TE Bvwg Beschluss 2021/8/16 W236 2239040-1

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Veröffentlicht am 16.08.2021
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Entscheidungsdatum

16.08.2021

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W236 2239040-1/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die BBU – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.01.2021, ZI. 1269977300/201014325:

A)

I. Das Verfahren wird gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, iVm § 38 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, fortgesetzt.

II. Das Verfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Für die minderjährige Beschwerdeführerin wurde nach ihrer Geburt in Österreich am 16.10.2020 ein Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren gemäß § 34 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, gestellt.

2. Der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.12.2007, ZI. 05 05.790-BAG, der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Dem Vater der minderjährigen Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 08.10.2007, Zl. 261.594/3/15E-XVIII/59/05, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt, welche zuletzt bis 05.11.2022 verlängert wurde.

3. Mit dem oben genannten, gegenständlich in seinem Spruchpunkt I. angefochtenen Bescheid vom 08.01.2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der minderjährigen Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 16.10.2020 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihr gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr gemäß § 8 Abs. 5 iVm Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis 05.11.2022 (Spruchpunkt III.).

4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde am 21.01.2021 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

5. Da bezüglich der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin am 26.11.2020 ein Aberkennungsverfahren eingeleitet wurde, welches zum Zeitpunkt der gegenständlichen Beschwerdeerhebung noch beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig war, der Ausgang dieses Verfahrens für die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im gegenständlichen Verfahren über den im Familienverfahren gestellten Antrag der minderjährigen Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz jedoch eine Vorfrage darstellte, wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahre mit Beschluss vom 01.03.2021, W236 2239040-1/3Z, gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ausgesetzt.

6. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2021, Zl. 750579010/201007162, wurde der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten rechtskräftig aberkannt.

7. Mit Stellungnahme vom 11.08.2021 zog die minderjährige Beschwerdeführerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung ihre gegenständliche Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes vom 08.01.2021 zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die zu treffenden Feststellungen entsprechen der Darstellung des Verfahrensgangs. Dieser wird wie unter Punkt I. dargestellt festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen sowie der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung über die rechtskräftige Aberkennung des Status der Asylberechtigten hinsichtlich der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin ergibt sich einerseits aus dem vom Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht übermittelten Bescheid vom 01.06.2021, Zl. 750579010/201007162, samt Rückschein sowie andererseits aus der Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem zentrales Fremdenregister am 04.08.2021.

Aus dem Wortlaut und dem Inhalt der als „Zurückziehung der Beschwerde“ titulierten schriftlichen Erklärung der minderjährigen Beschwerdeführerin vom 11.08.2021 ergibt sich unzweifelhaft, dass der Wille der minderjährigen Beschwerdeführerin auf die Zurückziehung der mit 21.01.2021 eingebrachten Beschwerde gerichtet ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. – Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens:

3.1.1. Gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ist das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Es kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 lit. c AsylG 2005 ist Familienangehöriger ein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges Kind eines Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten.

Gemäß § 34 Abs. 2 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 2) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status gemäß § 7 AsylG 2005 anhängig ist (Z 3).

Gemäß § 34 Abs. 3 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1), gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status gemäß § 9 AsylG 2005 anhängig ist (Z 3) und dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist (Z 4).

Gemäß § 34 Abs. 5 AsylG 2005 gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 des § 34 AsylG 2005 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

3.1.2. Im gegenständlichen Fall war der minderjährigen Beschwerdeführerin als Familienangehörigen ihres Vaters von diesem abgeleitet der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden. Da gegen ihre Mutter vorab ein Verfahren zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten eingeleitet worden war, wurde der minderjährigen Beschwerdeführerin seitens des Bundesamtes nicht der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Da vom Ausgang dieses Verfahrens die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im gegenständlichen Verfahren über den im Familienverfahren gestellten Antrag der minderjährigen Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz abhängig war und erst nach Verfahrensausgang eine Beurteilung des der minderjährigen Beschwerdeführerin zuzuerkennenden Status möglich war, wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren ausgesetzt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2021, Zl. 750579010/201007162, wurde der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten nunmehr rechtskräftig aberkannt und damit die für das gegenständliche Verfahren bestehende Vorfrage geklärt. Das gegenständliche Verfahren ist daher fortzusetzen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. – Einstellung des Beschwerdeverfahrens:

3.2.1. § 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.

Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Einschreiter ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt die Einstellung infolge Zurückziehung der Beschwerde durch Beschluss (VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Die Annahme einer Zurückziehung des Rechtsmittels ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (zur insofern auf das VwGVG übertragbaren Rechtsprechung zum AVG siehe zB VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320 uvm).

3.2.2. Die vorliegende Zurückziehungserklärung ist unmissverständlich und erfolgte durch die Rechtsvertretung der minderjährigen Beschwerdeführerin.

Aufgrund der Zurückziehung war daher das Beschwerdeverfahren beschlussmäßig einzustellen. Dies konnte ohne mündliche Verhandlung erfolgen, weil die Beschwerdezurückziehung den Verhandlungsverzicht allgemein inkludiert und weil die Einstellung wegen Beschwerdezurückziehung als Fall der – wenn auch nachträglichen eintretenden – Unzulässigkeit der Sachentscheidung für Zwecke der Verhandlungspflicht dem Fall der Beschwerdezurückweisung (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG) gleichzuhalten ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung Zurückziehung der Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W236.2239040.1.01

Im RIS seit

03.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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