TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/18 G313 2149372-3

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Veröffentlicht am 18.08.2021
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Entscheidungsdatum

18.08.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §69 Abs2
VwGVG §28 Abs7 Satz2

Spruch


G313 2149372-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS, als Einzelrichterin über die Säumnisbeschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Rumänien, vertreten durch RA Mag. iur. Constantin-Adrian NITU, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich des am 28.02.2020 gestellten Antrages auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes zu Recht erkannt:

A)       Der Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes wird gemäß § 28 Abs. 7 Satz 2 VwGVG iVm § 69 Abs. 2 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 07.02.2017 wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein für die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt.

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Mit der Beschwerde wurde gleichzeitig ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

3. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: BVwG) vom 11.05.2017, Zl. G306 2149372-1/3E, G306 2149372-2/2E, wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als verspätet zurückgewiesen.

4. Am 28.02.2020 stellte der BF beim BFA einen Antrag auf Aufhebung des mit Bescheid des BFA vom 07.02.2017 erlassenen Aufenthaltsverbotes.

5. Am 04.12.2020 erhob der BF über seinen Rechtsvertreter beim BFA Säumnisbeschwerde und beantragte er, „das Verwaltungsgericht möge der belangten Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Bestimmung einer angemessenen Frist zu erlassen, in eventu im eigenen Wirkungsbereich über diese Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst entscheiden“.

6. Am 10.12.2020 langte die gegenständliche Säumnisbeschwerde samt beigeschlossenem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Mit Erkenntnis des BVwG vom 17.02.2020 wurde das BFA verpflichtet, gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der im gegenständlichen Erkenntnis festgelegten Rechtsanschauung des BVwG binnen acht Wochen zu erlassen.

8. Mit Schreiben des Rechtsvertreters des BF vom 30.06.2021 wurde mangels Entscheidung in der Sache durch das BFA das BVwG ersucht, über den Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes zu entscheiden.

9. Am 03.08.2021 wurde dem BVwG mit Beschwerdevorlage-Schreiben vom 28.07.2021 der Akt des BFA samt verfahrensgegenständlichem Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes vom 28.02.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Dem BF wurde nach diesbezüglicher Antragstellung am 24.07.2012 unbefristet eine „Anmeldebescheinigung (Familienangehöriger)“ erteilt.

1.2. Er wurde im Bundesgebiet zweimal rechtskräftig strafrechtlich verurteilt, und zwar mit

?        Urteil von Jänner 2015 wegen versuchten Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, und mit

?        Urteil von September 2015 wegen gewerbsmäßig schweren Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, wobei der BF am 21.12.2016 bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren aus der Strafhaft entlassen wurde und diese angeordnete bedingte Entlassung am 29.01.2020 für endgültig erklärt wurde.

Der letzten strafrechtlichen Verurteilung des BF von September 2015 liegen folgende strafbare Handlungen des BF zugrunde:

Der BF hat im Bundesgebiet zusammen mit anderen Tätern an verschiedenen Orten im Bundesgebiet anderen durch Einbruch fremde bewegliche Sachen – der BF dabei in einem EUR 50.000,- übersteigenden Wert – mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

I.       weggenommen, und zwar

?        in der Zeit von 31.10.2014 bis 01.11.2014 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter Verfügungsberechtigten einer im Strafrechtsurteil genannten Firma Bargeld in Höhe von EUR 25.000 sowie eine Pistole samt Munition, indem sie ein Fenster des Geschäftslokales aufbrachen,

?        der BF und andere Täter im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter

?        in der Nacht von 21.11.2014 auf den 22.11.2014 Verfügungsberechtigten einer bestimmten Firma Bargeld in Höhe von ca. EUR 16.000,- insgesamt acht Handys und 1 I-Pad, indem ein Bürofenster aufgezwängt wurde, um in das Gebäude zu gelangen, und im Gebäude weitere Bürotüren aufgebrochen und zwei Tresore aufgeschnitten wurden sowie versucht wurde, einen weiteren aufzuschneiden;

?        am 14.10.2014 bestimmten Verfügungsberechtigten Bargeld in Höhe von EUR 166,89, indem ein Fenster eines Gebäudes und in weiterer Folge Bürotüren im Gebäude aufgebrochen wurden und das Bargeld an sich genommen wurde;

?        der BF im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit noch unbekannten Mittätern

?        am 13.03.2015 bestimmten weiteren Verfügungsberechtigten Bargeld, Gutscheine und Golddukaten im Gesamtwert von etwa EUR 10.380,-, indem er ein Fenster eines Bürogebäudes aufbrach, über dieses Fenster in da Gebäude einstieg, das Gebäude durchsuchte und die Beute an sich nahm;

?        in der Nacht von 21.04.2015 auf den 22.04.2015, indem er in ein Bürogebäude einbrach, dort Bürotüren und Behältnisse, darunter einen Tresor, aufbrach und die Beute an sich nahm – Verfügungsberechtigten Bargeld in Höhe von EUR 18.065,98 und Angestellten Handys samt Zubehör sowie insgesamt EUR 1.670,- Bargeld;

?        der BF und weitere Täter im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 17.05.2015 einer bestimmten Person Bargeld aus einer Handkasse, einer anderen Person zwei Manschettenknöpfe sowie eine Münze sowie einer weiteren Person zwei Taler im Wert von ca. EUR 60,-, indem die Täter mittels einer Stande das Dachbodenfenster eines Nebengebäudes öffneten, über das Dach einstiegen und in weiterer Folge annähernd alle Büroräumlichkeiten samt darin befindlichen Behältnissen aufbrachen, wobei die Täter als Beute jedoch nur die oben angeführten Gegenstände fanden und an sich nahmen;

II.      wegzunehmen versucht, und zwar

?        der BF und weitere Täter im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 08.11.2014 bestimmten Verfügungsberechtigten sowie weiteren geschädigten, indem sie ein Fenster eines Bürogebäudes einschlugen, sich so Zutritt zum Gebäude verschafften und die Büroräumlichkeiten nach stehlenswerten Gegenständen durchsuchten, hierbei jedoch betreten wurden und flüchteten;

?        der BF und ein weiterer Täter im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 21.05.2015 bestimmten Verfügungsberechtigten, indem sie in ein Bürohaus durch Aufbrechen eines Fensters eindrangen, Büroräume durchsuchten und einen Tresor aufzuschneiden versuchten, wobei sie jedoch ohne Beute flüchteten.

Im Zuge der Begründung dieses Strafrechtsurteils wurde festgestellt, dass der BF zuletzt ohne Beschäftigung war und weder Vermögen, Einkommen noch Schulden hat.

1.3. Mit Bescheid des BFA vom 07.02.2017 wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

1.4. Der BF nahm daraufhin eine Beschäftigung auf. Er war im österreichischen Bundesgebiet in den Zeiträumen vom 16.02.2017 bis 12.05.2017 und vom 12.05.2017 bis 27.07.2017 jeweils bei einem anderen Dienstgeber, und danach nicht mehr, beschäftigt.

1.5. Er weist in Österreich im Zeitraum vom 23.05.2015 bis 21.12.2016 Nebenwohnsitzmeldungen in Haft und vom 28.06.2012 bis 29.11.2016 und vom 27.12.2016 bis 29.08.2017 Hauptwohnsitzmeldungen auf.

Der BF kehrte am 29.08.2017 nach Rumänien zurück. Eine behördliche Meldung des BF in Österreich folgte daraufhin nicht mehr.

1.6. Am 28.02.2020 stellte der BF über seinen Rechtsvertreter beim BFA einen Antrag auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid vom 07.02.2017 erlassenen, in Rechtskraft erwachsenen Aufenthaltsverbotes (AS 177ff).

Mit diesem Aufhebungsantrag wurde unter anderem auf einen bei ihm mittlerweile eingetretenen positiven Gesinnungswandel und auf seine in Österreich lebenden Familienangehörigen verwiesen und unter anderem Folgendes angegeben:

„Die belangte Behörde hat sich im Zusammenhang mit der Frage des Vorliegens der familiären Bindung im Inland bei der konkreten Prüfung des Rechts auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK eingehend zu befassen und entsprechende Feststellungen hinsichtlich der engsten Familienangehörigen des Antragstellers zu treffen. Fallbezogen leben im Inland sowohl seine Mutter, Frau (…), als auch sein Bruder (…), seine Tanten (…) und (…) usw.“

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Identität und Staatsangehörigkeit des BF ergab sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

2.2. Dass der BF in Österreich zweimal rechtskräftig strafrechtlich verurteilt wurde, beruht auf einem aktuellen Strafregisterauszug und dem diesbezüglich vorliegenden Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den diesen Verurteilungen zugrunde gelegenen strafbaren Handlungen beruhen auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

Dass der BF in Österreich vom 16.02.2017 bis 12.05.2017 und vom 12.05.2017 bis 27.07.2017 jeweils bei einem anderen Dienstgeber beschäftigt war, ergab sich aus einem aktuellen AJ WEB-Auskunftsverfahrensauszug.

Dass er in Österreich zuletzt im Jahr 2017 mit Wohnsitz gemeldet war, ergab sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister, in welchem auch ein Verzug des BF nach Rumänien eingetragen ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG kann das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.

3.2. In der Sache

Im gegenständlichen Fall wurde gegen den BF mit Bescheid des BFA vom 07.02.2017 ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG erlassen.

Der BF beantragte am 28.02.2020 beim BFA die Aufhebung dieses Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG.

Nachdem innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist keine Entscheidung des BFA über den Antrag ergangen war, erhob der Rechtsvertreter des BF Säumnisbeschwerde.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 17.02.2020 wurde ausgesprochen, dass das BFA verpflichtet ist, gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG binnen acht Wochen den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der im Erkenntnis festgelegten Rechtsanschauung zu erlassen.

Diesem Auftrag ist das BFA nicht gefolgt. Nach Ablauf der dem BFA gewährten Entscheidungsfrist erging mit Schreiben des Rechtsvertreters des BF vom 30.06.2021 an das BVwG das Ersuchen, selbst über den Antrag zu entscheiden.

Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet in den Absätzen 1 und 2 wie folgt:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.“

Gemäß § 69 Abs. 2 FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) kann ein Antrag nach § 69 Abs. 2 FPG auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auf die nach der Verhängung der Maßnahme eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Entscheidung über die Aufhebung einer solchen Maßnahme kann die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem diese Maßnahme erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden. Eine Änderung der Rechtslage kann allerdings den Wegfall eines Grundes für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes darstellen und ist demnach bei der Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen (VwGH 21.07.2011, Zl. 200/18/0898; 24.01.2012, Zl. 2011/18/0267; 30.07.2014, Zl. 2012/22/0112; 26.03.2015, Zl. 2013/22/0297).

Bei der Beurteilung nach § 69 Abs. 2 FPG kommt es darauf an, ob aufgrund einer Änderung der für die Verhängung des Aufenthaltsverbots maßgebenden Umstände oder aufgrund einer maßgeblichen Änderung der Rechtslage davon ausgegangen werden kann, dass die seinerzeitige Annahme, der Aufenthalt des Fremden werde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Interessen zuwiderlaufen, nicht mehr aufrechterhalten werden kann (VwGH 06.09.2012, Zl. 2012/18/0032).

Gegen den BF besteht ein vom BFA mit Bescheid des BFA vom 07.02.2017 erlassenes, mangels rechtzeitiger Beschwerdeerhebung rechtskräftig gewordenes fünfjähriges Aufenthaltsverbot.

Dieses Aufenthaltsverbot wurde gegen den BF erlassen, nachdem dieser sich im Bundesgebiet wiederholt strafbar gemacht hatte und mit Urteil von Jänner 2015 wegen Einbruchsdiebstahls zu einer fünfmonatigen, bedingt auf eine dreijährige Probezeit, und mit Urteil von September 2015 wegen gewerbsmäßigen schweren Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden war.

Der BF hat, wie aus den seiner zweiten strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden strafbaren Handlungen hervorgehend, im Bundesgebiet wiederholt, und zwar sowohl allein als auch als Mittäter zusammen mit anderen Tätern Einbruchsdiebstähle begangen, um sich dadurch fortlaufende Einnahmen zu verschaffen. Es wurden dabei Fenster aufgezwängt bzw. aufgebrochen und Türen und Behältnisse aufgebrochen, um zu Bargeld und Wertgegenstände zu gelangen. Der Wert der vom BF durch Einbruch weggenommenen fremden beweglichen Sachen, darunter Bargeld und Handys, übersteigt EUR 50.000,-.

Die vom BF teilweise allein und teilweise als Mittäter begangenen Einbruchsdiebstähle fanden am 14.10.2014, von 31.10.2014 bis 01.11.2014, in der Nacht von 21.11.2014 auf 22.11.2014, am 14.10.2014, am 13.03.2015, in der Nacht von 21.04.2015 auf 22.04.2015 und am 17.05.2015 statt.

Weitere als Mittäter begangene strafbare Handlungen des BF am 08.11.2014 und am 21.05.2015 sind im Versuchsstadium geblieben.

Diese vom vermögens- und einkommenslosen BF im Bundesgebiet zuletzt begangenen strafbaren Handlungen, weswegen er im September 2015 wegen gewerbsmäßigen schweren Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten rechtskräftig strafrechtlich verurteilt wurde, und sein davor im Jänner 2015 rechtskräftig strafrechtlich verurteilter versuchter Einbruchsdiebstahl beweisen die grundsätzliche Neigung und Bereitschaft des BF, sich in einer wirtschaftlichen Notsituation auf illegale Weise ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen.

Im gegenständlichen Fall ist für die Frage, ob die Gründe, die zur Erlassung des fünfjährigen Aufenthaltsverbotes mit Bescheid vom 07.02.2017 geführt haben, weggefallen sind, das seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes vom BF an den Tag gelegte Verhalten samt allen individuellen Umständen und Verhältnissen maßgebend.

Um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (vgl. VwGH 27.04.2017, Ra 2016/22/0094).

An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen eines Verfahrens zur Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Möglichkeit, die festgesetzte Dauer des Aufenthaltsverbotes herabzusetzen, nicht vorgesehen ist (VwGH 27.06.1996, Zl. 95/18/0953).

Im Zuge der Prüfung, ob die Gründe, die zur Erlassung des fünfjährigen Aufenthaltsverbotes mit Bescheid vom 07.02.2017 geführt haben, weggefallen sind, ist zu prüfen, ob sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des BF geändert haben, und sind auch nach der Verhängung der Maßnahme eingetretene und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechende Umstände zu berücksichtigen.

Der BF hat mit Aufhebungsantrag vom 28.02.2020 ausdrücklich beantragt, das gegen ihn mit Bescheid des BFA vom 07.02.2017 erlassene Aufenthaltsverbot aufzuheben.

Mit Aufhebungsantrag wurde unter anderem auf einen beim BF mittlerweile eingetretenen positiven Gesinnungswandel und auf seine in Österreich lebenden Familienangehörigen verwiesen und diesbezüglich Folgendes angegeben:

„Die belangte Behörde hat sich im Zusammenhang mit der Frage des Vorliegens der familiären Bindung im Inland bei der konkreten Prüfung des Rechts auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK eingehend zu befassen und entsprechende Feststellungen hinsichtlich der engsten Familienangehörigen des Antragstellers zu treffen. Fallbezogen leben im Inland sowohl seine Mutter, Frau (…), als auch sein Bruder (…), seine Tanten Frau (…) und Frau (…) usw.“

Dass in Österreich die Mutter und der Bruder des BF leben, wurde bereits im Bescheid des BFA vom 07.02.2017 festgestellt.

Dass der BF zu seinen in Österreich lebenden Familienangehörigen mitsamt seinen im Aufhebungsantrag zusätzlich erwähnten Tanten ein besonderes Naheverhältnis bzw. ein näheres Verhältnis hätte, als dies zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes mit Bescheid vom 07.02.2017 der Fall war, wurde im Antrag nicht angeführt bzw. geht aus diesem nicht hervor.

Mit Antragsschreiben wurde des Weiteren vorgebracht:

„Der Antragsteller kann auch Deutsch-Kursbestätigungen vorweisen, die mit der Anmeldebescheinigung, ZMR-Meldung und sein früherer Arbeitsvertrag dem gegenständlichen Schriftsatz beigelegt werden.“ (AS 119)

Die dem Antrag beigelegte „Anmeldebescheinigung“ wurde dem BF als „Verwandte/-r in gerader absteigender Linie (§ 52 Abs. 1 Z 2)“ NAG erteilt und ist mit 24.07.2012 datiert (AS 125). Die dem Antrag beigelegte den BF betreffende „Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister“ wurde von der zuständigen NAG-Behörde am 27.12.2016 erstellt (AS 127) und die vorgelegten Deutschkursbestätigungen betreffen vom BF in den Zeiträumen vom 05.11.2012 bis 15.02.2013 und vom 18.02.2013 bis 24.05.2013 besuchte Deutschkurse (AS 133, 137).

Diese Unterlagen bzw. die mit diesen bescheinigten Tatsachen stammen alle noch vor Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den BF mit Bescheid des BFA vom 07.02.2017.

Auch wenn der im Antragsschreiben erwähnte dem Antrag beigelegte „Arbeitsvertrag“ ein nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes für den Zeitraum vom 12.05.2017 bis 10.11.2017 vereinbartes befristetes Arbeitsverhältnis (AS 129) betrifft, kommt diesem, weil es erst kurze Zeit nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes während aufrechter dreijähriger Probezeit nach bedingter Strafhaftentlassung vom 21.12.2016 eingegangen wurde, nur geminderte Bedeutung zu.

Nachdem der BF am 21.12.2016 bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren aus der Strafhaft entlassen worden war und nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes mit Bescheid des BFA vom 07.02.2017 in den Zeiträumen vom 16.02.2017 bis 12.05.2017 und vom 12.05.2017 bis 27.07.2017 anstatt wie ursprünglich mit dem Dienstgeber vereinbart bis 10.11.2017 Beschäftigungen nachgegangen war, kehrte er am 28.08.2017 nach Rumänien zurück.

Da kein Aufenthalt des BF in Österreich ab diesem Zeitpunkt mehr bekannt ist, konnte ab dem Zeitpunkt der Ausreise des BF am 28.08.2017 auch kein Wohlverhalten des BF im österreichischen Bundesgebiet mehr überprüft werden.

Die angeordnete bedingte Strafhaftentlassung wurde nach Erlassung des fünfjährigen Aufenthaltsverbotes gegen den BF mit Bescheid vom 07.02.2017 mit Gerichtsbeschluss vom 29.01.2020 für endgültig erklärt.

Rund ein Monat später wurde mit Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes vom 28.02.2020 unter anderem darauf hingewiesen, dass der BF seit Ablauf der Probezeit weder im Inland noch im Ausland erneut strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.

Die kriminelle Enthaltsamkeit des BF bis zum Ablauf der strafgerichtlich ausgesprochenen Probezeit wird auch auf das Bewusstsein des BF, dass die dreijährige Probezeit aus dem Strafrechtsurteil von September 2015 noch offen war, zurückgeführt.

Seinem Wohlverhalten bis dahin ist daher nur geringe Bedeutung beizumessen, ebenso wie sein Wohlverhalten danach als zu kurz dafür angesehen wird, um von einem gänzlichen Wegfall der Gefährlichkeit des in Österreich einkommenslosen BF ausgehen zu können, zumal der BF mit Schreiben vom 28.02.2020 nur rund ein Monat nachdem die strafgerichtlich angeordnete bedingte Strafhaftentlassung mit Gerichtsbeschluss vom 29.01.2020 für endgültig erklärt worden war einen Antrag auf Aufhebung des 2017 gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes gestellt hat.

Angesichts der im Strafrechtsurteil von September 2015 im Verwaltungsakt (AS 5ff) aufgelisteten Diebstähle, die der BF teilweise allein und teilweise als Mittäter in der Absicht, sich dadurch ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, im langen sich über rund sieben Monate hinziehenden Gesamtzeitraum von Oktober 2014 bis Mai 2015 nach Aufzwängen von Fenstern und Aufbrechen von Türen und Behältnissen in einem insgesamt EUR 50.000,- übersteigenden Wert begangen hat, wird nach der nach bedingter Strafhaftentlassung vom 21.12.2016 für am 29.01.2020 endgültig erklärten Strafhaftentlassung eine längere Wohlverhaltensdauer für notwendig gehalten, um unter deren Berücksichtigung auf einen beim BF eingetretenen positiven Gesinnungswandel schließen zu können, zumal der BF in Österreich nur nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn mit Bescheid vom 07.02.2017 in den Zeiträumen vom 16.02.2017 bis 12.05.2017 und vom 12.05.2017 bis 27.07.2017 jeweils bei einem anderen Dienstgeber und jeweils einer nur kurzzeitigen Beschäftigung nachgegangen ist, ansonsten jedoch keine regelmäßigen legal erworbenen Einkünfte hatte und mit seinen Einbruchsdiebstählen seine Bereitschaft bzw. Neigung unter Beweis gestellt hat, in wirtschaftlicher Notsituation sich auf illegale Weise ein regelmäßiges Einkommen zu verschaffen.

Im Ergebnis konnte somit nicht festgestellt werden, dass sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des BF geändert hätten.

Es war von einer anhaltenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet auszugehen.

Ein Überwiegen der behaupteten persönlichen Interessen an einer Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gegenüber dem öffentlichen Interesse an seiner Aufrechterhaltung war nicht anzunehmen. Die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden sind im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH 03.10.2013, Zl. 2013/22/0083).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden bzw. der Antrag auf Aufhebung des gegen den BF mit Bescheid des BFA vom 07.02.2020 erlassenen fünfjährigen Aufenthaltsverbotes als unbegründet abzuweisen.

3.5. Entfall der mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als eindeutig geklärt erschien, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot Aufhebungsantrag mangelnder Anknüpfungspunkt strafrechtliche Verurteilung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G313.2149372.3.01

Im RIS seit

03.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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