TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/17 95/01/0261

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Veröffentlicht am 17.12.1996
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StVO 1960;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner sowie den Senatspräsidenten Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S in Z, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 16. Juni 1995, Zl. II-274/3-1994, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 19. Jänner 1994 um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 11a, 11 und 39 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbB) abgewiesen. Die belangte Behörde ging begründet davon aus, daß der Beschwerdeführer zwar die Verleihungsvoraussetzungen nach § 11a StbG erfülle, nicht aber jene nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG, weil er im Zeitraum vom 18. Oktober 1989 bis zum 5. August 1993 von der Bezirkshauptmannschaft M insgesamt zwölf Mal, und zwar wegen folgender Verwaltungsübertretungen bestraft worden sei:

1.) 18. Oktober 1989: § 24 Abs. 3 lit. d StVO 1960 (S 400,-- wegen unzulässigen Parkens auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr);

2.) 4. Februar 1992: § 33 Abs. 1 KFG 1967 (S 400,-- wegen Unterlassung der Meldung von Änderungen am Kfz);

3.) 29. April 1992: § 20 Abs. 2 StVO 1960 (S 600,-- wegen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit);

4.) 29. April 1992: § 99 Abs. 3 lit. a iVm § 20 Abs. 2 StVO 1960 (S 800,-- wegen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit);

5.) 17. Juni 1992: § 14b Abs. 1 Z. 4 Fremdenpolizeigesetz (S 500,-- wegen Aufenthaltes im Bundesgebiet ohne gültigen Sichtvermerk im Zeitraum vom 15. Juni 1991 bis zum 25. Mai 1992);

6.) 22. Juli 1992: § 82 Abs. 2 StVO 1960 (S 1.000,-- wegen Abstellens eines Kfz ohne Kennzeichentafeln);

7.) 3. Februar 1993: § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 (S 400,-- wegen vorschriftswidrigen Parkens);

8.) 3. Februar 1993: § 8 Abs. 4 StVO 1960 (S 400,-- wegen vorschriftswidrigen Parkens auf dem Gehsteig);

9.) 25. Mai 1993: § 16 Abs. 1 Fremdengesetz (S 600,-- wegen Unterlassung der Aushändigung eines für die Aufenthaltsberechtigung maßgeblichen Dokuments);

10.) 25. Mai 1993: § 102 Abs. 10 KFG 1967 (S 400,-- wegen Nichtmitführens eines Verbandzeugs);

11.) 29. Juli 1993: Art. III Abs. 5 lit. a des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 352/1976 idF BGBl. Nr. 253/1984 iVm dessen Abs. 1 (S 300,-- wegen Fahrens ohne Verwendung eines Sicherheitsgurtes);

12.) 5. August 1993: § 20 Abs. 2 StVO 1960 (S 1.300,-- wegen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit).

Die belangte Behörde führte weiter begründend aus, sie vermöge im Bereich von Vorschriften, die der Sicherheit des Straßenverkehrs und damit der Sicherheit des Lebens und der Unversehrtheit der Mitmenschen dienen sollten, keine "Bagatelldelikte" zu erkennen. Keineswegs könne davon bei mehrmaliger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gesprochen werden. Unabhängig von der Schwere der gesetzten Verwaltungsübertretungen spreche jedoch bereits deren Häufigkeit gegen die Annahme, die Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG lägen vor. Auf die beiden Verletzungen bestehender fremdenrechtlicher Vorschriften sei der Beschwerdeführer in seiner im Verwaltungsverfahren eingebrachten Stellungnahme nicht eingegangen, doch gewährleisteten nach Ansicht der belangten Behörde diese Verwaltungsübertretungen nicht, daß der Beschwerdeführer bejahend zur Republik Österreich eingestellt sei und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit bilde. Durch die bisher häufige Mißachtung von Rechtsvorschriften habe der Beschwerdeführer seine negative Einstellung zur Rechtsordnung seines Gastlandes derart zum Ausdruck gebracht, daß keineswegs auf ein künftiges Wohlverhalten geschlossen werden könne. Daran vermöchten auch die soziale Integration, die regelmäßige Beschäftigung und die geordneten Familienverhältnisse nichts zu ändern; vielmehr deute das gezeigte Verhalten auf ein mangelndes Verantwortungsbewußtsein gegenüber seiner Familie hin.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob der vom Beschwerdeführer beantragten Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ein Hindernis im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG entgegensteht.

Nach dieser Gesetzesstelle ist es Voraussetzung der Verleihung der Staatsbürgerschaft an einen Fremden, daß er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet.

In der Beschwerde wird dazu - ausgehend von den im angefochtenen Bescheid getroffenen Sacherhaltsfeststellungen - ausgeführt, das mehrmalige Übertreten von Vorschriften der StVO könne nach billigem Ermessen nicht dazu herangezogen werden, die Verleihung der Staatsbürgerschaft zu versagen. Schon allein aus der Höhe der verhängten Strafen (meist S 400,--) könne der geringe Unrechtsgehalt der Taten abgelesen werden. Es könne ein mehrmaliges vorschriftswidriges Parken und auch eine geringfügige Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit nicht als Argument dafür verwendet werden, daß der Beschwerdeführer die Sicherheit und das Leben seiner Mitmenschen gefährde. Dabei sollten diese Übertretungen "nicht verharmlost" werden. Jedoch übertrete "auch jeder mit den rechtlichen Werten verbundene Staatsbürger" immer wieder die Normen der StVO, ohne daß daraus gleich der Schluß abgeleitet werde, er bilde eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit. Zur richtigen Beurteilung der Einstellung des Beschwerdeführers, der sich bereits seit November 1984 im Inland aufhalte, sei auf das "Gesamtbild" der Persönlichkeit des Beschwerdeführers abzustellen. Er habe Österreich zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gemacht und sei bereits seit mehreren Jahren nicht mehr in Ägypten gewesen. Er gehe einer geregelten Beschäftigung nach und sei seit März 1992 mit einer Österreicherin verheiratet. Mittlerweile habe er auch Sorgepflichten für seine mj. "Tochter X" (richtig wohl: für seinem mj. Sohn Y). Er sei gerichtlich unbescholten und sozial voll integriert.

Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, daß er in dem von der belangten Behörde beurteilten Zeitraum "nur" verwaltungsbehördlich bestraft wurde, wenn auch keineswegs nur wegen Übertretungen gegen die StVO 1960. Der Beschwerde ist jedoch entgegenzuhalten, daß es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zl. 95/01/0376, und die dort angeführte Vorjudikatur) bei der nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG vorzunehmenden Beurteilung der Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft auf das Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers ankommt, welches wesentlich durch das Charakterbild bestimmt wird, das sich aus den von ihm begangenen Übertretungen ergibt. Maßgebend ist dabei, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluß zulassen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Rechtsvorschriften mißachten. Aus der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die - allenfalls - negative Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung solcher Gefahren erlassenen Gesetzen deutlich zum Ausdruck.

Dies gilt insbesondere auch für Verstöße gegen Schutznormen, die der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs dienen. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde zutreffend auf die Häufigkeit der vom Beschwerdeführer verschuldeten Verstöße hingewiesen, die sich gegen verschiedene straßenpolizeiliche und kraftfahrrechtliche Normen richteten, worunter mehrfache Verstöße gegen die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit fielen, deren letzter erst wenige Monate vor der Antragstellung im vorliegenden Verfahren stattgefunden hat. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Recht vorgeworfen werden, sie habe - unter Einbeziehung der beiden Verstöße des Beschwerdeführers gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften - durch ihre im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides negative Prognose die Rechte des Beschwerdeführers verletzt und dadurch den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der Beschwerdeführer hat als Argument für seinen Standpunkt darauf verwiesen, daß auch österreichische Staatsbürger "immer wieder" gegen straßenpolizeiliche Vorschriften verstießen. Darauf kann es indes bei der Frage, ob einem Fremden die österreichische Staatsbürgerschaft zu verleihen ist, nicht ankommen. Soweit die Beschwerde vorbringt, ein mehrmaliges Übertreten von Vorschriften der StVO könne "nach billigem Ermessen" nicht für eine Versagung der Staatsbürgerschaft herangezogen werden, ist darauf zu verweisen, daß die Beurteilung nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG keine Ermessensentscheidung darstellt (vgl. auch dazu die oben angeführte Vorjudikatur). Erst ein Vorliegen dieser (zwingenden) Verleihungsvoraussetzung würde allerdings die (dann ebenfalls zwingende) Verleihung der Staatsbürgerschaft nach § 11a StbG ermöglichen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995010261.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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