TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/16 W119 2209956-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.08.2021
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Entscheidungsdatum

16.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1 Z2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W119 2209956-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX auch XXXX , geb. XXXX , StA: Mongolei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 5.10.2018, Zahl: 1047936700 - 140278667, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des bekämpften Bescheides gemäß §§ 3, 8 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde gegen den Spruchpunkt III. wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 3 BFA VG auf Dauer unzulässig ist.

III. Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 wird XXXX auch XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine mongolische Staatsangehörige, reiste mit ihrer minderjährigen Tochter (GZ W119 2209994) schlepperunterstützt nach Österreich ein und stellte am 12.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 13.12.2014 gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen zunächst an, aus der Mongolei zu stammen, verheiratet und konfessionslos zu sein und der mongolischen Volksgruppe anzugehören.

In der Heimat habe sie von 1987 bis 1997 die Schule besucht, anschließend bis 2001 die Hochschule für Finanzen in XXXX und sei zuletzt Buchhalterin gewesen. Außer ihrem Gatten lebten noch ihre Eltern, eine Schwester sowie zwei minderjährige Töchter in der Mongolei.

Zu ihrem Fluchtgrund brachte sie vor, ihr Mann habe eine andere Frau und mit dieser auch ein Kind. Er komme oft vorbei, schlage sie und lasse sie nicht in Ruhe. Weil er selber Polizist sei, habe die Beschwerdeführerin keinen Schutz. Sie habe mehrmals die Polizei gerufen und ihn angezeigt, letztes Mal habe er ihr gedroht, wenn sie wieder zur Polizei gehe, würde er sie umbringen. Er sei auch sehr aggressiv gegenüber ihren Kindern. Von einer Scheidung durchs Gericht wolle er nichts wissen. Sie sei oft zu ihren Eltern geflüchtet, von dort habe er sie geholt und sei gegenüber ihnen immer der Vorzeigeehemann gewesen. Jene hätten von ihren Problemen keine Ahnung gehabt, die Beschwerdeführerin habe Ihnen nichts darüber erzählt.

Am 16.2.2016 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt oder belangte Behörde) eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin ein, wonach sie im Rahmen der Erstbefragung falsche Identitäten in Bezug auf sich selbst und ihre Angehörigen angegeben habe und diese richtigstellen wolle. Ihre Fluchtgeschichte beinhalte Furcht vor bekannten politischen Persönlichkeiten der Mongolei und wegen der mehrmalig schlechten Erfahrungen mit Behörden in ihrem Herkunftsstaat habe sie gefürchtet, dass ihr Aufenthaltsort den heimatlichen Behörden bekannt gemacht werde. Dies insbesondere, weil sich ihre beiden Töchter noch in der Mongolei befänden. In der konkreten Einvernahmesituation hätte sie sich durch einen bewaffneten männlichen Exekutivbeamten eingeschüchtert gefühlt. Diesem habe sie einen mongolischen Reisepass ausgehändigt, der ihren richtigen Namen beinhalte.

Am 17.2.2016 wurde die Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und gab im Wesentlichen zunächst an, gesund zu sein. Geheiratet habe sie Ende Dezember 2007 in Ulan Bator. In dieser Stadt sei sie geboren und aufgewachsen. Eine 2005 und eine 2013 geborene Tochter befänden sich in der Mongolei, beide seien gesund. Dazu legte die Beschwerdeführerin Kopien der Geburtsurkunden von sich und ihren Angehörigen vor. Ihr Reisepass sei im Juli oder August 2014 auf dem Passamt in Ulan Bator ausgestellt worden. In der Heimat befänden sich noch ihre Geburtsurkunde sowie der Personalausweis und ein Abschlussdiplom der Hochschule für Finanzen. Zudem habe sie seit 2001 einen Führerschein. Die Beschwerdeführerin habe zwei Brüder und drei Schwestern, zudem mehrere Onkel und Tanten.

Von 1987 bis 1997 habe sie die Schule besucht, dann auch einen Kurs als Buchhalterin absolviert und von 1997 bis 2001 die Hochschule für Finanzen in XXXX . Dann habe sie auch eine Ausbildung als Sekretärin und „MAN Power“ gemacht und sei als Sekretärin tätig gewesen. Von September 2006 bis Dezember 2014 habe sie bei näher genannten Firmen als Buchhalterin gearbeitet. Ab März 2013 sei sie in Karenz gewesen.

Ihr Gatte sei Jurist, arbeite aber auch als Polizist (Ermittler).

Das erste Mal habe sie Anfang 2014 an die Ausreise gedacht, im November 2014 wegen der Misshandlungen ihres Mannes den Entschluss dazu gefasst. Am 5.12.2014 habe sie ihr Heimatland tatsächlich verlassen und die letzte Nacht vor der Ausreise bei ihren Eltern verbracht, wo sie auch ihre Kinder hingebracht habe. Diese seien von ihrem Mann abgeholt worden und lebten wahrscheinlich jetzt bei den anderen Großeltern.

Ausgereist sei die Beschwerdeführerin, weil sie unter dem Druck ihres Mannes und seiner Familie gestanden hätte. Er habe sie oft geschlagen, sein Bruder sei ein wichtiger Mann und habe eine wichtige Position, sein Onkel sei der Vizeminister für Justiz. Sie selbst habe die Misshandlungen nicht mehr aushalten können und ihren Gatten oft bei der Polizei angezeigt, ebenso bei der internen Polizei. Durch die einflussreiche Familie hätte sie kein Gehör gehabt, außerdem arbeiteten die Verwandten ihres Gatten alle im Bereich der Justiz. Jener habe eine andere Frau und mit dieser ebenfalls ein Kind. Sonstige Fluchtgründe gebe es nicht.

Nachgefragt, welche Position der Schwager habe, antwortete die Beschwerdeführer, sie hätte damit den oben genannten Onkel gemeint. Der Cousin sei stellvertretenden Leiter des Amtes für Justizvollzug. Wie oft sie ihren Gatten angezeigt habe, wisse die Beschwerdeführerin nicht mehr. Aufgegeben habe sie die Anzeigen bei der Polizeiinspektion und auch beim Hauptpolizeiamt der Bezirkspolizei. Zudem habe sie Frauenhäuser aufgesucht. Einen Anwalt habe sie sich nur für das Scheidungsverfahren genommen. Wegen der Beziehungen ihres Gatten hätte sie kein Vertrauen mehr in die heimatliche Justiz.

Dass sie ihre Eltern nicht um Unterstützung gebeten habe, erklärte sie damit, diese seien schon alt und sie hätte sie nicht belasten wollen. Die beiden anderen Kinder habe sie in der Mongolei zurückgelassen, weil die Flucht für sie („mich“) sehr schwierig gewesen sei.

Am 22.2.2016 langte bei der belangten Behörde eine Stellungnahme zu den damals aktuellen Länderfeststellungen ein.

Am 21.3.2018 wurde die Beschwerdeführerin erneut vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen und erklärte zunächst, es gehe ihr gesundheitlich gut, sie könne ein wenig Deutsch.

Vorgelegt wurden: ein Zeugnis Deutsch A2, eine Bestätigung Deutsch B1, ein Integrationsschreiben ihrer Heimatgemeinde, eine Bestätigung über die Verrichtung eines Praktikums, eine Praktikumsrückmeldung (Integrationsschreiben), die Lehrgangsbestätigung bei einer Schule für Sozialbetreuungsberufe sowie die Anmeldung für die weitere Ausbildung, die Bestätigung über die Teilnahme an einem Wertekurs des ÖIF, die Bestätigung über die Teilnahme an einem Vertiefungskurs Arbeit und Beruf des ÖIF, eine Bestätigung über die ehrenamtliche Mitarbeit der Beschwerdeführerin in einer Pfarre sowie zwei weitere Unterstützungsschreiben.

Betreffend die Tochter der Beschwerdeführerin wurden Schulzeugnisse und Schulnachrichten vorgelegt.

Die beiden anderen Töchter lebten bei der Mutter ihres Gatten, seit der letzten Einvernahme habe sich am Familienleben der Beschwerdeführerin nichts geändert.

Bezüglich ihres Privatlebens brachte die Beschwerdeführerin vor, sie sei immer sehr beschäftigt und man sage, sie wäre die Mutter des Flüchtlingshauses. Sie bringe Ordnung ins Heim und besuche viele Kurse, sie versuche zu helfen, wann immer sie könne. Zudem habe die Beschwerdeführerin verschiedene Deutschkurse sowie einen Vertiefungskurs Arbeit und Beruf besucht. Auch absolviere sie einen Vorbereitungskurs zur Altenpflege. Die Tochter spreche besser Deutsch als Mongolisch, beide lernten auch Schach.

Am 15.5.2018 wurde die Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde ergänzend einvernommen und legte zunächst ihren eigenen authentischen mongolischen Personalausweis vor.

Sie spreche Deutsch auf dem Niveau A2, die B1 Prüfung habe sie bereits abgelegt, wisse jedoch noch nicht, ob sie bestanden habe.

Die Beschwerdeführerin sei Staatsbürgerin der Mongolei, gehöre der Volksgruppe der Mongolen an, sei verheiratet und habe drei Kinder. Geheiratet habe sie Ende Dezember 2007 in Ulan Bator.

Beruflich sei ihr Ehemann Kriminalbeamter und bei einer XXXX in Ulan Bator tätig gewesen. Seit 5.12.2014 habe sie keinen Kontakt zu ihm und könne deshalb nicht angeben, ob er diese Funktion noch ausübe. Damals sei er Leutnant gewesen.

Telefonischen Kontakt habe die Beschwerdeführerin zu ihren Kindern, ihr Gatte habe eine zweite Ehefrau. Nach der Ausreise der Beschwerdeführerin habe er mit jener in einer anderen Wohnung eine Lebensgemeinschaft begründet, er sei mit dieser Frau nach der Ausreise der Beschwerdeführerin bis vor kurzem zusammen gewesen. Ihre Tochter habe ihr mitgeteilt, dass der Vater sich von seiner Freundin getrennt habe und wiederum nach Hause zurückgekehrt sei. Nach der Trennung von seiner Freundin habe er die beiden Töchter bei den Eltern der Beschwerdeführerin abgeholt und sie lebten nun gemeinsam in der Wohnung, die der Beschwerdeführerin und ihrem Gatten gehöre, zusammen.

Mit seiner Exfreundin habe der Gatte auch ein Kind, dies habe die Beschwerdeführerin von dessen Freundin im Jahr 2013 telefonisch erfahren.

Den mongolischen Personalausweis habe ihr ihre Schwester nach Österreich übermittelt, er habe sich in ihrem Elternhaus in Ulan Bator befunden. Dort sei auch ihre Geburtsurkunde, ebenso wie das Mittelschulzeugnis und ihr Diplom.

Zu arbeiten begonnen habe die Beschwerdeführer ab dem Herbst des Jahres 2001 als Sekretärin und diesen Beruf bis September 2006 ausgeübt, anschließend sei sie Buchhalterin gewesen und im Karenzurlaub von Februar 2013 bis Dezember 2014.

Bezüglich ihres Fluchtgrundes erklärte sie, sich auf die Angaben ihrer letzten Einvernahme zu beziehen. Ihr Ehemann habe sie geschlagen und misshandelt. Unter den Übergriffen habe sie seit dem Jahr 2005 bzw. 2006 gelitten. Wenn er betrunken gewesen sei, habe er sie auch vergewaltigt, sie könne jedoch keine genauen Angaben bezüglich dieser Übergriffe machen. Die Eheprobleme hätten im Jahr 2005/2006 begonnen und mit ihrer Ausreise nach Österreich geendet.

Im Jahr 2007 habe sie ihren Gatten zur Anzeige gebracht, damals sei die Polizei ins Haus gekommen. Ab dem Jahr 2005/2006 habe sie ungefähr viermal jährlich die Polizei gerufen und ihren Gatten wegen gewalttätiger sexueller Übergriffe zur Anzeige gebracht. Wann genau dies gewesen sei, könne sie nicht sagen, sie hätte ihren Ehemann aber nur wegen der Schläge und nicht wegen der sexuellen Übergriffe angezeigt. Letztere habe sie als nicht so schlimm empfunden.

Dass sie sich nicht habe scheiden lassen erklärte sie damit, sie hätte ihrem Ehemann anfangs immer wieder verziehen und er sie bei jedem Übergriff um Entschuldigung gebeten. Kurz vor ihrer Ausreise habe sie ihm vorgeschlagen, dass sie sich scheiden lassen sollten, er dies aber abgelehnt und erklärt, lieber würde er sie umbringen. Am 4.12.2014 sei die Beschwerdeführerin für eine Nacht zu ihren Eltern gegangen und habe im Anschluss daran die Heimat verlassen.

Insgesamt habe sie vom Jahr 2005 bis 2014 – somit neun Jahre lang – die Übergriffe ihres Ehemannes erduldet und ihm immer wieder verziehen.

Die anderen beiden Kinder habe sie deswegen bei ihren Eltern gelassen, weil sie vom Schlepper informiert worden sei, dass die Reise nach Österreich mit drei Kindern nicht zu bewältigen wäre.

Im Jahr 2012, 2013 und 2014 sei sie in das Frauenhaus in Ulan Bator gegangen, habe sich dort jedoch nicht aufgehalten, sondern nur juristischen Rat gesucht, sich der polizeilichen Einvernahme gestellt, sich untersuchen lassen und sei dann nach Hause zurückgekehrt. Warum sie im Frauenhaus keine Aufnahme gefunden habe, könne sie nicht sagen. Ihr sei im Frauenhaus empfohlen worden, sich untersuchen zu lassen, sie sei aber zu keinem Arzt gegangen und sei nirgendwo untersucht worden, weil sie Angst gehabt habe. Ihr Mann arbeite mit der Gerichtsmedizin eng zusammen und sie habe befürchtet, er erfahre davon.

2014 habe sie in Ulan Bator wegen der Scheidung einen Anwalt aufgesucht, an dessen Namen sie sich jedoch nicht erinnere. Sie habe mit ihm vereinbart, dass das Scheidungsverfahren in ihrer Abwesenheit aus der Mongolei geführt würde. Dieser Anwalt habe beim Bezirksgericht einen Scheidungsantrag eingereicht, dies sei im November 2014 gewesen. Ihr Bruder und ihre Schwester seien als Bevollmächtigte eingesetzt worden. Im Jänner 2015 habe eine Gerichtsverhandlung stattgefunden, das Gericht aber noch nicht entschieden. Im Scheidungsverfahren werde sie nicht anwaltlich vertreten, sondern durch ihre Geschwister. Letztere hätten ihr mitgeteilt, dass ihre persönliche Angewiesenheit vor Gericht nötig wäre. Dies deshalb, weil vermutlich ihr Mann das Gerichtsverfahren beeinflusse.

Der Grund, dass sie nicht dauerhaft bei ihren Eltern Unterkunft genommen habe sei, dass diese alt und nicht belastbar wären. Wenn sie bei anderen Verwandten Unterkunft genommen hätte, hätten ihre Eltern von gewalttätigen Verhalten ihres Gatten erfahren, was sie aber nicht gewollt habe, da dies einen schlechten Einfluss auf ihren Gesundheitszustand hätte nehmen können.

Im Bundesgebiet lebe die Beschwerdeführerin mit ihrer Tochter zusammen, die die dritte Klasse Volksschule besuche und auch die Nachmittagsbetreuung in Anspruch nehme. Zudem sei ihre Tochter bei der katholischen Jungschar. Weitere Verwandte gebe es im Bundesgebiet nicht.

Die Beschwerdeführerin selbst besuche aktuell seit Oktober 2017 einen Vorbereitungskurs für die Altenpflege, dieser werde bis Juli 2018 dauern. Von Jänner bis Mai des heurigen Jahres habe sie ein Praktikum gemacht und helfe nach dessen Beendigung weiter beim Diakoniewerk und zwar zweimal wöchentlich jeweils 8 Stunden. Am 7.5.2018 habe sie eine Aufnahmeprüfung bei der Fachschule für Altenbetreuung abgelegt und wenn sie diese schaffe, werde sie die zwei Jahre dauernde Ausbildung absolvieren und im Anschluss daran als Altenpflegerin arbeiten. Sie habe auch namentlich genannte gute Bekannte, die beim Deutsch lernen helfen oder sie zum Beispiel mit dem Auto irgendwohin bringen.

Ergänzend führte die Beschwerdeführerin an, der Onkel ihres Ehemannes sei von 2012 bis zu ihrer Ausreise im Dezember 2014 stellvertretender Justizminister gewesen. Aus den Nachrichten habe sie erfahren, dass er dies seit dem Jahr 2015 nicht mehr sei.

Mit dem gegenständlichen, im Spruch angeführten Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III.) und unter Spruchpunkt IV. einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Begründend stellte die belangte Behörde im Wesentlichen fest, dass die Beschwerdeführerin keine gegen sie gerichteten Verfolgungshandlungen habe glaubhaft machen können.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Angefügt wurden das Jahreszeugnis sowie eine Schulurkunde der Tochter der Beschwerdeführerin.

Mit Beschluss vom 28.11.2018, GZ W119 2209956-1/4Z, erkannte das Bundesverwaltungsgericht dieser Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zu.

Am 22.11.2018 langten beim Bundesverwaltungsgericht diverse Integrationsunterlagen (drei Arbeitsplatzzusagen, diverse Bestätigungen über die Verrichtung ehrenamtlicher Tätigkeiten, Unterstützungserklärungen samt Unterschriftenliste) ein. Am 30.11.2020 folgten das Jahreszeugnis der Tochter der Beschwerdeführerin, Arbeitszusagen von drei verschiedenen Firmen, Empfehlungsschreiben für die Beschwerdeführerin und ihre Tochter, eine Bestätigung über die Verrichtung ehrenamtlicher Tätigkeiten, eine Arbeitsbestätigung über Dienstleistungsschecks samt weiterer Arbeitszusage, das Zeugnis zur Integrationsprüfung Sprachniveau B1 und zu Werte- und Orientierungswissen und ein Empfehlungsschreiben der Jungschargruppe der Tochter.

Am 12.5.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Mongolisch eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei nicht teilnahm.

Dabei gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, gesund zu sein und legte eine Schulnachricht ihrer Tochter, einen Arbeitsvertrag sowie zahlreiche Fotos, die die gute Integration der beiden zeigen sollen, vor.

Bezüglich Ihrer Altenpflegeschule brachte sie vor, für diese ein Jahr lang einen Vorbereitungskurs besucht zu haben. Es hätte die Möglichkeit gegeben, zwei Jahre weiter zu studieren, sie habe jedoch so weit weg gewohnt, dass sie um 4:00 Uhr morgens das Haus hätte verlassen müssen und um 19:30 Uhr zurückgekommen wäre. Somit hätte sie keine Zeit für ihre Tochter gehabt. Gleich zu Beginn habe sie Interesse an der Konditorei gehabt, den Kurs jedoch selber bezahlen müssen, wofür das Geld nicht vorhanden gewesen sei. Der Vorbereitungskurs habe von 7.10.2017 bis 6.7.2018 stattgefunden.

Ehrenamtlich sei die Beschwerdeführerin in der Diakonie tätig gewesen und übe nach wie vor Reinigungsdienste über Dienstleistungsschecks aus. Zwei Auszüge vom Juni bis bzw. Juli 2020 wurden diesbezüglich vorgelegt. Diese Tätigkeit habe sie März 2019 begonnen.

Im Bundesgebiet führte die Beschwerdeführerin ein Familienleben mit ihrer Tochter, welche verschiedene Kurse besucht habe, wie zum Beispiel Klavierunterricht, Ballett und Schach. Nun habe sie ihr Interesse an der Malerei gefunden. Die Beschwerdeführerin spreche mit ihrer Tochter Mongolisch, diese gebe ihr die Antworten zu 70 % in der deutschen Sprache. In der Mongolei sei das Kind im Kindergarten gewesen.

Die Beschwerdeführerin habe viele Freunde, meistens aus dem Verein für Bogenschießen, zudem aus dem Verein „Lernviertel“, nehme an Aktivitäten ihrer Heimatgemeinde sehr aktiv teil und habe auch sehr viele Freunde dort. Vor der Pandemie habe sie zwei bis drei ältere Leute im Altenheim besucht, um ihre Freizeit interessanter zu verbringen. Zudem gebe es in ihrem Heimatsort einen Club, bei dem sie regelmäßig helfe und in dem sie auch Freunde habe. Die sogenannten Schwestern dort hätten ihre Zugtickets bezahlt, als die Beschwerdeführerin die Altenpflege besucht habe. Es gebe zwar keine Bestätigung auf dem Papier über ihre Mitgliedschaften, aber sie nehme aktiv teil. So arbeite sie zum Beispiel im Rahmen des Lernviertels auch im Sozialmarkt gratis.

Zu ihren Töchtern in der Mongolei habe sie manchmal Kontakt, jedoch seit längerem nicht mehr. Sie habe wirklich große Angst vor ihrem Mann. Vor ihrer Ausreise habe sie eine rechtsanwaltliche Beratung bekommen, bei der ihr gesagt worden sei, dass die Scheidung in ihrer Abwesenheit durchgeführt werde und ihre Geschwister für sie bei Gericht auftreten könnten. Bei der Gerichtsverhandlung sei diesen jedoch gesagt worden, dass die Beschwerdeführerin selbst da sein müsse. Aus diesem Grund habe sie den Verdacht, dass man Einfluss genommen habe. Auf Empfehlung ihres Anwalts habe die Beschwerdeführerin alle Unterlagen über ihre Geschwister bei Gericht eingereicht.

Geheiratet habe sie Ende Dezember 2007, kennengelernt hätten sie sich 2002 und seit März 2003 zusammengelebt. Die Probleme 2005 begonnen, als er angefangen habe, Alkohol zu trinken und aggressiv geworden sei. Vorher habe er auch Alkohol getrunken aber die Beschwerdeführerin trotzdem gehofft, dass es besser werde. Sie glaube, die sexuellen Übergriffe hätten auch 2005 und 2006 begonnen.

Nachgefragt, warum sie dann diesen Mann überhaupt geheiratet habe, meinte sie, sie habe gehofft, dass er es nicht mehr tun werde. Wenn es wirklich schwer geworden sei, habe sie die Polizei gerufen, und zwar schon 2005 und 2006. Als der Polizist gekommen sei, habe ihr Gatte zu ihm irgendwas gesagt, weil er selbst Polizist gewesen sei. Dann sei der Beamte immer wieder weggegangen und es noch schlimmer als vorher gewesen. Das letzte Mal habe sich die Beschwerdeführerin Anfang November 2014 an die Polizei gewandt.

Vermutlich habe ihr Gatte mit der anderen Frau in einem eigenen Haushalt gelebt. Bevor sie davon erfahren habe, dass er eine Beziehung zu einer anderen Freundin habe, habe er immer gesagt, er müsse arbeiten und sei denn höchst wahrscheinlich bei ihr gewesen. Da er auch viel über Nacht weg gewesen sei, glaube sie, dass er bei der Freundin gewohnt habe. Nachgefragt ob die Beschwerdeführerin eine Ahnung habe, wann diese Beziehung zu der anderen Frau begonnen haben könnte, antwortete sie, er habe einen Sohn von der anderen Frau, der ein Jahr jünger als ihre mittlere Tochter sei, die sich in Österreich befinde. Ungefähr müsste das Kind aus der anderen Beziehung 2010 geboren sei, die Beschwerdeführerin vermute aber, dass diese Beziehung schon früher begonnen hätte.

Nachgefragt, die Beschwerdeführerin habe angegeben, dass der Ehemann nach ihrer Ausreise mit dieser Frau zusammengezogen sei, bestätigte sie, sie habe dies von ihrer älteren Tochter erfahren. Nunmehr sei er nach Hause zurückgekehrt, die Töchter lebten mit ihren Eltern und ihrem Vater zusammen, gemeint seien die Großeltern väterlicherseits.

Da die Töchter immer auf Seite der Beschwerdeführerin gewesen seien, hätten sie eine schlechte Beziehung zu ihrem Vater gehabt, wie es jetzt sei, wisse sie nicht.

Vorgehalten, die Beschwerdeführerin besitze ein sehr großes familiäres Netzwerk in der Mongolei, erwiderte diese, ihr ehemaliger Gatte sei Polizist gewesen und sein Bruder habe eine noch höhere Position gehabt. Es hätte nichts geholfen, wenn die Familie gegen ihn angekämpft hätte. Nachgefragt, was ihrer Meinung nach mit ihrer Familie passiert wäre, wenn sie dort untergekommen wäre, antwortete die Beschwerdeführerin, sie wäre nicht hierhergekommen, hätte sie die Möglichkeit gehabt.

Bezüglich der Frauenhäuser brachte die Beschwerdeführerin vor, es gebe eine Abteilung im Unfallkrankenhaus mit Ärzten und Polizisten gegen die Gewalt. Dort sei sie untersucht und auch einvernommen worden. Ihre Angaben vor dem Bundesamt vorgehalten, wonach sie sich an keinen Arzt gewandt habe, antwortete sie, dieser ärztlichen Untersuchung habe sie sich erst nach der Entscheidung zur Ausreise unterzogen und Unterlagen für den Scheidungsantrag gesammelt. Der Polizist habe erklärt, es an die zuständige Stelle weiterzuleiten, sie jedoch keine Antwort erhalten. Wenn sie eine Anzeige erstattet habe, hätte sie nie eine Antwort bekommen. Ende November 2014 habe sie selbst die Polizeistelle aufgesucht und dem dortigen Leiter vorgehalten, sie hätte viele Anzeigen erstattet und niemals eine Antwort bekommen, woraufhin er gesagt habe, dies könne nicht stimmen, jede Anzeige werde beantwortet und es werde ermittelt. Dann habe er einen Polizisten aufgefordert, über ihre Anzeige zu entscheiden, dieser zuständige Mann aber sei ein Freund ihres Gatten gewesen.

Vorgehalten, beim Bundesamt habe sie angegeben, nicht zu wissen, wann sie ihren Ehemann angezeigt habe, antwortete sie, kurz nach der Ausreise habe sie sich nicht mehr daran erinnern können.

Eigentlich sei sie in zwei bis drei Frauenhäuser gegangen, dort jedoch nicht aufhältig gewesen. Sie sei draufgekommen, dass dieser Schutz nie hundertprozentig sein werde und habe befürchtet, wenn sie dortbleibe, würde ihr Mann verständigt und eines Tages Rache nehmen. Vorgehalten, beim Bundesamt habe sie auf diese Frage geantwortet, sie habe keine Aufnahme gefunden, erwiderte sie, anfangs wäre ihr gesagt worden, dass dieser Aufenthalt möglich sei. Nachdem sie ihre Probleme erzählt hätte, wären sie sehr vorsichtig gewesen, nachdem sie angegeben habe, dass ihr Gatte und dessen Bruder Polizist seien, seien sie übervorsichtig gewesen.

Der Bruder ihres Mannes sei damals XXXX gewesen, welchen Beruf er jetzt habe, wisse sie nicht. Vorgehalten, beim Bundesamt habe sie gesagt, dass der Onkel ihres Gatten XXXX sei, antwortete sie, es sei schon sein Onkel, bei ihnen spreche man vom Bruder, es mache keinen Unterschied.

Die Eltern der Beschwerdeführerin befänden sich in Ulan Bator. Nachdem die Beschwerdeführerin hierhergekommen sei, habe sie ihre Tochter telefonisch kontaktiert und ihr Mann ihr gedroht, er würde sehen, dass sie nicht zurückkomme. Das bedeutete, er würde Rache nehmen.

Damals, als er von der letzten Anzeige erfahren habe, habe er die Beschwerdeführerin mit einem Messer bedroht, wenn sie über ihn und seinen Onkel Schande bringe, würde er sie umbringen.

Ihr Ehemann sei Polizeikapitän gewesen, Vertreter in Strafsachen, er hätte eine höhere Position als normale Polizisten gehabt. Die Schwester ihres Mannes sei Polizistin, ebenso wie deren Mann. Der Cousin sei damals stellvertretender Leiter der Gerichtsvollzugsanstalt gewesen, in der auch eine Cousine von ihm gearbeitet habe. Sein Onkel habe eine Sonderabteilung gegründet, deren Leiter er jahrelang gewesen sei.

Seitens der erkennenden Richterin wurden die in das Verfahren eingeführten Länderberichte unter Gewährung einer Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme übergeben.

Diese Stellungnahme langte am 14.5.2021 ein. Beigelegt waren aktuelle Dienstleistungsscheck der Beschwerdeführerin aus dem Jahr 2021 in Kopie.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Mongolei, gehört der Volksgruppe der Mongolen an und ist konfessionslos. Ihre Muttersprache ist Mongolisch. Sie stammt aus Ulan Bator.

Die Beschwerdeführerin ist gesund.

Von 1987 bis 1997 besuchte sie die Schule in der Heimat, absolvierte dort einen Kurs als Buchhalterin und von 1997 bis 2001 die Hochschule für Finanzen in XXXX . Überdies machte sie auch eine Ausbildung als Sekretärin und „MAN Power“, war von 2001 als Sekretärin tätig und arbeitete von September 2006 bis Dezember 2014 bei näher genannten Firmen als Buchhalterin, ab März 2013 war sie in Karenz.

Die Beschwerdeführerin hat noch ihre Eltern, zwei Brüder und drei Schwestern und zudem mehrere Onkel und Tanten in der Heimat, auch zwei minderjährige Töchter befinden sich dort bei ihrem leiblichen Vater bzw. dessen Eltern.

Die Beschwerdeführerin konnte nicht glaubhaft machen, in der Heimat ernsthaft und aktuell von ihrem Ehemann bedroht zu werden.

Im Bundesgebiet lebt noch eine minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin, mit der sie ein Familienleben führt (GZ W119 2209994).

Die Beschwerdeführerin erfügt über ein Zeugnis zur Integrationsprüfung, Sprachniveau B1. besuchte verschiedene Deutschkurse sowie einen Vertiefungskurs „Arbeit und Beruf“ und absolvierte einen Vorbereitungskurs zur Altenpflege. Sie verrichtete zahlreiche ehrenamtliche Tätigkeiten, arbeitete legal über Dienstleistungsschecks als Reinigungskraft und konnte mehrere Arbeitszusagen sowie einen aktuellen Arbeitsvertrag als Raumpflegerin (38,5 Wochenstunden, € 2.029.- brutto) vorlegen. Zudem erhielt sie eine große Anzahl von Unterstützungsschreiben und Unterschriften, was ihre sehr gute soziale Integration belegt. Sie hat viele Österreichische Freunde.

Feststellungen zur Situation in der Mongolei:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 20.10.2020:

COVID-19

Die Mongolei ist seit dem 9. Januar 2020 mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 konfrontiert. Im Land wurden sehr schnell strenge Sicherheitsmaßnahmen ergriffen (LIP 7.2020d). Kaum ein anderes Land hat so früh und so diszipliniert auf die Bedrohung reagiert wie die bitterarme und wirtschaftlich fast völlig von China abhängige Mongolei (DS 5.6.2020).

Nach wie vor bewegen sich die Fallzahlen im niedrigen dreistelligen Bereich. Dabei handelt es sich ausschließlich um aus dem Ausland importierte Fälle im staatlichen Quarantänesystem (AA 14.10.2020). Ende März 2020 hat die Regierung ein Paket von Hilfsmaßnahmen eingebracht, das insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Bewältigung der Coronakrise helfen soll (GTAI 10.8.2020).

Der bei den Parlamentswahlen Ende Juni im Amt bestätigte Premierminister Ukhnaagiin Khurelsukh bezifferte den Umfang des Unterstützungspakets auf umgerechnet rund 1,8 Milliarden US-Dollar (USD). Ein Anfang August 2020 im Parlament eingebrachter Nachtragshaushalt ermöglicht, dass mehrere der ursprünglich auf drei oder sechs Monate befristeten Maßnahmen länger gelten werden (GTAI 10.8.2020).

Aufgrund der Verbreitung des Coronavirus (COVID-19) sind vorläufig alle Flugverbindungen in das Ausland eingestellt. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht mehr möglich (BMEIA 8.5.2020).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (14.10.2020): Mongolei: Reise- und Sicherheitshinweise, Aktuell, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/mongoleisicherheit/222842, Zugriff 19.10.2020

-        BMEIA – Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (19.10.2020): Mongolei (Mongolei), Aktuelle Hinweise, Stand 19.10.2020 (Unverändert gültig seit: 09.05.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 19.10.2020

-        DS – Der Standard (5.6.2020): Warum die Mongolei inmitten der Corona-Krise Schafe nach China schickte, https://www.derstandard.at/story/2000117887198/warum-die-mongolei-inmitten-der-corona-krise-schafe-nach-china, Zugriff 19.10.2020

-        GTAI – German Trade & Invest (10.8.2020): Covid-19: Maßnahmen der Regierung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/mongolei/covid-19-massnahmen-der-regierung-238750, Zugriff 19.10.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020d): Mongolei, Alltag, https://www.liportal.de/mongolei/ueberblick/#c57158, Zugriff 25.9.2020

Politische Lage

Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen Russland und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von 3,2 Mio. Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Mio. Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (20187.2020) ca. 1,5 Mio. Menschen (CIA 10.9.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).

Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2019; vgl. USDOS 11.3.2020). Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich (BMZ o.D.). In den vergangenen 20-30 Jahren wurden in der Mongolei 16 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahl (USDOS 19. 6.2020). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2019; vgl. AA 9.2020a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2019). Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammerparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2019). Die 76 Abgeordneten werden für vier Jahre gewählt (ÖB 12.2019).

Nach der Revolution im Jahr 1990 hat sich in der Mongolei insgesamt eine stabile Demokratie mit einem Mehrparteiensystem, freien Wahlen und Gewaltenteilung etabliert. Geprägt wurde diese positive Entwicklung jedoch auch durch extrem häufige Regierungswechsel. Skandale um Korruption in Politik und Wirtschaft haben in den vergangenen Jahren immer wieder das Land erschüttert. Laut Meinung von Experten werden Wahlen in dem Land mittlerweile vor allem dazu genutzt, „aus Frustration über die nicht erfüllten Versprechen“ jene Partei abzuwählen, „die derzeit das Parlament kontrolliert“. In den vergangenen Jahrzehnten spielten insbesondere zwei Parteien eine wesentliche Rolle in der mongolischen Politik: Die ehemals kommunistische Staatspartei, die Mongolische Volkspartei (MVP), sowie die aus unterschiedlichen Oppositionsgruppen hervorgegangene Demokratische Partei (DP) (KAS 6.2020).

Bei der Parlamentswahl vom 24. Juni 2020 erhielt die Regierungspartei Mongolische Volkspartei (MVP) von Premierminister Ukhnaa Khurelsukh 62 der 76 Parlamentssitze (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020, GW 25.8.2020). Die oppositionelle Demokratische Partei erzielte elf Sitze. Damit wurde erstmals seit der ersten Mehrparteien-Parlamentswahl 1990 eine Regierungspartei wiedergewählt. Unter den neu gewählten Abgeordneten befinden sich 13 Frauen (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020). Die Wahlbeteiligung betrug 73% (BAMF 29.6.2020).

Die Parlamentswahl fand wegen COVID-19 unter Einhaltung von entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen, wie Abstandsregeln und Messung der Körpertemperatur statt (BAMF 29.6.2020).

Der alte und neue Premierminister der im Juli 2020 gebildeten Regierung heißt Ukhnaagiin Khurelsukh. Nachdem er in den Parteigremien mit 100% Zustimmung für das Amt nominiert worden war, stimmte am 2.7.2020 auch die große Mehrheit der Staatsversammlung dem Vorschlag zu. Der Regierung Khurelsukh gehören drei Frauen an (LIP 7.2020a).

Noch profitiert die MVP-Regierung von ihrer strikten und frühzeitigen Präventionspolitik (KAS 4.5.2020). Doch steigt in Folge der COVID-19-Krise auch der Druck auf die Regierung (GW 25.8.2020). Durch frühzeitige Restriktionen konnte eine unkontrollierte Verbreitung bislang verhindert werden. Die beschlossenen Maßnahmen führten in den vergangenen Monaten in der Konsequenz allerdings zu einem massiven Einbruch der mongolischen Wirtschaft (KAS 6.2020; vgl. GW 25.8.2020). Ein Beibehalten der Restriktionen würde die wirtschaftliche Krise verstärken, die gerade den ärmsten Teil der Bevölkerung trifft. Andererseits würde ein Aufheben der Maßnahmen die Mongolei dem Risiko einer sprunghaften Ausbreitung und damit einer angesichts des unterentwickelten Gesundheitssystems unabwendbaren Katastrophe aussetzen. Noch hat es die Regierung durch umfangreiche Hilfspakete geschafft, öffentliche Kritik an ihrem Vorgehen abzuwenden (KAS 6.2020).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (9.2020a): Mongolei – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222882, Zugriff 21.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (29.6.2020): Briefing Notes 29. Juni 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2033951/briefingnotes-kw27-2020.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        CIA – Central Intelligence Agency (10.9.2020): The World Factbook – Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 25.9.2020

-        GW – Gardaworld) (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (4.5.2020): Corona-Krise in der Mongolei, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/corona-krise-in-der-mongolei, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Sicherheitslage

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, von der sie bis dahin vollständig abhängig war, baute die Mongolei schnell und konfliktfrei demokratische und marktwirtschaftliche Strukturen auf. Obwohl sich alle politischen Akteure über den demokratischen und marktwirtschaftlichen Kurs des Landes einig sind, gibt es viele Herausforderungen zu bewältigen. Die Regierungsführung ist noch schwach und die Leistungsfähigkeit der staatlichen Institutionen gering (BMZ o.D.).

Nach der innenpolitischen Krise 2018 war die Mongolei von einer Reihe von innenpolitischen Reformen zur Sicherung der Stabilität des Landes gekennzeichnet (BMEIA 25.6.2020). Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 29.4.2020). In der Mongolei gibt es einige kleine extrem nationalistischer Gruppen, die gelegentlich chinesische Staatsbürger angreifen. Die Existenz mongolischer Terrororganisationen ist nicht bekannt (GW 3.7.2020).

Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - hatten bisher kein Eskalationspotential (GW 4.7.2020), sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 29.4.2020).

Es kommt mitunter zu gewalttätigen Übergriffen auf chinesische, koreanische und vietnamesische Staatsbürger, die in der Mongolei leben (ÖB Peking 12.2019) durch Ultranationalisten (ÖB Peking 12.2019). Anfang 2020 führte die Regierung eine Reihe von Zwangsausweisungen nordkoreanischer Staatsbürger in Übereinstimmung mit den einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates durch (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).

Die Mongolei ist außenpolitisch um ein gutes und ausgewogenes Verhältnis zu den beiden großen Nachbarstaaten Russland und China bemüht (BMEIA 25.6.2020) und betreibt eine „Politik des dritten Nachbarn“ als Gegengewicht der möglichen Vereinnahmung durch ihre unmittelbaren Nachbarn. Die Mongolei nutzt die guten Beziehungen sowohl zu Nord- als auch Südkorea für eine Vermittlerrolle auf der koreanischen Halbinsel. Stabile Außenbeziehungen unterhält die Mongolei auch zu Japan (LIP 7.2020a; vgl. AA 2.9.2020, GW 3.7.2020).

Als eines der ersten Länder hat die Mongolei im Jänner 2020 ihre Grenzen für Reisende aus Hochrisikoländern geschlossen, um den Import von Infektionen mit COVID-19 zu verhindern (WKO 5.2020). Die Schließung von internationalen Flug- und Bahnverbindungen aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden mehrmals, zuletzt bis zum 31. Oktober 2020 durch die Regierung verfügt (GW 27.8.2020; vgl. MSZ o.D.) und bleibt vorläufig weiterhin aufrecht. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht möglich (BMEIA 25.9.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (2.9.2020): Mongolei: Politisches Portrait, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/politisches-portraet/222882, Zugriff 23.9.2020

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        BMEIA – Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten (25.9.2020): Mongolei (unverändert gültig seit 9.5.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 25.9.2020

-        BMEIA – Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten (25.6.2020): Außen- und Europapolitischer Bericht 2019, Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00150/imfname_806473.pdf, Zugriff 24.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (27.8.2020): Mongolia: International flights and rail services canceled until September 15 /update 13, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/373106/mongolia-international-flights-and-rail-services-canceled-until-september-15-update-13, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (4.7.2020): Mongolia Country Report, Social Stability, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, Terrorism, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, War Risks, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020

-        MSZ - Ministerstwo Spraw Zagranicznych (o.D.): Powrot Mongolia, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/mongolia, Zugriff 5.10.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

-        WKO – Wirtschaftskammer Österreich (5.2020): Wirtschaftsbericht Mongolei, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/mongolei-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 23.9.2020

Rechtsschutz / Justizwesen

Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht (ÖB Peking 12.2019). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 12.2019; vgl. FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020).

Soum-, Intersoum- und Bezirksgerichte sind Gerichte 1. Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von zehn Mio. Tögrök (MNT) zuständig. Aimag-Gerichte sind die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über zehn Mio. MNT, sowie die Berufungsgerichte für die unteren Gerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für alle anderen Verfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigeninitiative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt. (ÖB Peking 12.2019).

Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Judicial General Council (JGC) ist für die Nominierung sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern verantwortlich. Er ist jedoch politisch abhängig und hat nicht die Befugnis, bei Vorwürfen von richterlichem Fehlverhalten zu ermitteln (Bertelsmann 29.4.2020). Die unabhängige Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren ohne Verzögerungen wird in der Regel durchgesetzt. Doch haben die Verabschiedung von Gesetzesänderungen über die Rechtsstellung der Richter die Unabhängigkeit der Justiz geschwächt. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht, über die Vorwürfe gegen sie in Kenntnis gesetzt zu werden. Angeklagte können einen Rechtsbeistand selbst auswählen oder erhalten auf Staatskosten einen solchen gestellt (USDOS 11.3.2020).

NGOs und Privatunternehmen berichten, dass Korruption und Einflussnahme im Justizsystem stattfindet (USDOS 11.3.2020; vgl. Bertelsmann 29.4.2020). Die Rechte von Angeklagten wie die Befragung und Einberufung von Zeugen würden in manchen Fällen missachtet. NGOs berichten weiters über Einschüchterung von Zeugen und mangelnde Transparenz bei der Urteilsfindung (USDOS 11.3.2020). Jedoch wurden der Mongolei deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Transparenz der Urteilsfindung attestiert (Bertelsmann 29.4.2020).

Gerichte verhängen nur selten Freisprüche oder stellen das Verfahren ein, auch wenn es keine substanziellen Beweise für einen Schuldspruch gibt. Gerichte spielen Fälle häufig an die Staatsanwaltschaft zurück, obwohl ein Freispruch angemessen erscheint. Dadurch wechseln auch einzelne prominente Kriminalfälle jahrelang zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht hin und her, ohne dass diese abgeschlossen werden (USDOS 11.3.2020). Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Sicherheitsbehörden

Für die innere Sicherheit sind in erster Linie die Nationale Polizeibehörde und die Allgemeine Behörde für Grenzschutz zuständig, die dem Ministerium für Justiz und Inneres unterstehen. Die General Intelligence Agency, deren Direktor dem Premierminister untersteht, unterstützt diese beiden Behörden bei der inneren Sicherheit. Die Streitkräfte sind dem Verteidigungsministerium unterstellt und unterstützen die Kräfte der inneren Sicherheit bei der Bereitstellung von Nothilfe und Katastrophenhilfe im Inland (USDOS 11.3.2020). Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstellten Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 12.2019). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inkonsequent (USDOS 11.3.2020).

Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatssicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Korruption

Korruption ist in der gesamten öffentlichen Verwaltung und in der Industrie (Bergbau) weit verbreitet (ÖB 12.2019; vgl. TI 9.7.2018, BMZ o.D.). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2019 auf Platz 106 von 198 analysierten Ländern (TI 2019). Das bedeutet einen Verlust von 13 Plätzen zum Ergebnis von 2018 (TI 2019). 2018 erreichte die Mongolei den 93 Platz (von 198 Staaten) (TI 2018).

Der Großteil der Bevölkerung ist mit den Anti-Korruptionsmaßnahmen der Regierung unzufrieden (TI 9.7.2018). In der mongolischen Öffentlichkeit setzt sich zunehmend das Bewusstsein durch, dass Korruption die Entwicklung des Landes stark behindert. Es wurden Antikorruptionsgesetze verabschiedet und entsprechende Kontrolleinrichtungen geschaffen. Weitere Reformen und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Korruption sind jedoch erforderlich (BMZ o.D.).

Das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Strafgesetz führte höhere Strafen für Korruptionsvergehen von öffentlich Bediensteten und Regierungsvertretern sowie deren nächster Verwandtschaft ein. Das Gesetz erfordert von Regierungsvertretern auch die Offenlegung ihrer Vermögen an die Independent Authority Against Corruption (IAAC). Im März 2017 wurde ein staatliches Korruptionsbekämpfungsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren implementiert (USDOS 11.7.2019).

Seit 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz mehrfach erweitert (USDOS 11.7.2019; vgl. ÖB 12.2019). Eine gesetzliche Schutzvorschrift liegt seit Ende 2016 jedoch im Entwurf vor (ÖB Peking 12.2019). Jedoch wurden bisher keine Gesetze verabschiedet, die einen Schutz von NGOs und anderen Institutionen, die Korruption der Regierung untersuchen und öffentlich machen, ermöglicht (USDOS 11.7.2019). Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben (ÖB Peking 12.2019).

Es gibt eine weitreichende Immunität von Amtsträgern gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (TI 9.7.2018) und es gibt Bedenken, dass Teile der Justiz und der IAAC weitgehend von politischen Kreisen kontrolliert werden, welche verhindern möchten, durch eine tatsächlich unabhängige Behörde selbst der Korruption bezichtigt zu werden (Bertelsmann 29.4.2020; vgl. FH 4.3.2020).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2019 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2019/results/mng, Zugriff 23.9.2020

-        TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2018/results/mng, Zugriff 23.9.2020

-        TI – Transparency International (9.7.2018): Mongolia: Overview of Corruption and Anti-Corruption, https://knowledgehub.transparency.org/helpdesk/mongolia-overview-of-corruption-and-anti-corruption, Zugriff 24.9.2020

-        USDOS – U.S. Department of State (11.7.2019): Investment Climate Statements for 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031888.html, Zugrifff 24.9.2020

Religionsfreiheit

Religionsfreiheit ist durch die Verfassung garantiert (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund von Religion und verbietet dem Staat eine Ausübung religiöser Aktivitäten wie auch religiösen Institutionen die Durchführung von politischen Aktivitäten (USDOS 10.6.2020). Religiöse Dogmen haben keinen nennenswerten Einfluss auf die Rechtsordnung oder auf politische Institutionen, auch wenn von manchen hohen Regierungsvertretern bekannt ist, dass sie religiös sind (Bertelsmann 9.4.2020).

Die Mongolei erlebte seit der demokratischen Revolution 1990 ein Wiederaufleben der Religiosität, insbesondere des Buddhismus und des traditionellen Schamanismus (Bertelsmann 29.4.2020). Vorherrschende Religion in der Mongolei ist der tibetische Buddhismus, dem 53% der Bevölkerung anhängen. 3,9% sind Muslime, 2,9% Anhänger des Schamanismus und 2,1% Christen; 38,6% der Bevölkerung sind konfessionslos (Bertelsmann 29.4.2020).

Die Mehrheit der Buddhisten gehört dem Mahayana-Zweig an. Viele Menschen praktizieren Elemente des Schamanismus in Kombination mit Buddhismus. Der größte Teil der Christen gehört den Protestanten an, wobei auch andere christliche Denominationen wie Mormonen, Katholiken, Zeugen Jehowas und der Russischen Orthodoxie in der Mongolei vertreten sind. Die ethnische Gruppe der Kasachen im Nordwesten des Landes ist vorwiegend muslimisch (USDOS 10.6.2020).

Religiöse Institutionen sind per Gesetz dazu verpflichtet, sich zu registrieren. Die Registrierung ist in den meisten Fällen auf ein Jahr beschränkt und muss dann erneuert werden (USDOS 10.6.2020). Dabei ist das Registrierungsverfahren je nach Region und Ort unterschiedlich (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Einige religiöse Gruppen melden daher Schwierigkeiten, sich in manchen Regionen zu registrieren oder ihre Registrierung zu erneuern. Der Registrierungsprozess kann laut Berichten zwischen wenigen Wochen bis zu einigen Jahren dauern. Nichtregistrierte religiöse Gruppen werden durch wiederholte Besuche von Finanzbeamten, der Polizei oder anderen Beamten schikaniert (USDOS 10.6.2020).

Das Religionsgesetz verbietet die Verbreitung religiöser Ansichten mittels Gewalt, Druck, durch materielle Anreize, Täuschung oder Mittel, die Gesundheit oder Moral schaden oder psychische Schäden hervorrufen können. In manchen Regionen wird Kindern und Minderjährigen aus Angst vor „Gehirnwäsche“ die Teilnahme an religiösen Aktivitäten verboten (USDOS 10.6.2020).

Es gibt keine institutionalisierte Diskriminierung aufgrund von Religion. Die verschiedenen religiösen Gruppen haben nahezu gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Beschäftigung und öffentlichen Dienstleistungen. Die religiöse Toleranz ist stark ausgeprägt (Bertelsmann 29.4.2020).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        USDOS – US Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031300.html, Zugriff 24.9.2020

Relevante Bevölkerungsgruppen

Frauen

Die Verfassung bestimmt, dass keine Person ob ihrer Herkunft, Sprache, Abstammung, Alters, Geschlechts, sozialer Herkunft oder ihres Status diskriminiert werden darf und dass gemäß Art. 16 Abs. 11 VerfG Männer und Frauen in politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und familiären Angelegenheiten gleichbehandelt werden müssen. Seit 2011 gibt es ein Gesetz zur Geschlechtergleichstellung (ÖB Peking 12.2019). Mongolische F

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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