I. Vorhergehende Verfahrensgänge“ dargelegte Sachverhalt wird als gegeben festgestellt.
Festgestellt wird, dass in Bangladesch die Eltern und die meisten Geschwister leben. Festgestellt wird, dass der BF regelmäßigen mehrmals wöchentlichen Kontakt zu seinen Verwandten in Bangladesch hat. Festgestellt wird, dass in Österreich ein Bruder (StA Österreich) sowie eine Schwester, deren Asylantrag negativ entschieden wurde, sowie ein Onkel und ein Cousin leben.
Festgestellt wird, dass der BF in Österreich traditionell, staatlich nicht anerkannt, eine Staatsangehörige von Myanmar „geheiratet“ hat und die Vaterschaft ihres Kindes, geboren XXXX , ebenfalls Staatsangehörigkeit Myanmar, anerkannte. Festgestellt wird, dass hinsichtlich dieser Frau und ihrem Kind ein Verfahren beim BVwG hinsichtlich einer Überstellung nach Italien zur Durchführung eines Asylverfahrens anhängig ist.
Festgestellt wird, dass der BF in der Verhandlung behauptete, dass er nicht wisse, ob er nach staatlichem Recht verheiratet sei, hingegen sein Bruder als Zeuge aussagte, dass er dem BF zwei Tage nach dessen Hochzeit dies erläutert habe.
Festgestellt wird, dass der BF behauptet, er besitze „keine Dokumente“. Festgestellt wird, dass in dem vom BF vorgelegten „Ehevertrag“ vom 08.02.2021 auf ein Dokument „1212027“, ausgestellt am „21.02.2013“, referenziert wird.
Festgestellt wird, dass der BF ledig ist und der genannte „Ehevertrag“ keinerlei staatliche Wirkung entfaltet.
Festgestellt wird, dass der BF von dieser behaupteten Verbindung bzw dem anerkannten Kind im bisherigen Verfahren, insbesondere weder in seiner Stellungnahme vom 15.10.2020 noch in der Beschwerde vom 23.03.2021, irgendwelche Angaben machte. Festgestellt wird, dass sich allfällige, mögliche Obsorgeverpflichtungen des BF auf einen Staatsangehörigen von Myanmar beziehen, dessen Aufenthalt in Österreich ungesichert ist und dessen Überstellung nach Italien derzeit geprüft wird.
Festgestellt wird, dass der BF – ohne Arbeitserlaubnis – gelegentlich als Zeitungsverkäufer aushilft. Ob eine vor der Corona-Pandemie erfolgte Einstellungszusage noch gültig ist, konnte der BF nicht bestätigen. Der BF besitzt keinerlei Vermögen.
Festgestellt wird, dass der BF bengalische und österreichische Freunde hat.
Festgestellt wird, dass sich die Deutschkenntnisse des BF auf ein Basiswissen beschränken.
Festgestellt wird, dass der BF im Wesentlichen gesund und strafrechtlich unbescholten ist.
I.1.2. Zum Antrag des BF:
Festgestellt wird, dass die Identität des BF mangels entsprechender Dokumente nicht festgestellt ist. Festgestellt wird, dass der BF behauptet, dass er keine bengalischen Dokumente besitze, obwohl er im Vorverfahren eine Geburtsurkunde und einen Staatsbürgerschaftsnachweis vorlegte (von diesen Dokumenten behauptet der BF nunmehr, dass sie seinem Cousin gehört hätten, was die bewusste Vorlage falscher Dokumente bedeuten würde).
Festgestellt wird, dass sich der BF nicht um Originalurkunden aus Bangladesch bemühte, obwohl er regelmäßigen Kontakt mit der Familie hat, und im Vorverfahren (widersprüchlich) meinte, seine Familie in Bangladesch habe einen Originalpass.
Festgestellt wird, dass der BF behauptet, ein- bis zweimal pro Monat in der bengalischen Botschaft zu sein, um Dokumente zu bekommen. Er habe aber darüber keine Bestätigungen erhalten; widersprüchlich dazu ist die Aussage, dass der BF in der Zeit zwischen März und Oktober 2020 fünfmal in der Botschaft war.
Festgestellt wird, dass der BF zuletzt eine Besuchsbestätigung der bengalischen Botschaft erhalten hat, als er mitteilte, dass er diese für das BFA benötige.
Festgestellt wird, dass der Bruder des BF den BF einmal bei einem früheren Botschaftsbesuch begleitete.
Festgestellt wird, dass der BF dem BVwG mitteilte, dass die Botschaft beim letzten Besuch ihm gesagt habe, dass sie wegen der Dokumente ermitteln werde. Der Botschafter könne bei der Beschaffung von Dokumenten behilflich sein.
Zusammengefasst wird festgestellt, dass es allein der BF zu vertreten hat, dass er bisher keine Ausweise und kein Heimreisezertifikat durch die bengalische Botschaft erworben hat.
II.2. Beweiswürdigung:
II.2.1. Beweis wurde erhoben durch den vorliegenden Administrativakt, einschließlich der Beschwerde des BF, die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakten, insbesondere zu XXXX sowie den Beschluss VfGH XXXX , und VwGH XXXX sowie BVwG zu XXXX und XXXX , sowie XXXX . Darüber hinaus fand am 11.05.2021 eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesveraltungsgericht statt.
Hinsichtlich der Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des BF sowie zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit und seiner Muttersprache wird den bereits im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen des BFA gefolgt, an denen sich im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel ergeben haben, zumal diese Feststellungen, die auf den im Verfahren vor dem BFA und dem BVwG getätigten eigenen Angaben des BF gründen, im vorliegenden Beschwerdeschriftsatz auch nicht beanstandet wurden.
Die Identität des BF konnte – mangels Vorliegens geeigneter Identitätsnachweise – seitens des BVwG nicht festgestellt werden und der im Spruch angeführte Name und das angeführte Geburtsdatum des BF dienen lediglich zur Identifizierung des BF als Verfahrenspartei. Auch das BFA bediente sich der im Spruch angegeben Daten lediglich zur Zuordnung des BF im Administrativverfahren.
Die Feststellungen zur Herkunft des BF, seinen in Bangladesch und in Österreich aufhältigen Familienangehörigen sowie seinen Lebensumständen in Österreich ergeben sich aus den nachgefragten Angaben des BF in der Beschwerdeverhandlung sowie aus den Gerichtsakten der beim BVwG anhängigen und teilweise rechtskräftigen Verfahren.
Die Feststellungen zum Besitz einer Geburtsurkunde und eines Staatsbürgerschaftsnachweises ergeben sich aus früheren Aussagen des BF im Verfahren BVwG XXXX und dem diesem zugrundeliegenden Administrativakt. Die nunmehrigen Ausführungen des BF, er besitze überhaupt „keine Dokumente“ oder Kopien davon, werden nicht als glaubwürdig erachtet. Diese Unglaubwürdigkeit ergibt sich auch aus den Widersprüchlichkeiten zwischen dem BF und seinem Bruder, der als Zeuge einvernommen wurde, hinsichtlich der Auskunft einer staatlich nicht anerkannten, „traditionellen“ Eheschließung sowie der Angabe eines Dokumentes im Rahmen des Ehevertrages.
Die Behauptungen des BF, er habe bisher noch nie eine Bestätigung des Besuches der Botschaft erhalten, gestützt durch die einmalige Begleitung durch seinen Bruder, ist in so Ferne unglaubwürdig, weil nicht klar zu Tage getreten ist, dass der BF überhaupt eine derartige Bestätigung verlangte bzw. darlegte, wofür er sie benötige. Wie der BF selbst aussagte, habe er zuletzt, nämlich am 04.05.2021, sehr wohl eine Bestätigung des Botschaftsbesuches erhalten, weil er die Ladung des BFA entsprechend belegte. Damit hat der BF jedoch selbst zugegeben, dass Bestätigungen eines Botschaftsbesuches erhältlich sind, wenn man sich darum ausreichend und zumutbar bemüht.
Des weiteren hat der BF dargetan, dass die Botschaft bei seinem letzten Besuch ihm mitteilte, dass sie ermitteln werde, um den BF Dokumente zukommen zu lassen. Der BF wisse nunmehr auch, dass der Botschafter ihn unterstützen kann, wenn er Dokumente benötige.
Die Feststellungen, dass der BF bisher die bengalische Botschaft aufsuchte, aber sich nicht ausreichend um einen Ausweis oder einen Reisepass oder ein Heimreisezertifikat bemühte, ergeben sich aus den Ausführungen des BF in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
II.3.1. Zu A) I.:
II.3.1. Zur Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid:
Gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet [unter anderem] zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint.
Vom Fremden zu vertretende Gründe im Sinne des § 46 Abs 1 Z 3 FPG liegen jedenfalls vor, wenn er
1. Seine Identität verschleiert.
2. Einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzdokumentes nicht befolgt oder
3. An den zur Erlangung eines Ersatzdokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
Gemäß § 46a Abs 4 FPG ist eine Karte für Geduldete von Amts wegen oder auf Antrag auszustellen, wenn die Voraussetzungen des § 46a Abs 1 Z 1,2,3 oder 4 FPG vorliegen.
Der BF hat sich seit 2019 offensichtlich nicht mit dem entsprechenden und zumutbaren Nachdruck um die Erlangung von Ersatzdokumenten (Reisepass, Heimreisezertifikat) bemüht bzw. nachweisbar die notwendigen Schritte gesetzt, um relevante Dokumente zu beschaffen. Erst über seinem letzten Botschaftsbesuch hat er darüber eine Bestätigung vorgelegt, wobei ihm bei diesem Besuch – nach seinen Angaben – auch von Seiten der Botschaft erklärte, dass man Ermittlungen hinsichtlich seiner Dokumente durchführen werde. Damit liegen jedoch die Voraussetzungen des § 46a Abs 1 Z 3 FPG, nämlich, dass es dem BF aus nicht von ihm vertretbaren Gründen unmöglich erscheint, derartige Dokumente zu beschaffen, nicht vor. Die übrigen, im § 46a Abs 1 FPG normierten Fallkonstellationen der Z 1,2, oder 4 wurden vom BF nicht geltend gemacht und erscheinen offensichtlich auf Grund der bisherigen Verfahrensgänge auch nicht gegeben zu sein.
Da somit eine Karte für Geduldete dem BF nicht auszustellen ist war sein diesbezüglicher Antrag abzuweisen.
Aufgabe der belangten Behörde wird es nunmehr sein, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand konsequent und zügig herzustellen.
II.3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung Duldung Heimreisezertifikat Identität Karte für Geduldete Mitwirkungspflicht VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2120874.2.00Im RIS seit
03.11.2021Zuletzt aktualisiert am
03.11.2021